zurück zu Linde Digital
TEL.: +43 1 246 30-801  |  E-MAIL: support@lindeverlag.at
Suchen Hilfe
VwGH vom 13.12.2007, 2007/07/0058

VwGH vom 13.12.2007, 2007/07/0058

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und den Senatspräsidenten Dr. Bumberger sowie die Hofräte Dr. Beck, Dr. Hinterwirth und Dr. Enzenhofer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Trefil, über die Beschwerde

1. der Stadtgemeinde F und 2. der Gemeindebetriebe F Gesellschaft m.b.H., beide vertreten durch Eisenberger & Herzog, Rechtsanwaltssozietät in 8010 Graz, Hilmgasse 10, gegen den Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft vom , Zl. BMLFUW-UW.2.2.1/0086- VI/1/2004-Wa, betreffend Feststellung nach dem Altlastensanierungsgesetz (mitbeteiligte Partei: Bund, vertreten durch das Zollamt Graz, 8020 Graz, Bahnhofgürtel 57),

Spruch

I. den Beschluss gefasst:

1. Die Beschwerde der Stadtgemeinde F wird zurückgewiesen, soweit sie sich gegen Spruchpunkt 1) des angefochtenen Bescheides richtet;

2. Die Beschwerde der Gemeindebetriebe F Gesellschaft m.b.H. wird zurückgewiesen, soweit sie sich gegen Spruchpunkt 2) des angefochtenen Bescheides richtet;

II. zu Recht erkannt:

1. Die Beschwerde der Stadtgemeinde F wird als unbegründet abgewiesen, soweit sie sich gegen Spruchpunkt 2) des angefochtenen Bescheides richtet;

2. Auf Grund der Beschwerde der Gemeindebetriebe F Gesellschaft m.b.H. wird Spruchpunkt 1) des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufgehoben.

Die Stadtgemeinde F hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 und der mitbeteiligten Partei (Bund, vertreten durch das Zollamt Graz) Aufwendungen in der Höhe von EUR 991,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Der Bund hat der Gemeindebetriebe F Gesellschaft m.b.H. Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Gemeindebetriebe F Gesellschaft m.b.H. (die zweitbeschwerdeführende Partei des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens) betreibt die Abfalldeponie F. Alleingesellschafterin der Gemeindebetriebe F Gesellschaft m.b.H. ist die Stadtgemeinde F (die erstbeschwerdeführende Partei). Im vierten Quartal 2001 und im ersten Quartal 2002 wurden auf der Deponie 14.428 Tonnen aus Italien stammende Shredderabfälle abgelagert. Die Abfälle fielen im Zuge der Sanierung einer in der Gemeinde Rovigo in Italien gelegenen und im italienischen Regionalplan für die Sanierung von Altlasten (Gesetzesdekret 22/97, Art. 22, Dekret des Umweltministers 16/5/89) als sanierungsbedürftig ausgewiesenen Fläche an. Diese Fläche ist in Österreich nicht als Altlast im Altlastenatlas ausgewiesen. Die Verbringung der Abfälle nach Österreich wurde mit Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft vom gemäß den Art. 3 - 5 der Verordnung (EWG) Nr. 259/93 des Rates vom zur Überwachung und Kontrolle der Verbringung von Abfällen in der, in die und aus der Europäischen Gemeinschaft (Verbringungsverordnung) sowie § 36 des Abfallwirtschaftsgesetzes 1990 (AWG 1990) genehmigt.

Mit Schreiben vom , modifiziert mit Schreiben vom , stellten die beschwerdeführenden Parteien bei der Bezirkshauptmannschaft Graz-Umgebung (BH) unter Berufung auf § 10 des Altlastensanierungsgesetzes, BGBl. Nr. 299/1989 (ALSAG), den Antrag auf Feststellung, ob die auf der von der zweitbeschwerdeführenden Partei betriebenen Deponie F im vierten Quartal 2001 und im ersten Quartal 2002 abgelagerten Abfälle, nämlich 14.428 Tonnen Shreddermaterial, die aus der Räumung einer in Italien gelegenen Altlast herrührten, dem Altlastenbeitrag nach dem ALSAG unterliegen oder ob eine Altlastenbeitragsfreiheit nach § 3 Abs. 2 Z 1 ALSAG gegeben sei.

Mit Bescheid der BH vom wurde festgestellt, dass die Abfälle nicht dem Altlastenbeitrag unterliegen.

Die BH vertrat die Auffassung, der Ausschluss der aus Italien eingeführten Abfälle von der Begünstigung (Entfall des Beitrages) nach § 3 Abs. 2 Z 1 ALSAG stelle eine Diskriminierung nach Art. 90 EG dar; es müsse daher die Begünstigungsregelung auch auf Abfälle angewendet werden, die von einer italienischen Altlast stammten.

Gegen diesen Bescheid erhob die mitbeteiligte Partei innerhalb offener Frist Berufung, in welcher sie ausführte, die notwendige Begründung werde infolge des größeren Umfanges des bekämpften Bescheides in Verbindung mit der Komplexität der Materie bis längstens nachgereicht.

Am langte bei der BH ein Schriftsatz der mitbeteiligten Partei ein, der nähere Berufungsausführungen enthielt.

Mit Bescheid vom wies der Landeshauptmann von Steiermark (LH) die Berufung der mitbeteiligten Partei ab.

Auch der LH vertrat die Auffassung, für die aus Italien eingeführten, auf der Deponie in F abgelagerten Abfälle bestehe keine Beitragspflicht, weil sie im Zuge von rechtmäßigen Maßnahmen zur Sicherung oder Sanierung von in gefährlicher Weise kontaminierten Böden in Italien angefallen seien und eine Unterscheidung zwischen derartigen Abfällen aus Österreich und solchen aus Italien dem Art. 90 EG widerspreche.

Gegen diesen Bescheid erhoben die beschwerdeführenden Parteien Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, in welcher sie die Auffassung vertraten, der LH hätte mangels eines begründeten Berufungsantrages in der Berufung der mitbeteiligten Partei über diese Berufung nicht inhaltlich entscheiden dürfen, sondern hätte sie als unzulässig zurückweisen müssen. Die inhaltliche Erledigung der Berufung anstelle einer Zurückweisung verletze Rechte der beschwerdeführenden Parteien, weil durch eine solche inhaltliche Erledigung dem Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft die Möglichkeit eingeräumt werde, den Bescheid des LH nach § 10 ALSAG aufzuheben oder abzuändern, was ihm bei einer zurückweisenden Entscheidung des LH verwehrt sei.

Mit Erkenntnis vom , 2005/07/0009, wies der Verwaltungsgerichtshof die Beschwerde der beschwerdeführenden Parteien gegen den Bescheid des LH vom als unbegründet ab.

Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid vom änderte die belangte Behörde unter Berufung auf § 10 Abs. 2 Z 2 ALSAG den Bescheid des LH vom ab und gab der Berufung der mitbeteiligten Partei Folge.

Die Spruchabschnitte 1 und 2 des angefochtenen Bescheides lauten:

"1)

Hinsichtlich des Feststellungsantrages der Gemeindebetriebe F GesmbH wird gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 Altlastensanierungsgesetz, BGBl. Nr. 292/1989 i.d.F. BGBl. I Nr. 27/2001, festgestellt, dass die im vierten Quartal 2001 und im ersten Quartal 2002 auf der Abfalldeponie F abgelagerten 14.428 Tonnen Shredderabfälle dem Altlastenbeitrag unterliegen.

2)

Der Feststellungsantrag der Stadtgemeinde F wird mangels Antragslegitimation zurückgewiesen."

Die belangte Behörde vertrat die Auffassung, beim Altlastenbeitrag handle es sich nicht um eine Besteuerung von Waren, sondern um eine tätigkeitsbezogene Abgabe, weshalb ein Verstoß gegen Art. 90 EG nicht in Frage komme. Ziel des Art. 90 EG sei es, die Wettbewerbsneutralität der inländischen Besteuerung für inländische und eingeführte Erzeugnisse sicher zu stellen. Verboten sei es daher, auf Waren aus anderen Mitgliedstaaten unmittelbar oder mittelbar höhere inländische Abgaben, gleich welcher Art, zu erheben, als gleichartige inländische Waren unmittelbar oder mittelbar zu tragen hätten. Lege man das Tatbestandselement des Art. 90 EG, wonach die Mitgliedstaaten diskriminierende Abgaben nicht auf Waren aus anderen Mitgliedstaaten erheben dürften, im Lichte dieses Normzweckes aus, gelange man zum Ergebnis, dass eine Abgabe wie der gegenständliche Altlastenbeitrag den erforderlichen Warenbezug nicht aufweise. Der Altlastenbeitrag belaste nicht eine verkehrsfähige Ware, die durch diskriminierende Steuern verteuert und beim Absatz im Inland benachteiligt werden könnte, sondern es handle sich hier um eine steuerliche Belastung jener Maßnahme, die den Lebenszyklus dieser Ware endgültig abschließe. Im Beschwerdefall seien im Sinne des § 3 Abs. 1 Z 1 ALSAG Abfälle auf einer Deponie abgelagert worden. Die steuerliche Behandlung dieser Ablagerungsmaßnahmen sei nicht an Art. 90 EG zu messen. Entsprechend dem Territorialitätsprinzip hätten nicht im Bundesgebiet gesetzte Maßnahmen (Sanierungsmaßnahmen) unberücksichtigt zu bleiben. Die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 Z 1 ALSAG könnten nicht als erfüllt angesehen werden, weshalb der Bescheid des LH entsprechend abzuändern gewesen sei.

Die Zurückweisung des Feststellungsantrages der erstbeschwerdeführenden Partei begründete die belangte Behörde damit, dass nach § 10 Abs. 1 ALSAG lediglich der potentielle Beitragsschuldner antragslegitimiert sei. Die erstbeschwerdeführende Partei zähle als bloße Gesellschafterin der Deponiebetreiberin nicht zum Kreis der potentiellen Beitragsschuldner und sei daher auch nicht antragsberechtigt gewesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften, in eventu Rechtswidrigkeit des Inhalts geltend gemacht wird.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in der Gegenschrift - ebenso wie die mitbeteiligte Partei - die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Zur Beschwerde der erstbeschwerdeführenden Partei:

Die von beiden beschwerdeführenden Parteien gemeinsam eingebrachte Beschwerde enthält die nicht zwischen den beschwerdeführenden Parteien differenzierende Erklärung, dass der angefochtene Bescheid zur Gänze bekämpft wird. Auch die Beschwerdepunkte und die Beschwerdeausführungen enthalten keinen Anhaltspunkt dafür, dass eine der beiden beschwerdeführenden Parteien nur einen der zwei Spruchpunkte des angefochtenen Bescheides bekämpfen wolle. Es ist daher davon auszugehen, dass beide beschwerdeführenden Parteien beide Spruchpunkte in Beschwerde ziehen.

Spruchpunkt 1) des angefochtenen Bescheides richtet sich nicht an die erstbeschwerdeführende Partei, sondern spricht nur über den Feststellungsantrag der zweitbeschwerdeführenden Partei ab. Rechte der erstbeschwerdeführenden Partei können durch diesen Abspruch nicht verletzt werden.

Die Beschwerde der erstbeschwerdeführenden Partei war daher, soweit sie sich auf Spruchpunkt 1) des angefochtenen Bescheides bezieht, gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG in einem nach § 12 Abs. 3 VwGG gebildeten Senat zurückzuweisen.

Mit Spruchpunkt 2) des angefochtenen Bescheides wurde der Bescheid des LH vom dahin abgeändert, dass der Feststellungsantrag der erstbeschwerdeführenden Partei als unzulässig zurückgewiesen wurde, weil diese nicht als Beitragsschuldner in Betracht komme und daher nicht antragsberechtigt sei.

In der Beschwerde wird die Auffassung vertreten, die belangte Behörde hätte den Bescheid des LH nicht abändern dürfen.

§ 10 ALSAG berechtige den Bundesminister nur zur Abänderung erstinstanzlicher Bescheide.

Nach § 10 Abs. 1 Z 2 ALSAG hat die Behörde (§ 21) in begründeten Zweifelsfällen auf Antrag des in Betracht kommenden Beitragsschuldners oder des Zollamtes des Bundes durch Bescheid festzustellen, ob ein Abfall dem Altlastenbeitrag unterliegt.

Nach § 10 Abs. 2 ALSAG ist der Bescheid unverzüglich an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft zu übermitteln. Unbeschadet des § 68 AVG kann ein Bescheid gemäß Abs. 1 vom Bundesminister innerhalb von sechs Wochen nach Einlangen abgeändert oder aufgehoben werden, wenn

1. der dem Bescheid zugrunde liegende Sachverhalt unrichtig festgestellt oder aktenwidrig angenommen wurde oder

2. der Inhalt des Bescheides rechtswidrig ist.

Mit der Frage, ob der Bundesminister nach § 10 Abs. 2 ALSAG auch Berufungsbescheide des LH oder nur erstinstanzliche Bescheide abändern oder aufheben darf, hat sich der Verwaltungsgerichtshof bereits im Erkenntnis vom , 2001/07/0044, VwSlg 15.686 A, befasst und dazu ausgeführt:

"§ 10 Abs. 2 ALSAG ordnet an, dass 'der Bescheid' unverzüglich an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft zu übermitteln ist. Ob diese Anordnung nur für den erstinstanzlichen Bescheid oder auch für einen Bescheid der Berufungsbehörde gilt, ist allein auf Grund des Wortlautes der Bestimmung nicht zu entscheiden.

Im § 10 Abs. 1 ALSAG wird hinsichtlich der Zuständigkeit zur Erlassung eines Feststellungsbescheides auf § 21 ALSAG verwiesen.

Diese Bestimmung lautet:

'Sofern nicht anderes bestimmt ist, ist Behörde im Sinne

dieses Bundesgesetzes die Bezirksverwaltungsbehörde.'

Da für Feststellungsbescheide im Sinne des § 10 ALSAG keine

vom § 21 leg. cit. abweichende Zuständigkeitsbestimmung existiert, ist zuständige Behörde zur Erlassung von Feststellungsbescheiden die Bezirksverwaltungsbehörde. Das besagt aber entgegen der Auffassung der beschwerdeführenden Partei noch nicht, dass lediglich Bescheide der Bezirksverwaltungsbehörde der Vorlagepflicht nach § 10 Abs. 2 ALSAG unterliegen.

§ 10 Abs. 1 in Verbindung mit § 21 ALSAG enthält nur eine Regelung der erstinstanzlichen Zuständigkeit. Die Berufung gegen Bescheide der Bezirksverwaltungsbehörde ist nicht ausgeschlossen und somit gemäß Art. 103 Abs. 4 B-VG zulässig. Die Berufungsmöglichkeit und die Erlassung eines Berufungsbescheides durch den LH gehören zum System, auf dem § 10 ALSAG aufbaut. Durch den Berufungsbescheid wird der Bescheid der BH ersetzt. Wenn daher

§ 10 Abs. 2 ALSAG die Vorlage "des Bescheides" anordnet, dann ist damit auch ein an die Stelle des erstinstanzlichen Bescheides tretender Bescheid der Berufungsbehörde gemeint.

Für diese Auslegung spricht auch eine Berücksichtigung des Zweckes des § 10 Abs. 2 ALSAG. Dieser ist darin zu sehen, dass dem Bundesminister über das Weisungsrecht hinaus ein Instrument zur Einflussnahme auf eine möglichst einheitliche Handhabung des ALSAG eingeräumt wird. Ausgehend von diesem Gesetzeszweck kann es keinem Zweifel unterliegen, dass auch Berufungsbescheide des LH der Vorlagepflicht nach § 10 Abs. 2 ALSAG unterliegen."

Die im § 10 Abs. 2 ALSAG vorgesehene Verpflichtung der einen Bescheid nach § 10 Abs. 1 ALSAG erlassenden Behörde zur Vorlage dieses Bescheides an den Bundesminister und die dieser Vorlageverpflichtung korrespondierende Möglichkeit des Bundesministers zur Abänderung oder Aufhebung des Bescheides umfasst demnach auch Berufungsbescheide des LH. Der Verwaltungsgerichtshof sieht keinen Anlass, von dieser Auffassung abzugehen.

In der Beschwerde wird weiters vorgebracht, der LH hätte die Berufung der mitbeteiligten Partei wegen Fehlens eines begründeten Berufungsantrages zurückweisen müssen. Wäre richtiger Weise eine Zurückweisung ausgesprochen worden, dann hätte der Bundesminister jedenfalls keine Befugnis zur Abänderung des Bescheides des LH gehabt.

Mit diesem Argument hatte sich der Verwaltungsgerichtshof bereits in seinem Erkenntnis vom , 2005/07/0009, zu befassen, mit welchem die Beschwerde der beschwerdeführenden Parteien gegen den Bescheid des LH vom abgewiesen wurde. In diesem Erkenntnis, auf dessen Begründung gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird, hat der Verwaltungsgerichtshof dargelegt, dass die Auffassung, die Berufung der mitbeteiligten Partei hätte zurückgewiesen werden müssen, nicht zutrifft.

Nach § 10 Abs. 1 ALSAG sind nur der in Betracht kommende Beitragschuldner und das Zollamt des Bundes berechtigt, einen Antrag auf Erlassung eines Feststellungsbescheides nach § 10 ALSAG zu stellen.

Nach den Feststellungen im angefochtenen Bescheid zählt die erstbeschwerdeführende Partei nicht zum Kreis der potentiellen Beitragsschuldner (§ 4 ALSAG). Die erstbeschwerdeführende Partei bringt nichts vor, was diese Feststellung als unrichtig erscheinen lassen könnte. Kommt die erstbeschwerdeführende Partei aber nicht als Beitragsschuldner in Betracht, war sie auch nicht zur Antragstellung nach § 10 ALSAG berechtigt. Die Zurückweisung ihres Feststellungsantrages erfolgte somit zu Recht.

Aus den dargestellten Erwägungen erweist sich die Beschwerde der erstbeschwerdeführenden Partei, soweit sie sich auf Spruchpunkt 2) des angefochtenen Bescheides bezieht, als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

2. Zur Beschwerde der zweitbeschwerdeführenden Partei:

Spruchpunkt 2) des angefochtenen Bescheides hat die Zurückweisung des Feststellungsantrages der erstbeschwerdeführenden Partei zum Inhalt. Durch diesen Ausspruch kann die zweitbeschwerdeführende Partei nicht in ihren Rechten verletzt werden. Ihre Beschwerde war daher in diesem Umfang gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG in einem nach § 12 Abs. 3 VwGG gebildeten Senat zurückzuweisen.

Soweit die zweitbeschwerdeführende Partei vorbringt, die belangte Behörde hätte den Bescheid des LH nicht abändern dürfen, weil § 10 ALSAG den Bundesminister nur zur Abänderung erstinstanzlicher Bescheide berechtige, wird auf die Ausführungen zur Beschwerde der erstbeschwerdeführenden Partei verwiesen. Gleiches gilt für das Vorbringen, der LH hätte die Berufung der mitbeteiligten Partei gegen den erstinstanzlichen Bescheid wegen Fehlens eines begründeten Berufungsantrages zurückweisen müssen.

In der Sache selbst vertritt die zweitbeschwerdeführende Partei die Auffassung, es sei unzutreffend, dass die im ALSAG vorgesehene Abgabe (Altlastenbeitrag) nicht den für eine Unterstellung unter Art. 90 EG erforderlichen Warenbezug aufweise. Die Formulierung "Abgaben gleich welcher Art" im Art. 90 EG lasse den Schluss zu, dass der von der Regelung erfasste Aufgabenkreis weit gezogen sein solle. Eine Verletzung von Art. 90 EG liege vor, wenn die Steuer auf das eingeführte Erzeugnis und die Steuer auf das gleichartige inländische Erzeugnis in unterschiedlicher Weise und nach unterschiedlichen Modalitäten berechnet würden, sodass das eingeführte Erzeugnis höher belastet werde.

Für das Vorliegen einer Diskriminierung sei es nicht zwingend erforderlich, dass die inländische Abgabe inländische Abfälle und eingeführte Abfälle aus einer italienischen Altlast wörtlich ungleich behandle. Es genüge, wenn die Regelung im Ergebnis dazu führe, dass dadurch typischerweise inländische Abfälle durch die Steuerbefreiung erheblich begünstigt und eingeführte Abfälle entsprechend benachteiligt würden. Eine solche Diskriminierung liege vor. Italienische Altlasten könnten nicht in den österreichischen Altlastenatlas eingetragen werden; dadurch könnten sie auch nicht in den Genuss der Befreiungsbestimmung des § 3 Abs. 2 Z 1 ALSAG kommen. Das verstoße gegen Art. 90 EG.

Die Besteuerung der gegenständlichen Abfälle verstoße auch gegen die Abfallverbringungsverordnung, weil diese einen abschließenden Katalog an Gründen für die Untersagung der Verbringung von Abfällen enthalte.

In einem Verfahren nach § 10 ALSAG hat die Behörde jene Rechtslage anzuwenden, die zu der Zeit galt, als der die Beitragspflicht auslösende Sachverhalt verwirklicht wurde (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , 2000/07/0003, VwSlgNF 15.701 A).

Als die Beitragspflicht auslösender Sachverhalt kommt nach dem angefochtenen Bescheid die Ablagerung von Abfällen auf der Deponie der zweitbeschwerdeführenden Partei im vierten Quartal 2001 und im ersten Quartal 2002 in Betracht. In diesem Zeitraum stand § 3 Abs. 1 und 2 ALSAG in der Fassung der Novelle BGBl. I Nr. 27/2001 in Geltung und hatte folgenden Wortlaut:

"Gegenstand des Beitrags

§ 3. (1) Dem Altlastenbeitrag unterliegen:

1. das langfristige Ablagern von Abfällen einschließlich des Einbringens von Abfällen in einen Deponiekörper, auch wenn damit deponiebautechnische oder andere Zwecke verbunden sind;

2. das Verfüllen von Geländeunebenheiten oder das Vornehmen von Geländeanpassungen mit Abfällen einschließlich deren Einbringung in geologische Strukturen, ausgenommen jene Geländeverfüllungen oder -anpassungen, die im Zusammenhang mit einer übergeordneten Baumaßnahme eine konkrete bautechnische Funktion erfüllen (zB Dämme und Unterbauten für Straßen, Gleisanlagen oder Fundamente, Baugruben- oder Künettenverfüllungen);


Tabelle in neuem Fenster öffnen
3.
das Lagern von Abfällen;
4.
das Befördern von Abfällen zur langfristigen Ablagerung außerhalb des Bundesgebietes.

(2) Von der Beitragspflicht ausgenommen ist

1. das Ablagern, Lagern und Befördern von Abfällen, die nachweislich im Zuge der Sicherung oder Sanierung von

a) im Verdachtsflächenkataster eingetragenen Verdachtsflächen oder

b) im Altlastenatlas eingetragenen Altlasten anfallen, oder

2. das Umlagern von Abfällen, soweit bereits ein Altlastenbeitrag entrichtet wurde.

Der Nachweis gemäß Z 1 ist durch eine Bestätigung der zuständigen Behörde, dass Sicherungs- oder Sanierungsmaßnahmen für die entsprechende Verdachtsfläche oder Altlast genehmigt oder beauftragt wurden, zu erbringen."

Strittig ist, ob die auf der Deponie der zweitbeschwerdeführenden Partei im vierten Quartal 2001 und im ersten Quartal 2002 vorgenommenen Abfallablagerungen nach § 3 Abs. 2 ALSAG von der Beitragspflicht ausgenommen sind.

Die belangte Behörde hat die Feststellung, die in Rede stehenden Abfallablagerungen unterlägen dem Altlastenbeitrag, damit begründet, dass die Befreiungsbestimmung des § 3 Abs. 2 ALSAG nur für im Inland durchgeführte Sanierungsmaßnahmen in Betracht komme. Die zweitbeschwerdeführende Partei hingegen meint, eine Beschränkung der Beitragsbefreiung auf inländische Sanierungsmaßnahmen stehe im Widerspruch zum Gemeinschaftsrecht.

Nach § 3 Abs. 2 Z 1 ALSAG ist Voraussetzung für die Beitragsbefreiung, dass die Abfälle von Flächen stammen, die im österreichischen Verdachtsflächenkataster oder im Altlastenatlas eingetragen sind.

Im österreichischen Verdachtsflächenkataster und im Altlastenatlas können naturgemäß nur in Österreich gelegene Flächen eingetragen werden, da diese Register der Erfassung im Inland gelegener Altlasten zwecks Vorbereitung ihrer Sicherung und Sanierung dienen (siehe § 13 ALSAG). Aus diesem Grund kommt eine Ausnahme von der Beitragspflicht bei uneingeschränkter Anwendung des § 3 Abs. 2 Z. 1 ALSAG nur für Abfälle in Betracht, die aus der Sicherung oder Sanierung einer inländischen Verdachtsfläche oder einer inländischen Altlast stammen.

Mit Beschluss vom , EU 2006/0001, hat der Verwaltungsgerichtshof dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) folgende Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt:

"Stehen die Art. 10, 12, 23, 25, 49 oder 90 EG einer nationalen Abgabenvorschrift entgegen, welche die Ablagerung von Abfällen auf einer Deponie einer Abgabe (Altlastenbeitrag) unterwirft, aber eine Befreiung von dieser Abgabe für die Ablagerung von Abfällen vorsieht, die nachweislich im Zuge der Sicherung oder Sanierung von kontaminierten Flächen (Verdachtsflächen oder Altlasten) anfallen, wenn die Flächen (Verdachtsfläche oder Altlast) in im Gesetz vorgesehenen behördlichen Registern (Verdachtsflächenkataster oder Altlastenatlas) eingetragen sind, wobei in diese Register nur Flächen im Inland eingetragen werden können, sodass auch die Abgabenbefreiung nur für die Ablagerung von Abfällen möglich ist, die von im Inland gelegenen Verdachtsflächen oder Altlasten stammen?"

In seinem Urteil vom , C-221/06, hat der EuGH die Anwendbarkeit des Art. 90 EG auf den Altlastenbeitrag bejaht und die gestellte Frage wie folgt geantwortet:

"Art. 90 Abs. 1 EG steht einer nationalen Abgabenvorschrift wie § 3 Abs. 2 Z 1 des Altlastensanierungsgesetzes vom entgegen, die das Ablagern von bei der Sanierung oder Sicherung inländischer Altlasten und Verdachtsflächen anfallenden Abfällen von der Abgabe auf das langfristige Ablagern von Abfällen auf inländischen Deponien ausnimmt, diese Befreiung für das Ablagern von bei der Sanierung oder Sicherung von Flächen in anderen Mitgliedstaaten anfallenden Abfällen aber ausschließt."

Die belangte Behörde hat ihre Feststellung, dass die Abfälle dem Altlastenbeitrag unterliegen, damit begründet, Sanierungsmaßnahmen, die nicht im Inland gesetzt worden seien, kämen für eine Beitragsbefreiung nicht in Betracht. Dies ist nach dem Urteil des EuGH mit Gemeinschaftsrecht nicht vereinbar. § 3 Abs. 2 ALSAG steht, soweit er eine Beitragsbefreiung an die Voraussetzung der Eintragung im Altlastenatlas bzw. im Verdachtsflächenkataster knüpft und dadurch eine Beitragsbefreiung für Abfälle aus anderen Mitgliedstaaten der EU verhindert, im Widerspruch zum Gemeinschaftsrecht und ist daher in diesem Umfang nicht anwendbar (vgl. zur Unanwendbarkeit innerstaatlicher Vorschriften, die im Widerspruch zum Gemeinschaftsrecht stehen, das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , 99/07/0177, VwSlgNF 15.641 A u.a.).

Aus den dargestellten Erwägungen erweist sich der angefochtene Bescheid als inhaltlich rechtswidrig, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben war.

Der Ausspruch über den Kostenersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordung 2003, BGBl. II Nr. 333.

Wien, am