VwGH vom 28.04.2015, Ra 2014/05/0013

VwGH vom 28.04.2015, Ra 2014/05/0013

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Bernegger und die Hofräte Dr. Enzenhofer und Dr. Moritz sowie die Hofrätinnen Dr. Pollak und Mag. Rehak als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Lorenz, über die Revision des W R in W, vertreten durch Dr. Erich Kafka und Dr. Manfred Palkovits, Rechtsanwälte in 1013 Wien, Rudolfsplatz 12, gegen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichts Wien vom , Zl. VGW-011/017/8152/2014-12, betreffend Übertretung der Bauordnung für Wien (vor dem Verwaltungsgericht Wien belangte Behörde: Magistrat der Stadt Wien; weitere Partei:

Wiener Landesregierung), zu Recht erkannt:

Spruch

Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Die Bundeshauptstadt Wien hat dem Revisionswerber Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Am erstattete der Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 37 (MA 37), unter Anschluss von Fotos vom gemäß § 129 Abs. 2 und 4 iVm § 129 Abs. 9 der Bauordnung für Wien (BO) Strafanzeige gegen die beiden Eigentümer und gegen die Hausverwaltung eines näher bezeichneten Gebäudes aufgrund des in der Zeit vom bis fehlenden Verputzes der Feuermauer des Hofgebäudes sowie des schadhaften Verputzes der Straßenfassaden. Mit Bescheid vom erteilte der Magistrat der Stadt Wien, MA 37, den Eigentümern der näher bezeichneten Baulichkeit gemäß § 129 Abs. 2, 4 und 9 BO folgende Aufträge:

"1. An der gesamten Feuermauer des Hofgebäudes (einschließlich Fangköpfe) zur Liegenschaft Wien 16, Kgasse 36 ist mindestens ein glatter Verputz anzubringen.

2. Die straßenseitigen Fassaden (einschließlich der Gesimse und Zierglieder) sind fachgerecht und bauordnungsgemäß instand zu setzen".

Der in der Folge ergangenen Aufforderung zur Rechtfertigung seitens des Magistrats der Stadt Wien, Magistratsabteilung 64 (MA 64), vom kam der Revisionswerber mit Schreiben vom nach, dem sowohl ein Auftrag der Hausverwaltung vom an die L Baugesellschaft mbH zur Sanierung als auch Fotos der gegenständlichen Feuermauer angefügt waren.

Mit Straferkenntnis des Magistrats der Stadt Wien, MA 64, vom wurde dem Revisionswerber als handelsrechtlichem Geschäftsführer und somit als gemäß § 9 Abs. 1 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG) zur Vertretung nach außen Berufenem der H Immobilienverwaltungsges. m.b.H. angelastet, er habe im Zeitraum vom bis in einer Angelegenheit der ordentlichen Verwaltung der Liegenschaft zu verantworten, dass die Gesellschaft als Verwalterin ohne Veranlassung und Vorwissen der Eigentümer nicht dafür gesorgt habe, dass das Bauwerk und die baulichen Anlagen in gutem, der Baubewilligung und den Vorschriften der Bauordnung für Wien entsprechendem Zustand erhalten worden seien, indem unterlassen worden sei,


Tabelle in neuem Fenster öffnen
-
"den schadhaften bzw. fehlenden Verputz der gesamten Feuermauer des Hofgebäudes (zur Liegenschaft 1160, Wien Kgasse 36) einschließlich Fangköpfe und
-
den bis zu einem Ausmaß von ca. 5 m2 schadhaften bzw. fehlenden Verputz der Straßenfassade (einschließlich Gesimse und Zierglieder)
bauordnungsgemäß und fachgerecht instand setzen zu lassen".
Dadurch habe der Revisionswerber § 135 Abs. 1 und 5 iVm § 129 Abs. 2 BO verletzt. Über ihn wurde eine Geldstrafe von EUR 1.280,00 (Ersatzfreiheitsstrafe von 20 Stunden) verhängt. Gemäß § 64 VStG wurde der Kostenbeitrag für das Strafverfahren mit EUR 128,00 festgelegt.
Dagegen erhob der Revisionswerber Berufung an den Unabhängigen Verwaltungssenat Wien.
Das mit Ablauf des beim Unabhängigen Verwaltungssenat Wien anhängige Verfahren ging gemäß Art. 151 Abs. 51 Z 8 B-VG auf das Verwaltungsgericht Wien über. Das Verwaltungsgericht Wien führte am und am eine mündliche Verhandlung durch. Laut Protokoll über die Verhandlung vom wurde "der Aktenvermerk vom " verlesen. Ein Aktenvermerk vom befindet sich nicht im Akt, schon hingegen ein Aktenvermerk des Verwaltungsgerichts Wien vom , der wie folgt lautet:
"Oberwerkmeister S führt über telefonisches Befragen der erkennenden Richterin aus, dass die Schäden an der Feuermauer durch Abbruch eines Gebäudes auf der Nachbarliegenschaft, das direkt angebaut war, entstanden sind. Bei beiden festgestellten Baumängeln liegt jedenfalls ein Baugebrechen vor, da die Substanz des Hauses gefährdet wird. Für die gröbliche Störung des Stadtbildes ist es unerheblich, ob ein Hofgebäude betroffen ist.
§ 129 Abs. 9 Wiener Bauordnung findet keine Anwendung zumal kein Gebäudeanbau geplant war."
Mit dem nunmehr in Revision gezogenen Erkenntnis gab das Verwaltungsgericht Wien der Berufung in der Schuldfrage gemäß § 50 VwGVG keine Folge, setzte aber die Geldstrafe auf EUR 800,-- bzw. die Ersatzfreiheitsstrafe auf 12 Stunden und den Kostenbeitrag für das erstinstanzliche Verfahren auf EUR 80,-- herab. Gleichzeitig sprach das Verwaltungsgericht Wien aus, dass eine ordentliche Revision gegen dieses Erkenntnis nicht zulässig sei.
Begründend wurde nach Wiedergabe des Verfahrensganges im Wesentlichen ausgeführt, es sei unbestritten, dass der Revisionswerber handelsrechtlicher Geschäftsführer der H Immobilienverwaltungsges. m.b.H sei, die zur angelasteten Tatzeit Verwalterin des gegenständlichen Hauses gewesen sei. Das Vorliegen der verfahrensgegenständlichen Baumängel ergebe sich aus dem der Anzeige der MA 37 vom zu Grunde liegenden Bauauftrag der MA 37 vom im Zusammenhalt mit den im Akt einliegenden Fotos. Im Zuge der am erfolgten Ortserhebung seien die gegenständlichen Mängel erstmals festgestellt worden, und bei der am abgehaltenen Ortsverhandlung seien sie noch vorhanden gewesen. Die Schäden seien bereits nach dem erstinstanzlichen Verwaltungsstrafakt, insbesondere auch auf Grund der von Oberwerkmeister S angefertigten Fotos vom , als erwiesen anzusehen und im Übrigen unstrittig. Lediglich die Qualifikation als Baugebrechen und den Tatzeitraum bestreite der Revisionswerber.
Ausgehend von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs liege ein Baugebrechen schon immer dann vor, wenn sich der Zustand einer Baulichkeit derart verschlechtere, dass hiedurch öffentliche Interessen berührt würden. Ein solches Interesse sei immer schon dann gegeben, wenn durch den bestehenden Zustand eine Gefahr für das Leben, die Gesundheit oder die körperliche Sicherheit einer Person herbeigeführt oder vergrößert werden könne. Dass das Fehlen eines Verputzes als Baumangel anzusehen sei, habe der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung bestätigt, da das blank liegende Mauerwerk nicht nur die Standfestigkeit herabmindere, sondern auch die Gefahr weiterer Verputzlockerungen vergrößere. Das Vorliegen von Baugebrechen sei auch von Oberwerkmeister S telefonisch bestätigt worden. Da somit keinerlei Zweifel am Bestehen der Baugebrechen - weder bei der Feuermauer noch bei der Straßenfassade - bestünden, habe sich die Einvernahme des Oberwerkmeisters im Zuge der mündlichen Verhandlung erübrigt. Dass die Mängel nicht von heute auf morgen aufgetreten seien, sei auch einem baurechtlichen Laien erkennbar.
Der Hausverwalterin sei der Abbruch des Nachbargebäudes zumindest seit dem Jahr 2012 bekannt. Das strafbare Verhalten liege nicht in der Nichterfüllung eines auf die Beseitigung des Baugebrechens gerichteten baupolizeilichen Auftrags, sondern in der Verletzung der dem Eigentümer beziehungsweise Verwalter obliegenden Instandhaltungspflicht.
Gemäß § 129 Abs. 9 BO seien freistehende Feuermauern und ebensolche Feuermauerteile von außen zu verputzen, auch wenn sie nur vorübergehend ungedeckt seien. Die Behörde könne eine entsprechende Ausgestaltung sichtbarer Feuermauerteile verlangen, wenn es die Rücksicht auf das örtliche Stadtbild erfordere. Würden - aus welchem Anlass immer - bisher verdeckte Feuermauerteile freigelegt, so könne der Eigentümer bzw. jeder Miteigentümer verhalten werden, mindestens einen glatten Verputz herzustellen. Diese "Kann-Bestimmung" sei wohl nur so zu verstehen, dass die Behörde vom Verputz der Feuermauer absehen könne, wenn davon auszugehen sei, dass ein Anbau eines Gebäudes zeitnah erfolgen werde. Eine freistehende, unverputzte Feuermauer stelle einen Baumangel dar, der bereits auf Grund der gesetzlichen Instandhaltungspflicht zu beseitigen sei.
Aus dem vom für die Hausverwaltung tätigen Zeugen Mag. B. im Rahmen der mündlichen Verhandlung vorgelegten Schriftverkehr vom Juni 2012 ergebe sich, dass N. G. als Eigentümer der Liegenschaft an den Baumeister der Nachbarliegenschaft mit dem Vorschlag herangetreten sei, wegen der durch die Bauführungen erlittenen Einbußen die Feuermauer und Rauchfänge als Gegenleistung zu sanieren. Da jedoch keine Zusage des Baumeisters vorliege und seitens des Revisionswerbers eine solche auch nicht behauptet worden sei, sei keine Weisung des Eigentümers an die Hausverwaltung, nicht tätig zu werden, anzunehmen. Selbst für den Fall, dass die Hausverwaltung dies als solche Weisung verstanden hätte, so hätte sie überwachen müssen, ob tatsächlich saniert werde, und hätte nicht ein Jahr untätig bleiben dürfen. Dass die Hausverwaltung letztendlich selbst von ihrer Verantwortung im Tatzeitraum ausgegangen sei, zeige sich sowohl im Beschwerdevorbringen als auch in den Ausführungen des Zeugen Mag. B. in der mündlichen Verhandlung, wonach in erster Linie die Behebungspflicht mangels Baugebrechens unter Hinweis auf § 129 Abs. 9 BO in Abrede gestellt worden sei. Die vom Revisionswerber ins Treffen geführte Weisung der Voreigentümerin sei für den gegenständlichen Tatzeitraum irrelevant, weshalb keine Weisung zur Nichtdurchführung der Sanierung vorliege. Zudem biete das Verfahren keine Anhaltspunkte dafür, dass die Eigentümer die Behebung an sich gezogen hätten. Gemäß § 5 Abs. 1 VStG und der hg. Rechtsprechung bestehe daher die Verpflichtung des Hausverwalters, durch Ausschöpfung der tatsächlichen und rechtlichen Möglichkeiten alles in seinen Kräften Stehende zu unternehmen, um das Baugebrechen innerhalb kürzester Zeit zu beseitigen. Aus dem Verfahren ergebe sich, dass die Hausverwaltung offenbar rechtsirrtümlich die Feuermauer nicht instand gesetzt habe, wobei dieser Rechtsirrtum den Revisionswerber nicht zu entschuldigen vermöge, da er sich diesbezüglich bei der MA 37 zu erkundigen gehabt hätte. Mit den Ausführungen des Revisionswerbers, es seien keine Geldmittel zur Verfügung gestanden, sei nichts gewonnen. Zudem sei aufgrund der umgehenden Behebung der Baumängel nach Ergehen des Bauauftrags davon auszugehen, dass die finanziellen Mittel sehr wohl zur Verfügung gestanden seien.
Des Weiteren habe das Verfahren nicht ergeben, dass der Hausverwalter während des Tatzeitraums oder davor an den Eigentümer herangetreten sei und einen Kostenvoranschlag bzw. Finanzierungsplan vorgelegt habe. Eine Hinderung an der Vornahme der Arbeiten durch die Eigentümer sei nicht erfolgt.
Der Revisionswerber hätte die Eigentümer anleiten müssen, dass die Baumängel vorab zu beheben seien, was jedoch offensichtlich nicht erfolgt sei. Es sei somit in keiner Weise glaubhaft gemacht worden, dass den Revisionswerber an der Verletzung der Verwaltungsvorschriften kein Verschulden treffe, weshalb auch der Tatbestand in subjektiver Hinsicht verwirklicht worden sei.
Da jedoch der Revisionswerber selbst nicht in der Hausverwaltung tätig sei und der Zeuge Mag. B. die Aufgaben für ihn übernommen habe, sei von einem geringen Verschuldensgrad in Form des Überwachungsverschuldens auszugehen. Zudem habe die Sanierung unverzüglich stattgefunden, weshalb die Strafe herabzusetzen sei.
Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision mit dem Begehren, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung das angefochtene Erkenntnis kostenpflichtig aufzuheben, in eventu das angefochtene Erkenntnis nach Ergänzung des Ermittlungsverfahrens abzuändern, der Revision Folge zu geben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.
Das Verwaltungsgericht legte die Revision unter Anschluss der Akten des Verfahrens vor.
Die belangte Behörde erstattete eine Revisionsbeantwortung mit dem Antrag, die Revision als unzulässig zurückzuweisen, in eventu als unbegründet abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

§ 129 BO idF LGBl. Nr. 25/2009 lautet auszugsweise:

"§ 129 (1) ...

(2) Der Eigentümer (jeder Miteigentümer) hat dafür zu sorgen, dass die Bauwerke (Gärten, Hofanlagen, Einfriedungen u. dgl.) in gutem, der Baubewilligung und den Vorschriften dieser Bauordnung entsprechendem Zustand erhalten werden.

...

(9) Freistehende Feuermauern und ebensolche Feuermauerteile sind, auch wenn sie nur vorübergehend ungedeckt bleiben, von außen zu verputzen. Die Behörde kann, wenn es die Rücksicht auf das örtliche Stadtbild erfordert, eine entsprechende Ausgestaltung sichtbarer Feuermauerteile verlangen. Werden aus welchem Anlaß immer bisher verdeckte Feuermauerteile freigelegt, so kann der Eigentümer (jeder Miteigentümer) verhalten werden, mindestens einen glatten Verputz herzustellen.

(10) Jede Abweichung von den Bauvorschriften einschließlich der Bebauungsvorschriften ist zu beheben. ..."

§ 135 BO idF LGBl. Nr. 41/2008 lautet auszugsweise:

"§ 135 (1) Übertretungen dieses Gesetzes und der auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Verordnungen werden, unbeschadet der Abs. 2 und 3, mit Geld bis zu 21000 Euro, im Fall der Uneinbringlichkeit mit Ersatzfreiheitsstrafe bis zu zwei Wochen, bestraft.

...

(5) Wer die Verwaltung eines Gebäudes ausübt, ist für Verletzungen der dem Eigentümer durch dieses Gesetz oder eine dazu erlassene Verordnung auferlegten Pflichten an dessen Stelle verantwortlich, wenn die Tat ohne Veranlassung und Vorwissen des Eigentümers begangen wurde. Der Eigentümer ist neben dem Verwalter verantwortlich, wenn er es bei dessen Auswahl oder Beaufsichtigung an der nötigen Sorgfalt fehlen ließ."

§ 46 VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013, lautet auszugsweise:

"§ 46 (1) Das Verwaltungsgericht hat die zur Entscheidung der Sache erforderlichen Beweise aufzunehmen.

...

(3) Niederschriften über die Vernehmung des Beschuldigten oder von Zeugen sowie die Gutachten der Sachverständigen dürfen nur verlesen werden, wenn

...

4. alle anwesenden Parteien zustimmen."

Die Revision ist in Bezug auf die Frage der Verantwortlichkeit des Verwalters dafür, eine freigelegte Feuermauer zu verputzen, zulässig. Sie ist im Ergebnis auch begründet.

In der Revision wird im Wesentlichen ausgeführt, vermutlich 2011 sei ein auf der Nachbarliegenschaft zuvor direkt an die Feuermauer angebautes Gebäude abgerissen worden. Es lägen keine Baugebrechen vor. Hinsichtlich der geringfügigen Schäden an der Straßenfassade sei nach dem Abschlagen und "Abstangeln" im Jahre 2011 weder eine Verschlechterung der Baulichkeit eingetreten noch habe eine Gefahr der weiteren Lockerung bestanden. Hinsichtlich der Feuermauer fehle die Feststellung, dass es sich um Schäden handle, welche durch den Abbruch des zuvor direkt an diese Feuermauer gebauten Hauses entstanden seien. Diese Feststellung sei für die richtige Beurteilung nach § 129 Abs. 9 BO und den Ausschluss der Verhängung einer Strafe relevant. Ohne nähere oder ausreichende Begründung sei das Vorliegen eines Baugebrechens zum Nachteil des Revisionswerbers angenommen worden. Für die Annahme des Verwaltungsgerichts Wien, dass vom Verputz einer Feuermauer generell abgesehen werden könne, wenn zeitnah ein Gebäude angebaut werde, fehle jegliche gesetzliche Grundlage. Zudem unterscheide das Gericht rechtsunrichtig auch nicht zwischen freistehenden und verdeckten Feuermauern. Im Fall einer freistehenden Feuermauer sei diese jedenfalls zu verputzen, wohingegen bei einer zuvor verdeckten diese Verpflichtung nicht bestehe. Diesfalls könne die Behörde ausdrücklich nur die Herstellung eines zumindest glatten Verputzes fordern, weshalb ein Baumangel im Tatzeitraum nicht vorliege und keine Verwaltungsstrafe gegen den Revisionswerber zu verhängen sei.

Zudem sei Oberwerkmeister S in Abwesenheit des Revisionswerbers telefonisch befragt worden. Der darüber verfasste Aktenvermerk sei ohne vorherige Zustimmung des Revisionswerbers im Rahmen der Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht Wien verlesen worden. Dies stelle einen Verstoß gegen den Grundsatz der Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme dar, wodurch dem Revisionswerber wesentliche Verteidigungsrechte genommen worden seien.

Im Zuge der Verhandlung am habe der Revisionswerber erstmals erfahren, dass die Baupolizei den zwar vorhandenen, jedoch in Mitleidenschaft gezogenen Verputz der Feuermauer als Baugebrechen qualifiziere. Die Baubehörde hätte sowohl im Rahmen der Verhandlung am als auch in weiterer Folge als Überwachungsorgan ihre Hinweis- und Manuduktionspflicht wahrnehmen und die Liegenschaftseigentümer sowie den Revisionswerber als deren Vertreter auf eine etwaige Verpflichtung zur Instandsetzung hinweisen müssen. Zudem habe der Revisionswerber den Hauseigentümer im Jahr 2012 mehrfach gedrängt, mit der Verwalterin der Nachbarliegenschaft betreffend die Sanierung der Feuermauer Kontakt aufzunehmen. Am habe die Hausverwaltung der Baufirma den Auftrag erteilt. Die Baufirma habe in der Folge die Behebung durchgeführt. Die Sanierungskosten hätten EUR 3.500,--, die Einnahmen aus der Liegenschaft hingegen nur EUR 500,-- betragen. Eine Darlehensaufnahme durch die Verwalterin sei nicht durch die Verwaltervollmacht gedeckt gewesen.

Der Revisionswerber wurde wegen der Nichtbeseitigung von Baugebrechen bestraft. Ein Baugebrechen im Sinne des § 129 BO, das beseitigt werden muss, liegt immer dann vor, wenn der Zustand einer Baulichkeit so mangelhaft geworden ist, dass dadurch öffentliche Interessen berührt werden. Dies kann durch eine gröbliche Störung des Stadtbildes oder durch die Gefährdung der Sicherheit und Gesundheit gegeben seien, wobei es genügt, wenn eine Gefahr für Leben, Gesundheit oder körperliche Sicherheit auch nur einer Person herbeigeführt oder vergrößert werden kann (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2011/05/0131).

Ausgehend von der am erfolgten Ortserhebung, den im Akt befindlichen, von Oberwerkmeister S am angefertigten Fotos und der am abgehaltenen Ortsverhandlung stellte das Verwaltungsgericht Wien für den Tatzeitraum Schäden sowohl am Verputz der Straßenfassade als auch an der Feuermauer fest. Auf Grund der hg. Rechtsprechung und der telefonischen Bestätigung des Oberwerkmeisters S qualifiziert es diese Schäden als Baugebrechen. Den Verwaltungsakten ist zu entnehmen, dass es sich bei Oberwerkmeister S um den die Strafanzeige sowie den Bescheid, jeweils vom , erstellenden Sachbearbeiter der MA 37 handelt. Ihm kommt daher einerseits offenbar eine Funktion als Amtssachverständiger, andererseits aber hinsichtlich des tatsächlichen Bauzustandes und der Tatzeit als Zeuge zu.

Gemäß § 46 Abs. 3 VwGVG dürfen Niederschriften über die Vernehmung des Beschuldigten oder von Zeugen sowie die Gutachten der Sachverständigen nur unter den in Abs. 3 Z 1 bis 4 leg. cit. normierten Voraussetzungen verlesen werden; unter anderem gemäß Abs. 3 Z 4 leg. cit. dann, wenn alle anwesenden Parteien zustimmen.

Auch wenn der Vertreter des Beschuldigten bei der Verlesung in der Verhandlung anwesend gewesen ist und nicht kundgetan hat, dass er der Verlesung nicht zustimme, so kann daraus nicht geschlossen werden, dass der Beschuldigte der Verlesung dieser Aussage zugestimmt hätte (vgl. die zur gleichlautenden Bestimmung des § 51g Abs. 3 Z 4 VStG idF vor der Novelle BGBl. I Nr. 33/2013 ergangenen hg. Erkenntnisse vom , Zl. 95/09/0289, sowie vom , Zl. 95/09/0294).

Laut Verhandlungsprotokoll war der Vertreter des Revisionswerbers bei der Verhandlung am anwesend, nicht hingegen der Revisionswerber selbst. Wie der Revisionswerber - nach der Aktenlage zutreffend - ausführt, stimmten weder er noch sein Vertreter im Zuge der mündlichen Verhandlung einer Verlesung des Aktenvermerks ausdrücklich zu. Dem Revisionswerber ist daher beizupflichten, dass die Verlesung rechtswidrig war.

Abgesehen davon aber kann den Verwaltungsakten nicht entnommen werden, welche telefonische Aussage des Oberwerkmeisters S das Verwaltungsgericht Wien seiner Entscheidung zu Grunde gelegt hat. Einerseits hat es laut Verhandlungsprotokoll der mündlichen Verhandlung vom einen Aktenvermerk vom verlesen, wobei sich dem Protokoll nicht entnehmen lässt, was der Inhalt dieses Aktenvermerkes war. Ein Aktenvermerk vom ist in den Verwaltungsakten nicht enthalten. Andererseits stützt sich das angefochtene Erkenntnis auf die Aussage des Oberwerkmeisters S und weisen die Verwaltungsakten einen Aktenvermerk vom - somit eines nach der mündlichen Verhandlung erstellten Aktenvermerkes - auf, welcher eine telefonische Befragung des Oberwerkmeisters S zum Gegenstand hat. Dass dem Revisionswerber zum Aktenvermerk vom rechtliches Gehör gewährt worden wäre, ist den Verwaltungsakten nicht zu entnehmen.

Es tritt hinzu, dass aus den im Akt befindlichen Angaben des Oberwerkmeisters S nicht ausreichend hervorgeht, aus welchen bestimmten Gründen eine Verletzung öffentlicher Interessen durch den mangelhaften Zustand der Baulichkeit gegeben war, sodass das Vorliegen eines Baugebrechens nicht nachvollziehbar begründet ist. Angemerkt wird, dass eine Störung des Stadtbildes im Hofbereich nicht in Betracht kommt.

Das angefochtene Erkenntnis war somit zur Gänze (im Hinblick auf die einheitliche Verwaltungsstrafe kommt eine teilweise Aufhebung betreffend nur die Feuermauer nicht in Frage) wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. c VwGG aufzuheben, zumal schon im Hinblick auf die Begründung des angefochtenen Erkenntnisses eine anderslautende Entscheidung des Verwaltungsgerichtes Wien bei Vermeidung der Verfahrensmängel nicht ausgeschlossen werden kann.

Für den Fall, dass das weitere Verfahren das Vorliegen von Baugebrechen bestätigt, ist im Hinblick auf das Revisionsvorbringen Folgendes anzumerken:

Für die Unterlassung der Beseitigung eines Baugebrechens ist gemäß § 135 Abs. 5 BO grundsätzlich der Hausverwalter verantwortlich (vgl. die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 2013/05/0037, und - betreffend den Verputz einer Feuermauer - das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2006/05/0021).

Der Verpflichtung, ein Baugebrechen zu beheben, ist nur dann entsprochen, wenn dieses selbst beseitigt wird, und nicht schon dann, wenn dessen mögliche Auswirkungen gemildert werden (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2007/05/0279). Das bloße Abschlagen und Abstangeln einer Fassade erfüllen daher nicht die Verpflichtung, das Baugebrechen zu beseitigen, wenn diese erst durch die Anbringung eines entsprechenden Verputzes erfüllt werden kann.

Im Übrigen kommt es auf die Ursache eines Baugebrechens nicht an, insbesondere auch nicht darauf, ob ein Dritter das Baugebrechen bewirkt hat (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2007/05/0290). An der Beseitigungspflicht kann daher der Umstand, dass ein Baugebrechen durch den Wegfall des Nachbarhauses entstanden ist, nichts ändern.

Die Verpflichtung zur Beseitigung eines Baugebrechens bedarf zu ihrer Konkretisierung auch nicht erst eines baupolizeilichen Auftrages (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2005/05/0244). Die gegenteilige Auffassung des Revisionswerbers ist daher unzutreffend.

Eine Hinderung an der Erfüllung der Verpflichtung zur Beseitigung von Baugebrechen durch den Hauseigentümer im Sinne des § 135 Abs. 5 BO ist zum Beispiel dann gegeben, wenn der Eigentümer eine der Behebung des Baugebrechens durch den Verwalter entgegenstehende Weisung erteilt hat (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2013/05/0037) oder wenn der Eigentümer die Behebung selbst in die Hand nimmt und persönlich die Durchführung der Arbeiten an Gewerbetreibende vergibt (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2006/05/0137).

Gemäß § 39 Abs. 2 Z 3 VwGG konnte von der Durchführung der beantragten mündlichen Verhandlung abgesehen werden.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 518/2013 i. d.F. BGBl. II Nr. 8/2014.

Wien, am