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VwGH vom 15.03.2017, Ra 2014/04/0052

VwGH vom 15.03.2017, Ra 2014/04/0052

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Rigler, die Hofräte Dr. Kleiser und Dr. Mayr, Hofrätin Mag. Hainz-Sator sowie Hofrat Dr. Pürgy als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Mitter, über die Revision der S-Gesellschaft m.b.H. in G, vertreten durch die Schramm Öhler Rechtsanwälte OG in 1010 Wien, Bartensteingasse 2-4, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Steiermark vom , Zl. LVwG 443.15-4395/2014-31, betreffend Nichtigerklärung einer Ausscheidensentscheidung (mitbeteiligte Partei: T GmbH in W, vertreten durch die Stock Rafaseder Gruszkiewicz Rechtsanwälte OG in 1040 Wien, Schwindgasse 7/6), zu Recht erkannt:

Spruch

Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Steiermark hat der revisionswerbenden Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

1 1. Die revisionswerbende Partei (Auftraggeberin) führte im Frühjahr 2015 ein offenes Verfahren im Oberschwellenbereich betreffend die Vergabe eines Dienstleistungsauftrages über die "Reinhaltung und Wartung von Lüftungstechnischen Anlagen nach ÖNORM H6021 für den Standort L" durch. Der Zuschlag sollte nach dem Bestbieterprinzip erfolgen.

2 Bei Angebotsöffnung am lagen zwei Angebote vor: jenes der mitbeteiligten Partei und jenes der F GmbH. Am gab die revisionswerbende Auftraggeberin die Zuschlagsentscheidung zugunsten der F GmbH bekannt. Dagegen brachte die mitbeteiligte Partei einen Nachprüfungsantrag ein. Am widerrief die revisionswerbende Auftraggeberin zunächst ihre Zuschlagsentscheidung und schied anschließend das Angebot der mitbeteiligten Partei unter anderem mit der Begründung aus, dass die ergänzend angeforderten Nachweise nach Angebotsöffnung datiert seien und schon aus diesem Grund nicht als Eignungsnachweis anerkannt werden könnten. Weiters sei keine letztgültige Rückstandsbescheinigung gemäß § 229a BAO vorgelegt worden und datierten die Angaben des Sozialversicherungsträgers im ANKÖ (Auftragnehmerkataster Österreich) mit .

3 2.1. Mit dem angefochtenen Erkenntnis vom gab das Landesverwaltungsgericht Steiermark (Verwaltungsgericht) dem gegen die Ausscheidensentscheidung vom erhobenen Nachprüfungsantrag der mitbeteiligten Partei Folge und erklärte diese für nichtig (Spruchpunkt I.) und sprach aus, dass die revisionswerbende Auftraggeberin der mitbeteiligten Partei die Pauschalgebühren zu ersetzen habe (Spruchpunkt II.) sowie dass die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nicht zulässig sei (Spruchpunkt III.).

4 2.2. Das Verwaltungsgericht führte zu den nachträglich vorgelegten Nachweisen aus, dass die Vorlage einer Bestätigung des Landesgerichts Klagenfurt, wonach hinsichtlich der von der mitbeteiligten Partei bekanntgegebenen Subunternehmerin kein Insolvenzverfahren anhängig sei, laut den Ausschreibungsunterlagen gar nicht verlangt worden sei. Als Nachweis dafür genüge gemäß Punkt 10 der Allgemeinen Bestimmungen der Ausschreibung ein Auszug aus dem Firmenbuch. Ebenso verlangten die Ausschreibungsunterlagen nicht die Vorlage einer Bestätigung des Magistrats der Landeshauptstadt Klagenfurt betreffend das Nichtvorhandensein von Rückständen auf dem Kommunalsteuerkonto. Dazu bedürfe es lediglich einer letztgültigen Rückstandsbescheinigung gemäß § 229a BAO, die ausschließlich von den Finanzämtern ausgestellt werde.

Da die beiden Unterlagen für die Eignungsprüfung somit nicht relevant seien, komme es weder auf deren Ausstellungsdatum noch auf deren Inhalt an.

5 Wenn sich aus dem ANKÖ zum Zeitpunkt der Angebotsöffnung die von der revisionswerbenden Auftraggeberin jeweils geforderten Eignungsnachweise in der geforderten Aktualität ergeben, habe die mitbeteiligte Partei den Eignungsnachweis für sich selbst bzw. ihre Subunternehmerin erbracht, weshalb zusätzlich nachträglich vorgelegte Unterlagen unbeschadet ihres Ausstellungsdatums und ihres Inhaltes jedenfalls keinen Ausscheidensgrund mehr bilden könnten. Firmenbuchauszüge seien im ANKÖ sowohl mit historischen Daten als auch "tagesaktuell" abrufbar. Dies gelte somit auch für den Firmenbuchauszug der Subunternehmerin, der der revisionswerbenden Auftraggeberin zum Zeitpunkt der Angebotsöffnung in der laut Ausschreibung geforderten Aktualität vorgelegen sei. Kontoauszüge der Sozialversicherungsanstalten würden im ANKÖ automatisch einmal monatlich aktualisiert. Hinsichtlich der Subunternehmerin sei die letzte Aktualisierung vor dem (Angebotsöffnung) am erfolgt. Damit sei der revisionswerbenden Auftraggeberin zum Zeitpunkt der Angebotsöffnung ein letztgültiger Kontoauszug mit der geforderten Aktualität (laut den Ausschreibungsbedingungen nicht älter als drei Monate) vorgelegen. Dass die revisionswerbende Auftraggeberin zu einem späteren Zeitpunkt Nachschau im ANKÖ genommen und dort mit datierte Angaben des Sozialversicherungsträgers vorgefunden habe, könne der mitbeteiligten Partei nicht zum Nachteil gereichen.

6 Hinsichtlich der in der Ausschreibung geforderten Eignungsnachweise der Subunternehmerin, die zum Zeitpunkt der Angebotsöffnung im ANKÖ tatsächlich nicht bzw. nicht in der geforderten Aktualität aufgelegen sind, trat das Verwaltungsgericht der von der revisionswerbenden Auftraggeberin vertretenen Auffassung entgegen, dass die dazu nachträglich vorgelegten Urkunden unbeschadet ihres Inhaltes schon deshalb irrelevant seien, weil sie ein Ausstellungsdatum nach Angebotsöffnung tragen würden. Nach Ansicht des Verwaltungsgerichts rechtfertige der bloße Umstand, dass die nachgereichten Unterlagen ein Ausstellungsdatum nach dem für die Eignung jeweils maßgeblichen Stichtag tragen, für sich allein nicht das Ausscheiden des Angebots. Vielmehr sei in Verbindung mit dem Inhalt der jeweiligen Urkunde zu prüfen, ob der jeweils geforderte Eignungsnachweis als zum maßgeblichen Stichtag erbracht anzusehen sei oder nicht.

7 Die zum Zeitpunkt der Angebotsöffnung im ANKÖ abrufbare Bescheinigung des für die Subunternehmerin zuständigen Finanzamtes Klagenfurt stamme vom und sei daher im Sinne der Ausschreibungsbestimmungen nicht aktuell genug gewesen. Bei den auf Grund der Aufforderung der Auftraggeberin vom nachträglich vorgelegten, mit datierten Unterlagen zum Steuerkonto handle es sich formell zwar nicht um eine Rückstandsbescheinigung gemäß § 229a BAO sondern um einen im Wege von "FinanzOnline" von der Subunternehmerin selbst erstellten Kontoauszug. Inhaltlich ergebe sich daraus jedoch das gemäß § 68 Abs. 1 Z 6 BVergG 2006 Geforderte, nämlich dass die Subunternehmerin ihrer Verpflichtung zur vollständigen Entrichtung von Steuern und Abgaben in Österreich in vorbildlicher Weise nachgekommen sei, indem sie per Stichtag (vor Angebotsöffnung) und darüber hinaus auch per Stichtag auf ihrem Steuerkonto keine Abgabenrückstände aufgewiesen habe. Die Subunternehmerin hätte auf Grund des Nichtvorhandenseins von Rückständen darüber hinaus die Möglichkeit gehabt, selbst im Wege von "FinanzOnline" eine Rückstandsbescheinigung gemäß § 229a BAO, die auch mit einer Amtssignatur versehen sei, auszudrucken. Dazu hätte die Subunternehmerin in der Abfrage anstelle des Button "Kontodaten" lediglich den Button "Bescheinigung" anklicken müssen. Falls der revisionswerbenden Auftraggeberin daher trotz des vorliegenden Steuerkontoauszuges noch etwas unklar gewesen sein sollte, hätte sie die mitbeteiligte Partei zumindest im Rahmen eines Verbesserungsauftrages auffordern müssen, die versehentlich nicht gleich selbst ausgedruckte Rückstandsbescheinigung gemäß § 229a BAO nachzureichen.

8 Hinsichtlich der vorgelegten Strafregisterbescheinigungen der Subunternehmerin führte das Verwaltungsgericht aus, auf Grund der unklaren Festlegungen der revisionswerbenden Auftraggeberin habe die mitbeteiligte Partei nicht von vornherein damit rechnen müssen, dass sie für die von ihr namhaft gemachte Subunternehmerin im Fall einer Aufforderung unter anderem Strafregisterbescheinigungen mit einem Ausstellungsdatum vor Angebotsöffnung bereitzuhalten habe. Schon aus diesem Grund könne es der mitbeteiligten Partei nicht zum Nachteil gereichen, wenn sie auf Grund der "unsubstantiierten" Aufforderung der revisionswerbenden Auftraggeberin Strafregisterbescheinigungen vorgelegt habe, die ein Ausstellungsdatum nach Angebotsöffnung tragen und auch in Verbindung mit dem Inhalt lediglich bescheinigen würden, dass zum jeweiligen Ausstellungsdatum und somit nach Angebotsöffnung keine Verurteilung vorliege.

9 Zum Nachweis einer bestehenden Berufshaftpflichtversicherung hielt das Verwaltungsgericht unter anderem fest, die Formulierung "die Versicherungsdeckung ist im vollen Umfang über den gesamten Leistungszeitraum aufrecht zu erhalten" sei nach ihrem objektiven Erklärungswert als ein in die Zukunft gerichteter Auftrag an den Bieter zu verstehen. Demnach sei im Fall einer Auftragserteilung eine bestehende Berufshaftpflichtversicherung gegebenenfalls so zu verlängern, dass über den gesamten Leistungszeitraum hinweg Versicherungsschutz bestehe. Ausgehend davon erfülle sowohl die seitens der mitbeteiligten Partei bei Angebotsöffnung bereits vorgelegte Bestätigung der U Versicherung bis als auch die für die Subunternehmerin vorgelegte Bestätigung der A Versicherung, die ebenfalls eine Laufzeit bis habe, die Anforderungen der revisionswerbenden Auftraggeberin.

10 Das Verwaltungsgericht kam daher zusammenfassend zum Ergebnis, dass sämtliche in der Ausscheidensentscheidung der revisionswerbenden Auftraggeberin genannten Ausscheidensgründe nicht vorgelegen seien, weshalb diese Entscheidung für nichtig zu erklären gewesen sei.

11 3. Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision.

Die mitbeteiligte Partei erstattete eine Revisionsbeantwortung, in der sie die kostenpflichtige Zurück- bzw. Abweisung der Revision beantragt.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

12 1. Die revisionswerbende Auftraggeberin bringt zur Zulässigkeit unter anderem vor, dass Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage fehle, welche Rechtswirkung der Verweis auf eine ANKÖ-Mitgliedsnummer in Kombination mit der Abgabe einer Eigenerklärung entfalte. Insbesondere bedürfe es der Klärung, ob der Verweis auf die ANKÖ-Mitgliedsnummer der direkten Vorlage der Eignungsnachweise gleichzusetzen sei, obwohl eine Eigenerklärung abgegeben werde. In weitere Folge stelle sich die Frage, wie oft Bieter zur Vorlage der Nachweise aufzufordern seien. Mit dem hg. Erkenntnis vom , Ra 2015/04/0081, liegt bereits Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu der aufgeworfenen Rechtsfrage vor. Da das angefochtene Erkenntnis jedoch von dieser Rechtsprechung abweicht, ist die vorliegende Revision zulässig und auch berechtigt.

13 2. Die maßgeblichen Bestimmungen des Bundesvergabegesetzes 2006 (BVergG 2006), BGBl. I Nr. 17, hinsichtlich der §§ 68 und 70 in der Fassung BGBl. I 10/2012, lauten auszugsweise:

"Ausschlussgründe

§ 68. (1) Der Auftraggeber hat - unbeschadet der Abs. 2 und 3 - Unternehmer von der Teilnahme am Vergabeverfahren auszuschließen, wenn

(...)

6. sie ihre Verpflichtungen zur Zahlung der

Sozialversicherungsbeiträge oder der Steuern und Abgaben in Österreich oder nach den Vorschriften des Landes, in dem sie niedergelassen sind, nicht erfüllt haben, oder

(...)

(2) bis (3) (...)."

"Eigenerklärung, Verlangen der Nachweise durch den

Auftraggeber

§ 70. (1) Der Auftraggeber hat festzulegen, mit

welchen Nachweisen gemäß den §§ 71 bis 75 Unternehmer, die an

einem Vergabeverfahren teilnehmen, ihre

1. berufliche Befugnis,

2. berufliche Zuverlässigkeit,

3. finanzielle und wirtschaftliche Leistungsfähigkeit sowie

4. technische Leistungsfähigkeit

zu belegen haben. Nachweise dürfen nur so weit festgelegt werden, wie es durch den Gegenstand des Auftrages gerechtfertigt ist. Dabei hat der Auftraggeber die berechtigten Interessen des Unternehmers am Schutz seiner technischen oder handelsbezogenen Betriebsgeheimnisse zu berücksichtigen.

(2) Bewerber oder Bieter können ihre Befugnis, Zuverlässigkeit und Leistungsfähigkeit auch durch die Vorlage einer Erklärung belegen, dass sie die vom Auftraggeber verlangten Eignungskriterien erfüllen und die festgelegten Nachweise auf Aufforderung unverzüglich beibringen können (Eigenerklärung). In einer solchen Erklärung sind die Befugnisse anzugeben, über die der Unternehmer konkret verfügt.

(3) Bei der Vergabe von Aufträgen kann der Auftraggeber die Vorlage bestimmter Nachweise von bestimmten Bewerbern oder Bietern verlangen, sofern dies nach Auffassung des Auftraggebers erforderlich ist. Bei der Vergabe von Aufträgen im Oberschwellenbereich hat der Auftraggeber vor Zuschlagserteilung die Vorlage der festgelegten Nachweise vom Zuschlagsempfänger jedenfalls zu verlangen; bei einer Vergabe in Losen gilt dies nur, wenn der geschätzte Wert des einzelnen Loses den in § 12 Abs. 1 genannten jeweiligen Schwellenwert erreicht.

(4) Nach Maßgabe des Abs. 3 kann der Auftraggeber den Unternehmer auffordern, erforderliche Nachweise binnen einer angemessenen Frist vorzulegen bzw. vorgelegte Bescheinigungen binnen einer angemessenen Frist zu vervollständigen oder zu erläutern. Nachweise können auch in Kopie oder elektronisch vorgelegt werden.

(5) Der Unternehmer kann den Nachweis der Befugnis, Zuverlässigkeit und Leistungsfähigkeit auch durch den Nachweis der Eintragung in einem einschlägigen, allgemein zugänglichen Verzeichnis eines Dritten führen, sofern diesem die vom Auftraggeber festgelegten Unterlagen in der vom Auftraggeber gewünschten Aktualität vorliegen und vom Auftraggeber selbst unmittelbar abrufbar sind. Der Unternehmer kann den Nachweis der Befugnis, Zuverlässigkeit und Leistungsfähigkeit auch mit anderen als den vom Auftraggeber festgelegten Unterlagen führen, sofern die festgelegten Unterlagen aus einem gerechtfertigten Grund nicht beigebracht werden können und die vorgelegten Unterlagen die gleiche Aussagekraft wie die ursprünglich festgelegten aufweisen. Der Nachweis der gleichen Aussagekraft ist vom Unternehmer nach Aufforderung zu erbringen.

(6) Im Falle der Angebotslegung durch eine Arbeitsgemeinschaft oder eine Bietergemeinschaft hat jedes Mitglied die Befugnis für den ihm konkret zufallenden Leistungsteil nach Maßgabe der Abs. 2 und 3 nachzuweisen."

14 § 229a der Bundesabgabenordnung (BAO), BGBl. Nr. 194/1961 in der Fassung BGBl. I Nr. 9/2010, hat folgenden Wortlaut:

"§ 229a. (1) Das Finanzamt (Abs. 3) hat auf Antrag des Abgabepflichtigen eine Bescheinigung über die Höhe des Rückstandes (Abs. 2) auszustellen (Rückstandsbescheinigung).

(2) Die Bescheinigung hat zu enthalten:

a) den beim Finanzamt vollstreckbar aushaftenden Rückstand,

b) einschließlich jener Beträge, deren Einbringung gemäß

§ 231 ausgesetzt ist,

c) ausschließlich jener Beträge, deren Einbringung, außer

in den Fällen des § 230 Abs. 1, gehemmt ist.

(3) Die Ausstellung der Bescheinigung obliegt dem Finanzamt, das für die Erhebung der Einkommensteuer oder Körperschaftsteuer des Abgabepflichtigen oder, wenn dieser eine Personenvereinigung (Personengemeinschaft) ohne eigene Rechtspersönlichkeit ist, das für die Feststellung der Einkünfte (§ 188) zuständig ist."

15 3.1. Die revisionswerbende Auftraggeberin rügt, das Verwaltungsgericht habe einen Auszug der "Daten des Steuerkontos" einer Rückstandsbescheinigung nach § 229a BAO gleichgesetzt, obwohl nach dem unmissverständlichen Wortlaut der Ausschreibungsunterlagen eine Rückstandsbescheinigung gefordert gewesen sei.

3.2. Wie vom Verwaltungsgericht ausgeführt, war die zum Zeitpunkt der Angebotsöffnung im ANKÖ abrufbare Bescheinigung des für die Subunternehmerin zuständigen Finanzamtes mit datiert und daher im Sinne der Ausschreibungsbestimmungen nicht ausreichend aktuell. Diese verlangen, dass als Nachweis für die berufliche Zuverlässigkeit in Zusammenhang mit dem Ausschlussgrund des § 68 Abs. 1 Z 6 BVergG 2006 unter anderem eine "letztgültige Rückstandsbescheinigung gemäß § 229a Bundesabgabenordnung oder gleichwertige Dokumente des Herkunftslandes (max. 3 Monate alt)" zu erbringen sind. Das Verwaltungsgericht räumt ein, dass es sich bei den Daten des Steuerkontos der Subunternehmerin, die auf Aufforderung der revisionswerbenden Auftraggeberin vom nachträglich vorgelegt wurden, formell um keine Rückstandsbescheinigung gemäß § 229a BAO handelt. Die Sichtweise des Verwaltungsgerichts, wonach sich aus dem im Wege von "FinanzOnline" von der Subunternehmerin selbst erstellten Kontoauszug inhaltlich die gemäß § 68 Abs. 1 Z 6 BVergG 2006 geforderte Information ergebe und somit die Vorgabe der Auftraggeberin erfüllt sei, vermag nicht zu überzeugen. Für eine solche, allein auf den Zweck der Ausschreibungsbestimmung abstellende Deutung bleibt im vorliegenden Fall aus folgenden Erwägungen kein Raum:

Der Auftraggeber ist bei der Eignungsprüfung an die bestandfesten Festlegungen in den Ausschreibungsunterlagen gebunden und hat hinsichtlich aller Bieter den gleichen Maßstab zugrunde zu legen (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Ra 2015/04/0085). Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sind Ausschreibungsbestimmungen nach dem objektiven Erklärungswert für einen durchschnittlichen fachkundigen Bieter bei Anwendung der üblichen Sorgfalt auszulegen. Im Zweifel sind Festlegungen in der Ausschreibung gesetzeskonform und sohin in Übereinstimmung mit den maßgeblichen Bestimmungen zu lesen. Auf den vermuteten Sinn und Zweck der Ausschreibungsbestimmungen kommt es nicht an. Maßgeblich ist vielmehr der objektive Erklärungswert der Ausschreibungsbestimmungen (vgl. zu allem das hg. Erkenntnis vom , 2012/04/0066, mwN).

Im vorliegenden Fall ergibt sich aus dem eindeutigen Wortlaut der Ausschreibungsbestimmung, dass die Möglichkeit der Vorlage gleichwertiger, also das Nichtvorliegen des Ausschlussgrundes des § 68 Abs. 1 Z 6 BVergG 2006 in anderer Form bestätigender Dokumente auf jene Fälle beschränkt ist, in denen auf Grund der Herkunft des Bieters der Nachweis in Form einer Rückstandsbescheinigung gemäß § 229a BAO nicht in Betracht kommt. Abgesehen davon, dass die Auslegung nach dem objektiven Erklärungswert keine Zweifel aufwirft, ist anzunehmen, dass auch die Regelung über den Nachweis der beruflichen Zuverlässigkeit diesbezüglich in § 72 Abs. 2 Z 2 BVergG 2006 auf die Vorlage einer Rückstandsbescheinigung gemäß § 229a BAO abstellt. Dies ist nicht zuletzt vor dem Hintergrund zu sehen, dass die Rückstandsbescheinigung gemäß § 229a BAO eine amtliche Bestätigung darstellt, die es dem Auftraggeber ermöglichen soll, das Vorliegen bzw. Nichtvorliegen des Ausschlussgrundes nach § 68 Abs. 1 Z 6 BVergG 2006 ohne weiteren Ermittlungsaufwand zu prüfen und so das Vergabeverfahren rascher abzuführen. Dem würde (uneingeschränkte) eine Verpflichtung des Auftraggebers, die Gleichwertigkeit anderer, vom ausdrücklich geforderten Dokument abweichender Nachweise zu prüfen, zuwiderlaufen.

16 Das Verwaltungsgericht vertritt zudem die Ansicht, die revisionswerbende Auftraggeberin hätte, wenn trotz des vorliegenden Kontoauszuges des Steuerkontos noch Unklarheiten vorgelegen wären, die mitbeteiligte Partei zumindest im Rahmen eines Verbesserungsauftrages auffordern müssen, die versehentlich nicht gleich selbst ausgedruckte Rückstandsbescheinigung gemäß § 229a BAO nachzureichen.

Damit verkennt das Verwaltungsgericht, dass sich die mitbeteiligte Partei (auch hinsichtlich der Subunternehmerin) auf die Eintragung im ANKÖ berufen hat, die fragliche Bescheinigung dem Grunde nach im ANKÖ abrufbar ist (wenn auch fallbezogen nur eine mit datierte Bescheinigung des für die Subunternehmerin zuständigen Finanzamtes im ANKÖ abrufbar war) und somit ein Fall des § 70 Abs. 5 erster Satz BVergG 2006 vorliegt. Wie der Verwaltungsgerichtshof im bereits genannten Erkenntnis Ra 2015/04/0081 ausgesprochen hat, stellt der in § 70 Abs. 5 erster Satz BVergG 2006 vorgesehene Nachweis der Eintragung in einem einschlägigen, allgemein zugänglichen Verzeichnis - anders als die Eigenerklärung nach § 70 Abs. 2 BVergG 2006 - bereits eine (wenn auch vereinfachte) Form der Nachweiserbringung dar, weil die Nachweise zwar nicht dem Auftraggeber vorgelegt werden, aber dem Verzeichnis vorliegen müssen (vgl. diesbezüglich die Erläuterungen zur inhaltlich gleichlautenden "Vorgängerregelung" des § 52 Abs. 4 erster Satz BVergG, BGBl. I Nr. 99/2002, AB 1118 BlgNR 21. GP, 42). Diesfalls hat der Auftraggeber die Eignungsprüfung im Wege der Einsichtnahme in das namhaft gemachte Verzeichnis vorzunehmen. Stellt sich im Zuge der Eignungsprüfung heraus, dass die verlangten Unterlagen dem Verzeichnis nicht vollständig oder - wie im gegenständlichen Fall - nicht in der gewünschten Aktualität vorliegen, kommt nicht § 70 Abs. 3, sondern der in § 70 Abs. 4 BVergG 2006 vorgesehene Auftrag zur Mängelbehebung zur Anwendung. Eine weitere Mängelbehebung ist in diesem Fall nicht vorzunehmen. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass von der mitbeteiligten Partei im vorliegenden Vergabeverfahren zusätzlich zur Nachweisführung durch Eintragung in einem einschlägigen Verzeichnis (dem ANKÖ) eine Eigenerklärung abgegeben wurde. Hat ein Unternehmer nämlich den Eignungsnachweis durch Beibringung der vom Auftraggeber festgelegten Unterlagen oder (wie hier) durch Verweis auf die Eintragung in einem einschlägigen Verzeichnis erbracht, dann ist in einem ersten Schritt zu prüfen, ob damit den Vorgaben des Auftraggebers entsprochen wird. Somit kommt ein Verlangen nach § 70 Abs. 3 BVergG 2006 nicht mehr in Betracht, weil die Prüfung entweder positiv verläuft (und daher ohne weitere Aufforderung abgeschlossen werden kann) oder einen Mangel ergibt, der ein Vorgehen nach dem die Mängelbehebung bei der Vorlage von Eignungsnachweisen regelnden § 70 Abs. 4 BVergG 2006 nach sich zieht. Abs. 4 des § 70 BVergG 2006 setzt somit (anders als sein Abs. 3) eine bereits erfolgte - wenn auch nicht erfolgreich abgeschlossene - Überprüfung der vorgelegten Nachweise voraus. Da im vorliegenden Fall die Vorlage der Daten des Steuerkontos der Subunternehmerin bereits auf Grund eines Auftrages zur Mängelbehebung nach § 70 Abs. 4 BVergG 2006 erfolgt war, kam entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts ein weiterer "Verbesserungsauftrag" der revisionswerbenden Auftraggeberin nicht mehr in Betracht.

17 4. Bereits aus diesen Gründen hat das Verwaltungsgericht sein Erkenntnis mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet, weshalb dieses gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben war.

18 Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.

Wien, am

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Schlagworte:
Auslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Verhältnis der wörtlichen Auslegung zur teleologischen und historischen Auslegung Bedeutung der Gesetzesmaterialien VwRallg3/2/2

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