VwGH vom 19.05.2014, Ro 2014/09/0022

VwGH vom 19.05.2014, Ro 2014/09/0022

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sulyok und die Hofräte Dr. Rosenmayr, Dr. Bachler, Dr. Doblinger und Mag. Feiel als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Senft, über die Revision des Disziplinaranwaltes bei der Disziplinaroberkommission Dr. Albert Koblizek, Bundesministerium für Inneres in 1014 Wien, gegen den Bescheid der Disziplinaroberkommission beim Bundeskanzleramt vom , Zl. 84/32-DOK/10, betreffend Disziplinarstrafe nach dem BDG 1979 (weitere Parteien:

Bundeskanzler, Bundesministerin für Inneres; mitbeteiligte Partei:

T N in B, vertreten durch Mag. Nikolaus Rast, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Schottengasse 10), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Kostenersatzantrag der mitbeteiligten Partei wird abgewiesen.

Begründung

Der Verwaltungsgerichtshof verweist gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG zur Vorgeschichte auf das die gegenständliche Disziplinarsache betreffende Vorerkenntnis vom , Zl. 2011/09/0150, mit dem der damals angefochtene Bescheid der belangten Behörde auf Grund einer Beschwerde des Disziplinaranwaltes wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben worden war.

Eine Rechtswidrigkeit erblickte der Verwaltungsgerichtshof darin, dass die belangte Behörde keine mündliche Verhandlung durchgeführt hatte.

Im fortgesetzten Verfahren führte die belangte Behörde am in der Zusammensetzung

Vorsitzender SD Dr. AL

Berichterstatterin: Dr. AJ

Senatsmitglied: Dr. HS

eine mündliche Verhandlung durch.

Diese Verhandlung wurde zur Einholung näher bezeichneter Gutachten "vom Vorsitzenden auf unbestimmte Zeit vertagt".

Die Verhandlung wurde weder fortgesetzt noch wiederholt.

Die belangte Behörde erließ den nunmehr angefochtenen Bescheid vom gemäß § 102 Abs. 1b BDG 1979 "im Umlaufwege" in der Zusammensetzung

Vorsitzender Mag. MA

Berichterstatterin: Dr. AJ

Senatsmitglied: Dr. HS.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Revision.

Das an die Stelle der aufgelösten belangten Behörde tretende Bundesverwaltungsgericht legte die Akten des Verwaltungsverfahrens unter Abstandnahme von der Erstattung einer Gegenschrift vor und beantragte die kostenpflichtige Abweisung der Revision.

Der Mitbeteiligte erstattete eine "Gegenäußerung" und beantragte Kostenersatz.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1) Der Revisionswerber macht (zusammengefasst) geltend, dass ein anderer Senat entschieden habe als jener, der die mündliche Verhandlung durchgeführt habe. Damit weiche die belangte Behörde u. a. von der Rechtsprechung zu dem im Disziplinarverfahren geltenden "Unmittelbarkeitsgrundsatz" ab.

§ 125 BDG 1979 idF BGBl. I Nr. 61/1997 lautet:

"Wiederholung der mündlichen Verhandlung

Der Vorsitzende ist berechtigt, bei Vorliegen besonderer Gründe die mündliche Verhandlung zu unterbrechen oder zu vertagen. Wurde die Verhandlung vertagt, so hat der Vorsitzende bei der Wiederaufnahme der Verhandlung die wesentlichen Vorgänge der vertagten Verhandlung nach dem Protokoll und den sonst zu berücksichtigenden Akten mündlich vorzutragen. Die Verhandlung ist jedoch zu wiederholen, wenn sich die Zusammensetzung des Senates geändert hat oder seit der Vertagung mehr als sechs Monate verstrichen sind."

Im vorliegenden Fall hat sich sowohl die Zusammensetzung des Senates durch Wechsel des Vorsitzenden geändert als auch sind seit der Vertagung vom bis zur Erlassung des angefochtenen Bescheides mehr als sechs Monate verstrichen.

Dennoch hat die belangte Behörde die mündliche Verhandlung nicht wiederholt.

2) Soweit der Revisionswerber eine weitere Rechtswidrigkeit darin erblickt, dass die Disziplinaroberkommission ihren Beschluss gemäß § 102 Abs. 1b BDG 1979 "im Umlaufwege" getroffen habe, so braucht darauf nicht mehr eingegangen zu werden.

Da somit Verfahrensvorschriften außer Acht gelassen wurden, bei deren Einhaltung die belangte Behörde zu einem anderen Ergebnis hätte kommen können, war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Der Kostenersatzantrag der mitbeteiligten Partei war abzuweisen, weil diese nicht obsiegende Partei ist.

Wien, am