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VwGH vom 27.06.2017, Ra 2014/05/0059

VwGH vom 27.06.2017, Ra 2014/05/0059

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Bernegger und die Hofräte Dr. Enzenhofer und Dr. Moritz sowie die Hofrätinnen Dr. Pollak und Mag. Rehak als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Lorenz, über die Revision der revisionswerbenden Parteien 1. M W und 2. Ing. R W, beide in E, beide vertreten durch Dr. Bernhard Aschauer und Dr. Alexandra Aschauer, Rechtsanwälte in 4020 Linz, Bismarckstraße 3/3, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich vom , Zl. LVwG-150216/9/DM/FE, betreffend Einwendungen gegen ein Bauvorhaben (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht:

Gemeinderat der Stadtgemeinde E, mitbeteiligte Partei: A H in E, vertreten durch Dr. Michael Metzler, Rechtsanwalt in 4020 Linz, Landstraße 49, weitere Partei: Oberösterreichische Landesregierung), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Revision wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

1 Mit dem beim Stadtamt E am eingelangten Schreiben vom ersuchte die mitbeteiligte Partei (im Folgenden: Bauwerberin) um Erteilung einer Baubewilligung für den Zubau von vier Wohnungen, den Umbau im bestehenden Kellergeschoß und den Neubau einer Kapelle auf einem näher bezeichneten Grundstück der KG E.

2 In der Folge beraumte der Bürgermeister der Stadtgemeinde E für den die Durchführung einer mündlichen Verhandlung an, zu welcher auch die Revisionswerber, die jeweils zur Hälfte Eigentümer des westlich unmittelbar an das verfahrensgegenständliche Baugrundstück angrenzenden Grundstückes sind, geladen wurden.

3 Mit Schreiben vom erhoben die Revisionswerber Einwendungen gegen das gegenständliche Bauvorhaben und brachten - soweit für das Revisionsverfahren noch relevant - im Wesentlichen vor, dass der sich aus § 40 Z 1 Oö. Bautechnikgesetz 2013 (im Folgenden: BauTG) ergebende Mindestabstand bei der südwestlich zu ihrem Grundstück liegenden Loggia nicht eingehalten werde. Die zwei weiteren als Balkone eingereichten Bauwerksteile seien tatsächlich als Loggien zu qualifizieren; hier betrage der Abstand zu ihrer Nachbargrundgrenze nur 2 m, was gegen § 40 BauTG verstoße. Zudem würden die Revisionswerber auch durch die Anzahl der Geschoße in ihren subjektiven Rechten verletzt, weil gegenständlich vier Geschoße vorlägen, zumal auch das Kellergeschoß und das Dachgeschoß in die Gesamtgeschoßanzahl einzurechnen seien.

4 In der am durchgeführten mündlichen Verhandlung hielt der bautechnische Amtssachverständige fest, dass auf dem bestehenden, konsentierten Kellergeschoß zwei neue Vollgeschoße unter Einhaltung eines Mindestabstandes von 3 m von den Bauplatzgrenzen errichtet werden sollen. Als Überdachung sei ein Vollwalmdach mit einer Dachneigung von 30,6 Grad und Aluminiumeindeckung vorgesehen. Das Bauansuchen enthalte einen nicht ausgebauten Dachraum mit einer Übermauerung der Rohdecke von 77 cm, der in die Gesamtgeschoßzahl nicht einzurechnen sei. Im Bebauungsplan sei definiert, dass auf dem verfahrensgegenständlichen Baugrundstück im Bereich des bestehenden Kellers ein dreigeschoßiges Gebäude mit einer maximalen Firsthöhe von 269 m über Adria errichtet werden könne. Gemäß Schnittdarstellung solle der First des Wohnhauses in einer Höhe von +268,97 m über Adria bzw. 9,81 m über dem künftigen Erdgeschoßfußboden verlaufen. Gemäß Legende könne das Kellergeschoß auch als Vollgeschoß in Erscheinung treten. Rage das Kellergeschoß mehr als 150 cm (gemessen von der Rohdeckenunterkante an zumindest einem Punkt) über den Geländeschnittpunkt heraus, werde dieses auch als Geschoß bei der Berechnung der Geschoßanzahl berücksichtigt. Im Erdgeschoßplan sei das natürliche Gelände im Anschluss an den bestehenden Keller dargestellt. Der tiefste Geländeschnittpunkt des natürlichen Geländes liege auf einem Niveau von 1,98 m unter dem geplanten Erdgeschoßfußboden. Die Rohdeckenunterkante als Bezugspunkt für die Ermittlung der Geschoßzahl liege auf einem Niveau von 0,63 m unter dem Erdgeschoßfußboden. Die Rohdeckenunterkante liege gemäß Plandarstellung 135 cm über dem tiefsten Geländeschnittpunkt des natürlichen Geländes; somit sei das Kellergeschoß in die Geschoßanzahl nicht einzurechnen.

5 Zu den Einwendungen der Revisionswerber betreffend die Abstandsbestimmungen führte der bautechnische Amtssachverständige weiters aus, dass die beiden südlichen Loggien die Bestimmungen des § 41 BauTG sowie die Festlegungen im Bebauungsplan erfüllen würden. Die nördlichen Wohneinheiten seien mit einem Balkon ausgestattet, der von den Nachbargrenzen einen Mindestabstand von 2 m einhalte. Der beantragte Neubau halte - mit Ausnahme der nördlichen Balkone - den Mindestabstand von 3 m ein. Wie sich aus der Schnittdarstellung und dem Erdgeschoßgrundriss ergebe, betrage die Maximalhöhe des Baukörpers in den Bereichen mit einem Abstand von 3 m von den Nachbargrundgrenzen 9 m. Die im Einreichplan dargestellten Traufen der Dachgaupen mit einer Tropfkantenhöhe von 8,66 m über dem Erdgeschoßfußbodenniveau (gesamt max. 10,75 m) erfüllten das Kriterium einer Maximalhöhe von einem Drittel der Gebäudehöhe, da diese Dachgaupen von der Grundgrenze einen Abstand von mehr als 4 m einhielten. Der Dachfirst mit einer Höhe von 9,81 m über dem künftigen Erdgeschoßfußboden (gesamt max. 11,90 m) sei wegen der Walmdachausführung mehr als 5 m von der Grundgrenze entfernt und halte ebenfalls die Festlegung eines Mindestabstandes von einem Drittel der Höhe von den Nachbargrundgrenzen ein. Schließlich solle der Zugang zum neuen Wohnhaus mit vier Wohneinheiten über eine behindertengerechte Rampe mit einer Neigung von 6 % erfolgen. Ostseitig sei vorgesehen, den Vorbau des Kellergeschoßes zu erweitern, damit ein zeitgemäßes Stiegenhaus mit einer einläufigen Treppe untergebracht werden könne.

6 Mit Bescheid des Bürgermeisters der Stadtgemeinde E vom wurde der Bauwerberin gemäß § 35 Abs. 1 Oö. Bauordnung (im Folgenden: BO) die Baubewilligung für den Zubau von vier Wohnungen, Umbau im bestehenden Kellergeschoß und Neubau einer Kapelle nach Maßgabe der eingereichten Planunterlagen und unter Vorschreibung zahlreicher Auflagen erteilt.

7 Der dagegen erhobenen Berufung der Revisionswerber wurde mit dem auf dem Beschluss des Gemeinderates der Stadtgemeinde E vom beruhenden Bescheid vom keine Folge gegeben. In der Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, der nicht ausgebaute Dachraum mit einer Übermauerung von 77 cm werde in die Gesamtgeschoßzahl nicht eingerechnet und auch das Kellergeschoß zähle nicht als Vollgeschoß, weshalb das Bauansuchen die Festlegungen des Bebauungsplanes betreffend eine Bebauung mit maximal drei Geschoßen erfülle. Die gemäß Bebauungsplan festgelegte maximale Firsthöhe von 269 m über Adria werde beim beantragten Zubau mit 268,97 m über Adria eingehalten. Schließlich würden auch die Abstandsbestimmungen des Bebauungsplanes unter Berücksichtigung der anzuwendenden Bestimmungen des BauTG sowohl hinsichtlich der beiden Balkone als auch hinsichtlich der Loggien erfüllt.

8 Die dagegen von den Revisionswerbern erhobene Beschwerde wurde mit dem angefochtenen Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich (im Folgenden: Verwaltungsgericht) als unbegründet abgewiesen; gleichzeitig wurde ausgesprochen, dass gegen dieses Erkenntnis eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig sei.

9 Begründend führte das Verwaltungsgericht nach Darstellung des Verwaltungsgeschehens und von Rechtsvorschriften zunächst mit näherer Begründung aus, dass es sich im Revisionsfall tatsächlich um Loggien als untergeordnete Anbauten im Sinn des § 32 Abs. 1 Z 3 (Fluchtlinien) des anzuwendenden Bebauungsplanes handle. Im Revisionsfall werde mit dem Zubau an der den Revisionswerbern zugewandten Seite nicht bis ganz an die Baufluchtlinie herangebaut. Die Balkone im nördlichen Teil des Zubaus und die Loggien im südlichen Teil des Zubaus überragten die Baufluchtlinie jedoch teilweise. Der Bebauungsplan lege fest, dass - bei Einhaltung eines Mindestabstandes von 3 m zur Nachbargrundgrenze - untergeordnete Anbauten wie Loggien zulässig seien. Aus der Darstellung im Erdgeschoß-Plan sei ersichtlich, dass mit den beiden Loggien jedenfalls ein Abstand von mehr als 3 m zur Grundgrenze der Revisionswerber eingehalten werde.

10 Zum Vorbringen der Revisionswerber, die nördlich gelegenen Balkone müssten unter die Formulierung "und dergleichen" in § 32 Abs. 1 Z 3 des Bebauungsplanes subsumiert werden, weshalb ein Mindestabstand von 3 m eingehalten werden müsse und der vorgesehene Abstand von 2 m nicht ausreiche, führte das Verwaltungsgericht aus, nach der Formulierung dieser Bestimmung sei es offensichtlich der Wille des Verordnungsgebers gewesen, raumbildende Baumaßnahmen als "untergeordnete Anbauten" im Sinn dieser Bestimmung zu erfassen. Stiegenhäuser, Windfänge, Loggien und erdgeschossige Wintergärten seien allesamt raumbildend. Ein Balkon sei dagegen gerade nicht raumbildend, weshalb Balkone nicht unter die Formulierung "und dergleichen" in § 32 Abs. 1 Z 3 des Bebauungsplanes zu subsumieren seien. Da die Satzungen somit keine Abstandsregelungen für Balkone zu Nachbargrenzen normierten, müsse auf das BauTG zurückgegriffen werden. Aus der Erdgeschoßdarstellung des Einreichplanes ergebe sich, dass der in § 41 Abs. 2 Z 3 BauTG normierte Mindestabstand von 2 m zur Grundgrenze der Revisionswerber eingehalten werde. Bei diesen Balkonen handle es sich entgegen der Ansicht der Revisionswerber nicht um Loggien, da die Balkone keine seitlichen Wände aufwiesen, sondern an allen drei Seiten über ein Geländer als Absturzsicherung verfügten. Daran ändere auch eine allenfalls bestehende Überdachung nichts.

11 Wie die Baubehörde nachvollziehbar dargelegt habe, rage das Kellergeschoß an keiner Stelle mehr als 150 cm über den Geländeschnittpunkt heraus. Darüber hinaus merkte das Verwaltungsgericht an, dass die Baubehörde vom natürlichen Gelände als Geländeschnittpunkt ausgegangen sei, richtig jedoch wohl vom künftigen Gelände auszugehen gewesen wäre. Dies spiele im konkreten Fall jedoch keine Rolle, weil das Gelände an diesem Punkt keine Veränderung erfahre und auch sonst keine Geländeveränderungen durchgeführt würden, die einen tieferen Geländeschnittpunkt ergeben würden. Es könne dahingestellt bleiben, ob ein Dachgeschoß vorliege, das der Anzahl der Vollgeschoße hinzuzurechnen wäre, da dies - neben Erd- und Obergeschoß - das dritte zulässige Vollgeschoß bilden würde. Es sei aber auch hier der Baubehörde zuzustimmen, wenn sie unter Anwendung der Bestimmungen des Bebauungsplanes zum Ergebnis gelange, dass der in den Einreichunterlagen dargestellte Dachraum mit einer Übermauerung der Rohdeckenoberkante des ersten Obergeschoßes von 77 cm nicht als Vollgeschoß zu werten sei.

12 Bezüglich des Vorbringens, dass auch das Stiegenhaus in die Berechnung nach § 32 Abs. 1 Z 3 des Bebauungsplanes einzubeziehen sei und somit das maximal zulässige Ausmaß untergeordneter Anbauten von 20 m2 verbauter Fläche pro Geschoß überschritten würde, führte das Verwaltungsgericht aus, diese Behauptung gehe schon deshalb ins Leere, weil es sich nach den Einreichunterlagen beim Stiegenhaus um keinen Anbau an das Hauptgebäude handle, sondern dieses in das Hauptgebäude integriert sei.

13 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision mit dem Begehren, das angefochtene Erkenntnis dahingehend abzuändern, dass der Beschwerde der Revisionswerber Folge gegeben werde, in eventu, das angefochtene Erkenntnis kostenpflichtig aufzuheben.

14 Die vor dem Verwaltungsgericht belangte Behörde erstattete eine Revisionsbeantwortung und beantragte die Abweisung der Revision.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

15 Die Revision erweist sich in Anbetracht ihres Vorbringens, dass zur Frage, ob es sich bei Balkonen um untergeordnete Anbauten im Sinn des § 32 Abs. 1 Z 3 des im Revisionsfall maßgeblichen Bebauungsplanes handelt, keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vorliege, als zulässig.

16 Im Revisionsfall war die BO, LGBl. Nr. 66/1994, in der Fassung LGBl. Nr. 90/2013 anzuwenden, deren § 31 BO auszugsweise wie folgt lautet:

"§ 31

Einwendungen der Nachbarn

(1) Nachbarn sind

1. bei Wohngebäuden einschließlich der zugehörigen

Stellplätze für Kraftfahrzeuge sowie der allenfalls vorgeschriebenen Neben- und Gemeinschaftsanlagen: die Eigentümer oder Eigentümerinnen und Miteigentümer oder Miteigentümerinnen der Grundstücke, die vom zu bebauenden Grundstück höchstens zehn Meter entfernt sind;

...

Die Stellung als Nachbar besteht jedoch jeweils nur unter der Voraussetzung, dass diese Eigentümer oder Eigentümerinnen und Miteigentümer oder Miteigentümerinnen durch das Bauvorhaben voraussichtlich in ihren subjektiven Rechten beeinträchtigt werden können. Personen, denen ein Baurecht zusteht, sind Grundeigentümern oder Grundeigentümerinnen gleichgestellt.

...

(4) Öffentlich-rechtliche Einwendungen der Nachbarn sind im Baubewilligungsverfahren nur zu berücksichtigen, wenn sie sich auf solche Bestimmungen des Baurechts oder eines Flächenwidmungsplans oder Bebauungsplans stützen, die nicht nur dem öffentlichen Interesse, sondern auch dem Interesse der Nachbarschaft dienen. Dazu gehören insbesondere alle Bestimmungen über die Bauweise, die Ausnutzbarkeit des Bauplatzes, die Lage des Bauvorhabens, die Abstände von den Nachbargrenzen und Nachbargebäuden, die Gebäudehöhe, die Belichtung und Belüftung sowie jene Bestimmungen, die gesundheitlichen Belangen oder dem Schutz der Nachbarschaft gegen Immissionen dienen. ..."

17 Die maßgeblichen Bestimmungen des BauTG, LGBl. Nr. 35/2013, in der im Revisionsfall anzuwendenden Fassung LGBl. Nr. 90/2013 lauten auszugsweise:

"§ 2

Begriffsbestimmungen

Im Sinn dieses Landesgesetzes bedeutet:

...

7. Dachgeschoß: das oberste Geschoß, bei dem die volle

lichte Raumhöhe nicht über die gesamte Geschoßfläche erreicht wird und die Begriffsmerkmale eines Dachraums - insbesondere durch die Anordnung der Fester oder die Höhe der Übermauerungen - überschritten werden; ein Dachgeschoß ist in die Gesamtgeschoßzahl einzurechnen, außer der Bebauungsplan legt etwas anderes fest;

8. Dachraum: - soweit der Bebauungsplan nichts anderes

festlegt - ein von Dachschrägen und den Giebelwänden umschlossener

Raum über dem obersten oberirdischen Geschoß mit

a) Übermauerungen bis höchstens 1,20 m über der

Rohdeckenoberkante und

b) Fenstern in Giebelwänden, Gaupen oder Dachflächenfenstern;

ein Dachraum ist in die Gesamtgeschoßzahl nicht einzurechnen;

...

17. Kellergeschoß: ein Geschoß, das zur Gänze oder in

Teilen (zB bei Gebäuden in Hangbauweise) in das umliegende, künftige Gelände reicht;

...

§ 40

Abstandsbestimmungen für Gebäude und Schutzdächer Soweit der Bebauungsplan nichts anderes festlegt, gilt für

die Lage und Höhe von Gebäuden und Schutzdächern:

1. Beim Neu- und Zubau von Gebäuden ist, sofern sich aus

den folgenden Ziffern nichts anderes ergibt, zu den Bauplatz- oder Nachbargrundgrenzen ein Mindestabstand, gemessen von der fertigen Außenwand, von 3 m einzuhalten. Bei Gebäudeteilen, die höher als 9 m sind, muss der Abstand wenigstens ein Drittel ihrer Höhe betragen.

...

§ 41

Ausnahmen von den Abstandsbestimmungen

...

(2) Die Mindestabstände zu den Bauplatz- oder Nachbargrundgrenzen können unterschritten werden mit:

...

3. das künftige Gelände überragende Terrassen und Treppen

im Freien, Balkonen, üblichen Dachvorsprüngen und angebauten Werbeeinrichtungen um 2 m; ein Mindestabstand von 2 m gegen die Bauplatz- oder Nachbargrundgrenzen darf jedoch nicht unterschritten werden;

...

(3) Abs. 1 Z 2 bis 5 und Abs. 2 gelten für die durch einen Bebauungsplan festgelegten Abstände sinngemäß, soweit Letzterer nicht ausdrücklich etwas anderes bestimmt.

..."

18 Die relevanten Bestimmungen des im Revisionsfall maßgeblichen Bebauungsplanes Nr. 66 "Horvatits" des Gemeinderates der Stadtgemeinde Enns vom lauten auszugsweise wie folgt:

"§ 32 (1) 3 Fluchtlinien

Die Straßenfluchtlinien und Baufluchtlinien sind kotiert oder

maßstabsgerecht direkt dem Plan zu entnehmen.

Parzellen und Grundstücke im Bauland ohne Baufluchtlinien sind nicht mit einem Hauptgebäude bebaubar.

Untergeordnete Anbauten wie Stiegenhäuser, Windfänge, Loggien, erdgeschossige Wintergärten und dergleichen im Ausmaß von max. 20 m2 verbauter Fläche (pro Geschoss) - unter Einhaltung eines Mindestabstandes von 3 m zu den Straßenfluchtlinien und zu den Nachbargrundgrenzen - zulässig.

Über die Baufluchtlinien kann gegen die Straßenfront mit folgenden Bauteilen vorgetreten werden: Mit Erker bis 1 m, Balkonen, Schutzdächer, Freitreppen und Terrassen bis 2 m. § 32 (1) 4 Die Gebäudehöhen

Die Gebäudehöhe ist durch die maximale Zahl der Vollgeschosse (III bzw. III+DG) in der Nutzungsschablone fixiert und die zulässige Gebäudehöhe mit einer maximalen Firsthöhe in Meter über Adria ergänzt.

Das Kellergeschoss kann mitunter auch als Vollgeschoss in Erscheinung treten. Ragt das Kellergeschoss mehr als 150 cm (Rohdeckenunterkante an zumindest einem Punkt) über dem Geländeschnittpunkt heraus, wird dieses auch als Geschoss bei der Anzahl der Geschosse mit eingerechnet.

...

Bei Angabe eines ausgebauten Dachraums ‚DR' (gem. OÖ BauTG) darf die Übermauerung - gemessen von der Rohdeckenoberkante - 1,20 m nicht überschreiten.

Bei Angabe eines ausgebauten Dachgeschosses ‚DG' (gem. OÖ. BauTG) dürfen die Begriffsmerkmale des Dachraums überschritten werden, ohne dabei diejenigen eines Vollgeschosses zu erreichen. Die Übermauerung - gemessen von der Rohdeckenoberkante - wird mit max. 1,50 beschränkt."

19 Die Revisionswerber bringen im Wesentlichen vor, dass die tatsächliche Gebäudehöhe abweichend von den Einreichunterlagen 11,90 m betrage, sodass sich ein Mindestabstand von 3,97 m errechne. Die im angefochtenen "Bescheid" enthaltene Feststellung, wonach der Mindestabstand gemäß Plandarstellung ca. 4,01 m betrage, sei nicht ausreichend, zumal der Abstand im Plan nicht dargestellt sei und in der Natur 3,45 m betrage.

20 Nach dem Bebauungsplan seien untergeordnete Anbauten wie Stiegenhäuser, Windfänge, Loggien und dergleichen, im Gesamtausmaß von maximal 20 m2 verbauter Fläche pro Geschoß zulässig; das auf der gegenüberliegenden Seite geplante Stiegenhaus sei miteinzurechnen, wodurch die untergeordneten Anbauten pro Geschoß eine Gesamtfläche von 30,96 m2 aufwiesen. Die nunmehr im nördlichen Bereich als "Balkone" dargestellten Anbauten seien nach den Satzungen des maßgeblichen Bebauungsplanes unter den Begriff "und dergleichen" zu subsumieren. Der Rechtsansicht der belangten Behörde (gemeint offenbar: des Verwaltungsgerichtes), dass es offensichtlich der Wille des Verordnungsgebers gewesen sei, raumbildende Baumaßnahmen als untergeordnete Anbauten im Sinn des § 32 Abs. 1 Z 3 des Bebauungsplanes zu erfassen, könne nicht gefolgt werden. Gerade Balkone erfüllten die Qualifikation als "untergeordnete Anbauten"; andernfalls wäre es dem Verordnungsgeber offen gestanden, einen solchen Balkon auszunehmen, wovon er aber bewusst keinen Gebrauch gemacht habe. Folglich sei auch bei Balkonen ein Mindestabstand von 3 m einzuhalten. Zudem seien die beiden Balkone tatsächlich als Loggien zu qualifizieren, da diese zum einen überdacht seien, wobei die Überdachungen von der Behörde zu Unrecht als Schutzdächer qualifiziert würden. Zum anderen seien die Seitenteile zwar durch Balkongeländer ersetzt worden, tatsächlich seien sie aber fünfseitig verbaut.

21 Zudem lägen im Revisionsfall vier Geschoße vor, weil das Dachgeschoß, welches als solches nach außen optisch in Erscheinung trete und übermauert sei, und das Kellergeschoß, welches 1,72 m über den Geländeschnittpunkt hinausrage, als Vollgeschoße in die Gesamtgeschoßanzahl einzurechnen seien.

22 Weiters entspreche das gegenständliche Bauvorhaben nicht dem Orts- und Landschaftsbild, dem die belangte Behörde (gemeint offenbar: das Verwaltungsgericht) von Amts wegen Rechnung zu tragen habe, sodass Verfahrensvorschriften verletzt worden seien.

Mit diesem Vorbringen zeigen die Revisionswerber keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Erkenntnisses auf.

23 Das Mitspracherecht der Nachbarn im Baubewilligungsverfahren ist in zweifacher Weise beschränkt: Es besteht einerseits nur insoweit, als dem Nachbarn nach den in Betracht kommenden baurechtlichen Vorschriften subjektivöffentliche Rechte zukommen, und andererseits nur in jenem Umfang, in dem der Nachbar solche Rechte im Verfahren durch die rechtzeitige Erhebung entsprechender Einwendungen wirksam geltend gemacht hat. Daraus folgt, dass die Prüfungsbefugnisse der Berufungsbehörde und auch der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts im Falle des Rechtsmittels einer Partei des Verwaltungsverfahrens mit beschränktem Mitspracherecht, wie dies auf Nachbarn nach der Bauordnung im Baubewilligungsverfahren zutrifft, auf jene Fragen beschränkt ist, hinsichtlich derer dieses Mitspracherecht als subjektiv-öffentliches Recht besteht und soweit rechtzeitig im Verfahren derartige Einwendungen erhoben wurden. Dies gilt in gleicher Weise für die Verwaltungsgerichte (vgl. zum Ganzen das hg. Erkenntnis vom , Ro 2015/05/0021, mwN).

24 Mit ihrem Vorbringen, das Bauvorhaben entspreche nicht dem Orts- und Landschaftsbild, beziehen sich die Revisionswerber nicht auf ein ihnen zukommendes subjektiv-öffentliches Recht (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2009/05/0342, mwN).

25 Soweit die Revisionswerber geltend machen, dass durch das Bauvorhaben der vorgeschriebene Seitenabstand zur Nachbargrundgrenze sowie durch die Nichteinhaltung der maximal zulässigen Geschoßzahl die Gebäudehöhe nicht eingehalten werde, behaupten sie eine Verletzung in ihren subjektiv-öffentlichen Rechten im Sinn des § 31 Abs. 4 BO.

26 Die Revisionswerber bemängeln zunächst - ausgehend von der von ihnen selbst berechneten Gebäudehöhe - die Nichteinhaltung des sich aus § 40 Z 1 BauTG ergebenden Mindestabstandes zu den Nachbargrundgrenzen. Dazu ist auszuführen, dass - wie sich aus dem Einleitungssatz dieser Bestimmung klar ergibt - die gesetzlichen Abstandsbestimmungen nur gelten, soweit der Bebauungsplan nicht etwas anderes bestimmt. Im Revisionsfall werden im maßgeblichen Bebauungsplan Baufluchtlinien festgelegt, durch welche die unter anderem zu den Nachbargrundgrenzen einzuhaltenden Mindestabstände bestimmt werden, sodass das Revisionsvorbringen zur Berechnung der gemäß § 40 Z 1 BauTG relevanten Gebäudehöhe schon deshalb ins Leere geht. Dass die im Bebauungsplan festgelegten Baufluchtlinien - abgesehen von den hier gegenständlichen Anbauten, auf welche im Folgenden eingegangen wird - überschritten werden, bringen die Revisionswerber nicht vor.

27 Die Revisionswerber bringen weiters vor, dass Balkone mit den in § 32 Abs. 1 Z 3 des maßgeblichen Bebauungsplanes genannten Baumaßnahmen vergleichbar und daher ebenfalls als untergeordnete Anbauten im Sinn dieser Bestimmung anzusehen seien, weshalb auch in Bezug auf die gegenständlichen Balkone ein Mindestabstand von 3 m zur Nachbargrundgrenze einzuhalten sei.

28 Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu der § 41 Abs. 2 Z 3 BauTG vergleichbaren Bestimmung des § 33 Abs. 1 lit. b Oö. Bauordnung 1976 liegt ein Balkon dann vor, wenn sich ein Gebilde überwiegend als offener Vorbau an einem Gebäude darstellt (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 95/05/0267, mwN).

29 Die gegenständlichen Balkone befinden sich im Erdgeschoß und im ersten Stock, wobei über dem Balkon im ersten Stock ein Schutzdach angebracht ist, sodass jeder Balkon oben abgedeckt, jedoch an den Seitenwänden (nach allen drei Seiten) offen ist. Dabei handelt es sich entgegen der Ansicht der Revisionswerber nicht um Loggien, sondern um Balkone im Sinn des § 41 Abs. 2 Z 3 BauTG (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 95/05/0016, u.a., welchem eine vergleichbare Konstruktion zugrunde lag), weshalb der in dieser Bestimmung normierte Mindestabstand von 2 m zur Nachbargrundgrenze einzuhalten ist, sofern der im Revisionsfall maßgebliche Bebauungsplan nicht ausdrücklich anderes bestimmt.

30 Im zweiten Satz des § 32 Abs. 1 Z 3 des maßgeblichen Bebauungsplanes wurde eine beispielhafte Aufzählung von Baumaßnahmen vorgenommen, die als untergeordnete Anbauten anzusehen sind und die über die Baufluchtlinien vortreten dürfen, sofern ein Mindestabstand von 3 m zu den Straßenfluchtlinien und zu den Nachbargrundgrenzen eingehalten wird. Darin wird unter anderem der Wintergarten genannt, der gemäß § 2 Z 30 BauTG ein unbeheizbarer, belüftbarer und zum angrenzenden beheizbaren Raum nicht dauernd geöffneter verglaster Vorbau ist. Die übrigen genannten Baumaßnahmen werden in den baurechtlichen Bestimmungen nicht definiert. Nach den in verschiedenen Bauwörterbüchern enthaltenen Definitionen handelt es sich bei einem Windfang um einen kleinen Durchgangsraum vor oder hinter Eingangstüren zum Abhalten von Zugluft (vgl. Frommhold/Gareiß, Bauwörterbuch2, 288) und bei einer Loggia um einen an einem Wohnraum anschließenden (laubenartigen) Raum, an einer Seite nach dem Freien offen mit einer Brüstung als Abschluss (vgl. Frommhold/Gareiß, Bauwörterbuch2, 172, sowie Wormuth/Schneider, Baulexikon3, 189). Daraus ergibt sich, wie das Verwaltungsgericht zutreffend dargelegt hat, dass der Verordnungsgeber bei der Normierung der in Rede stehenden Bestimmung des Bebauungsplanes Baumaßnahmen vor Augen hatte, die einen Raum bzw. einen an einer Seite offenen Raum bilden. Bei einem Balkon handelt es sich aber, wie oben dargelegt, um einen überwiegend offenen Vorbau, weshalb dieser nicht mit den in § 32 Abs. 1 Z 3 des maßgeblichen Bebauungsplanes beispielhaft aufgezählten Baumaßnahmen vergleichbar und somit auch nicht als untergeordneter Anbau im Sinn dieser Bestimmung zu qualifizieren ist.

31 Mangels anderslautender Regelung im Bebauungsplan hat das Verwaltungsgericht seiner Entscheidung in Bezug auf die Balkone somit zu Recht den in § 41 Abs. 2 Z 3 BauTG normierten Mindestabstand von 2 m zur Nachbargrundgrenze zugrunde gelegt.

32 Im Übrigen treten die Revisionswerber der Feststellung des Verwaltungsgerichtes, wonach es sich bei dem gegenständlichen Stiegenhaus nicht um einen Anbau an das Hauptgebäude handle, sondern dieses in das Hauptgebäude integriert sei, nicht entgegen, sodass ihr Vorbringen betreffend die durch die Einbeziehung des Stiegenhauses bewirkte Überschreitung des nach § 32 Abs 1 Z 3 des Bebauungsplanes zulässigen Ausmaßes an (untergeordneten) Anbauten schon deshalb ins Leere geht.

33 Eine Verletzung in ihrem subjektiv-öffentlichen Recht auf Einhaltung der Bestimmungen betreffend die Abstände zu den Nachbargrundgrenzen haben die Revisionswerber somit nicht aufgezeigt.

34 Die Revisionswerber führen weiters aus, dass im Revisionsfall vier Geschoße vorlägen, weil das Dachgeschoß und das Kellergeschoß als Vollgeschoße in die Gesamtgeschoßanzahl einzurechnen seien.

35 Der zum Kellergeschoß erhobene Vorwurf der Revisionswerber, das Verwaltungsgericht habe sich lediglich auf die Feststellungen der Vorinstanz berufen, ohne eigene Ermittlungen durchzuführen, trifft nicht zu. Das Verwaltungsgericht hat im angefochtenen Erkenntnis unter Heranziehung der Einreichpläne (Schnitt A-A) vielmehr detailliert dargestellt, dass das Kellergeschoß - ausgehend sowohl vom bestehenden Gelände als auch vom neuen Gelände - nicht mehr als 150 cm über den Geländeschnittpunkt herausrage. Die Revisionswerber treten dem nicht konkret entgegen.

36 Im Übrigen übersehen sie, dass gemäß § 32 Abs. 1 Z 4 des maßgeblichen Bebauungsplanes für die Berechnung der darin festgelegten Grenze des Herausragens von 150 cm über den Geländeschnittpunkt nicht der Erdgeschoßfußboden, sondern die Rohdeckenunterkante des Kellergeschoßes heranzuziehen ist, welche im Revisionsfall 63 cm unter dem Erdgeschoßfußboden liegt.

37 Da das Verwaltungsgericht das Kellergeschoß somit zutreffend nicht als Vollgeschoß im Sinn des maßgeblichen Bebauungsplanes gewertet hat, wird durch das gegenständliche Bauvorhaben die maximal zulässige Anzahl von drei Geschoßen jedenfalls nicht überschritten, weshalb sich ein Eingehen auf das zum Dachgeschoß erstattete Vorbringen erübrigt.

38 Eine Verletzung in ihrem subjektiv-öffentlichen Recht auf Einhaltung der Bestimmungen betreffend die Gebäudehöhe vermochten die Revisionswerber somit ebenfalls nicht darzutun.

39 Die Revision war somit gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Wien, am

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Schlagworte:
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