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VwGH 19.11.2009, 2007/07/0059

VwGH 19.11.2009, 2007/07/0059

Entscheidungsart: Erkenntnis

Rechtssatz


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Normen
AVG §59 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z1;
WRG 1959 §60;
WRG 1959 §63 litb;
RS 1
Umfang und Ausmaß einer eingeräumten Dienstbarkeit muss im Spruch des die Zwangsrechtseinräumung verfügenden Bescheides so bestimmt festgelegt werden, dass die Lage der eingeräumten Dienstbarkeit auf den von ihr betroffenen Flächen nicht zweifelhaft ist(Hinweis E , 94/07/0051, 0056; E , 91/07/0135; E , 92/07/0060). (Hier: Mit der Formulierung im Bescheidspruch, eine Servitut wird "zwecks Verlegung der Zulaufleitung und der Wasserentnahmefassung" auf Parz. 1530/21 "im Ausmaß von ca. 30 m2" eingeräumt, ist der Verlauf der so eingeräumten Dienstbarkeit nicht in einer dem Bestimmtheitsgebot des § 59 Abs. 1 AVG gerecht werdenden Weise festgelegt.)
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie 99/07/0163 E RS 11 (hier ohne den Hier-Zusatz)

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bumberger und die Hofräte Dr. Beck, Dr. Hinterwirth, Dr. Enzenhofer und Dr. Sulzbacher als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Jantschgi, über die Beschwerde

1. der Dr. H W, 2. des W W, 3. der M W, 4. des H F W und 5. des A W, alle in L, alle vertreten durch Dr. Christoph Orgler, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Schmiedgasse 21, gegen den Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft vom , Zl. UW.4.1.6/0086-I/5/2007, betreffend wasserrechtliche Bewilligung (mitbeteiligte Partei: Gemeinde L, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben .

Der Bund hat den Beschwerdeführern Aufwendungen in der Höhe von insgesamt EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Schreiben vom beantragte die mitbeteiligte Partei unter Vorlage des Einreichprojektes die wasserrechtliche Bewilligung für die Errichtung der "Abwasserbeseitigungsanlage L., Kanalisation W. Bauabschnitt 15, Kanalverdichtung Anschluss W. 18".

Mit Schreiben vom , eingelangt bei der belangten Behörde am , stellte die mitbeteiligte Partei den Antrag auf Übergang der Zuständigkeit an die belangte Behörde gemäß § 73 Abs. 2 AVG.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom wurde unter Abschnitt A, Spruchpunkt I dem Antrag der mitbeteiligten Partei auf Übergang der Zuständigkeit zur Entscheidung über die Bewilligung der Kanalisation gemäß § 73 Abs. 2 AVG stattgegeben.

Unter Abschnitt A, Spruchpunkt II wurde der mitbeteiligten Partei aufgrund der einen Bestandteil dieses Bescheides bildenden Projektsunterlagen "Abwasserbeseitigung L., Kanalisation W. BA 15, Kanalverdichtung Anschluss W. 18" sowie des Ergebnisses der wasserrechtlichen Bewilligungsverhandlungen vom und vom und der in Abschnitt B dieses Bescheides enthaltenen Auflagen die wasserrechtliche Bewilligung für die Errichtung dieser Anlage erteilt. Der Anschluss erfolgt an den bestehenden Schacht 11.6.2 auf der Liegenschaft Grundstück Nr. 968, EZ 47, GB R. (Alleineigentümer H. M.), und führt über die Liegenschaften Grundstück Nr. 965/3, EZ 305, GB R. (Alleineigentümerin die Erstbeschwerdeführerin) bis zum anschließenden Grundstück Nr. 911/5, EZ 63, GB R., (Miteigentümer zu zwei Siebentel der Viertbeschwerdeführer und die Erstbeschwerdeführerin, zu je einem Siebentel der Zweitbeschwerdeführer, die Drittbeschwerdeführerin und der Fünftbeschwerdeführer).

Unter Abschnitt A, Spruchpunkt III wurde u.a. gemäß § 60 Abs. 1 lit. c i.V.m. § 63 lit. b WRG 1959 der mitbeteiligten Partei eine Dienstbarkeit mit dem Recht, die geplante Kanalisation über näher bezeichnete Grundstücke der Beschwerdeführer zu verlegen, eingeräumt sowie gemäß §§ 60, 63 und 72 WRG 1959 die Beschwerdeführer verpflichtet, die Errichtung und den Betrieb, die Wartung und die Erhaltung der näher bezeichneten Abwasserbeseitigungsanlage zu dulden.

Unter Abschnitt A, Spruchpunkt IV wurde das Maß der Wasserbenutzung und unter Spruchpunkt V die Bauvollendungsfrist näher festgelegt. Ferner wurde die wasserrechtliche Bewilligung bis zum befristet.

Die Auflagen 3 und 3a (Abschnitt B des Bescheidspruches) dieses Bescheides lauten:

"3. Vor Beginn der Arbeiten auf fremden Grundstücken ist vom Bewilligungswerber unter Beiziehung der betroffenen Grundeigentümer und - soweit möglich - je eines Vertreters der vorgesehenen Bauaufsicht und der bauausführenden Firma eine Trassenbegehung vorzunehmen. Hierbei ist bei Bedarf die Feintrassierung festzulegen und der bestehende Kulturzustand der Grundstücke und der Zustand bestehender baulicher Anlagen festzustellen und zu dokumentieren.

3a. Im Zuge der Feintrassierung ist - allenfalls mittels Durchführung von Probegrabungen oder ähnlichem - die Tiefenlage eines allfällig anstehenden Felsens, sowie eine mögliche Ausweichtrasse zu erkunden. Um die Aushubtiefe in Fels möglichst gering zu halten, ist zu prüfen, ob die projektsgemäße Kanaltiefe noch etwas verringert werden kann (z.B. auf 10 (Promille) Gefälle ausgehend vom Endpunkt des Kanalstranges und unter Berücksichtigung einer ev. erforderlichen Anschlusshöhe bei Schachtpunkt 19.3.2.).

Bei den Aushubarbeiten in Fels sind möglichst erschütterungsarme Arbeitsmethoden einzusetzen."

In der Begründung des angefochtenen Bescheides wird insbesondere ausgeführt, dass der Devolutionsantrag zulässig, rechtzeitig, mängelfrei und an die zuständige Behörde gerichtet gewesen sei. Die Unterbehörde habe ein überwiegendes Verschulden an der Verzögerung getroffen.

Der wasserbautechnische Amtssachverständige habe u. a. ausgeführt, dass bei einer nicht auszuschließenden Vollbelegung des Objektes (gemeint: des Hauses der beschwerdeführenden Parteien) mit zwei Wohneinheiten mit insgesamt rd. 300 m2 Wohnfläche und bei einem Senkgrubeninhalt von lediglich 9 m3 eine ordnungsgemäße Entsorgung der Abwässer nicht zu gewährleisten sei (zu kurze Räumintervalle, Gefahr des Überlaufens der Senkgrube bei nicht sofortiger Verfügbarkeit der Räumfahrzeuge - insbesondere durch die Verkehrsbeschränkungen auf der Zufahrtsstraße). Laut Wartungsbuch sei bei den angegebenen vier Personen mit einem etwa monatlichen Abfuhrintervall zu rechnen. Ein Anschluss an eine Kanalisation erlaube eine jederzeitige witterungsbedingte und jahreszeitlich unabhängige sichere Entsorgung aller anfallenden Abwässer. Auf Grund der Ausführungen des Amtssachverständigen sei das Argument der Verunmöglichung der Bauarbeiten wegen des ungeeigneten (felsigen) Untergrunds entkräftet worden.

Die Voraussetzungen für die Einräumung von Zwangsrechten seien gegeben. Es sei dabei insbesondere dem Amtssachverständigen zu folgen, der u.a. ausgeführt habe, dass die überwiegenden Vorteile im allgemeinen Interesse die Nachteile der Zwangsrechtseinräumung (entgegenstehendes Interesse der Grundstückseigentümer) überwiegen würden. Durch den Anschluss des gegenständlichen Wohnobjektes an die Kanalisation könne eine Versickerung der häuslichen Schmutzwässer vermieden werden, weshalb eine Beeinträchtigung der Grundwasserbeschaffenheit verhindert werde, die ein öffentliches Interesse im Sinne des § 30 WRG 1959 darstelle.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Auch die mitbeteiligte Partei hat eine Gegenschrift erstattet, in der sie beantragt, die Beschwerde kostenpflichtig als unbegründet abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Beschwerdeführer wenden sich u.a. gegen die unter Spruchpunkt I verfügte Stattgebung des Devolutionsantrages der mitbeteiligten Partei.

Dass die belangte Behörde zu Unrecht einen Übergang der Zuständigkeit zur Entscheidung über den Antrag der mitbeteiligten Partei angenommen hat, kann - entgegen der Ansicht der Beschwerdeführer - dem Akteninhalt nicht entnommen werden.

Die Unterbehörde brachte nämlich im Wesentlichen vor, es sei ein weiteres Gutachten des Amtssachverständigen abgewartet worden, räumte jedoch zugleich ein, dass dieses bereits im September 2004 vorgelegen sei. Dieser Einwand kommt daher zutreffend nicht als rechtlich relevanter Grund für die Verzögerung (bis Februar 2005) in Frage. Weiters ist unbeachtlich, dass geplant gewesen sei, die ursprünglich auf zwei Tage anberaumte Verhandlung um einen weiteren Tag zu erstrecken, wozu es aber nicht gekommen ist. Schließlich brachte die Unterbehörde vor, dass hinsichtlich der Abwasserentsorgung des Anwesens der Beschwerdeführer mehrere Verfahren bei unterschiedlichen Behörden anhängig gewesen seien. Auch dieses Vorbringen widerlegt nicht die Annahme der belangten Behörde, dass ein überwiegendes Verschulden der Unterbehörde an der Verzögerung vorgelegen ist.

Die belangte Behörde ging somit zu Recht vom Übergang der Zuständigkeit nach § 73 AVG aus.

Die Beschwerdeführer rügen ferner, dass im gegenständlichen Verfahren die Voraussetzungen einer Aussetzung im Sinne des § 38 AVG vorgelegen seien und die belangte Behörde das wasserrechtliche Bewilligungsverfahren betreffend die Kleinkläranlage der Beschwerdeführer hätte abwarten müssen.

§ 38 AVG räumt der Partei keinen Anspruch auf Aussetzung des Verfahrens ein. Ein solches kann nur aus der jeweils in Betracht kommenden Verwaltungsvorschrift abgeleitet werden (vgl. die bei Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze I, 2. Auflage, S. 521, unter E 104 zu § 38 AVG wiedergegebene Judikatur). Da auch aus dem WRG 1959 ein Recht auf Aussetzung des Verfahrens im vorliegenden Fall zugunsten der Beschwerdeführer nicht abgeleitet werden kann, liegt die gerügte Rechtswidrigkeit nicht vor.

Die Beschwerdeführer wenden sich ferner gegen die im angefochtenen Bescheid enthaltene Auflage 3a, und bringen vor, ihr Einwand, dass es durch die Bauarbeiten in felsigem Bereich in unmittelbarer Nähe des Wohngebäudes zu dessen Gefährdung komme, sei nicht vollständig erledigt worden und es entspreche überdies diese Auflage nicht den Bestimmtheitserfordernissen des § 59 AVG.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes müssen Umfang und Ausmaß einer eingeräumten Dienstbarkeit im Spruch des die Zwangsrechtseinräumung verfügenden Bescheides so bestimmt festgelegt werden, dass die Lage der eingeräumten Dienstbarkeit auf den von ihr betroffenen Flächen nicht zweifelhaft ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 99/07/0163, m.w.N.). Gerade diesen Anforderungen wird jedoch die Auflage 3a des Spruchabschnittes B nicht gerecht, zumal die Feintrassierung - und somit die tatsächliche Lage der projektierten Kanalisation, wie sich auch aus dem Zusammenhang mit Spruchpunkt 3 ergibt - allenfalls auch für eine nicht näher definierte "Ausweichtrasse" erst nach Erlassung des angefochtenen Bescheides festgelegt werden soll. Es kann unter diesen Umständen keine Rede davon sein, dass die Lage der eingeräumten Dienstbarkeit auf den von ihr betroffenen Flächen im Sinne der zitierten hg. Judikatur nicht zweifelhaft ist. Der angefochtene Bescheid erweist sich daher schon aus diesem Grunde als inhaltlich rechtswidrig. Überdies lassen die Auflagen 3 und 3a offen, was zu geschehen hat, wenn sich die beschwerdeführenden Parteien und die mitbeteiligte Partei nicht über die Feintrassierung und insbesondere über eine allenfalls notwendig werdende Ausweichtrasse einigen.

Aus dem dargelegten Grund war daher der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben. Aufgrund dieses Ergebnisses erübrigt es sich auch auf das weitere Beschwerdevorbringen näher einzugehen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Normen
AVG §59 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z1;
WRG 1959 §60;
WRG 1959 §63 litb;
Schlagworte
Inhalt des Spruches Diverses
Besondere Rechtsgebiete
ECLI
ECLI:AT:VWGH:2009:2007070059.X00
Datenquelle

Fundstelle(n):
RAAAE-90865