VwGH vom 05.11.2014, Ro 2014/09/0023

VwGH vom 05.11.2014, Ro 2014/09/0023

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sulyok und die Hofräte Dr. Rosenmayr, Dr. Bachler, Dr. Doblinger und Mag. Feiel als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Senft, über die Revision des Disziplinaranwaltes bei der Disziplinaroberkommission gegen den Bescheid der Disziplinaroberkommission beim Bundeskanzleramt vom , Zl. 62/9-DOK/13, betreffend Schuldspruch ohne Strafe nach dem Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979 (mitbeteiligte Partei: Mag. JG in G, vertreten durch Berchtold Kollerics, Rechtsanwälte in 8010 Graz, Raubergasse 16/I; weitere Parteien:

Bundeskanzler, Bundesministerin für Inneres), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Begründung

Mit Disziplinarerkenntnis der Disziplinarkommission beim Bundesministerium für Inneres vom wurde der Mitbeteiligte - nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung - für schuldig erkannt, er habe es vom bis April 2011 als unmittelbarer, mit der Dienst- und Fachaufsicht betrauter Vorgesetzter seiner ihm als Hilfsreferentin zugeteilten FI M.K. (Anonymisierungen durch den Verwaltungsgerichtshof), unterlassen, bezüglich der von ihr zu bearbeitenden Verwaltungsstrafakten durch geeignete Kontrollen seiner Dienstaufsichtspflicht nachzukommen, wodurch 316 Verwaltungsakten von ihr nicht ordnungsgemäß bearbeitet worden seien und durch die Verjährung von ca. 129 Verwaltungsstrafverfahren ein fiktiver Schaden von max. EUR 10.000,-- entstanden sei.

Der Mitbeteiligte habe dadurch seine Dienstpflichten nach § 45 Abs. 1 BDG 1979, nämlich darauf zu achten, dass seine Mitarbeiter ihre dienstlichen Aufgaben gesetzmäßig und in zweckmäßiger Weise erfüllen, sie anzuweisen und aufgetretene Fehler und Missstände abzustellen, gemäß § 91 BDG 1979 schuldhaft verletzt.

Über den Mitbeteiligten wurde gemäß § 92 Abs. 1 Z. 2 BDG 1979 die Disziplinarstrafe der Geldbuße in der Höhe von EUR 1.500,-- verhängt.

Die erstinstanzlich einschreitende Disziplinarkommission legte ihrer Entscheidung folgenden Sachverhalt zugrunde:

Der Mitbeteiligte sei Mitarbeiter der LPD X. und im Strafamt als Referent eingeteilt. Als Mitarbeiterin sei ihm zum Zeitpunkt der Tat die Hilfsreferentin FI M.K. zugewiesen gewesen.

Die Staatsanwaltschaft Y. habe das Strafverfahren (gegen den Mitbeteiligten) wegen des Verdachtes des Amtsmissbrauchs nach § 302 Abs. 1 StGB am aus Beweisgründen eingestellt. Ein Strafverfahren gegen die Mitarbeiterin des Mitbeteiligten sei nach wie vor anhängig.

Die Aufgabe des Mitbeteiligten bestehe darin, eigenverantwortlich verwaltungsstrafrechtliche Verfahren zu führen. Seine Mitarbeiterin habe ihn dabei nach seinen Anweisungen und unter seiner Verantwortung entsprechend zu unterstützen, wobei die Verantwortung für die ordnungsgemäße Erledigung/Administration von Verwaltungsakten beim Referenten bleibe. Organisatorisch sei die Aktenverwaltung so geregelt, dass jedem Jahr eine andere Farbe des Aktendeckels zugewiesen werde, wodurch man - ohne eine Aktenzahl anzusehen oder eine inhaltliche Prüfung durchzuführen - in der Lage sei, zu erkennen, aus welchem Jahr der Akt sei. Als internes Kontrollsystem bestehe ein sogenannter Rückstandsausweis, der jedoch im Wesentlichen von den Mitarbeitern selbst erstellt worden und sehr einfach manipulierbar sei, indem die Aufnahme bestimmter Akten einfach verschwiegen oder Akten auf erledigt gestellt würden. Dieser Rückstandsausweis diene also mehr als persönliches Kontrollsystem und sei als effizientes Kontrollsystem für Vorgesetzte nicht geeignet.

Im Jahr 2007 sei aufgrund eigener Meldung der Hilfsreferentin FI M.K. bekannt geworden, dass sie über mehrere Jahre einen Aktenrückstand angehäuft und unerledigt gelassen habe. Als Reaktion seien dann verschiedene Adaptionen bei der Zuweisung von Verwaltungsakten erfolgt. Dem Mitbeteiligten sei diese Fehlleistung seiner Mitarbeiterin (wie auch seinen Vorgesetzten) bekannt gewesen.

Im April 2011 habe der Leiter des Strafamtes, Hofrat Mag. M., in einem dienstlichen Aktenschrank im Büro der FI M.K. einen Akt gesucht. Dabei habe er - aufgrund der verschiedenfärbigen Aktenumschläge - auf einen Blick entdeckt, dass in diesem Schrank zahlreiche Akten aus Vorjahren abgelegt und unerledigt gewesen seien. Die Überprüfung habe ergeben, dass folgende Akten unerledigt geblieben seien, wobei - entsprechend der Disziplinaranzeige - die Tatzeit ab Oktober 2003 (Dienstantritt der Mitarbeiterin) zu veranschlagen sei.


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Jahr 2000
4 Verwaltungsstrafakten
Jahr 2001
12
Jahr 2002
1
Jahr 2003
19
Jahr 2004
64
Jahr 2005
76
Jahr 2006
57
Jahr 2007
47
Jahr 2008
50
Jahr 2009
2
Jahr 2010
1
Summe
333

Die genaue Überprüfung jedes einzelnen Aktes habe ergeben, dass bei allen Akten Strafbarkeitsverjährung eingetreten gewesen sei. 204 Verwaltungsstrafverfahren hätten Verkehrsunfälle betroffen, die nach Art. IV Verkehrsrecht-Anpassungsgesetz unterbrochen worden seien und da keine diesbezüglichen Mitteilungen von der Staatsanwaltschaft eingelangt gewesen seien, einzustellen gewesen wären. Weitere Strafverfahren, bei denen der Mitbeteiligte die weitere Verfügung zwar auf die Aktendeckel geschrieben habe, seien von FI M.K. nicht weitergeführt worden. In den meisten dieser Fälle sei es nicht möglich gewesen, den Beschuldigten die Akte zuzustellen, weshalb der öffentlichen Hand auch keine Strafgelder entgangen seien. In 129 Fällen - auch hier habe der Mitbeteiligte die weiteren Verfahrensschritte auf den Aktendeckeln vermerkt - habe FI M.K. die weiteren Verfahrensschritte nicht durchgeführt und die Akten im Schrank abgelegt. In diesen Fällen sei der Strafanspruch des Staates in der Zwischenzeit verjährt.

Die Disziplinarkommission sehe es als erwiesen an, dass der Mitbeteiligte seine Dienstpflicht, nämlich Dienstaufsicht auszuüben, schuldhaft verletzt habe. Als Schuldform werde Fahrlässigkeit angenommen.

Zur Strafbemessung führte die erstinstanzliche Behörde aus, dass der Mitbeteiligte die Ausübung der Dienstaufsicht über eine Mitarbeiterin unterlassen habe, wodurch deren Säumnisse bei der Aktenerledigung jahrelang unentdeckt geblieben seien. Wenngleich es sich aufgrund der jahrelangen Säumnis um eine grundsätzlich schwere Dienstpflichtverletzung handle, weil eine effektive Dienstaufsicht ja gerade dazu diene, Fehlverhalten von Mitarbeitern rechtzeitig zu erkennen und dadurch einen Schaden für die Republik zu verhindern, dürfe nicht übersehen werden, dass dem Mitbeteiligen "nur" fahrlässiges Verhalten vorwerfbar sei und die eigentliche Nichterledigung der Akten seiner Mitarbeiterin anzulasten sei, die ja die eigentlichen Manipulationen zu verantworten oder die Vorlage an den Mitbeteiligen unterlassen habe.

Unter Berücksichtigung der Milderungsgründe - Belobigungen, Unbescholtenheit, Bereitschaft an der Aufklärung mitzuwirken, auch wenn kein Geständnis abgelegt worden sei - sei daher dem Antrag der Disziplinaranwaltschaft auf Verhängung einer Geldstrafe nach § 92 Abs. 1 Z. 3 BDG 1979 nicht stattzugeben gewesen. Der erkennende Senat vermeine, dass mit einer Geldbuße - vor allem weil es sich ja um Fahrlässigkeit handle - das Auslangen gefunden werden könne. Unter Berücksichtigung der Persönlichkeit des Disziplinarbeschuldigten und seiner finanziellen/familiären Verhältnisse scheine dem Senat die Strafhöhe von EUR 1.500,-- spezialpräventiv auszureichen. Der Senat verkenne nicht, dass diese Strafe generalpräventiv wohl eine untere Grenze darstelle; dennoch werde damit ein deutliches Signal gegeben, dass Vorgesetzte verpflichtet seien, ihre Dienstaufsicht auch auszuüben; dies vor allem, wenn sich aufgrund bereits bekannten Versagens von Mitarbeitern besondere Gründe dafür ergäben.

Der vom Mitbeteiligten gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung wurde mit dem angefochtenen Bescheid gemäß § 105 Z. 1 BDG 1979 iVm § 66 Abs. 4 AVG von der belangten Behörde insofern stattgegeben, als nach § 115 BDG 1979 von der Verhängung einer Disziplinarstrafe abgesehen wurde.

Nach Darstellung der zur Anwendung gebrachten Rechtsnorm begründete die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid wie folgt:

Der erkennende Senat der Disziplinaroberkommission teile die Rechtsauffassung des erstinstanzlichen Disziplinarsenates, dass der Mitbeteiligte mit seinem Unterlassen objektiv gegen § 45 Abs. 1 BDG 1979 verstoßen und sich rechtswidrig verhalten habe. In Kenntnis dessen, dass die betroffene Mitarbeiterin bereits im Jahr 2007 einen beträchtlichen Aktenrückstand aufgehäuft habe, hätte der Mitbeteiligte durch geeignete Kontrollen - dies inkludiere auch eine Zimmerkontrolle (Schreibtischkontrolle sowie die Kontrolle aller Kästen) - seiner Dienstaufsichtspflicht nachkommen und in wiederkehrenden Abständen von zumindest einmal pro Halbjahr durch persönliche Nachschau überprüfen und sicherstellen müssen, dass die Aktenerledigung durch die betroffene Mitarbeiterin MK nunmehr fristgerecht erfolge. Dies habe der Mitbeteiligte unterlassen, was von ihm auch nicht bestritten werde.

Er habe auch subjektiv vorwerfbar (und zwar fahrlässig, wie die Erstinstanz zutreffend festgestellt habe) gehandelt und im Sinne des § 91 BDG 1979 schuldhaft gegen seine Dienstpflichten gemäß § 45 Abs. 1 BDG 1979 verstoßen. Daran vermöge der Umstand, dass er davon ausgegangen sei, dass sich die betroffene Mitarbeiterin schon bei ihm melden werden, wenn sie mit der Aktenbearbeitung nicht mehr nachkomme, nichts zu ändern, denn § 45 Abs. 1 BDG 1979 werde im Allgemeinen nicht durch passives Abwarten, dass allfällig auftretende Fehler und/oder Missstände an den Vorgesetzten herangetragen werden, Genüge getan. § 45 Abs. 1 BDG 1979 verlange vom Vorgesetzten - dies ergebe sich bereits aus den dort verwendeten Verben (achten, anleiten, erteilen, abstellen) - eine aktive Herangehensweise, indem er sich zumindest gelegentlich bei seinen Mitarbeitern/Mitarbeiterinnen erkundige und im Bedarfsfall auch Nachschau halte, ob sie mit der Erledigung ihrer Arbeiten fristgerecht vorankämen. Auch wenn man im Falle eines/einer bisher zu keinerlei einschlägigen Bedenken Anlass gegeben habenden Mitarbeiters keine übertriebenen Anforderungen an diese Erkundigungspflicht des Vorgesetzten stellen dürfe, so bestehe doch eine erhöhte Aufmerksamkeitspflicht im Falle einer Mitarbeiterin, die - wie im vorliegenden Fall - bereits einmal mit ihrer Arbeit derart in Verzug geraten sei, dass Maßnahmen der Umverteilung ihrer Arbeit ergriffen hätten werden müssen. Dass der Mitbeteiligte die in diesem Fall notwendige Nachschau unterlassen habe, sei ihm subjektiv vorwerfbar, da er nicht auf eine Meldung durch die betroffene Mitarbeiterin vertrauen hätte dürfen.

Allerdings teile der erkennende Senat der Disziplinaroberkommission die Auffassung der Erstinstanz, dass den Mitbeteiligten nur ein geringes Verschulden treffe. In diesem Zusammenhang sei zu berücksichtigen, dass der dem Mitbeteiligten zur Verfügung stehende Rückstandausweis kein geeignetes Kontrollinstrument sei (so auch zutreffend die Erstinstanz). Im Beweisverfahren habe sich diesbezüglich herausgestellt, dass zwei Rückstandsausweise geführt worden seien, nämlich einer durch die betroffene Mitarbeiterin (nur dieser sei für den Mitbeteiligten zugänglich gewesen, doch habe dieser nicht den Tatsachen entsprochen) und ein weiterer, der aufgrund des EKIS-Systems erstellt werde, den jedoch nur der Strafamtsleiter, nicht jedoch die Strafreferenten zu Gesicht bekämen. Diesen korrekten Rückstandausweis habe der Mitbeteiligte nie zu Gesicht bekommen und somit auf dessen Basis keine Kontrolle der Rechtzeitigkeit der Aktenerledigung durch seine Hilfsreferentin vornehmen können. Es seien offenbar auch vom Strafamtsleiter keine einschlägigen Kontrollen durchgeführt worden. Der erkennende Senat der Disziplinaroberkommission erlaube sich daher auf § 45 Abs. 2 BDG 1979 hinzuweisen, wonach der Leiter einer Dienststelle für ein geordnetes Zusammenwirken der einzelnen, ihm unterstehenden Organisationseinheiten zum Zwecke der Sicherstellung einer gesetzmäßigen Vollziehung, sowie einer zweckmäßigen, wirtschaftlichen und sparsamen Geschäftsgebarung zu sorgen habe. Hinzuweisen sei darauf, dass sich daraus ergebe, dass dieser manipulationsresistentere Rückstandsausweis in Zukunft auch allen Strafreferenten und sonstigen mit derartigen Kontrollaufgaben betrauten Mitarbeitern zur Verfügung stehen müsse, damit diese ihren Aufgaben in zweckmäßiger, wirtschaftlicher und sparsamer Weise nachkommen könnten. Dieser schwerwiegende Organisationsmangel schmälere sowohl die Schwere der Dienstpflichtverletzung des Mitbeteiligten, sowie sein Verschulden erheblich (culpa levis).

Da somit an der objektiven Tatbestandsverwirklichung sowie am - wenn auch nur geringfügig - schuldhaften Fehlverhalten des Mitbeteiligten im Umfang leichter Fahrlässigkeit keine Zweifel bestünden, sei dem Berufungsantrag folgend nunmehr die disziplinäre Strafbemessung einer Überprüfung zu unterziehen. Der Verwaltungsgerichtshof betone in seiner Rechtsprechung, dass bei der Strafbemessung neben der Art und Schwere des Dienstvergehens, insbesondere der Bedeutung der verletzten Pflicht, dem Grad des Verschuldens, dem Beweggrund der Tat, den Auswirkungen der Tat für den Dienstgeber, für das Ansehen des Beschuldigten selbst und der Beamtenschaft in der Öffentlichkeit und der bisherigen dienstlichen Führung des Beamten, der präventiven Erforderlichkeit sowohl der Bestrafung an sich, als auch der konkreten Disziplinarstrafe und deren Ausmaß, entscheidende Bedeutung zukomme. Für die Schwere der Dienstpflichtverletzung sei nicht nur maßgebend, in welchem objektiven Ausmaß gegen Dienstpflichten verstoßen oder der Dienstbetrieb beeinträchtigt worden sei, sondern es müsse die Bestrafung weiters grundsätzlich in einem angemessenen Verhältnis zum Unrechtsgehalt der Verfehlung stehen und sie müsse spezial- und/oder generalpräventiv erforderlich sein. Innerhalb des Schuldrahmens dürfe keine strengere Strafe verhängt werden, als sie aus Gründen der Spezial- sowie der Generalprävention notwendig erscheine.

Anders als das Strafrecht, wo moralische Wertungen, Vergeltung und Sühne im Vordergrund stünden, bezwecke das Disziplinarrecht die Aufrechterhaltung des Dienstbetriebes und erfülle eine dem Interesse der Allgemeinheit dienende Ordnungsfunktion. Der maßgebliche Fokus liege daher überwiegend in der Aufrechterhaltung und Wiederherstellung eines ordnungsgemäßen und korrekten Dienstbetriebes. Durch die Disziplinarstrafe solle der der Disziplinargewalt Unterworfene entweder an seine Dienstpflichten gemahnt und angehalten werden, diese künftig zuverlässig zu erfüllen, oder, wenn die Fortsetzung des Dienstverhältnisses mit dem Beschuldigten aus spezialpräventiven Gründen nicht möglich sei, im Wege der Entlassung aus dem Dienstverhältnis entfernt werden. Mit der dem Disziplinarrecht zukommenden Ordnungsfunktion solle einer durch ein Dienstvergehen (eine Dienstpflichtverletzung) verursachten Störung des beamtenrechtlichen Dienst- und Treueverhältnisses mit dem Ziel, dessen Leistungsfähigkeit aufrecht zu erhalten und dessen Ansehen zu wahren, begegnet werden.

Angesichts des - wie oben dargelegt worden sei - im unteren Bereich einzustufenden Gewichts der Dienstpflichtverletzung sei nach Auffassung des erkennenden Senates der Disziplinaroberkommission die Verhängung einer finanziell spürbaren Disziplinarstrafe im vorliegenden Fall nicht zwingend geboten. Der erstinstanzliche Disziplinarsenat habe mit der Disziplinarstrafe der Geldbuße in der Höhe von EUR 1.500,-- jedenfalls eine zu hohe Disziplinarstrafe ausgesprochen.

Unter Bedachtnahme auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (Hinweis auf das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom , Zl. 2005/09/0115), wonach bei der Strafbemessung alle Milderungs- und Erschwerungsgründe zu berücksichtigen seien, sei dem Mitbeteiligten mildernd zugute zu halten, dass er

1.) disziplinarrechtlich unbescholten sei, 2.) den Tatbestand objektiv außer Streit gestellt habe, er 3.) seinen Dienst zufriedenstellend erfülle und 4.) sich seither wohlverhalten habe. Dieser Mehrzahl an Milderungsgründen stehe kein Erschwerungsgrund gegenüber (die Länge des Zeitraumes sei kein tauglicher Erschwerungsgrund, da es sich um ein fortgesetztes Unterlassungsdelikt handle).

Der erkennende Senat der Disziplinaroberkommission gehe unter Bedachtnahme auf eine gesetzeskonforme Anwendung des ihm bei der Strafbemessung zukommenden Ermessensspielraumes bei der Strafbemessung für die verfahrensgegenständliche Dienstpflichtverletzung von einem Strafrahmen aus, der im Bereich der Disziplinarstrafe des Verweises oder eines Vorgehens gemäß § 115 BDG 1979 liege. Der Berufungssenat sei bereits mangels ausreichender Schwere der Dienstpflichtverletzung zu der Auffassung gelangt, dass die ausgesprochene Disziplinarstrafe der Geldbuße in der Höhe von EUR 1.500,-- nicht gerechtfertigt sei. Bei der Gewichtung der angeführten Milderungsgründe - wobei insbesondere dem Milderungsgrund der disziplinären Unbescholtenheit erhebliches Gewicht zukomme - sei die belangte Behörde zu dem Ergebnis gekommen, dass eine erheblich niedrigere als die von der erstinstanzlichen Disziplinarkommission verhängte Disziplinarstrafe ausreichend sei, um dem Unrechtsgehalt der Tat zu entsprechen und den Mitbeteiligten spezialpräventiv sowie unter generalpräventiven Gesichtspunkten auch andere Beamte von (derartigen) Verfehlungen abzuhalten bzw. Dienstpflichtverletzungen durch andere Beamte entgegenzuwirken.

Wie bereits dargelegt dürfe eine strengere als die unter Präventionsgesichtspunkten erforderliche Strafe innerhalb des Strafrahmens nicht verhängt werden. Es sei daher zu prüfen, welche Disziplinarstrafe unter Präventionsgesichtspunkten erforderlich sei, um dem Mitbeteiligten das Unrecht seines Fehlverhaltens vor Augen zu führen und ihn sowie andere Beamte in Zukunft von (derartigen) Dienstpflichtverletzungen abzuhalten.

Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis eines verstärkten Senates vom , Zl. 2005/09/0115, unter Hinweis auf Kucsko-Stadlmayer, Das Disziplinarrecht der Beamten, 3. Auflage 2003, 95, ausführe, sei bei gänzlichem Fehlen eines spezialpräventiven Bedürfnisses nach Verhängung einer Disziplinarstrafe im Falle des erwiesenen Vorliegens einer Dienstpflichtverletzung ein Schuldspruch ohne Strafe auszusprechen. Es sei daher im Folgenden zu prüfen, ob die für einen Schuldspruch gem. § 115 BDG 1979 notwendigen Voraussetzungen im vorliegenden Fall gegeben seien, oder ob es der Disziplinarstrafe des Verweises bedürfe.

Die Verletzung des § 45 Abs. 1 BDG 1979 sei zwar nicht ohne nachteilige Folgen oder einen Schadenseintritt für den Dienstbetrieb oder den Bund geblieben, habe jedoch vor allem Akten aus dem Jahr 2007 und davor betroffen, die entweder nur mehr einzustellen gewesen wären (mehr als die Hälfte aller Fälle) oder großteils schwer/kaum bis nicht einbringliche Verkehrsstrafen zum Gegenstand gehabt hätten (und überdies auf mehrere Mitarbeiterinnen aufgeteilt hätten werden sollen, was jedoch unterblieben sei); die Erstinstanz sei daher zutreffend von einem fiktiven Schaden in der Höhe von maximal EUR 10.000,-- ausgegangen, wobei weiters zu berücksichtigen sei, dass der maximale Schaden, welcher aus der nicht ordnungsgemäßen Bearbeitung von Akten aus den Jahren 2008 und danach resultiere, erheblich geringer sei (maximaler fiktiver Schaden in der Höhe von EUR 1.245,--). Dienstliche Interessen seien daher nach Auffassung des erkennenden Senates der Disziplinaroberkommission nicht verletzt, wenn im konkreten Fall von der Verhängung einer Disziplinarstrafe abgesehen werde. Was die Frage der Spezialprävention betreffe, könne beim Mitbeteiligten - schon im Hinblick auf die abschreckende Wirkung der Durchführung eines Disziplinarverfahrens - angenommen werden, dass ein Schuldspruch allein genügen werde, um ihn von weiteren (gleichartigen) Verfehlungen abzuhalten.

Auch habe sich der Mitbeteiligte, dem tatsächlich kein gravierender Schuldvorwurf gemacht werden könne und lediglich (leichte) Fahrlässigkeit vorgeworfen werden könne, da ihm das bestgeeignete Kontrollinstrument, nämlich der manipulationsresistente Rückstandsausweis des Strafamtsleiters, nicht zur Verfügung gestanden sei, seither wohlverhalten. Hinzu trete, dass der Mitbeteiligte seinen Dienst jahrzehntelang im Wesentlichen zur Zufriedenheit aller verrichtet habe, möge seine Arbeitsweise auch nicht die effizienteste sein.

Angesichts der oben dargestellten Milderungsgründe, denen kein Erschwerungsgrund gegenüberstehe, sowie der positiven Zukunftsprognose, bestehe keinerlei spezialpräventive Notwendigkeit für einen Strafausspruch, weshalb mit einem Schuldspruch unter Absehen von der Strafe gemäß § 115 BDG 1979 das Auslangen gefunden habe werden können.

Ein Vorgehen gemäß § 118 Abs. 1 Z. 4 BDG 1979 sei jedoch aus generalpräventiven Gründen nicht angezeigt gewesen. Generalpräventiven Erwägungen werde dadurch Rechnung getragen, dass bereits allein der Durchführung eines Disziplinarverfahrens an sich auch eine abschreckende Wirkung auf andere Beamte zukomme und auf Grund der vom erkennenden Senat der Disziplinaroberkommission bejahten generalpräventiven Notwendigkeit eines Schuldspruches § 118 Abs. 1 Z. 4 BDG 1979 nicht zur Anwendung gelange. Nach Auffassung des erkennenden Senates der Disziplinaroberkommission sei die gewählte Vorgangsweise gemäß § 115 BDG 1979 notwendig, aber auch ausreichend, um auch andere Bedienstete von der Effektivität des Disziplinarrechts zu überzeugen und so von (gleichartigen) Dienstpflichtverletzungen abzuhalten. Der Disziplinarstrafe des Verweises bedürfe es daher weder aus spezial- noch aus generalpräventiven Gründen.

Da die Tatbestandsvoraussetzungen des § 115 BDG 1979 im vorliegenden Fall erfüllt seien, könne von der Verhängung einer Disziplinarstrafe Abstand genommen werden. Da eine strengere als die präventiv erforderliche Strafe innerhalb des Strafrahmens nicht verhängt werden dürfe und unter Zugrundelegung spezialsowie generalpräventiver Gesichtspunkte mit einem Vorgehen nach § 115 BDG 1979 das Auslangen gefunden habe werden können, sei der Berufung daher in diesem Umfang Folge zu geben gewesen.

Dem Mitbeteiligten sei die Bedeutung der verletzten Dienstpflicht nunmehr bewusst, daher gehe der erkennende Senat der Disziplinaroberkommission davon aus, dass der Mitbeteiligte in Zukunft keine Dienstpflichtverletzungen mehr setzen werde und spreche unter Zugrundelegung dieses Verfahrensergebnisses eine positive Zukunftsprognose aus. Unter Berücksichtigung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Mitbeteiligten sei daher spruchgemäß zu entscheiden gewesen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat nach Aktenvorlage durch das Bundesverwaltungsgericht sowie Erstattung einer Gegenschrift durch die mitbeteiligte Partei erwogen:

Die Revision gegen den angefochtenen Bescheid der Disziplinaroberkommission, die keine Behörde nach § 4 Abs. 5 zweiter Satz VwGbk-ÜG ist, ist gemäß § 4 Abs. 1 erster Satz VwGbk-ÜG zulässig. Für die Behandlung dieser Revision gelten gemäß § 4 Abs. 5 leg. cit. die Bestimmungen des VwGG in der bis zum Ablauf des geltenden Fassung sinngemäß (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Ro 2014/09/0019).

Der revisionswerbende Disziplinaranwalt hält den angefochtenen Bescheid deswegen für rechtswidrig, weil der Umstand, dass offenbar ein zweiter, korrekter Rückstandsausweis auf Grundlage des EKIS-Systems existiert habe, nicht geeignet sei, etwas an der Schuld des Mitbeteiligten zu ändern. Die belangte Behörde habe der Zielsetzung des Gesetzes, mit der Verhängung einer Disziplinarstrafe der Begehung von Dienstpflichtverletzungen durch andere Beamte entgegenzuwirken, (Generalprävention) nicht Rechnung getragen und auch ihren Ausspruch hinsichtlich des Absehens von der Strafe nach § 115 BDG 1979 nicht schlüssig begründet. Im gegenständlichen Fall wäre eine spürbare Bestrafung sowohl aus spezialpräventiven, aber vor allem auch aus generalpräventiven Erwägungen erforderlich gewesen.

Die maßgeblichen Bestimmungen des Beamten-Dienstrechtsgesetzes 1979 (BDG 1979), BGBl. Nr. 333/1979 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 147/2008, lauten auszugsweise:

"§ 45. (1) Der Vorgesetzte hat darauf zu achten, daß seine Mitarbeiter ihre dienstlichen Aufgaben gesetzmäßig und in zweckmäßiger, wirtschaftlicher und sparsamer Weise erfüllen. Er hat seine Mitarbeiter dabei anzuleiten, ihnen erforderlichenfalls Weisungen zu erteilen, aufgetretene Fehler und Mißstände abzustellen und für die Einhaltung der Dienstzeit zu sorgen. Er hat das dienstliche Fortkommen seiner Mitarbeiter nach Maßgabe ihrer Leistungen zu fördern und ihre Verwendung so zu lenken, daß sie ihren Fähigkeiten weitgehend entspricht. Weiters hat sie oder er darauf hinzuwirken, dass ihre oder seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter den Erholungsurlaub in Anspruch nehmen können und auch in Anspruch nehmen.

(2) Der Leiter einer Dienststelle oder eines Dienststellenteiles hat außerdem für ein geordnetes Zusammenwirken der einzelnen ihm unterstehenden Organisationseinheiten zum Zwecke der Sicherstellung einer gesetzmäßigen Vollziehung sowie einer zweckmäßigen, wirtschaftlichen und sparsamen Geschäftsgebarung zu sorgen.

...

§ 92. (1) Disziplinarstrafen sind

1. der Verweis,

2. die Geldbuße bis zur Höhe eines halben Monatsbezuges,

3. die Geldstrafe in der Höhe von einem Monatsbezug

bis zu fünf Monatsbezügen,

4. die Entlassung.

...

§ 93. (1) Das Maß für die Höhe der Strafe ist die Schwere der Dienstpflichtverletzung. Dabei ist darauf Rücksicht zu nehmen, inwieweit die beabsichtigte Strafe erforderlich ist, um den Beamten von der Begehung weiterer Dienstpflichtverletzungen abzuhalten oder der Begehung von Dienstpflichtverletzungen durch andere Beamte entgegenzuwirken. Die nach dem Strafgesetzbuch für die Strafbemessung maßgebenden Gründe sind dem Sinne nach zu berücksichtigen; weiters ist auf die persönlichen Verhältnisse und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Beamten Bedacht zu nehmen.

...

§ 115. Im Falle eines Schuldspruches kann von der Verhängung einer Strafe abgesehen werden, wenn dies ohne Verletzung dienstlicher Interessen möglich ist und nach den Umständen des Falles und nach der Persönlichkeit des Beamten angenommen werden kann, daß ein Schuldspruch allein genügen wird, den Beamten von weiteren Verfehlungen abzuhalten."

Die Aufgabe des Mitbeteiligten bestand im Tatzeitraum darin, eigenverantwortlich Verwaltungsstrafverfahren zu führen. Seine Mitarbeiterin M.K., deren unmittelbarer Fach- und Dienstvorgesetzter der Mitbeteiligte war, hatte ihn dabei nach seinen Anweisungen und unter seiner Verantwortung entsprechend zu unterstützen, wobei die Verantwortung für die ordnungsgemäße Erledigung/Administration von Verwaltungsakten bis zum Abschluss des Verfahrens beim Mitbeteiligten verblieb.

Den Mitbeteiligten traf gemäß § 45 Abs. 1 BDG 1979 die Dienstpflicht zur Ausübung der Dienstaufsicht über die - auf seine Anweisungen hin zu ergehende - Aktenbearbeitung durch M.K.. Zur internen Koordination der Aktenbearbeitung war unbestritten der Mitbeteiligte zuständig.

Der Verwaltungsgerichtshof hat zu § 45 Abs. 1 BDG 1979 etwa in seinen Erkenntnissen vom , Zl. 90/09/0171, in VwSlg. NF Nr. 13.386/A, und vom , Zl. 2000/09/0166, dargelegt, dass Vorgesetzte mit eigenem Entscheidungsspielraum eine entsprechend hohe Verantwortung für ihre eigenen Sachentscheidungen und für jene ihrer Mitarbeiter haben. Sie sind im Rahmen der Dienstaufsicht verpflichtet, die Erledigung der Dienstgeschäfte der ihnen unterstellten Mitarbeiter durch geeignete Kontrollmaßnahmen zu überwachen und Pflichtverletzungen entgegenzuwirken. Hierbei haben sie den ihnen unterstellten Beamten eine rechts- oder ordnungswidrige Ausführung dienstlicher Aufgaben vorzuhalten und sie zu ordnungsgemäßer, unverzüglicher Erledigung der Amtsgeschäfte aufzufordern. Etwaige Mängel im Verwaltungsbetrieb oder im Verhalten einzelner Beamten sind festzustellen. Bereits die Tatsache, dass kontrolliert wird, hält zur Pflichterfüllung an, ohne dass es immer eines Tätigwerdens des Vorgesetzten bedarf. Stellt ein Vorgesetzter Unzukömmlichkeiten, die einen nicht unbeträchtlichen Schaden für seinen Dienstgeber zur Folge haben, im Rahmen seiner Aufsichtspflicht nicht ab, so stellt sein Verhalten eine Dienstpflichtverletzung dar, wenn sie ein Gewicht hat und damit die Schwelle zur disziplinarrechtlichen Erheblichkeit überschreitet.

Im vorliegenden Fall wurde der Mitbeteiligte für schuldig erkannt, als Vorgesetzter über einen Zeitraum von mehr als sieben Jahren seiner Pflicht zur Dienstaufsicht über seine Mitarbeiterin M.K. schuldhaft nicht nachgekommen zu sein und zwar ungeachtet des Umstandes, dass es im Jahr 2007 bei dieser Mitarbeiterin im Verantwortungsbereich des Mitbeteiligten bereits zu einem Aktenrückstand gekommen war, und Akten auf andere Mitarbeiterinnen aufgeteilt werden mussten.

Den Schuldspruch in diesem Umfang hat auch die belangte Behörde aufrecht erhalten. Die belangte Behörde geht jedoch davon aus, dass im Hinblick auf § 45 Abs. 2 BDG 1979 ein schwerwiegender Organisationsmangel im Bereich der gesamten Dienststelle insofern vorgelegen sei, als ein korrekter "manipulationsresistenter" Rückstandsausweis dem Mitbeteiligten als Strafreferenten nicht zur Verfügung gestanden sei und dieser Organisationsmangel sowohl die Schwere der Dienstpflichtverletzung des Mitbeteiligten sowie sein Verschulden erheblich geschmälert habe.

Selbst wenn man jedoch vom Vorliegen des Umstandes, dass ein weiterer Rückstandsausweis bestanden habe, der nur dem Leiter des Strafamtes, nicht aber dem Mitbeteiligten als Strafreferenten zur Verfügung gestanden sei, ausginge, wäre dieser Umstand ohne Weiteres weder geeignet die Schwere der Dienstpflichtverletzung des Mitbeteiligten zu mindern, noch dessen Verschulden zu schmälern. Unbestritten war jedenfalls der Mitbeteiligte für die Aufsicht über seine Mitarbeiterin verantwortlich.

Zu der im vorliegenden Fall anzuwendenden Rechtslage ist zu bemerken, dass gemäß § 93 Abs. 1 erster Satz BDG 1979 als Maß für die Höhe der Strafe die Schwere der Dienstpflichtverletzung gilt. Dieser Maßstab richtet sich nach dem Ausmaß der Schuld im Sinne der Strafbemessungsschuld des Strafrechtes und für die Strafbemessung ist danach sowohl das objektive Gewicht der Tat maßgebend als auch der Grad des Verschuldens (vgl. die ErläutRV zur Vorgängerbestimmung des § 93 BDG 1979 im BDG 1977, 500 BlgNR

14. GP, 83). Das objektive Gewicht der Tat (der Unrechtsgehalt) wird dabei in jedem konkreten Einzelfall - in Ermangelung eines typisierten Straftatbestandskatalogs im Sinne etwa des StGB - wesentlich durch die objektive Schwere der in jedem Einzelfall konkret festzustellenden Rechtsgutbeeinträchtigung bestimmt (vgl. dazu die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 2007/09/0320, und vom , Zl. 2009/09/0132, mwN). Als wesentliches und neben spezialpräventiven Gesichtspunkten gleichrangiges Strafzumessungskriterium wurde durch die Dienstrechts-Novelle 2008 aber das zusätzliche Strafbemessungskriterium in § 93 Abs. 1 BDG 1979 eingeführt, dass bei der Festsetzung der Höhe der Strafe zu berücksichtigen ist, inwieweit die beabsichtigte Strafe erforderlich ist, um der Begehung von Dienstpflichtverletzungen durch andere Beamte entgegenzuwirken (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2012/09/0027).

Dies hat die belangte Behörde, die bei der Beurteilung der Notwendigkeit einer Strafe mit Bezugnahme auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Rechtslage vor der Dienstrechts-Novelle 2008 wesentlich nur darauf abstellte, ob die Verhängung einer Strafe notwendig sei, um den Mitbeteiligten selbst von der Begehung weiterer Dienstpflichtverletzungen abzuhalten, nicht ausreichend in Betracht gezogen.

Die Strafbemessung ist eine Ermessensentscheidung, die nach den vom Gesetzgeber im § 93 festgelegten Kriterien vorzunehmen ist, bzw. im Fall des § 115 BDG 1979 nur unter den dort vorgesehenen (eingeschränkten) Voraussetzungen zulässig ist. Als Ermessensentscheidung unterliegt sie nur insofern der Kontrolle durch den Verwaltungsgerichtshof, als dieser zu prüfen hat, ob die Behörde von dem ihr zustehenden Ermessen im Sinn des Gesetzes Gebrauch gemacht hat (vgl. Art. 130 Abs. 2 B-VG). Die Behörde ist aber verpflichtet, in der Begründung ihres Bescheides die für die Ermessensübung maßgebenden Überlegungen und Umstände insoweit offenzulegen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien und für die Nachprüfung der Ermessensentscheidung auf seine Übereinstimmung mit dem Sinn des Gesetzes und alle seine Determinanten durch den Verwaltungsgerichtshof erforderlich ist (vgl. u.a. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2012/09/0043).

Bei einem Schuldspruch ohne Strafe nach § 115 BDG 1979 handelt es sich - ungeachtet des Umstandes, dass er nicht im Katalog der Disziplinarstrafen in § 92 Abs. 1 BDG 1979 aufgezählt wird - um eine Disziplinarstrafe, weil damit gegen den Beamten ein rechtlich verbindlicher Vorwurf mit nachteiligen Wirkungen - etwa als erschwerender Umstand bei einer späteren Verurteilung - gemacht wird (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom , Zl. 91/09/0148).

Ein Schuldspruch gemäß § 115 BDG 1979 darf aber nur erfolgen, wenn von der Verhängung einer Strafe ohne Verletzung dienstlicher Interessen (also im Hinblick auf generalpräventive Erwägungen) abgesehen werden kann und nach den Umständen des Falles und nach der Persönlichkeit des Beamten angenommen werden kann, dass ein Schuldspruch allein genügen werde, den Beamten von weiteren Verfehlungen abzuhalten (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 99/09/0202).

Gerade ein Verstoß im Bereich der Kernpflichten des Mitbeteiligten als Vorgesetzter über einen Zeitraum von über sieben Jahren weist auch in Anbetracht dessen, dass M.K. - sie meldete dies selbst im Jahr 2007 - mit der ihr zugeteilten Aktenbearbeitung - im Verantwortungsbereich des Mitbeteiligten - derart in Verzug geriet, dass Maßnahmen der Umverteilung ihrer Arbeit ergriffen werden mussten, jedoch auch ungeachtet dessen vom Mitbeteiligten keine geeigneten Aufsichtsmaßnahmen gesetzt wurden -

ein beträchtliches Gewicht auf. Die mangelhafte Ausübung der Aufsichtspflicht (kein Nachfragen, keine Nachschau im Kasten), wenn dies wie im vorliegenden Fall über Jahre hinweg und trotz bei der der Aufsicht unterliegenden Mitarbeiterin bereits aufgetretener Mängel erfolgt, ist in der Regel geeignet, dienstliche Interessen im Sinne des § 115 BDG 1979 zu beeinträchtigen. Schon aus diesen Überlegungen erweist sich daher die Vorgangsweise der belangten Behörde, gemäß § 115 BDG 1979 einen Schuldspruch ohne Strafe zu verhängen, als verfehlt.

Abgesehen davon erweist sich auch die - von jener der Erstbehörde abweichende - Beurteilung der belangten Behörde, ob nach der Persönlichkeit des Beamten angenommen werden kann, dass ein Schuldspruch allein genügen werde, den Beamten von weiteren Verfehlungen abzuhalten, als nicht schlüssig begründet. So hat die belangte Behörde - ohne dies näher zu darzulegen oder sich bei Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung gewonnenen unmittelbaren Eindruck zu verschaffen - angenommen, dass beim Mitbeteiligten schon im Hinblick auf die abschreckende Wirkung der Durchführung eines Disziplinarverfahrens angenommen werden könne, dass ein Schuldspruch allein genügen werde, um ihn von weiteren Verfehlungen abzuhalten und ihm die Bedeutung der verletzten Dienstpflicht nunmehr bewusst sei, was zu einer positiven Zukunftsprognose führe.

Die belangte Behörde hat bei der Entscheidung über die Strafe von dem ihr zustehenden Ermessen nicht im Sinne der im Gesetz dargelegten Kriterien Gebrauch gemacht und damit den Bescheid mit Rechtswidrigkeit gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG belastet.

Im Übrigen hat die belangte Behörde entgegen § 124 und § 125a Abs. 3 BDG 1979 in der anzuwendenden Fassung nicht überzeugend begründet, weshalb sie von dem im Disziplinarverfahren geltenden Unmittelbarkeitsgrundsatz abwich, indem sie vom Bescheid der Behörde erster Instanz abweichende Sachverhaltsdarstellungen (weiterer Rückstandsausweis) traf, aber keine mündliche Verhandlung durchführte (vgl. zur Notwendigkeit einer mündlichen Verhandlung vor der Disziplinaroberkommission die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 2011/09/0181, sowie vom , Zl. 2013/09/0053). Auch in Anbetracht dessen, dass die belangte Behörde bei der Beurteilung spezialpräventiver Erforderlichkeit der zu bemessenden Strafe und damit auch bei der dafür ausschlaggebenden Einschätzung der Persönlichkeit des Täters (vgl. das Kriterium in § 115 BDG 1979) zu einer von der Entscheidung erster Instanz abweichenden, nicht näher begründeten Auffassung - nämlich dass beim Mitbeteiligten schon im Hinblick auf die abschreckende Wirkung der Durchführung eines Disziplinarverfahrens angenommen werden könne, dass ein Schuldspruch alleine genügen werde, um ihn von weiteren (gleichartigen) Verfehlungen abzuhalten - gelangte, ist nicht nachvollziehbar, weshalb es die belangte Behörde vor dem Hintergrund des Art. 6 Abs. 1 EMRK unterließ, sich im Rahmen einer mündlichen Verhandlung vom Beschwerdeführer einen persönlichen Eindruck zu verschaffen (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2009/09/0187).

Nach dem Gesagten war der angefochtene Bescheid daher wegen prävalierender Rechtswidrigkeit seines Inhaltes ungeachtet des Umstandes aufzuheben, dass im fortgesetzten Verfahren die Verfahrensdauer als weiterer Milderungsgrund zu berücksichtigen sein wird.

Wien, am