VwGH vom 30.01.2015, 2011/17/0242
Beachte
Serie (erledigt im gleichen Sinn):
2011/17/0241 E
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Holeschofsky, die Hofrätinnen Mag. Dr. Zehetner, Maga. Nussbaumer-Hinterauer und Dr. Leonhartsberger und Hofrat Mag. Brandl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Maga. Schubert-Zsilavecz, über die Beschwerde der P Betriebsgesellschaft mbH Co. KG in P, vertreten durch Plan Treuhand GmbH Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft in 4020 Linz, Kudlichstraße 41-43, gegen den Bescheid des Unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Linz, vom , Zl. RV/0918-L/09, RV/0940-L/09, betreffend Energieabgabenvergütung für 2002 bis 2006, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführerin betreibt ein Einkaufszentrum. Anlässlich einer Betriebsprüfung (BP) stellte der Prüfer fest, dass Energiekosten (Strom bzw. Erdgas inkl. Energieabgaben), die der Beschwerdeführerin von Energieunternehmen für das Einkaufszentrum vorgeschriebenen wurden, von dieser zur Gänze in Form von monatlichen Vorschreibungen von Akonto-Zahlungsanforderungen ohne gesonderten Ausweis von Energieabgaben an die Pächter der Geschäftslokale weiterverrechnet und von diesen auch bezahlt worden seien. Der Prüfer vertrat die Auffassung, dass sich zwar ein Vergütungsanspruch für die einzelnen im Einkaufszentrum eingemieteten Geschäfte (Shops) hinsichtlich der jeweils auf sie entfallenden Energieabgaben ergeben könne, die Beschwerdeführerin (als Betreiberin des Einkaufszentrums) aber keine Energieabgabenvergütung beanspruchen könne.
Dieser Auffassung folgte das Finanzamt und setzte mit Bescheiden jeweils vom nach Wiederaufnahme des Verfahrens die Energieabgabenvergütung für die Jahre 2002 bis 2006 jeweils mit Null fest.
Die Beschwerdeführerin erhob gegen diese Bescheide Berufung.
Mit Spruchpunkt 1) des angefochtenen Bescheides wies die belangte Behörde die Berufung gegen die Wiederaufnahme des Verfahrens als unbegründet ab. Mit Spruchpunkt 2) änderte die belangte Behörde die erstinstanzlichen Bescheide insofern ab, als sie die Energieabgabenvergütung für 2002 mit EUR 95.745,65, für 2003 mit EUR 87.542,26, für 2004 mit EUR 125.249,38, für 2005 mit EUR 126.704,71 und für 2006 mit EUR 147.524,98 festsetzte.
Begründend führte die belangte Behörde nach Wiedergabe des Verfahrensganges und der anzuwendenden Rechtsvorschriften zur Wiederaufnahme des Verfahrens im Wesentlichen aus, die "Lieferung" der Energie vom Einkaufszentrum an die Shops sei der Behörde vor der Prüfung nicht bekannt gewesen. Sie habe ihr auch nicht bekannt sein müssen, weil in Österreich beide Varianten üblich seien. Es gebe Einkaufszentren, in denen die Shops selbst Lieferverträge mit den Energieversorgungsunternehmen (EVU) hätten, aber auch solche, bei denen der Strom über das Einkaufszentrum geliefert werde. Erst die Vorlage der Verträge des Einkaufszentrums im Rahmen der Betriebsprüfung habe diesen Sachverhalt aufklären können und es der Finanzverwaltung ermöglicht, dem Einkaufszentrum die Vergütungsberechtigung für den auf die Shops entfallenden Strom abzuerkennen. Die Wiederaufnahme des Verfahrens beruhe damit auf neu hervorgekommenen Tatsachen, die bei richtiger rechtlicher Subsumption zur Nichtanerkennung der weiterverrechneten Stromlieferungen hätten führen müssen.
Zur Frage des Umfangs der Vergütung führte die belangte Behörde aus, das Einkaufszentrum kaufe Strom bei EVU und verwende einen Teil dieses Stroms für den allgemeinen Betrieb des Einkaufszentrums. Mit diesem Teil sei es auch vergütungsberechtigt. Hinsichtlich des Teils, der den Shops (entsprechend ihrem Verbrauch) verrechnet werde, sei das Einkaufszentrum aber als "Lieferant" iSd Energieabgabenvergütungsgesetzes (EnAbgVG) für den in den Shops verbrauchten Stromanteil anzusehen. Der Verbrauch dieses Stroms erfolge in den Betrieben der Shops, denn der Strom werde direkt von den Shops entnommen und verwendet. Weil das Einkaufszentrum mit Elektrizitätsabgabe belastet sei, könne dieser Strom nur vom Einkaufszentrum (und nicht von den EVU) an die Shops (umsatzsteuerrechtlich) geliefert worden sein. Die Shops seien dabei weder Elektrizitätsunternehmen noch Wiederverkäufer, sodass in diesem Punkt auch kein Widerspruch zum Verbraucherbegriff des Elektrizitätsabgabegesetz (ElAbgG) bestehe. Vergütungsberechtigt sei der die Energie verwendende Betrieb. Die Vergütung an das Einkaufszentrum könne daher nicht die von den Shops verbrauchte Energie umfassen.
Daraus ergebe sich, dass die Vergütung beim Einkaufszentrum nur den allgemeinen Teil umfassen könne, also jenen Stromanteil, der auf den Betrieb des Einkaufszentrums selbst entfalle. Die Vergütungsberechtigung der Shops (für ihren Stromanteil) ergebe sich aus der Lieferung einerseits und der Verrechnung andererseits. Denn eine genaue Verrechnung der Energieabgabe erfolge seitens des Einkaufszentrums an die Shops. Der Unterschied zur Verrechnung des allgemeinen Stromanteils bestehe darin, dass bei Letzterem keine Stromlieferung an die Shops erfolge und nur eine Kostenverrechnung stattfinde, die die Vergütungsberechtigung des Einkaufszentrums nicht beeinträchtigen könne.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in welcher die Beschwerdeführerin ausschließlich inhaltliche Rechtswidrigkeit geltend macht.
Die belangte Behörde legte die Akten vor, erstattete eine Gegenschrift und stellte den Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Im Beschwerdefall sind gemäß § 79 Abs 11 VwGG idF des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 122/2013 die bis zum Ablauf des geltenden Bestimmungen des VwGG weiter anzuwenden.
Gem. § 1 Abs 1 des Bundesgesetzes über die Vergütung von Energieabgaben (Energieabgabenvergütungsgesetz, in der Folge: EnAbgVG) sind die entrichteten Energieabgaben auf bestimmte Energieträger für ein Kalenderjahr (Wirtschaftsjahr) auf Antrag insoweit zu vergüten, als sie (insgesamt) 0,5 % des Nettoproduktionswertes übersteigen.
Ein Anspruch auf Vergütung besteht gemäß § 2 Abs 1 EnAbgVG für alle Betriebe, soweit sie nicht u.a. Erdgas und elektrische Energie liefern.
Strittig ist, ob der Beschwerdeführerin zu Recht die beantragte und bereits gewährte Energieabgabenvergütung um jenen Anteil gekürzt wurde, der auf die Versorgung der Shops in ihrem Einkaufszentrum mit elektrischer Energie und Erdgas entfällt. Die belangte Behörde begründete die Kürzung damit, dass die Beschwerdeführerin elektrische Energie an die Shops in ihrem Einkaufszentrum "liefere", sodass sie diesbezüglich gemäß § 2 Abs 1 EnAbgVG von der Vergütung ausgeschlossen sei.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom , 2006/17/0118, auf die Maßgeblichkeit der umsatzsteuerrechtlichen Terminologie bei der Auslegung des § 2 Abs 1 EnAbgVG verwiesen.
Die belangte Behörde beruft sich darauf, dass die Versorgung der Shops durch die Beschwerdeführerin mit Energie den umsatzsteuerrechtlichen Lieferbegriff erfülle. Dabei übersieht sie aber, dass es darauf alleine nicht ankommt. Vielmehr wäre zu prüfen gewesen, ob diese Lieferung eine eigenständige Leistung oder aber eine bloße Nebenleistung, die das rechtliche Schicksal der Hauptleistung teilt, bildet.
Im hg Erkenntnis vom , 2011/17/0047, hat der Verwaltungsgerichtshof ausgeführt, dass auch im Zusammenhang mit der Energieabgabenvergütung eine wirtschaftlich einheitliche Leistung nicht künstlich in mehrere Leistungen (mit unterschiedlicher umsatzsteuerlicher Beurteilung) aufgespalten werden darf. Eine Leistung ist als unselbständige Nebenleistung zu einer Hauptleistung (und somit als Teil einer einheitlichen Leistung) anzusehen, wenn sie für den Leistungsempfänger keinen anderen Zweck, sondern das Mittel darstellt, um die Hauptleistung des Leistungserbringers unter optimalen Bedingungen in Anspruch zu nehmen. Eine unselbständige Nebenleistung ist nach der hg Rechtsprechung dann anzunehmen, wenn sie im Vergleich zur Hauptleistung untergeordnete Bedeutung besitzt, mit der Hauptleistung im konkreten Fall eng zusammenhängt und in ihrem Gefolge üblicherweise vorkommt. Dies ist zu bejahen, wenn eine Leistung die Hauptleistung ermöglicht, abrundet oder ergänzt (vgl die bei Achatz/Ruppe , UStG4, Tz 31 ff zu § 1 angeführte hg Rechtsprechung).
In dem erwähnten Erkenntnis vom , 2011/17/0047, hat der Verwaltungsgerichtshof im Zusammenhang mit der Vermietung von Stellplätzen für Wohnwägen ("Caravaning-Campingplatz") ausgesprochen, dass die Ermöglichung von Energieverbrauch (Strom, Gas) durch einen Campingplatzbetreiber nur eine Nebenleistung zur Ermöglichung der Inanspruchnahme des Campingplatzes darstellt, welche die Hauptleistung bildet. Dies führt dazu, dass dem Betreiber des Campingplatzes die Energieabgabenvergütung auch für die von ihm den Benützern des Platzes weiterverrechnete Energie zusteht.
Auch im vorliegenden Beschwerdefall ist entscheidungswesentlich, welche (Gesamt )Leistung die Beschwerdeführerin für die im Einkaufszentrum eingemieteten Shops erbringt und welche Bedeutung in diesem Zusammenhang der Energieversorgung zukommt. Die belangte Behörde hat es aber unterlassen, diesbezügliche Feststellungen zu treffen. Hätte sich aus diesen ergeben, dass die Energieversorgung nur eine Nebenleistung darstellt (derartiges könnte dem vom Sachverständigen den im Verwaltungsakt entnommenen Gutachten zugrunde gelegten Sachverhalt entnommen werden), dann hätte die belangte Behörde nicht von einer selbständigen Lieferung von Energie durch die Beschwerdeführerin, die diese von der Energieabgabenvergütung ausschließt, ausgehen dürfen.
Bei diesem Ergebnis erwiese sich schon die Wiederaufnahme auch als nicht zulässig, weil auch die Kenntnis von der "Weiterlieferung" der Energie durch die Beschwerdeführerin an die Shops in ihrem Einkaufszentrum keinen im Spruch anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätte.
Indem die belangte Behörde dies verkannte und von der Beschwerdeführerin jenen Anteil an Energieabgabenvergütung, der auf die an die Betreiber der Shops gelieferten Energie entfiel, im Instanzenzug zurückforderte, belastete sie den angefochtenen Bescheid insgesamt mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit.
Der angefochtene Bescheid war daher insgesamt gemäß § 42 Abs 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG aF in Verbindung mit § 3 Z 1 VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014, BGBl. II Nr. 518/2013, in der Fassung BGBl. II Nr. 8/2014.
Wien, am