VwGH vom 24.03.2011, 2007/07/0151
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bumberger und die Hofräte Dr. Beck, Dr. Hinterwirth, Dr. Enzenhofer und Dr. Sulzbacher als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Pühringer, über die Beschwerde
1. des AE und 2. der I E, beide in J, beide vertreten durch Dr. Karl-Heinz Kramer und Dr. Norbert Peter Tischitz, Rechtsanwälte in 9500 Villach, Moritschstraße 2/I, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Steiermark vom , Zl. FA13A-30.40 830-07/1, betreffend Zurückweisung einer Berufung in Angelegenheit wasserrechtliche Überprüfung (mitbeteiligte Partei: Ing. H S in M), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft J. (kurz: BH) vom wurde dem Mitbeteiligten die wasserrechtliche Bewilligung für die Errichtung und den Betrieb einer Wasserkraftanlage am L.-Bach in der Gemeinde S. nach Maßgabe der mit dem Genehmigungsvermerk versehenen Projektsunterlagen und unter Zugrundelegung der folgenden Anlagenbeschreibung und unter Vorschreibung von Auflagen erteilt.
Mit Bescheid der BH vom wurde gemäß § 121 WRG 1959 festgestellt, dass die Ausführung der Wasserkraftanlage am L.-Bach in der Gemeinde S. mit der im Bescheid der BH vom erteilten wasserrechtlichen Bewilligung für den Mitbeteiligten übereinstimmt. Die im Befund angeführten geringfügigen Abweichungen, die öffentlichen Interessen oder fremden Rechten nicht zum Nachteil gereichen und gegen welche kein Einwand erhoben wurde, wurden nachträglich genehmigt.
Gegen diesen Bescheid erhoben die Beschwerdeführer Berufung.
Mit dem angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom wurde die Berufung der Beschwerdeführer als unzulässig zurückgewiesen.
In der Begründung wird u.a. ausgeführt, es seien bei der gegenständlichen Wasserkraftanlage gegenüber dem der Bewilligung zugrunde liegenden Einreichprojekt keine wesentlichen Änderungen vorgenommen worden. Dem erstinstanzlichen Überprüfungsbescheid sei zu entnehmen, dass lediglich die Aufstellung der Turbinenanlage im Krafthaus geringfügig abgeändert worden sei und der Generator und die Zuluftführung mit Schallschutzeinrichtungen versehen worden seien. Des Weiteren sei im Übernahmebauwerk vom Kraftwerk L. die Restwasserdotierung durch Bohrungen am Restwasserrohr im Sohlbereich sichergestellt worden, wodurch auch steuerungsbedingte Spiegelschwankungen die Restwasserabgabe nicht mehr beeinträchtigen könnten. Es lägen somit keine Änderungen gegenüber dem der Bewilligung zugrunde liegenden Einreichprojekt vor, durch welche die Beschwerdeführer in ihren Rechten verletzt worden sein könnten.
Die Parteistellung der Beschwerdeführer erstrecke sich im wasserrechtlichen Bewilligungs- und Kollaudierungsverfahren auf eine mögliche Beeinträchtigung ihres Grundeigentums. Eine derartige Beeinträchtigung sei in der Berufung aber nicht vorgebracht worden.
Im Bereich des Gesundheitsschutzes stehe den Beschwerdeführern hingegen kein Mitspracherecht im wasserrechtlichen Verfahren zu, weil damit die Übereinstimmung des Projektes mit den öffentlichen Interessen im Sinne des § 105 Abs. 1 lit. a WRG 1959 angesprochen werde. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sei die Wahrung der im § 105 WRG 1959 verankerten öffentlichen Interessen nämlich ausschließlich der Wasserrechtsbehörde überantwortet. Parteien des wasserrechtlichen Verfahrens könnten aus § 105 WRG 1959 keine subjektiven Rechte ableiten.
Die im Berufungsverfahren vorgebrachte gesundheitsschädigende Beeinträchtigung durch Elektromagnetfelder sei somit als öffentliches Interesse im Sinne des § 105 WRG 1959 durch die Wasserrechtsbehörde zu beurteilen und begründe für die Beschwerdeführer keine Parteistellung.
Festgehalten werde, dass im erstinstanzlichen Verfahren vom technischen Amtssachverständigendienst Magnetfeldmessungen im Zusammenhang mit der gegenständlichen Kraftwerksanlage durchgeführt worden seien. Dem Gutachten des Amtssachverständigen vom sei zu entnehmen, dass die festgestellten Werte der magnetischen Flussdichte deutlich unter dem von der WHO festgelegten Grenzwert von 100 ?T gelegen seien, im Wohnbereich der Familie der Beschwerdeführer sei dieser sogar um mehr als drei Zehnerpotenzen unterschritten worden. Auf Wunsch der Beschwerdeführer seien die elektromagnetischen Felder im Umfeld des Kraftwerkes, im Bereich der Masttrafostation, im Umfeld des Wohnhauses und des Stallgebäudes sowie im Wohnhaus am nochmals gemessen worden. Dem diesbezüglichen Gutachten des Amtssachverständigen vom sei zu entnehmen, dass sämtliche Messwerte der magnetischen Flussdichte abermals deutlich unter dem Grenzwert von 100 ?T gelegen seien. Auch ein Gutachten der Amtsärztin vom habe bestätigt, dass die von den Beschwerdeführern angegebene gesundheitliche Beeinträchtigung in keinem unmittelbaren Zusammenhang mit der gegenständlichen Wasserkraftanlage stehe, weil die von der WHO vorgegebenen Grenzwerte um ein Vielfaches unterschritten würden.
Gegen diesen Bescheid erhoben die Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, welcher die Behandlung derselben mit Beschluss vom , B 695/07, ablehnte und sie gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG an den Verwaltungsgerichtshof abtrat.
In der ergänzten Beschwerde wenden die Beschwerdeführer u. a. ein, das gegenständliche Kraftwerk befinde sich lediglich in einem Abstand von etwa 20 m direkt vor dem Wohn- und Wirtschaftsgebäude der Beschwerdeführer. Im unmittelbaren Nahbereich der Liegenschaft der Beschwerdeführer (und nunmehr auch des Kleinkraftwerkes) befinde sich seit Jahren ein Hochspannungstrafo.
Durch die Inbetriebnahme des Kleinkraftwerkes und die damit zwangsläufig verbundenen elektromagnetischen Strahlungen sei es nunmehr zu Interferenzen bzw. Überlagerungen elektromagnetischer Spannungsfelder gekommen, die sich massiv sowohl auf die Gesundheit der Beschwerdeführer als auch auf die Gesundheit des im Stall gehaltenen Viehs auswirkten. Ein Wohnen bzw. Schlafen im Wohn- und Wirtschaftsgebäude sei den Beschwerdeführern seit Betrieb der Anlage nicht mehr möglich.
Es erweise sich als unzutreffend, wenn die Behörde mit Bescheid vom feststelle, dass die Ausführung der Wasserkraftanlage am L.-Bach mit der im Bescheid der BH vom erteilten wasserrechtlichen Bewilligung übereinstimme.
Dies würde nämlich voraussetzen, dass die Behörde eine Anlage genehmigt habe, deren Betrieb grundlegend gegen öffentliche Interessen verstoße. Eine Übereinstimmung hätte allenfalls dann vorliegen können, wenn sich aus dem Betrieb der Anlage eine Veränderung des ökologischen Zustandes nicht ergeben hätte. Tatsächlich sei aber das Gegenteil der Fall. Durch den Betrieb der Anlage sei es zu einer derartigen ökologischen Belastung des Projektgebietes gekommen, dass es für die Beschwerdeführer kaum mehr möglich und zumutbar sei, unter den gegebenen Bedingungen weiter in ihrem Wohnhaus zu wohnen und ihre Landwirtschaft zu betreiben.
Der Behörde wäre es aufgrund der Information, die zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides bereits vorgelegen sei, verwehrt gewesen, festzustellen, dass die Ausführung der Wasserkraftanlage am L.-Bach mit der im Bescheid der BH vom erteilten wasserrechtlichen Bewilligung übereinstimme.
Die Behörde wäre aufgrund des eklatanten Abweichens der Ergebnisse des tatsächlichen Betriebes zu den im Bescheid vom dem Betrieb zugrunde gelegten Voraussetzungen verpflichtet gewesen, alles in Betracht Kommende zu unternehmen, um die akute, höchst gesundheitsgefährdende Beeinträchtigung der Anrainer im unmittelbaren Umfeld des Kleinkraftwerkes hintanzuhalten. Die Behörde wäre verpflichtet gewesen, umgehend den Betrieb der Anlage bis zur Behebung der ihr anhaftenden Mängel einstellen zu lassen.
Gemäß § 21a WRG 1959 hätte die Behörde darüber hinaus selbst aufgrund der Kenntnis des Sachverhaltes über die vorliegenden massiven Gesundheitsbeeinträchtigungen von Mensch und Tier umgehend erforderliche andere oder zusätzliche Auflagen vorzuschreiben gehabt, um nach dem nunmehrigen Stand der Technik (§ 12a WRG 1959) den erforderlichen Schutz zu erreichen, allenfalls den Betrieb der Anlage einzuschränken oder vorübergehend zu untersagen gehabt.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragte die Abweisung der Beschwerde; ein Kostenantrag wurde nicht gestellt.
Auch die mitbeteiligte Partei erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag auf Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
§ 121 Abs. 1 WRG 1969 lautet:
"(1) Die Ausführung einer nach den Bestimmungen des Wasserrechtsgesetzes oder unter Mitanwendung diese Bundesgesetzes bewilligungspflichtigen Wasseranlage ist unverzüglich der für die Erteilung der Bewilligung zuständigen Behörde bekannt zu geben. Diese hat sich in einem auf Kosten des Unternehmers durchzuführenden Verfahren von der Übereinstimmung der Anlage mit der erteilten Bewilligung, bei Trieb- und Stauwerken insbesondere auch von der richtigen und zweckmäßigen Setzung der Staumaße, zu überzeugen, die Messungsergebnisse schriftlich festzuhalten, das Ergebnis dieser Überprüfung durch Bescheid auszusprechen und die Beseitigung etwa wahrgenommener Mängel und Abweichungen zu veranlassen. Geringfügige Abweichungen, die öffentlichen Interessen oder fremden Rechten nicht nachteilig sind oder denen der Betroffene zustimmt, können im Überprüfungsbescheid nachträglich genehmigt werden. Wird bei einer Fristüberschreitung die Bewilligung nicht ausdrücklich für erloschen erklärt, so gilt die Anlage als fristgemäß ausgeführt (§ 112 Abs. 1)."
Im wasserrechtlichen Überprüfungsverfahren hat sich die Wasserrechtsbehörde von der Übereinstimmung der Anlage mit der erteilten Bewilligung zu überzeugen und die Beseitigung der dabei etwa wahrgenommenen Mängel und Abweichungen zu veranlassen. Das Überprüfungsverfahren nach § 121 WRG 1959 dient von seinem gesetzlichen Auftrag her der Beurteilung des Übereinstimmens der ausgeführten Anlage mit dem bewilligten Projekt (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2006/07/0075).
Aus dem Zweck des Überprüfungsverfahrens ergibt sich, welche Einwände von den Parteien vorgebracht werden können, nämlich solche, die eine ihre Rechte beeinträchtigende mangelnde Übereinstimmung der ausgeführten mit der bewilligten Anlage geltend machen, und solche, mit denen die Verletzung ihrer Rechte durch eine allfällige nachträgliche Bewilligung von Abweichungen vorgebracht wird. Einwendungen, die sich gegen das Vorhaben selbst oder den Bewilligungsbescheid richten, sind hingegen unzulässig (vgl. das vorzitierte hg. Erkenntnis vom m.w.N.).
Im Kollaudierungsverfahren können nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs Abweichungen vom bewilligten Projekt nach § 121 WRG 1959 nur dann nachträglich genehmigt werden, wenn die Abweichungen geringfügig, weder öffentlichen Interessen noch fremden Rechten nachteilig sind oder wenn ihnen der Betroffene zustimmt. Die nachträgliche Genehmigung von Abweichungen ist Rechten Dritter dann nicht nachteilig, wenn der Zustand auf Grund der wasserrechtlichen Überprüfung keine Verschlechterung gegenüber dem ursprünglichen Bewilligungsbescheid bedeutet (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2003/07/0096, m.w.N.).
Das vor dem Verwaltungsgerichtshof erstattete Beschwerdevorbringen ist nicht geeignet, eine mangelnde Übereistimmung der errichteten Anlage mit der erteilten Bewilligung darzulegen. Die belangte Behörde hat im angefochtenen Bescheid ergänzend nochmals auf die auf Sachverständigengutachten basierenden Entscheidungsgrundlagen betreffend die Unbedenklichkeit der auftretenden elektromagnetischen Strahlung verwiesen, die zur wasserrechtlichen Bewilligung geführt haben. Die Beschwerdeführer wenden sich daher mit ihren Behauptungen betreffend die unzumutbare Belastung mit elektromagnetischen Strahlungen gegen die ursprünglich erteilte wasserrechtliche Bewilligung. Solche Einwendungen sind jedoch gemäß der dargestellten hg. Judikatur unzulässig.
Insoweit die Beschwerdeführer auch allgemein eine Änderung gegenüber dem Bewilligungsbescheid geltend machen und vermeinen, die Behörde wäre verpflichtet gewesen, alles in Betracht Kommende zu unternehmen, um die gesundheitsgefährdende Beeinträchtigung der Anrainer im unmittelbaren Umfeld des Kleinkraftwerkes hintanzuhalten, so ist ihnen entgegen zu halten, dass die Wahrung der öffentlichen Interessen im Sinne des § 105 WRG 1959 Sache der Behörde ist. Parteien des wasserrechtlichen Verfahrens können aus § 105 WRG 1959 (etwa betreffend die Befürchtung von gesundheitsschädlichen Folgen i.S. des § 105 Abs. 1 lit. a leg. cit.) keine subjektiven Rechte ableiten (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 97/07/0226, m.w.N.).
Mit dem Hinweis auf § 21a WRG 1959 können die Beschwerdeführer schon deshalb keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides dartun, weil sie keinen Anspruch auf Anwendung dieser Bestimmung haben. Das Verfahren nach § 21a WRG 1959 dient ausschließlich dem Schutz öffentlicher Interessen, auf deren Wahrung subjektive Rechte nicht eingeräumt sind (vgl. die bei Bumberger/Hinterwirth, Kommentar zum WRG, S. 124 f, unter E 43 und E 46 angeführte Judikatur).
Gegen die von der Behörde nachträglich genehmigten geringfügigen Abweichung vom ursprünglichen Projekt wurde von den Beschwerdeführern nichts Konkretes vorgebracht.
Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Wien, am