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VwGH 26.01.2011, 2007/07/0066

VwGH 26.01.2011, 2007/07/0066

Entscheidungsart: Erkenntnis

Rechtssatz


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Normen
WRG 1959 §41;
WRG 1959 §63;
RS 1
Aus dem Bestehen eines öffentlichen Interesses an der Umsetzung eines Hochwasserschutzprojektes (nach § 41 WRG 1959) kann eine Befangenheit des entscheidenden Organwalters nicht geschlossen werden. Vielmehr ist ein solches öffentliches Interesse eine Tatbestandsvoraussetzung für die Begründung von Zwangsrechten.

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bumberger und die Hofräte Dr. Hinterwirth, Dr. Enzenhofer, Dr. Sulzbacher und Dr. N. Bachler als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Pühringer, über die Beschwerde

1. des J L, 2. der Wassergenossenschaft R und 3. des Ing. H L, alle in M, alle vertreten durch Mag. Egon Stöger, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Bürgerstraße 20/III, gegen den Bescheid der Landeshauptfrau von Salzburg vom , Zl. 5/06-40.268/13- 2007, betreffend wasserrechtliche Bewilligung (mitbeteiligte Partei: Marktgemeinde M, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführenden Parteien haben dem Bund Aufwendungen in der Höhe von insgesamt EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Z (im Folgenden: BH) vom wurde der mitbeteiligten Partei (im Folgenden: MP) die wasserrechtliche Bewilligung zur Durchführung des "Hochwasserschutzprojektes M, 2. Teil", im Gemeindegebiet von M und H, nach Maßgabe der der Verhandlung zugrunde gelegten Projekts- und Planunterlagen unter Setzung einer Reihe von Auflagen erteilt. Darin sind u.a. die Errichtung eines Hochwasserschutzdammes über den gesamten Talboden der S mit einer Anhebung der Bundesstraße 165 und der Errichtung von Entwässerungseinrichtungen zwischen S und B-kanal in Form eines Drainagesammelsystems sowie die Schaffung von Retentionsräumen (darunter der Retentionsraum R. 16) vorgesehen.

Dem Amtssachverständigen für Dammbau zufolge sind projektgemäß in dem Hauptdamm mehrere dammquerende Bauwerke, darunter die Pipeline der "TAL" (Transalpine Ölleitung In Österreich), integriert, wobei diese Pipeline den Damm am äußersten südlichen Dammende quert und eine Stahlleitung mit einem Durchmesser von 1 m darstellt.

In der Begründung dieses Bescheides sind (u.a.) die in der mündlichen Verhandlung vom 5./ - diese wurde am fortgesetzt - erstatteten Äußerungen der beschwerdeführenden Parteien wiedergegeben. Danach brachte der Erstbeschwerdeführer zusammengefasst im Wesentlichen vor, dass für ihn die vorgelegten Projektunterlagen für die Abgabe einer endgültigen Stellungnahme nicht ausreichend seien, vom projektierten Retentionsraum R. 16 ca. 10 ha seiner landwirtschaftlichen Grundflächen betroffen seien und auf Grund der projektgemäßen Dammabsenkung auf einer Länge von 230 lfm im Hochwasserfall zu befürchten sei, dass bei einer Beschädigung der Ölpipeline das Gehöft durch ausströmendes Öl so schwer beschädigt werde, dass es nicht mehr bewirtschaftet werden könne. Zur Ausarbeitung eines Gutachtens durch den Privatsachverständigen Dipl. Ing. P. beantragte der Erstbeschwerdeführer eine Fristgewährung von sechs Wochen.

Die zweitbeschwerdeführende Partei, vertreten durch den Erstbeschwerdeführer als ihren Obmann, brachte in der Verhandlung vom 5./ vor, dass, obwohl ca. 30 ha ihres Gebietes im Retentionsraum R. 16 gelegen seien, die Projektanten sich mit ihr nicht in Verbindung gesetzt hätten. Es müsse in einem gesonderten Verfahren geklärt werden, inwieweit eine Beeinträchtigung des Entwässerungssystems (Drainagen und Kanal) eintrete, sei doch im Akt kein Plan des Drainagesystems enthalten. Die zweitbeschwerdeführende Partei hafte für keinerlei Schäden an den Drainagen und am Kanalbauwerk, die durch diese Hochwasserschutzmaßnahmen entstünden, und es werde verlangt, dass die MP die volle Haftung für diese allfälligen Schäden zu übernehmen habe. Ebenfalls seien Erhaltungsmaßnahmen an den genossenschaftlichen Bauwerken, die auf das Hochwasserschutzprojekt zurückzuführen seien, seitens der MP zu bewerkstelligen.

Der Drittbeschwerdeführer erklärte in dieser Verhandlung für sich und seine Ehegattin als Eigentümer des Sch.-Gutes und Einforstungsberechtigte, dass zugunsten ihres Gutes auf den Grundstücken der Österreichischen Bundesforste, welche in das gegenständliche Projekt einbezogen seien, Weiderechte bestünden und eine Beeinträchtigung dieser Rechte zu erwarten sei, weshalb verlangt werde, dass die Agrarbehörde als zuständige Behörde für Einforstungsfragen ein Sicherungsverfahren durchführe.

Nach Darstellung der gutachterlichen Stellungnahmen der beigezogenen Amtssachverständigen - darunter des wasserbautechnischen und des hydrografischen Amtssachverständigen zu den Vorbringen der beschwerdeführenden Parteien (vgl. S. 97 bis 100 des Bescheides) - führte die BH in Bezug auf die Stellungnahmen der beschwerdeführenden Parteien aus, dass ein begründeter Sacheinwand lediglich vom Erstbeschwerdeführer und von der zweitbeschwerdeführenden Partei erhoben worden sei. Das Projekt sei von sämtlichen beigezogenen Sachverständigen als vollständig und verhandlungsreif beurteilt und bewertet worden. Eine zusätzliche Gefährdung durch die nunmehr bereits 40 Jahre bestehende und die S querende Ölleitung der TAL sei von diesen ausgeschlossen worden. Hinsichtlich der Anschlagslinie in dem die Liegenschaft des Erstbeschwerdeführers betreffenden Retentionsraum werde auf aktuelle Vermessungsunterlagen des Vermessungsbüros G. verwiesen, die den Projektbestand und die Festlegung der Anschlagslinien vollinhaltlich bestätigten. In Bezug auf die überfluteten Flächen werde durch die Amtssachverständigen die Projektmäßigkeit bestätigt. Auch diese Angaben seien schlüssig und nachvollziehbar und bezögen sich auf ständig erhobene Daten des hydrografischen Landesdienstes. Sämtliche weitere Eingaben des Erstbeschwerdeführers bezögen sich nicht auf subjektiv-öffentliche Rechte im Sinne der Parteistellung nach § 102 WRG 1959 und seien daher von der Wasserrechtsbehörde nicht zu würdigen. Was die behauptete Gefahr für die Liegenschaft des Erstbeschwerdeführers durch die Transalpine Ölleitung anlange, so sei von Sachverständigenseite festgehalten worden, dass gegenüber dem Ist-Zustand, in dem ein unkontrolliertes Überströmen der S-Dämme derzeit stattfinde, eine Verbesserung der Standsicherheit der S-Begleitdämme durch die im Projekt vorgesehene kontrollierte Überströmung stattfinde. Im Übrigen werde auf die Sachverständigengutachten und das Einreichprojekt verwiesen, wonach gegenüber dem Ist-Zustand keine frühere oder vermehrte Ableitung von Hochwasser aus dem Gewässerbett der S erfolge. Damit sei auch eine durch die beantragten Maßnahmen verursachte zusätzliche Beeinträchtigung der Liegenschaft des Erstbeschwerdeführers auszuschließen. Diese Beurteilung sei am bereits durch den wasserbautechnischen und den hydrografischen Amtssachverständigen nachvollziehbar vorgenommen worden.

Zum Vorbringen des Drittbeschwerdeführers als betroffenen Weideberechtigten führte die BH aus, dass der Agrarbehörde am eine Kopie der Verhandlungsschrift zur Abgabe einer Stellungnahme innerhalb von zwei Wochen übermittelt worden sei und, weil keine Stellungnahme eingelangt sei, die Wasserrechtsbehörde davon auszugehen habe, dass der eingeschlagenen Vorgangsweise der Behörde die Zustimmung erteilt worden sei.

Die beschwerdeführenden Parteien erhoben gegen diesen Bescheid Berufung.

Die belangte Behörde (im Folgenden: LH) holte die gutachterliche Stellungnahme der wasserbautechnischen Amtssachverständigen Dipl. Ing. St. und Dipl. Ing. E. vom seien.

Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid vom wurden auf Grund der (u.a.) von den beschwerdeführenden Parteien erhobenen Berufung unter Spruchpunkt 1. in Abänderung und Ergänzung des erstinstanzlichen Bescheides die wasserbautechnischen und wasserbaulichen Auflagen neu formuliert sowie unter Spruchpunkt 6. Folgendes ausgesprochen:

"Die Berufungsbegehren und Anträge (des Erstbeschwerdeführers und des Drittbeschwerdeführers) sowie der (zweitbeschwerdeführenden Partei) werden als unzulässig zurückgewiesen (Antragslegitimation der Bewilligungswerberin, Verfahrensgegenstand, Beiziehung von Dritten zum Verfahren, ua) bzw als unbegründet abgewiesen (Ausspülung des Retentionsraumes, Verfahrensmängel ua)."

Begründend führte die LH aus, dass dem zwar sehr unübersichtlich gehaltenen Berufungsvorbringen der beschwerdeführenden Parteien nicht im Einzelnen zu entnehmen sei, in welchen wasserrechtlich geschützten Rechten sie sich als beeinträchtigt fühlten. Die Parteistellung des Erstbeschwerdeführers ergebe sich jedoch aus dem Eigentum an der Liegenschaft Grundstück Nr. 730, KG Sch., welche durch die geänderten Abfluss- und Einstauverhältnisse berührt werde. Der Drittbeschwerdeführer sei Weideberechtigter auf Grundstücken der Österreichischen Bundesforste, welche ebenfalls durch die geänderten Einstauverhältnisse berührt würden. Die zweitbeschwerdeführende Partei betreue ein Entwässerungssystem (bestehend aus Kanälen und Drainagen) im Überflutungsgebiet. Weite Teile des Berufungsvorbringens bezögen sich auf das bereits wasserrechtlich bewilligte Vorhaben "Hochwasserschutzprojekt Mittersill, 1. Teil" (Bescheid der BH vom ) und seien daher nicht Gegenstand des vorliegend anhängigen Verfahrens, weshalb sich dieses Vorbringen als unzulässig erweise. Was die behauptete Gefahr von Ausspülungen und Beschädigungen im Retentionsraum (u.a. der TAL-Pipeline) anlange, so sei den schlüssigen und nachvollziehbaren Aussagen der wasserbautechnischen Sachverständigen vom zu entnehmen, dass nach "menschlichem Ermessen" hier keine Gefahr bestehe. Die entsprechenden Schleppspannungsberechnungen des projektierenden Büros seien überprüft und entsprechend tabellarisch gegenüberstellt worden. So betrage die maximale Schleppspannung bei einer Ausuferungsmenge von 26 m3/s (HQ 100) 14 N/m2 und liege somit unter der kritischen Grenzschleppspannung von 15 bis 18 N/m2. Bestätigt würden diese Berechnungen auch durch die Beobachtungen des Hochwasserereignisses im Jahr 2005 (nach Angaben der Hydrografie ein Ergebnis mit 100-jährlicher Wiederkehrungswahrscheinlichkeit), denn Erosionserscheinungen im Abströmbereich hätten sich hier nicht gezeigt (weder im Verlauf der TAL-Ölpipeline noch bei Hochspannungsmasten o.ä.). Mit einem Ausspülen der TAL-Pipeline sei daher nicht zu rechnen, zumal diese Leitung bereits seit ca. 40 Jahren bestehe und die nunmehr errechneten Überströmverhältnisse eine Verbesserung des Ist-Zustandes erwarten ließen. Eine tatsächliche Beeinträchtigung der Rechte der beschwerdeführenden Parteien sei in diesem Zusammenhang nicht zu erwarten, und es erwiesen sich die vorgebrachten Befürchtungen als unbegründet.

Soweit sich das Berufungsvorbringen auf die S-Querung der Ölpipeline selbst beziehe, sei festzustellen, dass im gegenständlichen "Hochwasserschutzprojekt 2. Teil" eine solche Querung nicht vorgesehen und daher nicht Gegenstand des Berufungsverfahrens sei. Ungeachtet dessen hätten die Sachverständigen auch hier festgestellt, dass die Fließgeschwindigkeit im Flussbett der S (bei HQ 100) vor und nach der Projektsumsetzung in einer ähnlichen Größenordnung liegen werde und daher auch nicht vermehrt mit einer Anlandung von Geschiebe zu rechnen sei. Eine Ausspülung der TAL-Pipeline im Flussbett könne nicht nachvollziehbar argumentiert werden. Gleiches gelte für das Vorbringen, soweit es sich auf Rechte der TAL beziehe. Was die Voraussetzungen für die Einräumung der Zwangsrechte anlange, so sei bereits im erstinstanzlichen Verfahren dargelegt worden, dass die Vorteile im allgemeinen Interesse die Nachteile der eingeräumten Zwangsrechte überwögen. Ungeachtet dessen, dass in der Berufung keine neuen Argumente vorgebracht worden seien, wäre dieser Themenpunkt nochmals überprüft und den wasserbautechnischen Amtssachverständigen zur Beurteilung vorgelegt worden. Auch in deren Stellungnahme seien die überwiegenden Vorteile im allgemeinen Interesse bestätigt worden. Das Vorbringen, dass mit dem Hochwasserschutzprojekt der angestrebte Zweck nicht erreicht werde, sei auf sachverständiger Ebene mehrfach geprüft und erörtert worden. Als Bemessungsereignis sei dem Vorhaben (Teil 1 und 2 gemeinsam) ein HQ 100 zugrunde gelegt worden, welche Bemessungsannahmen zweifellos dem Stand der Technik entsprächen. Daran, dass das gegenständliche Vorhaben bei Eintritt eines Bemessungsereignisses zur Hintanhaltung von Schäden geeignet sei, könne kein Zweifel bestehen. Die dem Projekt zugrunde liegenden Berechnungen basierten auf langjährigen Abflussbeobachtungen, die statistisch ausgewertet würden. Klimaänderungen bzw. deren Auswirkungen auf die Abflussverhältnisse würden in den Beobachtungsstationen der Hydrografie aufgezeichnet und in der weiteren Auswertung berücksichtigt. Logischerweise könnten künftige Klimaentwicklungen nicht nachvollziehbar hier einfließen, wobei nach wie vor die tatsächlichen Auswirkungen (Erwärmung oder Abkühlung) der Klimaentwicklung nicht abgeschätzt werden könnten.

Der Vorwurf der beschwerdeführenden Parteien, es sei eine inhaltliche Auseinandersetzung weder mit ihrem Vorbringen noch mit den Ausführungen des Sachverständigen Dipl. Ing. P. erfolgt, sei nicht nachvollziehbar. So seien alle Vorbringen inhaltlich (von den jeweiligen Sachverständigen) behandelt und von der Behörde rechtlich bewertet worden. Hinsichtlich des Bemessungsereignisses, der TAL-Querung und der Grundwasserströme bis hin zur Standfestigkeit des Dammes seien alle Aussagen, auch jene des Dipl. Ing. P., sorgfältig geprüft und beurteilt worden, und es dürfe u.a. auf die Ausführungen der Sachverständigen zu den Vorbringen in den Fachbereichen Wasserwirtschaft und Hydrografie (in der Verhandlung vom 5./) verwiesen werden. Sämtliche diesbezügliche inhaltliche Vorbringen seien zudem von der LH nochmals überprüft und beurteilt worden. Die Empfehlungen der Staubeckenkommission fänden sich inhaltlich vollständig im Spruch wieder. In der Stellungnahme des Dipl. Ing. P. fänden sich sehr allgemeine Aussagen zu allen Fachbereichen. So bemängle er die Auswahl des Bemessungsereignisses infolge Klimawandels, während beispielsweise der hydrografische und der wasserbautechnische Amtssachverständige mit konkreten Zahlen und Fakten operierten. Gleiches gelte für die Vorbringen hinsichtlich des Querdammes. Dipl. Ing. P. spreche von künftigen Planungen, vergesse allerdings, dass ein konkretes Projekt zur Beurteilung vorliege. Rechtliche Fragen würden mit Vorbringen, die nicht das gegenständliche Projekt berührten, vermischt.

Inwieweit sich die beschwerdeführenden Parteien in ihren Rechten durch Nichtbeiziehung von (ihrer Meinung nach) Begünstigten (inklusive Kraftwerksbetreiber) im Sinn des § 44 WRG 1959 beeinträchtigt fühlten, bleibe im Dunkeln. Sollte dies dahingehend zu verstehen sein, dass die eigene Entschädigung zu niedrig sei, sei auf den Zivilrechtsweg zu verweisen. Sollte dies dahingehend zu verstehen sein, dass der Kostenanteil anderer Beteiligter (z.B. der Projektwerberin usw.) sich verändern sollte, bestehe diesbezüglich kein subjektiv-öffentliches Recht.

Der Hinweis auf die anhängige Beschwerde der zweitbeschwerdeführenden Partei betreffend ein UVP (Umweltverträglichkeitsprüfung)-Feststellungsverfahren sei belanglos, weil mit rechtskräftigem Bescheid festgestellt worden sei, dass das Vorhaben "Hochwasserschutz M" keinem UVP-Verfahren zu unterziehen sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes, in eventu wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Die LH legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen. Die MP hat keine Gegenschrift erstattet.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Beim Projekt der MP handelt es sich um einen bewilligungspflichtigen Schutz- und Regulierungsbau im Sinne des § 41 WRG 1959. Diese Bestimmung lautet in ihren entscheidungswesentlichen Teilen:

"Schutz- und Regulierungswasserbauten

§ 41. (1) Zu allen Schutz- und Regulierungswasserbauten in öffentlichen Gewässern (…) muss, sofern sie nicht unter die Bestimmungen des § 127 fallen, vor ihrer Ausführung die Bewilligung der Wasserrechtsbehörde eingeholt werden.

(…)

(4) Schutz- und Regulierungswasserbauten einschließlich größerer Räumungsarbeiten sind so auszuführen, dass öffentliche Interessen nicht verletzt werden und eine Beeinträchtigung fremder Rechte vermieden wird. Die Bestimmungen des § 12 Abs. 3 und 4 finden sinngemäß Anwendung.

(…)"

Gemäß § 63 leg. cit. kann die Wasserrechtsbehörde, um die nutzbringende Verwendung der Gewässer zu fördern, um ihren schädlichen Wirkungen zu begegnen, zur geordneten Beseitigung von Abwässern und zum Schutz der Gewässer in dem Maße als erforderlich (lit. b) für Wasserbauvorhaben, deren Errichtung, Erhaltung oder Betrieb im Vergleich zu den Nachteilen von Zwangsrechten überwiegende Vorteile im allgemeinen Interesse erwarten lässt, die notwendigen Dienstbarkeiten einräumen oder entgegenstehende dingliche Rechte einschließlich Nutzungsrechte im Sinne des Grundsatzgesetzes 1951 über die Behandlung der Wald- und Weidenutzungsrechte sowie besonderer Felddienstbarkeiten, BGBl. Nr. 103, einschränken oder aufheben, damit die genehmigte Anlage mit den zu ihr gehörigen Werken und Vorrichtungen hergestellt, betrieben und erhalten sowie der Vorschreibung sonstiger Maßnahmen entsprochen werden kann.

Als fremde Rechte im Sinne des § 41 Abs. 4 leg. cit. sind bestehende Rechte gemäß § 12 Abs. 2 leg. cit. anzusehen, wozu (u.a.) das Grundeigentum zählt.

2. Mit ihrem auf § 7 Abs. 1 Z. 4 AVG (in der im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides geltenden und daher für die vorliegende Beurteilung maßgeblichen Stammfassung) - nach dieser Bestimmung haben sich Verwaltungsorgane der Ausübung ihres Amtes zu enthalten und ihre Vertretung zu veranlassen, wenn sonstige wichtige Gründe vorliegen, die geeignet sind, ihre volle Unbefangenheit in Zweifel zu ziehen - abzielenden Beschwerdevorbringen legen die beschwerdeführenden Parteien keine Umstände dar, die die Annahme einer Befangenheit der LH als gerechtfertigt erscheinen ließen. Entgegen der in der Beschwerde vertretenen Ansicht handelt es sich bei den Ausführungen der LH auf Seite 22 des angefochtenen Bescheides nicht um "propagandistische Formulierungen", sondern um die Zusammenfassung ihrer Erwägungen im Rahmen der Beurteilung der Voraussetzungen für die Zwangsrechtseinräumung. Zu einer Zusammenfassung ihrer Erwägungen und Beurteilung in der Begründung des Bescheides war die LH gemäß § 60 AVG verpflichtet. Auch aus dem Bestehen eines öffentlichen Interesses an der Umsetzung des Hochwasserschutzprojektes kann eine Befangenheit des entscheidenden Organwalters nicht geschlossen werden. Vielmehr ist ein solches öffentliches Interesse eine Tatbestandsvoraussetzung für die Begründung von Zwangsrechten.

3. Die beschwerdeführenden Parteien bringen weiters vor, dass die bewilligten Maßnahmen für einen sicheren Hochwasserschutz untauglich seien und die Rechte der beschwerdeführenden Parteien dadurch erheblich gefährdeten. Bisher sei ignoriert worden, dass die TAL-Rohölleitung unmittelbar in jenem Bereich verlegt sei, wo die konzentrierte Ausleitung hinkünftiger Hochwässer erfolgen solle. Dies hätte zur Folge, dass nicht nur Wasser, sondern das gesamte bei Hochwasser von der S mitgeführte Material mit hohem Druck auf die dort völlig ungeschützte Rohölleitung auftreffen würde. Keiner der Sachverständigen habe sich bislang ausreichend mit der Frage beschäftigt, ob das darüber liegende Erdreich dem mit hohem Druck angeschwemmten Material standhalten könnte und ob dadurch nicht die Ölleitung freigelegt und beschädigt werden könnte. Dabei handle es sich um einen Verfahrensmangel wegen Verletzung der Pflicht zur Erforschung der materiellen Wahrheit. Wie sich aus der Stellungnahme des Sachverständigen Dipl. Ing. P. vom ergebe, sei "im Extremfall mit einer Kolkbildung flussabwärts der TAL-Querung zu rechnen". Die beschwerdeführenden Parteien befürchteten daher zu Recht, dass die Rohölleitung freigelegt und brechen könnte und durch den Austritt des Erdöls nicht nur ihre Liegenschaften, sondern die gesamte Umgebung nachhaltig auf Generationen verseucht werden könnte. Die bestehende Betonummantelung der Ölleitung, die geplante Verlegung des linksufrigen Hochwasserschutzdammes und die Ausweitung des Mittelwasserabflussprofiles seien völlig unzureichend, um dieser Gefährdung zu begegnen. Wenn der wasserbautechnische Amtssachverständige ausgeführt habe, dass der Raum zwischen dem zukünftigen Spundwandkopf und der Bermesohle mit Berollung der Steinklasse I vor Erosion geschützt werde, so sei diese Sohlsicherung durch Berollung nicht ausreichend. Im Übrigen gebe es laut der einschlägigen, in der Beschwerde näher bezeichneten ÖNORM die Steinklasse I nicht mehr, sodass "die Auflage 1. des wasserbautechnischen ASV" widersprüchlich sei und die Behörde sich auf diese widersprüchlichen Aussagen eines Sachverständigen nicht stützen dürfe. Wie sich aus der Stellungnahme des Dipl. Ing. P. vom ergebe, sei eine Erosion der Sohle bei einer Berollung mit der "Steinklasse I" auf Grund der erheblichen Erhöhung der Strömungsgeschwindigkeit und damit auch der Schleppkraft bei Hochwasser unvermeidlich, sodass die abgeschnittenen Spundwände sowohl in der Querrichtung als auch in der Längsrichtung freigelegt werden könnten, weshalb mit einer Kolkbildung flussabwärts der TAL-Querung zu rechnen sei. Ob in den Berechnungen des Dipl. Ing. G. dieser Lastfall berücksichtigt worden sei, könne nicht beurteilt werden, "da laut Befund des wasserbautechnischen ASV die bestehende TAL-Rohölleitung laut den statischen Berechnungen des Dipl.-Ing. (G.) eine ausreichende Stabilität für das geplante Bauwerk und für die erforderlichen Baumaßnahmen aufweist".

Infolge offenbarer Unkenntnis etwa "der Erkenntnisse aus den 60er-Jahren (siehe Verhandlungsschrift vom , Zl. (…) des Amtes der Salzburger Landesregierung)" führe der Amtssachverständige für Wasserbau aus, die Grundstücke des Erstbeschwerdeführers und des Drittbeschwerdeführers wären von den projektgegenständlichen Baumaßnahmen nicht betroffen, weil das Projekt nur linksufrige Baumaßnahmen vorsehe und deshalb davon auszugehen wäre, dass die rechtsufrig, ca. 900 m flussabwärts gelegenen Grundstücke keiner Gefahr durch die geplanten Maßnahmen ausgesetzt seien. Diese Argumentation sei nicht nachvollziehbar. Der Umstand, dass nur linksufrige Arbeiten ausgeführt würden, könne eine Gefährdung rechtsufriger Liegenschaften nicht ausschließen. Hätte der Sachverständige die nicht verfahrensgegenständliche Verhandlungsschrift vom als Aktenbestandteil zur Verfügung gehabt, wäre er zum Schluss gelangt, dass sich seine Ausführungen bereits als unrichtig erwiesen hätten. Sollten sich nur geringste Mengen Öl im Wasser befinden, so wären die Liegenschaften der beschwerdeführenden Parteien infolge ihrer Lage im Retentionsbecken R 16 geschädigt. Der Sachverständige Dipl. Ing. P. habe in seinem Ergänzungsgutachten vom ausgeführt, dass ein allfälliger Ölaustritt sowohl unter großem Druck als auch als Sickerverlust erfolgen könnte und nicht entscheidend sei, ob eine allfällige Ölverunreinigung die Grundstücke der beschwerdeführenden Parteien berühre, sondern dass aus Gründen der absoluten Sicherheit alle erdenklichen Maßnahmen zu treffen seien, dass kein Grundstück durch Austreten des Öls verunreinigt werde. Diesen Ausführungen des Sachverständigen Dipl. Ing. P. schlössen sich die beschwerdeführenden Parteien uneingeschränkt an. Ferner sei der im Bereich der Flussunterleitung naturgemäß abgewinkelte Dücker der Leitung in den Einreichplänen als gerade dargestellt, sodass diese Pläne insoweit von den bewilligten Plänen erheblich abwichen. Im Bereich der Winkel bestehe eine höhere Wahrscheinlichkeit eines Risses, sodass die Überprüfung größter Sorgfalt bedürfe. Die LH habe aktuelle Erkenntnisse zum Thema Klimawandel und Hochwasser vollkommen ignoriert und sich über die Argumente des Sachverständigen Dipl. Ing. P. ohne ausreichende Begründung hinweggesetzt. Darüber hinaus baue der zweite Teil des Hochwasserschutzprojekts M offenkundig auf dem mit Bescheid (der BH) vom wasserrechtlich bewilligten ersten Teil des Hochwasserschutzprojektes auf, welcher Bescheid den beschwerdeführenden Parteien nicht zugestellt worden sei, und sei die Auffassung der LH unrichtig, dass es der MP freistehe, ihr Projekt in mehrere Teilabschnitte zu gliedern und jeden Teilabschnitt gesondert wasserrechtlich bewilligen zu lassen.

Dazu ist Folgendes auszuführen:

Die Beschwerdeansicht, es sei unzulässig, das Projekt in mehrere Teilabschnitte zu gliedern und gesondert zur Bewilligung einzureichen, findet im Gesetz keine Deckung, und es legt die Beschwerde auch nicht weiter dar, auf Grund welcher gesetzlichen Regelungen diese Vorgangsweise unzulässig sei.

Mit ihrem in der Beschwerde erstatteten, unter diesem Punkt dargestellten Vorbringen wiederholen die beschwerdeführenden Parteien im Wesentlichen zur Gänze wortident ihr in der Berufung vom erstattetes Vorbringen. Damit gehen sie auf die im Berufungsverfahren eingeholte gutachterliche Stellungnahme der Amtssachverständigen Dipl. Ing. St. und Dipl. Ing. E. vom , auf die sich die LH im angefochtenen Bescheid gestützt hat, nicht ein. Es ist nicht erkennbar, dass das Gutachten der Amtssachverständigen von vornherein unschlüssig wäre. Nach der hg. Judikatur kann ein mit den Erfahrungen des Lebens und den Denkgesetzen nicht in Widerspruch stehendes Gutachten eines Amtssachverständigen in seiner Beweiskraft nur durch ein gleichwertiges Gutachten, somit auf gleicher fachlicher Ebene, bekämpft werden (vgl. dazu etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2006/07/0122, mwN). Richtig ist zwar, dass Widersprüche zu den Erfahrungen des Lebens und zu den Denkgesetzen auch ohne sachverständige Untermauerung aufgezeigt werden können und (berechtigten) Hinweisen auf die Ergänzungsbedürftigkeit eines Gutachtens jedenfalls nachgegangen werden muss (vgl. dazu etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2008/07/0127, mwN). Eine derartige Mangelhaftigkeit der von der LH herangezogenen gutachterlichen Stellungnahmen wird mit den Beschwerdeausführungen jedoch nicht dargetan.

4. Wenn die beschwerdeführenden Parteien - wie bereits wortident in ihrer Berufung vom - in der Beschwerde vorbringen, dass die Begünstigten im Sinn des § 42 Abs. 2, des § 43 Abs. 2 und des § 44 WRG 1959 nicht ermittelt und dem Verfahren beigezogen worden seien, weshalb das Verfahren mangelhaft sei, ist ihnen zu erwidern, dass - worauf im angefochtenen Bescheid hingewiesen wurde - Fragen der Entschädigung im Zivilrechtsweg zu klären sind und, sollte dieses Vorbringen dahin zu verstehen sein, dass sich der Kostenanteil der MP verändern solle, diesbezüglich kein subjektiv-öffentliches Recht der beschwerdeführenden Parteien, besteht.

5. Wenn die beschwerdeführenden Parteien - ebenso wortident mit ihrer Berufung - in der Beschwerde die Ansicht vertreten, dass eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen gewesen wäre, so zeigen sie mit diesem Vorbringen keine Rechtwidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf, legen sie doch nicht dar, auf Grund welcher Umstände das gegenständliche Vorhaben einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach dem Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz 2000 hätte unterzogen werden müssen.

6. Die Beschwerde erweist sich daher als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

7. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am

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Normen
WRG 1959 §41;
WRG 1959 §63;
ECLI
ECLI:AT:VWGH:2011:2007070066.X00
Datenquelle

Fundstelle(n):
VAAAE-90881