VwGH vom 02.08.2016, Ra 2014/05/0058
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Bernegger und die Hofräte Dr. Enzenhofer und Dr. Moritz sowie die Hofrätinnen Mag.a Merl und Mag. Rehak als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Lorenz, über die Revision des Ing. J S in B, vertreten durch die Haslinger/Nagele Partner Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Mölker Bastei 5, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich vom , Zl. LVwG-150095/6/DM/FE, betreffend Beseitigungsauftrag (vor dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich belangte Behörde:
Gemeinderat der Marktgemeinde B; weitere Partei:
Oberösterreichische Landesregierung), zu Recht erkannt:
Spruch
Das angefochtene Erkenntnis wird im Umfang des Spruchpunktes I Z 1 und 3, soweit sich Z 3 auf Z 1 bezieht, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Die Marktgemeinde B hat dem Revisionswerber Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1 Mit Bescheid des Bürgermeisters der Marktgemeinde B vom wurde dem Revisionswerber als Eigentümer eines näher genannten Grundstückes gemäß § 49 Abs. 1 und 6 der Oö. Bauordnung 1994 (BO) und § 40 Abs. 8 des Oö. Raumordnungsgesetzes 1994 (ROG) in Verbindung mit § 30 Abs. 2, 4 und 5 ROG aufgetragen, die dort errichteten baulichen Anlagen, nämlich den Schwimmteich, die Kompostierstelle sowie die Terrasse, sämtliche Mauerwerke, die Stiegen und die gepflasterten Wege sowie den Schönungsteich und die vollbiologische Kläranlage, zu entfernen und bis zum den vorherigen Zustand als landwirtschaftlich bewirtschaftbare Liegenschaft wiederherzustellen.
2 Mit Bescheid des Gemeinderates der Marktgemeinde B vom wurde auf Grund der dagegen eingebrachten Berufung des Revisionswerbers der Bescheidspruch des baupolizeilichen Auftrages wie folgt neu gefasst:
"Gem. § 49 Abs. 1 und 6 Oö. BauO 1994 sowie § 40 Abs. 8 Oö. ROG 1994 wird Ihnen aufgetragen die auf dem Grundstück ... folgenden baulichen Anlagen binnen einer Frist von einem Jahr ab Rechtskraft des Bescheides zu entfernen und den ursprünglichen Zustand einer land- und forstwirtschaftlichen Fläche wieder herzustellen:
1. sämtliche in Trockenbauweise aufgeschlichteten Natursteinmauerwerke insbesondere auch jenes im Bereich der Terrasse an der Westseite mit 1m Höhe und einer Länge von ca. 26 m, sowie jenes westlich der Terrasse mit einer Länge von ca. 34 m und einer Höhe von 1,2 m sowie eine weitere Mauer westlich des Natur- bzw. Schwimmteiches sowie sämtliche gepflasterten Wege und gepflasterten Stiegen
2. Terrasse mit einer Länge von 26 m an der Westseite des Hofgebäudes und einer Breite von 6 m im nördlichen Bereich verlaufend auf eine Breite von 8m im südlichen Bereich
3. Kompostierstelle, die westlich an ein bogenförmiges Mauerwerk anschließt. Die Kompostierstelle mit einer betonierten Fläche im Ausmaß von 4 x 5,2 m und mit dreiseitigen in Stahlbetonbauweise errichteten Umfassungswänden mit einer betonierten Mauerkrone von 2,2 m
4. Natur- bzw. Schwimmteich mit einer Tiefenwasserzone, die mit einer Betonmauer in rechteckiger Bauweise mit einer Tiefe von etwa 1,3 m Rohbaumaß hergestellt ist. Anschließend an die Tiefwasserzone schließen allseitig Flachwasserzonen an die beginnend mit einer Höhe von 1,8 m treppenförmig auf eine Höhe bis 1 m abfallen mit einer Wasseroberfläche von rund 200 m2
5. Schönungsteich westlich des Kompostierplatzes bzw. in einer Entfernung von rund 70 m zum Hofgebäude und einer Länge von rund 25 m und rund 8 m Breite mit einer Tiefe von ca. 1,65 bis 2,65 m und einer Wasseroberfläche von rund 200 m2.
6. Kläranlage
Sämtliche baulichen Anlagen (Z 1-Z bis Z 6) sind in einem beigefügten Lageplan eingezeichnet und bildet der Lageplan einen integrierenden Bestandteil des Spruches."
3 Im Übrigen wurde die Berufung des Revisionswerbers gegen den Bescheid des Bürgermeisters vom abgewiesen und dessen Bescheid bestätigt.
4 Begründend wurde, soweit hier verfahrensrelevant, im Wesentlichen ausgeführt, die gegenständlichen Anlagen seien auf dem Grundstück mit der Flächenwidmung "Grünland - land- und forstwirtschaftliche Nutzung" errichtet worden. Anhand des vorgelegten Betriebskonzeptes und der dazu ergangenen Ergänzungen sei geprüft worden, ob die baulichen Anlagen im projektierten Umfang für die bestimmungsgemäße Nutzung des Grünlandes notwendig seien. Von der Behörde seien Stellungnahmen eines bautechnischen Sachverständigen, ein agrarfachliches Gutachten und eine Expertise eines (nichtamtlichen) Sachverständigen zur Nutzung und Abschätzung der Produktivität der Teiche eingeholt worden, der Revisionswerber habe eine Stellungnahme (Anmerkung: eines Privatsachverständigen) zur Aquakultur vorgelegt. Die von der Behörde befassten Sachverständigen seien zum Ergebnis gekommen, dass die Notwendigkeit der Anlagen für die bestimmungsgemäße Nutzung des Grünlandes nicht gegeben sei (wurde näher ausgeführt). Daher bestehe nicht die Möglichkeit, nachträglich um baurechtlichen Konsens anzusuchen.
5 Unabhängig von der Höhe der Umfassungswände sei der Natur- oder Schwimmteich jedenfalls gemäß § 25 Abs. 1 Z 6 BO anzeigepflichtig, da er eine Wasseroberfläche von mehr als 35 m2 habe. Außerdem stelle § 25 Abs. 1 Z 6 BO nur auf eine Tiefe von mehr als 1,5 m ohne Bezugnahme auf das Gelände ab. Die Tiefwasserzone des Natur- oder Schwimmteiches sei in rechteckiger Bauweise mit einer Tiefe von 1,3 m betoniert. Auch wenn der Teich nicht als Schwimmteich verwendet werde, liege dennoch ein anzeigepflichtiges Bauvorhaben vor, da diese bauliche Anlage jedenfalls ein "sonstiges Wasserbecken" sei.
6 Der Naturteich habe eine Fläche von rund 200 m2 und eine geschätzte Kubatur von 200 m3 und diene laut Betriebskonzept der Triops- und Wasserflohzucht. Laut Betriebskonzept solle sowohl vom Natur- als auch vom Schönungsteich jeweils ein Deckungsbeitrag von etwa EUR 2.500,-- erwirtschaftet werden. Dies sei nach den Sachverständigenäußerungen nicht realistisch. Die Teiche samt der erforderlichen Trockensteinmauer beim Naturteich dienten somit nicht der bestimmungsgemäßen Nutzung des Grünlandes.
7 Laut Ausführung des Amtssachverständigen sei die im Spruch festgelegte Frist ausreichend, um den ursprünglichen Zustand wieder herzustellen.
8 Gegen diesen Bescheid erhob der Revisionswerber Vorstellung, in der er, soweit hier noch verfahrensrelevant, im Wesentlichen ausführte, hinsichtlich der Teichanlage sei im Berufungsbescheid und auch sonst nirgends festgestellt worden, dass die tatsächliche Beckenwasseroberfläche, auf die es nach § 25 Abs. 1 Z 6 BO ankomme, 35 m2 überschreite. Die allein beckenförmig ausgeführte "Tiefwasserzone" liege lediglich zentral, die sie umgebende Wasserfläche sei aber nicht in Beckenform ausgeführt und könne daher in die Bemessung der Wasseroberfläche nicht einbezogen werden. Keinesfalls liege eine Wasseroberfläche von 200 m2 vor.
9 Der Amtssachverständige übersehe im Übrigen, dass schon gegenwärtig ca. 20 Obstbäume vorhanden seien, die bereits jetzt einen Anteil des Deckungsbeitrages erwirtschafteten. Auch werde sich Beerenobst überaus rasch zur Fruchtreife entwickeln. Der Betriebszweig Obstbau sei (einschließlich der Komponente Mostverkauf) in die Beurteilung nach § 30 Abs. 5 ROG einzubeziehen. Das gelte auch für die Imkerei und die Christbaumkultur. Die Produktion von Marmelade und Kompott aus Obst sei ein Nebengewerbe der Land- und Forstwirtschaft, und da ein land- und forstwirtschaftlicher Hauptbetrieb bereits bestehe, sei auch dieses Nebengewerbe entgegen der Ansicht des Amtssachverständigen in die Beurteilung nach § 30 Abs. 5 ROG einzubeziehen. Gleiches gelte für die Alkoholproduktion, ferner auch für den Betriebszweig Gemüse- und Kräutergarten samt Beerenobst. Der Betriebszweig "Teichwirtschaft" zähle zur Land- und Forstwirtschaft. Die Teichwirtschaft sei bodenabhängig, da die Wasserflächen benötigt würden, um Mikroorganismen (Wasserflöhe), kleinere Wassertiere und Wasserpflanzen züchten und vermarkten zu können. Dafür sei auch keine Widmung als Fläche für land- und forstwirtschaftliche Betriebe mit nicht herkömmlichen Produktionsformen erforderlich. Auch die der Teichwirtschaft zuzuordnenden Anlagen und Maßnahmen seien daher allein am Maßstab des § 30 Abs. 5 iVm Abs. 2 ROG zu prüfen. Der zu dieser Frage in der Folge beigezogene nichtamtliche Sachverständige habe sich nur dazu geäußert, ob eine in der Region übliche landwirtschaftliche Produktion vorliege, nicht aber zur Notwendigkeit von Naturteich und Schönungsteich zur Umsetzung des Betriebszweiges Teichwirtschaft.
10 Da das Betriebskonzept die bäuerliche Gästebeherbergung und die Direktvermarktung beinhalte, seien die Terrassen, die Stiegen und die gepflasterten Fußwege als Anziehungspunkt für die Präsentation der Pflanzen und pflanzlichen Produkte (insbesondere Obst sowie Beeren, Gemüse und Kräuter) an die Gäste und die sonstigen Kunden nötig. Geplant sei auch, Obst von Interessenten zumindest teilweise in Form einer "Selbstwerbung" abernten zu lassen. Außerdem liege eine bäuerliche Gästebeherbergung und keine häusliche Nebenbeschäftigung vor.
11 Das Grundstück falle von Osten nach Westen ab, sodass insbesondere zur Anlage der für die Teichwirtschaft notwendigen Wasserflächen und auch zum Obstbau die Terrassierung in Form der Trockenmauerwerke erforderlich sei, um die dem Betriebsergebnis abträgliche Bodenerosion zu reduzieren bzw. zu verhindern. Ferner seien die Anlagen notwendig, um eine Kontamination der landwirtschaftlich genutzten Wasserflächen zu vermeiden.
12 Der Bescheidspruch sei mangelhaft, weil die Bemaßungen der Anlagenteile nicht genau angegeben seien.
13 Im Übrigen könne angesichts des Umfangs der aufgetragenen Arbeiten mit einem Jahr Erfüllungsfrist kaum das Auslangen gefunden werden, ein angemessener Leistungszeitraum müsste vielmehr mehrere Jahre bis Jahrzehnte betragen.
14 Die Behörde habe sich außerdem mit dem vom Revisionswerber vorgelegten Privatgutachten nicht hinreichend auseinandergesetzt.
15 Der Revisionswerber beantragte schließlich die Durchführung einer mündlichen Verhandlung.
16 Mit Spruchpunkt I. Z 1. des in Revision gezogenen Erkenntnisses wurde die (nunmehr als Beschwerde zu behandelnde) Vorstellung des Revisionswerbers hinsichtlich der Spruchpunkte 1.,
2. und 4. des baupolizeilichen Auftrages in der Fassung des Bescheides des Gemeinderates der Marktgemeinde B vom als unbegründet abgewiesen. Der Spruch des baupolizeilichen Auftrages in der Fassung des Bescheides des Gemeinderates der Marktgemeinde B vom wurde weiters dahingehend abgeändert, dass diese baulichen Anlagen binnen einer Frist von einem Jahr ab Zustellung des Erkenntnisses zu beseitigen sind und der ursprüngliche Zustand einer land- und forstwirtschaftlichen Fläche wiederherzustellen ist.
17 Mit Spruchpunkt I. Z 2. des in Revision gezogenen Erkenntnisses wurde der Spruchpunkt 3. des baupolizeilichen Auftrages in der Fassung des Bescheides des Gemeinderates der Marktgemeinde B vom neu gefasst.
18 Mit Spruchpunkt I. Z 3. wurde ausgesprochen, dass gegen dieses Erkenntnis gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig ist.
19 Unter Spruchpunkt II. Z 1. wurde unter einem der Beschluss gefasst, dass die Spruchpunkte Z 5. und Z 6. des baupolizeilichen Auftrages in der Fassung des Bescheides des Gemeinderates der Marktgemeinde B vom aufgehoben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides gemäß § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG an den Gemeinderat der Marktgemeinde B zurückverwiesen wird.
20 Mit Spruchpunkt II. Z 2. wurde ausgesprochen, dass gegen diesen Beschluss gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig ist.
21 Begründend wurde, soweit hier noch verfahrensrelevant, im Wesentlichen ausgeführt, die Argumentation des Privatsachverständigen bezüglich Umwegrentabilität bzw., dass die Trockensteinmauern zwecks Verhinderung bzw. Reduktion einer Erosion äußerst nutzbringend seien, zeige nicht auf, dass die Trockensteinmauern für einen im Betriebskonzept angeführten Produktionszweig nötig für die bestimmungsgemäße Nutzung seien. Auch die Vorteile einer meist höheren Flächenproduktionsmöglichkeit könnten keine Notwendigkeit darlegen, sondern allenfalls eine Nützlichkeit, die jedoch nicht ausschlaggebend für eine widmungsgemäße Nutzung sei.
22 Zur Erosion sei zu bemerken, dass - würde man dem Privatsachverständigen folgen - in hügeligen Gegenden der Errichtung von (Stütz)Mauern zur Terrassierung im Grünland Tür und Tor geöffnet wäre. Schon nach den Grundsätzen der allgemeinen Lebenserfahrung sei kein Grund ersichtlich, weshalb die Ausführungen des Amtssachverständigen, dass bei einem natürlichen Gefälle von rund 10 bis 12 % bei natürlichem Bewuchs einer Streuobstwiese keinerlei Erosionsgefährdung bestehe, die die gegenständlichen Mauerwerke zum Schutz der Obstbäume notwendig machen würde, nicht schlüssig sein sollten.
23 Eine bäuerliche Gästebeherbergung bzw. Privatzimmervermietung im Sinne von "Urlaub am Bauernhof" gehöre nicht zur landwirtschaftlichen Tätigkeit und zähle auch nicht zu den Nebengewerben der Land- und Forstwirtschaft. Es könne daher nicht argumentiert werden, dass die Trockensteinmauern, die Stiegen oder die gepflasterten Wege für eine bäuerliche Gästebeherbergung nötig seien. Die Trockensteinmauern, Stiegen und gepflasterten Wege seien schon nach allgemeiner Lebenserfahrung nicht für die angeführten Produktionszweige (Bewirtschaftung der Ackerflächen und der Obstbäume, der Bienenvölker, der Wiesen inklusive der Direktvermarktung etc.) notwendig. Dies gelte auch in Bezug auf die gegenständliche Terrasse.
24 In Bezug auf den Natur- bzw. Schwimmteich könne es dahingestellt bleiben, ob mit der geplanten Zucht allenfalls eine planvolle, auf die Erzielung von Einnahmen gerichtete Tätigkeit vorliegen könnte, weil der gegenständliche Naturbzw. Schwimmteich in seiner konkreten Ausgestaltung jedenfalls keinen landwirtschaftlichen Zweckbau darstelle und damit nicht nötig für eine allenfalls bestimmungsgemäße Nutzung gemäß § 30 Abs. 5 ROG sei. Es könne nämlich jedenfalls nicht davon ausgegangen werden, dass für die geplante Zucht von Wasserflöhen und Triopsen, aber auch von Wasserschnecken, ein betoniertes Becken, das augenscheinlich als Schwimmbecken ausgestaltet sei (Verweis auf bestimmte Fotos), für die bestimmungsgemäße Grünlandnutzung nötig sei. Auch aus den Ausführungen des Privatsachverständigen komme nicht zum Ausdruck, dass für die gegenständlichen Züchtungen ein betoniertes Becken in der gegenständlichen Ausgestaltung notwendig sei. Nach den Ausführungen des von der Behörde beigezogenen Sachverständigen würden die Triopse ihre Zysten (Eier) in feinem Sand ablegen, wobei zur Gewinnung der Eier der Sand trocken sein müsse. Der Wasserspiegel des Teichs wäre daher abzusenken, um die Eier zu gewinnen. In den Ausführungen des Privatsachverständigen seien diesbezüglich keine Anhaltspunkte zu finden. Von einer Notwendigkeit des konkreten Natur- bzw. Schwimmteichs für die geplante Zucht könne daher nicht ausgegangen werden.
25 Die Mauern, gepflasterten Wege und Stiegen, Terrassen, sowie der Natur- bzw. Schwimmteich fielen jedenfalls unter den Anwendungsbereich der BO. Es könne daher dahingestellt bleiben, ob sie einer Bewilligungs- oder Anzeigepflicht unterlägen bzw. bewilligungs- und anzeigefrei seien, da § 49 Abs. 1 und 6 BO "gänzliche" bauliche Anlagen erfasse. Daher sei zu Recht ein unbedingter Beseitigungsauftrag erteilt worden.
26 Durch sein unsubstantiiertes Vorbringen in Bezug auf den Umfang der aufgetragenen Arbeiten und die dafür notwendige Frist könne der Revisionswerber eine Unangemessenheit der festgesetzten Frist nicht aufzeigen. Da trotz Einschränkung der zu beseitigenden baulichen Anlagen die Leistungsfrist von einem Jahr beibehalten werde, werde jedenfalls eine angemessene Frist zur Beseitigung eingeräumt.
27 Da der entscheidungswesentliche Sachverhalt bereits nach der Aktenlage hinreichend geklärt sei, könne gemäß § 24 VwGVG von einer öffentlichen mündlichen Verhandlung abgesehen werden.
28 Gegen die Spruchpunkte I. Z 1. und I. Z 3. dieses Erkenntnisses richtet sich die vorliegende Revision mit dem Begehren, diese wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften kostenpflichtig aufzuheben.
29 Die vor dem Landesverwaltungsgericht belangte Behörde erstattete eine Revisionsbeantwortung mit dem Antrag, die Revision kostenpflichtig als unzulässig zurückzuweisen bzw. als unbegründet abzuweisen.
30 Der Revisionswerber replizierte.
31 Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat die Akten
des Verwaltungsverfahrens vorgelegt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
32 Die Revision ist in Anbetracht der Frage der Pflicht zur Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor dem Landesverwaltungsgericht zulässig und auch begründet.
33 § 24 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 33/2013, lautet:
" Verhandlung
§ 24. (1) Das Verwaltungsgericht hat auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.
(2) Die Verhandlung kann entfallen, wenn
1. der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder
2. die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist.
(3) Der Beschwerdeführer hat die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden.
(4) Soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, kann das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABI. Nr. C 83 vom S. 389 entgegenstehen.
(5) Das Verwaltungsgericht kann von der Durchführung (Fortsetzung) einer Verhandlung absehen, wenn die Parteien ausdrücklich darauf verzichten. Ein solcher Verzicht kann bis zum Beginn der (fortgesetzten) Verhandlung erklärt werden."
34 Eine Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht ist daher durchzuführen, wenn es um "civil rights" oder "strafrechtliche Anklagen" im Sinne des Art. 6 EMRK oder um die Möglichkeit der Verletzung einer Person eingeräumter Unionsrechte (Art. 47 GRC) geht und eine inhaltliche Entscheidung in der Sache selbst getroffen wird (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. Ro 2015/05/0004, mwN). Bei einem rechtswidrigen Unterlassen der nach Art. 6 EMRK erforderlichen mündlichen Verhandlung ist keine Relevanzprüfung hinsichtlich des Verfahrensmangels vorzunehmen (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. Ra 2015/06/0089).
35 Verfahren betreffend behördliche Beseitigungsaufträge von baulichen Anlagen fallen unter Art. 6 EMRK (siehe das Urteil des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte - EGMR - vom , Nr. 41.666/98, Kyrtatos/Griechenland).
36 Der EGMR hat in seinen Entscheidungen vom , Nr. 7401/04 (Hofbauer/Österreich Nr. 2), und vom , Nr. 17.912/05 (Bösch/Österreich), unter Hinweis auf seine frühere Rechtsprechung dargelegt, dass der Betroffene im Rahmen des Art. 6 EMRK grundsätzlich ein Recht auf eine mündliche Verhandlung vor einem Tribunal hat, außer es lägen außergewöhnliche Umstände vor, die eine Ausnahme davon rechtfertigten. Der EGMR hat das Vorliegen solcher außergewöhnlichen Umstände angenommen, wenn das Verfahren ausschließlich rechtliche oder "hoch-technische" Fragen ("exclusively legal or highly technical questions") betrifft. In seinem Urteil vom , Nr. 56.422/09 (Schädler-Eberle/Liechtenstein), hat der EGMR ausgeführt, dass es Verfahren gibt, in denen eine Verhandlung nicht geboten ist, etwa wenn keine Fragen der Beweiswürdigung auftreten oder die Tatsachenfeststellungen nicht bestritten sind, sodass eine Verhandlung nicht notwendig ist und das Gericht auf Grund des schriftlichen Vorbringens und der schriftlichen Unterlagen entscheiden kann.
37 Eine mündliche Verhandlung ist somit bei konkretem sachverhaltsbezogenem Vorbringen des Revisionswerbers vor dem Landesverwaltungsgericht durchzuführen (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. Ra 2015/06/0050, mwN). Eine mündliche Verhandlung ist ebenfalls durchzuführen zur mündlichen Erörterung von nach der Aktenlage strittigen Rechtsfragen zwischen den Parteien und dem Gericht (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. Ra 2015/06/0007, mwN) sowie auch vor einer ergänzenden Beweiswürdigung durch das Landesverwaltungsgericht (vgl. das zitierte hg. Erkenntnis vom , mwN).
38 Hinsichtlich der Anlagen gemäß Z 1 und 2 des baupolizeilichen Auftrages in der Fassung des Bescheides des Gemeinderates der Marktgemeinde B vom hätte daher jedenfalls schon auf Grund der Frage, wie diese vor dem Hintergrund einer bäuerlichen Gästebeherbergung zu sehen sind, eine mündliche Verhandlung vor dem Landesverwaltungsgericht stattfinden müssen. In Bezug auf den Natur- bzw. Schwimmteich (Z 4 des baupolizeilichen Auftrages in der Fassung des Spruches des Bescheides des Gemeinderates der Marktgemeinde B vom ) wäre schon angesichts der Ausführungen des Landesverwaltungsgerichtes, dass jedenfalls nicht davon ausgegangen werden könne, dass für die Zucht von Wasserflöhen und Triopsen, aber auch von Wasserschnecken, ein betoniertes Becken, das augenscheinlich als Schwimmbecken ausgestaltet sei (unter Verweis auf mehrere Fotos), für die bestimmungsgemäße Grünlandnutzung nötig sei, eine mündliche Verhandlung erforderlich gewesen. Gleiches gilt im Hinblick darauf, dass sich erst das Landesverwaltungsgericht mit den Darlegungen des Privatsachverständigen beweiswürdigend auseinandergesetzt hat.
39 Das angefochtene Erkenntnis war daher im Rahmen der Anfechtung schon auf Grund der obigen Ausführungen gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufzuheben, wobei es sich erübrigte, auf das weitere Revisionsvorbringen näher einzugehen.
40 Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 518/2013 idF Nr. 8/2014.
Wien, am