VwGH vom 15.09.2011, 2009/09/0197

VwGH vom 15.09.2011, 2009/09/0197

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sulyok und die Hofräte Dr. Rosenmayr und Dr. Strohmayer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Henk, über die Beschwerde des M, vertreten durch Dr. Josef-Michael Danler, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Wilhelm-Greil-Straße 9, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol vom , Zl. uvs-2008/14/2233-2, betreffend Bestrafung nach dem AuslBG (weitere Parteien: Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz, Bundesministerin für Finanzen), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen, vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe als Arbeitgeber in der Zeit vom 18. bis zum drei näher bezeichnete polnische Staatsangehörige auf seiner Baustelle in Innsbruck als Bauhilfsarbeiter mit der Durchführung von Trockenbauarbeiten beschäftigt, obwohl für diese drei Ausländer keine der im Einzelnen aufgezählten arbeitsmarktrechtlichen Bewilligungen bzw. Bestätigungen ausgestellt gewesen seien. Über den Beschwerdeführer wurden gemäß § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a iVm § 3 Abs. 1 AuslBG Geldstrafen in Höhe von je EUR 1.000,--, sohin insgesamt EUR 3.000,-- (für der Fall der Uneinbringlichkeit Ersatzfreiheitsstrafen von je einem Tag) verhängt.

Der Beschwerdeführer sei Hälfteeigentümer der Liegenschaft in 6020 Innsbruck, J.-Straße. Am sei auf der dort eingerichteten Baustelle von Beamten der KIAB eine Kontrolle durchgeführt worden. Dabei seien die drei polnischen Staatsangehörigen in Arbeitskleidung bei der Durchführung von Trockenbauarbeiten angetroffen worden. Diese hätten in den auch in polnischer Sprache verfassten Personenblättern angegeben, dass sie seit dem für den Beschwerdeführer tätig seien. Sie würden von diesem Unterkunft und Verpflegung erhalten und pro Arbeitsstunde mit EUR 6,-- entlohnt. Der Beschwerdeführer sei von den drei polnischen Staatsangehörigen als "Chef" bezeichnet worden.

Der Beschwerdeführer habe den wirtschaftlichen Vorteil aus der Tätigkeit der drei polnischen Staatsangehörigen gezogen. Die Arbeiten seien (durch einen mit der Bauleitung bzw. Kontrolle beauftragten Architekten) auch kontrolliert worden. Der Beschwerdeführer habe die polnischen Staatsangehörigen, die als "Arbeiterpartie" tätig geworden seien, von der Unterkunftsstelle abgeholt und zur Baustelle hingebracht. Das Material sowie die Werkzeuge seien vom Beschwerdeführer zur Verfügung gestellt worden. Zwischen dem Beschwerdeführer und den polnischen Staatsangehörigen habe keine freundschaftliche oder verwandtschaftliche Beziehung bestanden.

Den Angaben des Beschwerdeführers zu Folge seien ihm die polnischen Staatsangehörigen von einem Bekannten, Alfred Told (im Folgenden: T.), vermittelt hätte. Es würde ein Schuldverhältnis zwischen T. und den polnischen Arbeitern bestehen. Um dieses "abzuarbeiten", habe T. die Arbeiter an ihn vermittelt. Für die Unterbringung der polnischen Arbeiter habe er ein Appartement gemietet, für das er monatlich EUR 990,-- bezahle. Er gehe davon aus, dass die Bezahlung "über das Schuldverhältnis mit T. abgerechnet" werde. Ihm sei klar, dass die Entlohnung der Arbeiter nicht nur aus Verpflegung und Unterkunft bestehe. Wie viel die Arbeitnehmer von T. bekämen, sei ihm nicht bekannt. Über Arbeitsbewilligung und Sozialversicherung habe er nicht nachgedacht. T. habe angegeben, er sei von der Familie des Beschwerdeführers unterstützt worden. Aus diesem Grunde habe er auch dem Beschwerdeführer helfen wollen. Aus zeitlichen Gründen sei ihm das nicht möglich gewesen. Er habe einen der polnischen Staatsangehörigen beim Hausbau in Polen geholfen und diesem auch ein günstiges Auto verschafft. Deshalb habe dieser ihm "einen Gefallen geschuldet".

Da die polnischen Staatsangehörigen rund vier Tage tätig gewesen seien, sei eine Geldstrafe von je EUR 1.000,-- (Ersatzarrest einen Tag) angemessen. Als Schuldform sei zumindest von Fahrlässigkeit auszugehen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Verwaltungsakten und Erstattung einer Gegenschrift erwogen hat:

Gemäß § 3 Abs. 1 AuslBG idF BGBl. I Nr. 101/2005 darf ein Arbeitgeber, soweit in diesem Bundesgesetz nichts anderes bestimmt ist, einen Ausländer nur beschäftigen, wenn ihm für diesen eine Beschäftigungsbewilligung, eine Zulassung als Schlüsselkraft oder eine Entsendebewilligung erteilt oder eine Anzeigebestätigung ausgestellt wurde oder wenn der Ausländer eine für diese Beschäftigung gültige Arbeitserlaubnis oder einen Befreiungsschein oder eine "Niederlassungsbewilligung - unbeschränkt" oder einen Aufenthaltstitel "Daueraufenthalt - EG" oder einen Niederlassungsnachweis besitzt.

Gemäß § 2 Abs. 2 des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (AuslBG), BGBl. Nr. 218/1975 idF BGBl. I Nr. 101/2005, gilt als Beschäftigung u.a. die Verwendung in einem Arbeitsverhältnis. Gemäß Abs. 4 erster Satz dieser Bestimmung ist für die Beurteilung, ob eine Beschäftigung iSd Abs. 2 vorliegt, der wahre wirtschaftliche Gehalt und nicht die äußere Erscheinungsform des Sachverhaltes maßgebend.

Gemäß § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a AuslBG idF BGBl. I Nr. 103/2005 begeht, sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet, eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde zu bestrafen, wer entgegen § 3 einen Ausländer beschäftigt, für den weder eine Beschäftigungsbewilligung (§§ 4 und 4b) oder Zulassung als Schlüsselkraft (§ 12) erteilt noch eine Anzeigebestätigung (§ 3 Abs. 5) oder eine Arbeitserlaubnis (§ 14a) oder ein Befreiungsschein (§§ 15 und 4c) oder eine "Niederlassungsbewilligung - unbeschränkt" (§ 8 Abs. 2 Z. 3 NAG) oder ein Aufenthaltstitel "Daueraufenthalt - EG" (§ 45 NAG) oder ein Niederlassungsnachweis (§ 24 FrG 1997) ausgestellt wurde.

Für die Einordnung in den Beschäftigungsbegriff des (im Beschwerdefall in Betracht kommenden) § 2 Abs. 2 lit. a AuslBG ist u. a. maßgebend, dass die festgestellte Tätigkeit in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit des Arbeitenden vom Beschäftiger ausgeübt wird. Beschäftiger ist derjenige, der dem Arbeitnehmer Aufträge erteilt, Arbeitsmittel zur Verfügung stellt, eine Dienst- und Fachaufsicht im Sinn einer organisatorischen Eingliederung des Arbeitnehmers in seinen Betrieb ausübt. Als (der Bewilligungspflicht unterworfenes) Beschäftigungsverhältnis iSd § 2 Abs. 2 AuslBG ist u.a. auch eine kurzfristige oder aushilfsweise Beschäftigung anzusehen. Das Tatbestandselement der Beschäftigung ist ausschließlich nach dem wirtschaftlichen Gehalt der Tätigkeit zu beurteilen. Auf eine zivilrechtliche Betrachtung, ob überhaupt ein Arbeitsvertrag zustande kam, ob diesem Mängel anhaften oder welche vertragliche Bezeichnung die Vertragsparteien der Tätigkeit gegeben haben, kommt es hingegen nicht an (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2009/09/0101).

Wenn jemand bei der Erbringung von Dienstleistungen arbeitend und unter solchen Umständen angetroffen wird, die nach der Lebenserfahrung üblicherweise auf ein Dienstverhältnis hindeuten (wie dies bei den gegenständlichen Bauhilfsarbeiten der Fall ist), dann ist die Behörde berechtigt, von einem Dienstverhältnis im üblichen Sinn auszugehen, sofern im Verfahren nicht jene atypischen Umstände dargelegt werden können, die einer solchen Deutung ohne näher Untersuchung entgegenstehen. Die Behörde ist in einem solchen Fall nicht gehalten, Ermittlungen und weitwendige Überlegungen zu der Frage anzustellen, ob der verwendete Ausländer in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis steht, da dies - wenn anders lautende konkrete Behauptungen samt Beweisanbote nicht vorliegen - unter den gegebenen Umständen ohne weiteres vorausgesetzt werden konnte (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2009/09/0058).

Die Beschwerde bringt vor, die belangte Behörde habe nicht geprüft, "ob es sich bei der erbrachten Arbeitsleistung um einen Gefälligkeitsdienst handelt".

Als Gefälligkeitsdienste können kurzfristige, freiwillige und unentgeltliche Dienste anerkannt werden, die vom Leistenden auf Grund spezifischer Bindungen zwischen ihm und dem Leistungsberechtigten erbracht werden. Der Übergang zwischen einem Gefälligkeitsdienst und einer "kurzfristigen" Beschäftigung iSd AuslBG ist fließend. Für die Abgrenzung ist eine Würdigung aller Umstände des Einzelfalles vorzunehmen. Dabei trifft die Partei - unabhängig von der grundsätzlichen Verpflichtung der Behörde zur amtswegigen Erforschung des für die Entscheidung notwendigen Sachverhaltes - eine entsprechende Mitwirkungspflicht, zumal es sich bei den zur Beantwortung der Frage, ob ein Freundschafts- oder Gefälligkeitsdienst vorliegt, maßgeblichen Umstände um solche handelt, die zumeist der Privatsphäre der Partei zuzuordnen sind und der Behörde nicht ohne weiteres zur Kenntnis gelangen. Es ist in diesen Fällen daher Sache der Partei, entsprechende konkrete Behauptungen aufzustellen und Beweise anzubieten (vgl. die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 2007/09/0374, und vom , Zl. 2009/09/0101).

Der Beschwerdeführer vermochte keinerlei familiäre, freundschaftliche oder nachbarschaftliche Bindungen zu den auf seiner Baustelle tätigen polnischen Staatsangehörigen aufzuzeigen. In Bezug auf die Entgeltlichkeit der geleisteten Dienste bringt der Beschwerdeführer - wie schon im Verwaltungsverfahren - lediglich vor, die polnischen Arbeiter hätten "einem guten Bekannten, nämlich (T.), einen Gefälligkeitsdienst getan bzw. diesem für erbrachte Gefälligkeitsleistungen eine Gefälligkeitsgegenleistung erbracht". Einer der polnischen Staatsangehörigen hätte sich bereit erklärt, "im Gegenzug zur Hilfe des (T.) eben diesem für Gefälligkeitsdienste zur Verfügung zu stehen und daher war er auf der Baustelle des Beschwerdeführers tätig. Dass (der polnische Staatsangehörige) zwei weitere Arbeiter aus seinem Familienkreis mitnimmt, war weder (T.) noch dem Beschwerdeführer bekannt." T. habe dem Beschwerdeführer

"einen Freund aus Polen zur Hilfe zur Seite gestellt, welcher (T.) seinerseits noch einen Gefallen zur Abgeltung einer Gefälligkeit schuldete. Den Arbeitern wurde von niemandem ein Lohn oder sonstiges Entgelt bezahlt. Lediglich eine Unterkunft wurde ihnen vom (Beschwerdeführer) zur Verfügung gestellt. Es war weder dem (Beschwerdeführer) noch (T.) bekannt, dass (der polnische

Staatsangehörige) seinen Sohn und seinen Schwager ... auf die

Baustelle mitbringen würde."

Es kann im gegenständlichen Fall dahingestellt bleiben, ob nicht bereits die Zurverfügungstellung von Unterkunft und Verpflegung durch den Beschwerdeführer eine synallagmatische Gegenleistung an seine polnischen Arbeiter im Rahmen eines entgeltlichen Arbeitsverhältnisses darstellt. Ausschlaggebend ist, dass - auch dem Vorbringen des Beschwerdeführers zu Folge - Unentgeltlichkeit nicht vereinbart worden ist (vgl. die vom Beschwerdeführer verwendete Bezeichnung "Gefälligkeitsgegenleistung"). Der Beschwerdeführer hat (auch was sein Verhältnis zu den beiden weiteren zur Baustelle "mitgebrachten" polnischen Staatsangehörigen betrifft) lediglich darauf verwiesen, kein Entgelt bezahlt zu haben. Im Zweifel (in Ermangelung einer Vereinbarung) gilt ein angemessenes Entgelt für die Dienste als bedungen (§ 1152 ABGB). Ob der Beschwerdeführer ein den verwendeten Ausländern demnach zustehendes Entgelt (vgl. auch § 29 AuslBG) tatsächlich geleistet hat oder nicht, braucht nicht untersucht zu werden. Eine Nichtzahlung bedeutet jedenfalls nicht, dass die verwendeten Arbeitskräfte unentgeltlich verwendet bzw. nicht iSd § 2 Abs. 2 AuslBG beschäftigt worden seien (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2009/09/0101). Im Übrigen wäre es auch im Falle der - von der Beschwerde behaupteten - Zurverfügungstellung einer Arbeitskraft durch T. unerheblich, ob der Beschäftiger (Beschwerdeführer) mit dem Verleiher (T.) Unentgeltlichkeit der Überlassung vereinbart hat, weil eine solche Vereinbarung nicht zu Lasten Dritter (der Beschäftigten) gehen konnte und es für die Qualifikation einer Beschäftigung als entgeltlich unerheblich ist, ob der Entgeltanspruch des Arbeitnehmers unmittelbar gegenüber dem Beschäftiger oder ob er gegenüber einem Dritten besteht (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2005/09/0021).

Die Beschwerde macht schließlich geltend, die belangte Behörde habe die beantragte Befragung der polnischen Arbeiter zu Unrecht nicht durchgeführt. Eine Befragung hätte ergeben, dass der Beschwerdeführer

"in keinster Weise initiativ Arbeiter für seine Baustelle gesucht hat. Vielmehr haben die polnischen Arbeiter einem guten Bekannten, nämlich (T.), einen Gefälligkeitsdienst getan bzw. diesem für erbrachte Gefälligkeitsleistungen eine Gefälligkeitsgegenleistung erbracht. In weiterer Konsequenz hätte sich herausgestellt, dass der (Beschwerdeführer) nicht als Arbeitgeber iSd AuslBG anzusehen ist, sodass eine Bestrafung nach diesem Gesetz nicht erfolgen kann."

Die beantragten Zeugen hätten die Fragen beantworten sollen, "in welchem Verhältnis" sie zum Beschwerdeführer, zu T. bzw. zur Frau des Beschwerdeführers gestanden seien, ob sie "noch eine Realschuld" gegenüber Herrn T. offen hätten bzw. ob sie "für ihre Leistungen einen Lohn" erhielten.

Aus den oben genannten rechtlichen Gründen sind diese Beweisthemen (soweit es sich nicht um einen Beweis nicht zugängliche rechtliche Subsumtionen bzw. um unzulässige Ausforschungsbeweise handelt) jedoch für das vorliegende Verfahren unerheblich. Es ist daher nicht zu beanstanden, wenn die belangte Behörde von der Vernehmung der polnischen Staatsangehörigen Abstand genommen hat.

Wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nichts anderes bestimmt, genügt gemäß § 5 Abs. 1 VStG zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Bei Ungehorsamsdelikten wie der vorliegenden Verwaltungsübertretung nach § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a AuslBG hat der Täter glaubhaft zu machen, dass ihm an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft. Dies ist dem Beschwerdeführer nicht gelungen. Auch die von der Beschwerde nicht bekämpfte Strafbemessung begegnet keinen Bedenken.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Zuerkennung von Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am