VwGH vom 29.01.2009, 2007/07/0152
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bumberger und die Hofräte Dr. Beck, Dr. Hinterwirth, Dr. Enzenhofer und Dr. Sulzbacher als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Jantschgi, über die Beschwerde des J P in F, vertreten durch Dr. Hans-Moritz Pott, Rechtsanwalt in 8940 Liezen, Döllacherstraße 1, gegen den Bescheid des Landesagrarsenates beim Amt der Salzburger Landesregierung vom , LAS-3/42/7-2007, betreffend Minderheitenbeschwerde (mitbeteiligte Partei: Agrargemeinschaft N, vertreten durch den Obmann M G, F), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Land Salzburg Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Der Kostenersatzantrag der mitbeteiligten Partei wird abgewiesen.
Begründung
Die Agrargemeinschaft N in F, die mitbeteiligte Partei, führte am eine ordentliche Vollversammlung durch und fasste dabei diverse Beschlüsse. Dagegen erhob der Beschwerdeführer als Mitglied dieser Agrargemeinschaft Minderheitenbeschwerde bei der Agrarbehörde Salzburg (AB).
Die AB entschied über die Beschwerde mit näherer Begründung und unter Bezugnahme auf die Bestimmungen der Regulierungsurkunde bzw. des Salzburger Flurverfassungs-Landesgesetzes 1973 (FLG) folgendermaßen:
"1. Die Beschwerde des (Beschwerdeführers) vom gegen die bei der Vollversammlung der Agrargemeinschaft am gefassten Beschlüsse wird betreffend die Tagesordnungspunkte 2 (Aufarbeiten des Windwurf- und Schneedruckholzes), 4 (Schwendarbeiten), 5 (Waldwirtschaftsplan), 8 (Forstwegfertigstellung), 11 (Übergabe von 4 Holzabmaßlisten und 5 Arbeitslisten), 13 (Planieren des Maulwurfhügels) und 'Allfälliges' als unzulässig zurückgewiesen.
2. Die Beschwerde des (Beschwerdeführers) vom gegen die bei der Vollversammlung der Agrargemeinschaft am gefassten Beschlüsse wird betreffend die Tagesordnungspunkte 1 (Abrechnung), 3 (Aufräumungsarbeiten der Weideflächen), 6 (Aufstellen des letzten Wassertroges), 7 (Brennholzabfuhr), 9 (Viehaufladung), 10 (Viehauftrieb) und 12 (Auszahlungsbeträge vom Konto oder für Rechnungen 2001) als unbegründet abgewiesen.
3. Der Beschwerde des (Beschwerdeführers) vom gegen die bei der Vollversammlung der Agrargemeinschaft am gefassten Beschlüsse wird betreffend den Tagesordnungspunkt 14 (Jagdpacht) stattgegeben und wird dieser Beschluss ersatzlos behoben.
4. Im Übrigen wird die Beschwerde des (Beschwerdeführers) vom abgewiesen.
5. Hinsichtlich einer allfälligen Berufung gegen diesen Bescheid wird betreffend die Entscheidung zu Tagesordnungspunkt 5 (Waldwirtschaftsplan) die aufschiebende Wirkung ausgeschlossen."
Unter anderem führte die AB aus, dass die Verständigungsfristen für die Vollversammlung, den Vorgaben des § 7 der gültigen Verwaltungssatzungen folgend, eingehalten worden seien.
Dagegen erhob der Beschwerdeführer Berufung und begründete diese wie folgt:
"1. Die Anteilsübertragung vom Zeferergut auf das Weitenhausgut erfolgte nicht rechtens und ist daher nach wie vor vollkommen rechtswidrig.
2. Die besagte Behörde beruft sich lediglich auf die Angaben des Herrn G und nimmt dessen unrichtige Angaben einfach als wahr an, ohne im geringsten den Wahrheitsgehalt tatsächlich zu prüfen und arbeitet eindeutig und aufgelegt nur zu Gunsten des Herrn G.
3. Die besagte Behörde betätigt sich lediglich als Absegnungsinstanz der nicht den Tatsachen entsprechenden Angaben und rechtswidrigen Handlungen des größeren Anteilsbesitzers ohne den § 9 LFg. zu berücksichtigen und dem entsprechend zu handeln.
4. Von Seiten des Beschwerdeführers wird sowohl der Wahrheitsgehalt als auch die Rechtmäßigkeit der sogenannten 'Vollversammlungsbeschlüsse' sowie die gesamte Führung und Entscheidung dieser sogenannten Vollversammlungsbeschlüsse, auf das Vehementeste bestritten und bekämpft.
5. Ich verwehre mich als 4/10tel Eigentümer gegen sämtliche Handlungen, die nur dem Eigennutzen des Herrn G dienen und der Gemeinschaft und im Besonderen dem Hgut zum Schaden gereichen.
6. Die gesamten Vollversammlungsbeschlüsse werden nur einseitig von Herrn G geführt, sind in keiner Weise korrekt und den Tatsachen entsprechend und auch in keiner Weise rechtens und/oder rechtmäßig. Des Weiteren berufe ich mich als Beschwerdeführer auf meine sämtlichen Beschwerden und Berufungen, die die Abhandlungen dieses Bescheides und der Sprüche betreffen.
7. Ich fordere die Behörde auf, gerecht und korrekt zu handeln und zu entscheiden und nicht nur nach einer Seite, zu Gunsten und im Sinne des größeren Anteilsbesitzers tätig zu sein, welches die bisherigen Entscheide und Bescheide eindeutig beweisen."
Darüber fand am eine Verhandlung vor der belangten Behörde statt, in deren Rahmen der Beschwerdeführer weitere Anträge stellte.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom wurde die Berufung des Beschwerdeführers als unbegründet abgewiesen.
Dies wurde damit begründet, dass über die Anteilsübertragung vom Zeferergut auf das Weitenhausgut mit Bescheid der AB vom schon rechtskräftig entschieden worden sei. Dies gelte auch für die Berufungsanträge, die bei der Verhandlung vor der belangten Behörde noch ergänzend vorgebracht worden seien, nämlich die Wiederherstellungen und Einhaltung der Regulierungsurkunde aus dem Jahre 1966, die Einhaltung des § 7 der vormaligen Verwaltungssatzung betreffend Einstimmigkeit und damit in weiterer Folge die Aufhebung sämtlicher eventuell rechtswidriger und rechtsungültiger Beschlüsse. Allen diesen Berufungsanträgen stehe die Rechtskraft des genannten Bescheides vom entgegen.
Die Einwendungen, wonach der Wahrheitsgehalt der Angaben nicht geprüft, nur zu Gunsten des Herrn G entschieden werde und die Behörde als "Absegnungsinstanz" fungiere, seien offenkundig unbegründet. Wie die bekämpfte Entscheidung aufzeige und auch die vielen vorhergehenden Entscheidungen belegten, setze sich die Behörde mit den Einwendungen des Beschwerdeführers auseinander und entscheide je nach Rechtslage, was in weiterer Folge auch zu Aufhebungen von diversen Beschlüssen der Agrargemeinschaft geführt habe.
Des Weiteren werde die Rechtmäßigkeit und der Wahrheitsgehalt sämtlicher Vollversammlungsbeschlüsse bestritten, da diese zu Gunsten von Herrn G gefällt würden und vom Eigennutz bestimmt wären bzw. zum Schaden des Hgutes seien, wie auch die diesbezüglichen Handlungen des Obmannes. Hiezu sei festzuhalten, dass dem Beschwerdeführer mit dem Beschwerderecht ein Rechtsmittel zustehe, gegen jeden Beschluss der Vollversammlung oder auch Handlungen des Obmannes vorzugehen bzw. diese auf ihre Rechtmäßigkeit hin überprüfen zu lassen. Mit allgemeinen Einwendungen könnten die begründeten Entscheidungen nicht widerlegt werden und erwiesen sich daher die allgemeinen Berufungshinweise als verfehlt. Es erweise sich daher auch dieses Berufungsvorbringen als nicht zielführend.
Konkret sei vorgebracht worden, dass der Obmann gegen § 9 der Verwaltungssatzung (irrtümlich angeführt § 9 FLG) verstoße, weil generell die rechtzeitig eingebrachten Beschwerden aufschiebende Wirkung hätten. Dazu habe auch die Vertreterin des Beschwerdeführers in der mündlichen Verhandlung ausgeführt, dass dies der wesentliche Berufungseinwand sei, weil die Behörde generell bei jeder Beschwerde überprüfen müsse, ob die Vollversammlungsbeschlüsse bzw. Handlungen nicht schon vorab rechtswidrig vollzogen bzw. gesetzt worden seien und somit generell eine Rechtswidrigkeit vorliege. Man bräuchte sich daher mit Details gar nicht auseinandersetzen, sondern nur diesen Einwand überprüfen.
Dabei werde aber übersehen, dass die Agrarbehörde konkret auf Grund von Minderheitenbeschwerden Beschlüsse zu überprüfen gehabt habe und der Vollzug oder Nichtvollzug von Beschlüssen während des laufenden Verfahrens nicht Beschwerdegegenstand gewesen sei. Dies müsste gesondert eingewandt und dann darüber von der Agrarbehörde entschieden werden. Da dies aber nicht der Fall gewesen sei, könne dies auch nicht Berufungsgegenstand sein. Es erweise sich daher der, wie in der Verhandlung ausdrücklich betont, wesentlich vorgebrachte Berufungseinwand dem Grunde nach als verfehlt.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, welcher mit Beschluss vom , B 905/07-3, die Behandlung der Beschwerde ablehnte und sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.
Auch die mitbeteiligte Partei erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Da das agrarbehördliche Verfahren bereits vor dem Inkrafttreten der FLG-Novelle 2003, LGBl. Nr. 58, anhängig war, war auf dieses Verfahren gemäß § 123 Abs. 2 FLG auch nach dem Inkrafttreten der Novelle § 40 FLG in der vor dieser Novelle geltenden Fassung anzuwenden. § 123 Abs. 3 FLG, der Regulierungsplänen, Verwaltungssatzungen und Bescheiden derogiert, die dem durch die Novelle geschaffenen § 40 Abs. 6 FLG widersprechen, spielt im Beschwerdefall keine Rolle.
Die demnach anzuwendende Bestimmung des § 40 FLG lautet daher wie folgt:
"§ 40. (1) Die Agrargemeinschaften unterliegen der Aufsicht der Agrarbehörde. Die Aufsicht bezieht sich auf die Einhaltung der Bestimmungen dieses Gesetzes und des Regulierungsplanes bzw. eines vorläufigen Bescheides (§ 88).
(2) Die Agrarbehörde ist befugt, sich über alle Angelegenheiten der Agrargemeinschaften zu unterrichten. Diese sind verpflichtet, die von der Agrarbehörde verlangten Auskünfte zu erteilen, Geschäftsstücke vorzulegen und Prüfungen an Ort und Stelle vornehmen zu lassen.
(3) Unterlässt eine Agrargemeinschaft die Bestellung der Organe oder vernachlässigen die Organe ihre satzungsgemäßen Aufgaben, hat die Agrarbehörde nach vorheriger Androhung das Erforderliche auf Gefahr und Kosten der Agrargemeinschaft zu veranlassen; sie kann in einem solchen Fall insbesondere einen Verwalter mit einzelnen oder allen Befugnissen auf Kosten der Agrargemeinschaft betrauen, die Verwaltung der Gemeinschaft und die Ausübung der Nutzungen vorläufig regeln (§ 88) und die Errichtung und Erhaltung von gemeinsamen wirtschaftlichen Anlagen oder sonstige Handlungen, zu der die Agrargemeinschaft verpflichtet ist, durch Dritte durchführen lassen.
(4) Beschlüsse, die gegen Gesetze oder den Regulierungsplan bzw. den vorläufigen Bescheid verstoßen, sind von der Agrarbehörde aufzuheben.
(5) Über Streitigkeiten, die zwischen den Mitgliedern einer Agrargemeinschaft oder zwischen den Mitgliedern einer körperschaftlich eingerichteten Agrargemeinschaft und dieser oder ihren Organen aus dem Mitgliedschaftsverhältnis entstehen, entscheidet die Agrarbehörde."
Die Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof begründet der Beschwerdeführer damit, dass der Sachverhalt in einem wesentlichen Punkt einer Ergänzung bedurft hätte. So sei der Sachverhalt nicht dahingehend geklärt worden, inwieweit die angefochtenen Beschlüsse zur Erreichung der durch das FLG vorgesehenen Ziele berechtigt gewesen wären bzw inwieweit ihnen inhaltlich Berechtigung zukomme. Hinsichtlich des rechtmäßigen Zustandekommens der Beschlüsse werde lediglich der Zeitpunkt der Postaufgabe der Ladung festgehalten. Dem festgestellten Sachverhalt sei aber nicht zu entnehmen, ob und wann der Beschwerdeführer die Ladungen erhalten habe. Aus diesen Gründen möge der Verwaltungsgerichtshof den angefochtenen Bescheid aufheben und die belangte Behörde zum Ersatz der Kosten verpflichten.
Mit diesen Ausführungen gelingt es dem Beschwerdeführer nicht, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides darzutun.
Nach § 7 der Verwaltungssatzungen des Regulierungsplanes der mitbeteiligten Agrargemeinschaft hat die Einberufung einer Vollversammlung schriftlich eine Woche vorher zu erfolgen. Die Vollversammlung fand am statt.
Aus dem angefochtenen Bescheid ergeben sich die vom Beschwerdeführer nicht bestrittenen Daten der Postaufgabe der Ladung zur Vollversammlung. So wurde die Ladung zu der zuerst für den vorgesehenen Vollversammlung am , die Verständigung von der (wegen eines Untersuchungstermins des Obmanns notwendigen) Verschiebung der Vollversammlung auf den am der Post zur Beförderung übergeben.
Der Beschwerdeführer nahm an der Vollversammlung teil. Aus dem Protokoll der Vollversammlung geht folgendes hervor:
"Der Obmann befragt das Zweitmitglied, ob die Ladung rechtzeitig erfolgt ist. Die Ladung ist rechtzeitig erfolgt. Der Nachtrag über die Verschiebung ist nicht 14 Tage vorher erfolgt. Konnte nicht eingehalten werden, da der Obmann den Untersuchungstermin erst später erhalten hat."
In der Aufsichtsbeschwerde vom macht der Beschwerdeführer geltend, die "14tägige Verständigungsfrist" sei nicht eingehalten worden.
Der Beschwerdeführer hat weder während des Verwaltungsverfahrens noch in seiner Beschwerde vorgebracht, dass die nach § 7 der geltenden Verwaltungssatzungen einzuhaltende Frist von einer Woche nicht eingehalten worden wäre, sodass sich diese Verfahrensrüge als unbegründet erweist.
Wenn der Beschwerdeführer in seiner Beschwerde weiter vorbringt, es sei der Sachverhalt nicht dahingehend geklärt worden, inwieweit die angefochtenen Beschlüsse zur Erreichung der durch das FLG vorgesehenen Ziele berechtigt gewesen wären bzw inwieweit ihnen inhaltlich Berechtigung zukomme, so stellt er mit diesem allgemein gehaltenen Vorbringen keine Beziehung zu einer Verletzung seiner Rechte dar. Die belangte Behörde hat im angefochtenen Bescheid die in Beschwerde gezogenen Beschlüsse geprüft und mit näherer Begründung dargetan, aus welchen Gründen diese Beschlüsse weder gegen den Regulierungsplan noch gegen das FLG verstoßen. Der Beschwerdeführer legt nicht näher dar, aus welchen Gründen diese Beurteilung der belangten Behörde unzutreffend sei. Eine vom Verwaltungsgerichtshof von Amts wegen aufzugreifende Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides ist im Gegenstand ebenfalls nicht zu erkennen.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008. Der Antrag der mitbeteiligten Partei auf Kostenersatz war abzuweisen, weil nach § 48 Abs. 3 Z 2 VwGG in der Fassung der Novelle BGBl. I Nr. 4/2008 einem Mitbeteiligten nur dann Anspruch auf Ersatz des Schriftsatzaufwandes zukommt, wenn die Gegenschrift durch einen Rechtsanwalt eingebracht wurde.
Wien, am
Fundstelle(n):
KAAAE-91044