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VwGH vom 10.12.2014, Ro 2014/09/0025

VwGH vom 10.12.2014, Ro 2014/09/0025

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sulyok und die Hofräte Dr. Rosenmayr, Dr. Bachler, Dr. Doblinger und Mag. Feiel als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Senft, über die Revision des Disziplinaranwaltes beim Bundesministerium für Landesverteidigung und Sport, ObstdIntD Mag. jur. Herbert Walzer in 1090 Wien, Roßauerlände 1, gegen den Beschluss der Disziplinaroberkommission für Soldaten beim Bundesministerium für Landesverteidigung vom , Zl. 14-DOKS/13, betreffend Aufhebung der Bezugskürzung gemäß § 40 Abs. 3 HDG 2002 (mitbeteiligte Partei: FK in S, weitere Partei: Bundesminister für Landesverteidigung und Sport), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Beschluss wird im Umfang seines Ausspruches über den Nichteintritt der Kürzung der Dienstbezüge wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Begründung

Der Mitbeteiligte steht als Berufsunteroffizier in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund.

Im Rahmen des Verfahrens betreffend Dienstenthebung des Mitbeteiligten vor der Disziplinarkommission für Soldaten stellte dieser mit Schriftsatz vom für den Fall, dass die Disziplinarkommission die Dienstenthebung verhänge, vorsorglich den Antrag auf Aufhebung bzw. Verminderung der Bezugskürzung.

Mit Bescheid der Disziplinarkommission für Soldaten vom wurde der Mitbeteiligte gemäß § 39 Heeresdisziplinargesetz 2002 (HDG 2002) vom Dienst enthoben. Gleichzeitig sprach die Behörde aus, dass sie gemäß § 40 Abs. 1 Z. 1 HDG 2002 auf Antrag des Mitbeteiligten beschlossen habe, die Kürzung der Dienstbezüge auf zwei Drittel aufzuheben.

Gegen diesen Bescheid erhoben sowohl der Revisionswerber als auch der Mitbeteiligte Berufung.

Mit dem angefochtenen Beschluss der belangten Behörde vom wurde der Mitbeteiligte gemäß § 39 Abs. 3 HDG 2002 vom Dienst enthoben und von Amts wegen ausgesprochen, dass die Kürzung der Dienstbezüge gemäß § 40 Abs. 1 Z. 2 und Abs. 3 in Verbindung mit § 41 Abs. 3 HDG 2002 nicht eintrete.

Zum Verfahren betreffend Bezugskürzung hielt die belangte Behörde Folgendes fest:

"Der Dienstenthobene hat nach Rechtskraft der vorläufigen Dienstenthebung durch den Disziplinarvorgesetzten sicherheitshalber einen Antrag (vom ) auf Verminderung der Bezugskürzung gestellt. Dies tat er augenscheinlich ohne seinen ausgewiesenen Rechtsvertreter.

Grundsätzlich wäre dieser Antrag zurückzuweisen gewesen, da zu diesem Zeitpunkt noch keine Dienstenthebung durch die DKS, somit auch keine Bezugskürzung vorlag.

Die DKS kann gem. § 40 Abs. 1 HDG 2002 die nach verfügter Dienstenthebung eingetretene Kürzung der jeweiligen Dienstbezüge auf Antrag des Dienstenthobenen oder des Disziplinaranwaltes vermindern oder aufheben.

Sie ist aber auch von Amts wegen ermächtigt (§ 40 Abs. 1 Z. 2 HDG 2002) eine Aufhebung und Verminderung der Bezugskürzung zu verfügen, wenn dies zur Aufrechterhaltung des notwendigen Lebensunterhaltes des Enthobenen und seiner Familienangehörigen, für die er sorgepflichtig sei, unbedingt erforderlich ist.

Die DKS hätte sicherlich in zwei getrennten Verfahren über die Dienstenthebung und die Amts wegige Aufhebung der Bezugskürzung, welche auf einem, mit verfahrensrechtlichem Bescheid zurückzuweisenden Antrag des Enthobenen gestützt wurde, entscheiden können.

Der richtige Weg wäre gewesen den Antrag des Enthobenen vom auf Aufhebung der Bezugskürzung mittels verfahrensrechtlichen Bescheids zurückzuweisen.

Ungeachtet dieses Formalmangels spricht aber nichts dagegen, dass die DKS den Inhalt des Antrages von Amts wegen zur Kenntnis nimmt und darüber bei der nächsten Gelegenheit formell darüber abspricht.

Die Erstbehörde wählte nun die zweckmäßige Variante in einem Bescheid zwei Entscheidungen zu treffen, weswegen inhaltlich vorerst kein Mangel erblickt werden kann. Der Spruch des verfahrensgegenständlichen Bescheides ist erkennbar zweiteilig. Im ersten Teil wird die Dienstenthebung verfügt, im zweiten Teil wird über die Aufhebung der Bezugskürzung abgesprochen. Vom zeitlichen Ablauf her wird zuerst die Dienstenthebung verfügt und danach die (amtswegige) Aufhebung der Bezugskürzung rechtswirksam. Zum besseren Verständnis hat die DOKS nun den 'Nichteintritt' der Kürzung verfügt. Insgesamt zeigt der Disziplinaranwalt keine Rechtswidrigkeit der DKS, die zur Behebung des Bescheides führen würde, auf."

Die belangte Behörde begründete die Aufhebung der Bezugskürzung wie folgt:

"Der Disziplinaranwalt vermeint, dass die Bestimmungen des § 112 Abs. 4 BDG 1979 auf die 'militärischen Kürzungsbestimmungen' anzuwenden sind und unterschlägt in seiner Berufung die Bindung des 'notwendigen Lebensunterhalt des Beamten und seiner Familienangehörigen, für die er sorgepflichtig ist' an den § 26 Abs. 5 PG, solange die dortigen Beträge die Höhe des Mindestsatzes nicht erreichen.

Damit kann eine Aufhebung oder Verminderung der Bezugskürzung erst dann erfolgen, wenn die dortigen Beträge unterschritten sind.

In irrender Rechtsmeinung hat die DKS in ihrer Entscheidung und der Disziplinaranwalt in seiner Berufung die falschen Rechtsgrundlagen als Richtwert für den notwendigen Lebensunterhalt nach § 40 Abs 1 HDG 2002 gewählt.

Gemäß § 152d BDG 1979 sind die §§ 91 bis 135 auf die dem Anwendungsbereich des HDG 2002 unterliegenden Militärpersonen nicht anzuwenden, weshalb der erkennende Senat im freien Ermessen ohne Bindung an gesetzliche Bestimmungen den notwendigen Lebensunterhalt iSd § 40 Abs 1 HDG 2002 nach dem Maßstab des Existenzminimums nach der Exekutionsordnung berechnet.

Da der Enthobene noch keine gekürzten Bezüge erhalten hat, werden diese Beträge in den nachfolgenden Berechnungen geschätzt.


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1)
Sein ungekürzter Nettobezug, welcher 14-mal im Jahr gebührt, beträgt (fiktiv): (Grundbezug, Kinderzuschuss, Truppendienstzulagen, Funktionszulage, Aufwandsentschädigung, Pauschale für verlängerten Dienstplan, Verwendungszulage)
EUR 1.570,80
2)
Der um ein Drittel gekürzte Nettobezug beträgt (geschätzt) (Grundbezug, Kinderzuschuss, Truppendienstzulage, Funktionszulage, Verwendungszulage)
EUR 1.047,20
Für die Beurteilung der Frage, ob die Aufhebung der Bezugskürzung durch die DOKS gemäß § 40 Abs 1 HDG 2002 zur Aufrechterhaltung des notwendigen Lebensunterhaltes des Soldaten unbedingt erforderlich ist, wird auf den unpfändbaren Freibetrag ('Existenzminimum') gemäß § 291a EO abgestellt.
Auf Grund seines ungekürzten Nettobezuges (Nettolohn monatlich) von
EUR 1.570,80
beträgt der unpfändbare Betrag gemäß § 291a EO mit einem Sorgepflichtigen
EUR 1275,12
monatlich.
Berechnungsgrundlage:
Brutto abzüglich:
Gesetzliche Abzüge, sonstige Abzüge nach § 291 Abs 1 EO
EUR 1.570,80
Gerundet auf EUR 20,--
EUR 1.560,00
Abzüglich
Grundbetrag nach § 293 Abs 1 lit a ASVG
- EUR 837,63
Erhöhung Grundbetrag für 1 Kind unter 24 Jahren
- EUR 129,24
Unterhaltsgrundbetrag für 1 Unterhaltsberechtigte (a EUR 168)
gemäß § 291a Abs 2 Z 2 iVm § 291a Abs 5 EO
- EUR 168,00
Zwischensumme
EUR 425,13
Abzüglich
30% von Zwischensumme für den Verpflichteten gem. § 291a Abs 3 Z 1 EO
- EUR 127,50
30 % von Zwischensumme für einen Unterhalsberechtigten (je 10 %)
- EUR 12,75
Pfändbarer Teil
EUR 284,88
Zuzüglich Differenz Rundung - Berechnungsgrundlage
EUR 10,80
Pfändbarer Teil
EUR 295,68
Existenzminimum (EUR 1570,80 - EUR 295,68)
EUR 1275,12

Das voraussichtliche (gekürzte) Nettoeinkommen des Berufungswerbers von EUR 1.047,20 liegt um EUR 227,92 UNTER dem Bereich des Betrages, das nach § 291a EO als Existenzminimum gilt und für den notwendigen Lebensunterhalt nach § 40 Abs. 1 HDG 2002 als Richtwert herangezogen wird.

Damit ist jedenfalls die Bezugskürzung um EUR 227,92 zu vermindern, um auf den Betrag des Existenzminimums zu gelangen.

Als weitere Hinzurechnungsbeträge berücksichtigt der erkennende Senat


Tabelle in neuem Fenster öffnen
-
jedenfalls die Versicherungsbeträge (Haushalt-, Lebens-, Kreditschutz- und Altersvorsorge für das Kind) in der Höhe von mtl. 111,43 EUR, die es, so wie von der DKS beurteilt, als weiterzuführen gilt, sowie die Kreditbelastung in der mtl. Gesamthöhe von ca. 520 EUR,
-
keinesfalls die Wiedergutmachung an die FF (S.).
Der Senat kommt nicht umhin festzustellen, dass der Enthobene bereits vor der Dienstenthebung heillos überschuldet war, was die die im Verdachtsbereich angelasteten Tathandlungen erklärbar, aber keineswegs entschuldbar machen.
Da der Gesetzgeber auf die Beträge, welche zur Aufrechterhaltung des notwendigen Lebensunterhaltes des Enthobenen und seiner Familienangehörigen, für die er sorgepflichtig ist, abstellt, war den Vorbringen des Disziplinaranwaltes kein Erfolg beschieden, da beispielsweise bei Stundungen oder Aussetzungen von Kreditraten das Einvernehmen mit der Bank hergestellt werden müsste. Auf die Willensbildung der Bank hat der Enthobene aber keinen Einfluss. Im Gegenteil; die im Rahmen der Vorsprache kundgetane Zahlungsunfähigkeit kann die sofortige Fälligstellung des gesamten Kreditbetrages zur Folge haben. Damit würde der Lebensunterhalt des Enthobenen und seiner Sorgepflichtigen nicht eingeschränkt, sondern gänzlich verwirkt sein.
Der Senat erkannte, dass, trotz eigenverantwortlicher Überschuldung, die Aufhebung der Bezugskürzung zu verfügen war, soweit sie zur Aufrechterhaltung des notwendigen Lebensunterhalts des genannten Personenkreises unbedingt erforderlich war."

Der Verwaltungsgerichtshof hat nach Aktenvorlage durch das eingetretene Bundesverwaltungsgericht erwogen:

Die Revision, die sich nur gegen die Aufhebung der Kürzung der Dienstbezüge wendet, ist gemäß § 4 Abs. 1 erster Satz VwGbk-ÜG zulässig. Für die Behandlung dieser Revision gelten gemäß § 4 Abs. 5 leg. cit. die Bestimmungen des VwGG in der bis zum Ablauf des geltenden Fassung sinngemäß.

Der Revisionswerber macht geltend, dass die belangte Behörde ihre Befugnis zur Minderung oder Aufhebung der Bezugskürzung nach § 40 Abs. 1 HDG 2002, "sofern dies erforderlich ist zur Aufrechterhaltung des notwendigen Lebensunterhaltes des Enthobenen und seiner Familienangehörigen", unrichtig angewendet habe. Weshalb eine Kürzung, zumindest eine Teilkürzung nicht möglich sei, aber gleichzeitig der Mitbeteiligte in seinem eigenen Antrag angebe, dass er den Betrag zur Schadenswiedergutmachung zahlen könne, sei nicht begründet oder abgeklärt worden. Unabhängig von der Berechnung des Existenzminimums und der Verpflichtung des Dienstenthobenen zu versuchen, die Kreditbelastungen zu reduzieren, leide der Bescheid der belangten Behörde an einem Begründungsmangel, nämlich insoweit, als die belangte Behörde nicht dargestellt habe, auf Grund welcher Umstände sie zu ihrem Ergebnis gelangt sei. Nicht nachvollziehbar sei, dass seine Kreditbelastungen in die Berechnungen des lebensnotwendigen Unterhaltes miteingerechnet worden seien. Entgegen der Argumentation der belangten Behörde, dass die Stundung oder Aussetzung von Kreditraten nicht in Betracht zu ziehen sei, da diese Entscheidung von der Willensbildung der Bank abhängig sei, habe der Verwaltungsgerichtshof in ähnlichen Entscheidungen festgestellt, dass Kreditverbindlichkeiten nicht der Sicherung des Lebensunterhaltes, sondern der Schaffung bzw. Erhaltung von Vermögen dienten. Im gegenständlichen Verfahren sei dies umso zutreffender, weil der Dienstenthobene angeblich zusätzlich Kredite aufgenommen habe, um auf freiwilliger Basis monatlich EUR 300,-- als Schadenswiedergutmachung zu zahlen. Es wäre daher zu prüfen gewesen, inwiefern die Kreditbelastungen für die Erhaltung des lebensnotwendigen Unterhalts notwendig seien. Weiters wäre es dem Dienstenthobenen zumutbar gewesen, eine Vereinbarung mit den Kreditinstituten zu treffen, um diese Verbindlichkeiten zu stunden oder zu reduzieren.

Die Berechnung des nichtpfändbaren Gehaltsteiles ergebe im Beschluss der belangten Behörde einen Betrag von EUR 1.275,12. Bei einer Vergleichsrechnung mit Hilfe der durch das Bundesministerium für Finanzen zur Verfügung gestellten Existenzminimum-Tabellen (Stand Jänner 2013) ergebe sich, bei einem Nettogehalt von EUR 1.570,80 mit Unterhaltspflichten für ein Kind ein unpfändbarer Betrag von EUR 1.226,40. Auch eine Berechnung mit dem Onlinetool des Bundesministeriums für Finanzen komme zum gleichen Ergebnis. Es sei im angefochtenen Beschluss von einem knapp EUR 50 zu hohen Betrag ausgegangen worden.

§ 40 HDG 2002 idF BGBl. I Nr. 167/2002 lautet auszugsweise:

"§ 40. (1) Jede durch Beschluss einer Kommission im

Disziplinarverfahren verfügte Dienstenthebung hat die Kürzung der

jeweiligen Dienstbezüge, ausgenommen die Kinderzulage, auf zwei

Drittel für die Dauer der Enthebung zur Folge. Die Kommission, bei

der das Disziplinarverfahren anhängig ist, kann diese Kürzung

1. auf Antrag des Enthobenen oder des

Disziplinaranwaltes oder

2. von Amts wegen

vermindern oder aufheben, soweit dies unbedingt erforderlich

ist zur Aufrechterhaltung des notwendigen Lebensunterhaltes des

Enthobenen und seiner Familienangehörigen, für die er

sorgepflichtig ist.

(2) Tritt in den Umständen, die für eine Verminderung oder

Aufhebung der Bezugskürzung maßgebend waren, während der

Dienstenthebung eine wesentliche Änderung ein, so hat die

Kommission im Disziplinarverfahren, bei der das Verfahren anhängig

ist, über diese Verminderung oder Aufhebung neu zu entscheiden

1. auf Antrag des Enthobenen oder des

Disziplinaranwaltes oder

2. von Amts wegen.

(3) Wird eine Bezugskürzung auf Antrag des Enthobenen vermindert oder aufgehoben, so wird diese Verfügung mit dem Tag der Antragstellung wirksam. ..."

§ 291 und § 291a Exekutionsordnung (EO), RGBl. Nr. 79/1896, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 31/2003, normiert:

"(1) Bei der Ermittlung der Berechnungsgrundlage für den unpfändbaren Freibetrag (§ 291a) sind vom Gesamtbezug abzuziehen:

1. Beträge, die unmittelbar auf Grund steuer- oder

sozialrechtlicher Vorschriften zur Erfüllung gesetzlicher

Verpflichtungen des Verpflichteten abzuführen sind;

1a. Beiträge nach dem Betrieblichen

Mitarbeitervorsorgegesetz;

2. die der Pfändung entzogenen Forderungen und

Forderungsteile;

3. Beiträge, die der Verpflichtete an seine

betrieblichen und überbetrieblichen Interessenvertretungen zu

entrichten hat und auch entrichtet;

4. Beiträge, die der Verpflichtete zu einer

Versicherung, deren Leistungen nach Art und Umfang jenen der gesetzlichen Sozialversicherung entsprechen, für sich oder seine unterhaltsberechtigten Angehörigen leistet, sofern kein Schutz aus der gesetzlichen Pflichtversicherung besteht.

(2) Der sich nach Abs. 1 ergebende Betrag ist abzurunden, und zwar bei Auszahlung für Monate auf einen durch 20, bei Auszahlung für Wochen auf einen durch fünf teilbaren Betrag und bei Auszahlung für Tage auf einen ganzen Betrag.

Unpfändbarer Freibetrag ('Existenzminimum')

§ 291a. (1) Beschränkt pfändbare Forderungen, bei denen der sich nach § 291 ergebende Betrag (Berechnungsgrundlage) bei monatlicher Leistung den Ausgleichszulagenrichtsatz für alleinstehende Personen (§ 293 Abs. 1 lit. a ASVG) nicht übersteigt, haben dem Verpflichteten zur Gänze zu verbleiben (allgemeiner Grundbetrag).

(2) Der Betrag nach Abs. 1 erhöht sich

1. um ein Sechstel, wenn der Verpflichtete keine

Leistungen nach § 290b erhält (erhöhter allgemeiner Grundbetrag),

2. um 20% für jede Person, der der Verpflichtete

gesetzlichen Unterhalt gewährt (Unterhaltsgrundbetrag); höchstens

jedoch für fünf Personen.

(3) Übersteigt die Berechnungsgrundlage den sich aus Abs. 1

und 2 ergebenden Betrag, so verbleiben dem Verpflichteten neben

diesem Betrag

1. 30% des Mehrbetrags (allgemeiner Steigerungsbetrag)

und

2. 10% des Mehrbetrags für jede Person, der der

Verpflichtete gesetzlichen Unterhalt gewährt; höchstens jedoch für fünf Personen (Unterhaltssteigerungsbetrag). Der Teil der Berechnungsgrundlage, der das Vierfache des Ausgleichszulagenrichtsatzes (Höchstberechnungsgrundlage) übersteigt, ist jedenfalls zur Gänze pfändbar.

(4) Bei täglicher Leistung ist für die Ermittlung des unpfändbaren Freibetrags nach den vorhergehenden Absätzen der

30. Teil des Ausgleichszulagenrichtsatzes, bei wöchentlicher Leistung das Siebenfache des täglichen Betrags heranzuziehen.

(5) Die Grundbeträge sind auf volle Euro abzurunden; der Betrag nach Abs. 3 letzter Satz ist nach § 291 Abs. 2 zu runden."

§ 293 Abs. 1 lit. a ASVG lautet in der für das Kalenderjahr maßgeblichen Fassung BGBl. II Nr. 441/2012:

"(1) Der Richtsatz beträgt unbeschadet des Abs. 2


Tabelle in neuem Fenster öffnen
a)
für Pensionsberechtigte aus eigener Pensionsversicherung,
aa)
wenn sie mit dem Ehegatten (der Ehegattin) oder dem/der eingetragenen PartnerIn im gemeinsamen Haushalt leben
1 255,89 EUR,
bb)
wenn die Voraussetzungen nach aa) nicht zutreffen
837,63 EUR,"

Die belangte Behörde hat offensichtlich die Auffassung vertreten, es sei von Amts wegen über die Frage der Aufhebung der Bezugskürzung zu entscheiden gewesen, der Entscheidung der Behörde erster Instanz sei kein gültiger Antrag zu Grunde gelegen. Diese Auffassung ist jedoch nicht zwingend:

Der Mitbeteiligte hat den Antrag, die Bezugskürzung aufzuheben bzw. zu vermindern, für den Fall gestellt, dass die erstinstanzliche Behörde die Dienstenthebung verfügt und somit seinen Antrag (in eindeutiger Weise) einer Bedingung unterworfen. Für die Annahme der Unzulässigkeit einer derart bedingten Prozesshandlung ist dort kein Raum, wo diese - wie in der gegenständlichen Revisionssache - von einem bestimmten im Verfahrensverlauf eintretenden Ereignis abhängig gemacht wird, ohne dass hiedurch ein dem Verfahren abträglicher Schwebezustand herbeigeführt wird (vgl. die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 97/17/0401, und vom , Zl. 2002/17/0141, zulässige Einbringung einer vorzeitigen Berufung). Gleichfalls wurde es vom Verwaltungsgerichtshof als zulässig erachtet, einen Antrag auf einen bestimmten Zeitraum ausdrücklich zu beschränken (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 88/18/0294) oder ihn eventual, also unter der aufschiebenden Bedingung zu stellen, dass ein primär erhobener Antrag erfolglos bleibe (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2004/12/0016; zum Ganzen das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2002/12/0101).

Der Mitbeteiligte hat somit durch die Setzung einer innerprozessualen und daher zulässigen Bedingung lediglich von der ihm in § 40 HDG 2002 eingeräumten Möglichkeit Gebrauch gemacht, dass und für welchen Fall er einen Antrag auf Aufhebung bzw. Verminderung der ex-lege eintretenden Bezugskürzung stelle. Dass die Erstbehörde - nachdem sie den Mitbeteiligten vom Dienst enthoben hat - eine Sachentscheidung über den Antrag des Mitbeteiligten vom getroffen hat, kann daher nicht als rechtswidrig erkannt werden.

Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung zu der mit § 40 Abs. 1 zweiter Satz HDG 2002 vergleichbaren Bestimmung des § 112 Abs. 4 BDG 1979 - die gleichfalls an der Aufrechterhaltung des "notwendigen Lebensunterhaltes des Beamten und seiner Familienangehörigen, für die er sorgepflichtig ist", orientiert ist - ausgesprochen und auch in einem Verfahren betreffend Bezugskürzung nach dem HDG 2002 wiederholt hat, kommt eine Verminderung oder Aufhebung der Bezügekürzung nicht in Betracht, wenn und soweit sie zur Aufrechterhaltung des notwendigen Lebensunterhaltes des genannten Personenkreises nicht unbedingt erforderlich ist (vgl. die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 99/09/0238, sowie vom , Zl. 2007/09/0314). Es entspricht ebenfalls der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, dass einem suspendierten bzw. des Dienstes enthobenen Beamten, der keinen Dienst leistet, eine Einschränkung der bisherigen Lebenshaltung durchaus zugemutet werden kann (vgl. die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 2007/09/0314, und vom , Zl. 2008/09/0155). Des Weiteren ist auch das Vermögen zur Deckung des Lebensunterhaltes heranzuziehen und zu verwerten (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2007/09/0142). Bei bestehenden Kreditverbindlichkeiten kann von dem vom Dienst enthobenen Beamten erwartet werden, dass er - etwa durch eine Änderung der Ratenvereinbarung - eine Verbesserung seiner Einkommenssituation erwirkt (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2008/09/0155).

Darzulegen, aus welchen Gründen bestimmte Aufwendungen des Enthobenen zur Aufrechterhaltung ihres notwendigen Lebensunterhaltes tatsächlich unbedingt erforderlich sind, diese zu beziffern und zu belegen, obliegt der Person, die des Dienstes enthoben wurde, handelt es sich dabei doch um Angaben aus ihrer Lebenssphäre (vgl. dazu etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 95/09/0288). Dies entpflichtet die Behörde jedoch nicht davon, Feststellungen zu treffen, warum bestimmte Aufwendungen des vom Dienst Enthobenen zur Aufrechterhaltung des notwendigen Lebensunterhaltes tatsächlich unbedingt erforderlich sind. Erschließt sich der Behörde der relevante Sachverhalt nicht aus den Verwaltungsakten, etwa aus einem Antrag, hat sie die Partei aufzufordern, entsprechende Beweise, Unterlagen anzubieten (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 94/04/0195). Die Behörde ist auch verpflichtet, in der Begründung ihres Bescheides die für die Entscheidung maßgebenden Überlegungen und Umstände offenzulegen, um die Rechtsverfolgung durch die Parteien und für die Nachprüfung der Entscheidung auf ihre Übereinstimmung mit dem Gesetz durch den Verwaltungsgerichtshof zu ermöglichen (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2013/09/0141).

Der Verwaltungsgerichtshof hat des Weiteren die Heranziehung der Sätze der Existenzminimum-Verordnung (ExMinVO) als Maßstab für die Berechnung des notwendigen Lebensunterhaltes u.a. im Sinne des § 40 HDG 2002 anerkannt (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2007/09/0314). Die zuletzt in Kraft stehende ExMinVO 2003 wurde gemäß Art. 2 Abs. 1 Z 136 des Deregulierungsgesetzes 2006, BGBl. I Nr. 113, mit Ablauf des aufgehoben. Die Berechnung des unpfändbaren Freibetrages ("Existenzminimum") richtet sich nunmehr nach § 291a Abs. 1 EO iVm § 293 Abs. 1 lit. a ASVG.

Der unpfändbare Freibetrag, der dem Verpflichteten gemäß § 291a Abs. 1 EO zur Gänze zu verbleiben hat ("allgemeiner Grundbetrag") beträgt im vorliegenden Fall für das Kalenderjahr 2013 nach Berücksichtigung der durch § 291a Abs. 5 EO angeordneten Rundung EUR 837,--.

Dieser Betrag ist aufgrund der Gewährung gesetzlichen Unterhaltes des Mitbeteiligten an seine Tochter gemäß § 291a Abs. 2 Z. 2 EO, nach Rundung dieses hinzuzurechnenden Betrages im Ausmaß von EUR 167,-- auf EUR 1.004,-- zu erhöhen. Da die in § 291 EO geregelte Berechnungsgrundlage (der Nettobezug) - unter Berücksichtigung der Rundung gem. § 291 Abs. 2 EO im Ausmaß von EUR 1.560,-- - den sohin errechneten Betrag von EUR 1.004,-- übersteigt, hat dem Mitbeteiligten gemäß § 291a Abs. 3 EO neben dem zweitgenannten Betrag zusätzlich 30 % (allgemeiner Steigerungsbetrag) sowie 10 % für das unterhaltsberechtigte Kind (Unterhaltssteigerungsbetrag) vom Mehrbetrag (= EUR 1.560,-- weniger EUR 1.004,--, davon 40 %) zu verbleiben. Das so errechnete "Existenzminimum" (Kalenderjahr 2013) in der Höhe von EUR 1.226,40 liegt daher um EUR 179,20 über dem gekürzten Monatsbezug (EUR 1.047,20) des Mitbeteiligten (vgl. zur Berechnung des Existenzminimums nach der EO auch das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2012/08/0057, sowie das Erkenntnis vom heutigen Tage, Zl. Ro 2014/09/0024).

Eine Verminderung der Bezugskürzung in dieser Höhe wäre als zulässig anzusehen gewesen. Die belangte Behörde hat das die Basis für ihre Entscheidung bildende Existenzminimum aber zu hoch angesetzt.

Andererseits hat sie auch Aufwendungen, nämlich Versicherungsbeträge in der Höhe von monatlich EUR 111,43, sowie eine Kreditbelastung in der monatlichen Gesamthöhe von ca. EUR 520,-- als weitere "Abzugsposten" von der Bezugskürzung angerechnet, was zur ausgesprochenen (gänzlichen) Aufhebung der Bezugskürzung führte. Die belangte Behörde hat sich jedoch - wie die Revision richtig aufzeigt - nicht damit auseinandergesetzt, ob diese Aufwendungen für die Bestreitung des notwendigen Lebensunterhaltes unbedingt erforderlich sind. Der Zweck der Aufnahme der nunmehr zurückzuzahlenden Kreditverbindlichkeiten wurde keiner Prüfung unterzogen. Kreditverbindlichkeiten, die aber nicht der Sicherung des Lebensunterhaltes, sondern etwa der Schaffung bzw. der Erhaltung von Vermögen dienen, wären im Zusammenhang mit dem unbedingt erforderlichen notwendigen Lebensunterhalt nicht zu berücksichtigen (vgl. die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 98/09/0323, und vom , Zl. 2007/09/0142). Auch die vom Mitbeteiligten angeführten Aufwendungen für eine "Altersvorsorge Kind" dienen der Schaffung eines Anspruchs auf höhere Bezüge nach Übertritt in den Ruhestand und der Schaffung von zukünftigem Vermögen und nicht der Sicherung des unbedingt erforderlichen Lebensunterhaltes (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2007/09/0142). Ebenso wenig wie Kosten für über die gesetzliche Krankenversicherung hinausgehende freiwillige private Krankenversicherungen für den notwendigen Lebensunterhalt veranschlagt werden können, sofern aufgrund des aufrechten öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis eine gesetzliche Krankenversicherung besteht (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom , Zl. 97/09/0118), sind private Zusatzversicherungen, wie etwa Lebensversicherungen, nicht anrechenbar, solange vom Betroffenen nicht dargetan wird, dass sie zur Aufrechterhaltung des notwendigen Lebensunterhaltes tatsächlich unbedingt erforderlich sind.

Der angefochtene Beschluss war daher nach dem Gesagten in dem im Spruch genannten Umfang gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen vorrangig wahrzunehmender Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufzuheben.

Wien, am