VwGH 14.04.2014, Ra 2014/04/0004
Entscheidungsart: Beschluss
Rechtssätze
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Norm | VwGG §30 Abs2; |
RS 1 | Stattgebung - Genehmigung einer gewerblichen Betriebsanlage - Nach ständiger Rechtsprechung hat der Verwaltungsgerichtshof im Verfahren über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Entscheidung nicht zu überprüfen, sondern es ist - wenn das in der Beschwerde (nunmehr: Revision) selbst erstattete Vorbringen nach der Aktenlage nicht etwa von vornherein als zutreffend zu erkennen ist - zunächst von den Annahmen in der angefochtenen Entscheidung auszugehen (vgl. etwa , mwN). In diesem Sinne hat der Verwaltungsgerichtshof auch bereits erkannt, dass eine aufschiebende Wirkung zuzuerkennen ist, wenn der Fehler in der angefochtenen Entscheidung nicht bloß ein potentieller, sondern ein evidenter ist, mit anderen Worten die Partei mit den Folgen eines offenkundig vorliegenden Fehlers der belangten Behörde belastet würde (vgl. abermals den Beschluss vom , AW 2013/04/0036, mit Verweis auf den Beschluss vom , AW 2002/08/0031). |
Norm | VwGG §42 Abs2 Z3 lita; |
RS 1 | Aktenwidrigkeit liegt dann vor, wenn die Entscheidung in ihrer Begründung von Sachverhalten ausgeht, die sich aus dem Akt überhaupt nicht oder nicht in der angenommenen Weise ergeben, wenn also die Feststellung jener tatsächlichen Umstände unrichtig ist, die für den Spruch der Entscheidung ausschlaggebend sind (Hinweis E vom , 2013/10/0143, mwN). |
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat über den Antrag der S GesmbH, vertreten durch Dr. Gerhard Richter und Dr. Rudolf Zahlbruckner, Rechtsanwälte in 8010 Graz, Bürgergasse 1, der gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Burgenland vom , Zl. Ü BO2/04/2014.002/002, betreffend Genehmigung einer gewerblichen Betriebsanlage, erhobenen außerordentlichen Revision die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, den Beschluss gefasst:
Spruch
Gemäß § 30 Abs. 2 VwGG wird dem Antrag stattgegeben.
Begründung
Aufgrund des bei der Behörde am eingelangten Antrages wurde der Revisionswerberin mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft O vom die gewerbebehördliche Genehmigung zur Neuerrichtung einer Betriebsanlage, umfassend u. a. eine Service- und Lagerhalle sowie Abstell- und Lagerflächen im Freien (20 Lkw-Abstellplätze, weitere 10 Lkwbzw. Baumaschinenabstellplätze und 29 Pkw-Abstellplätze), eine Lkw-Waschanlage, einen Bremsprüfstand und Lärmschutzeinrichtungen, erteilt.
Diese Genehmigung wurde aufgrund der Berufung der mitbeteiligten Nachbarn mit dem angefochtenen Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Burgenland vom gemäß § 28 Abs. 2 Z. 1 VwGVG aufgehoben und das Genehmigungsansuchen als unzulässig zurückgewiesen. Außerdem wurde gemäß § 25a VwGG die Unzulässigkeit einer Revision ausgesprochen.
Begründend führte das Landesverwaltungsgericht nach Wiedergabe des Verfahrensgeschehens aus, die Revisionswerberin habe bereits mit Schreiben vom um eine entsprechende Betriebsanlagengenehmigung ersucht, die vom Landeshauptmann mit Bescheid vom erteilt, aber mit Berufung bekämpft worden sei. Nach mehreren Rechtsgängen (vgl. zuletzt das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. 2007/04/0119) sei das diesbezügliche Berufungsverfahren wiederum beim zuständigen Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend anhängig, der - so das Landesverwaltungsgericht - bislang nicht entschieden habe. Daraus zog das Landesverwaltungsgericht den Schluss, das nunmehrige Ansuchen vom sei "unzulässig, weil nicht zwei nebeneinander bestehende Genehmigungen für die eine Einheit bildende Betriebsanlage erteilt werden dürfen".
Mit der dagegen eingebrachten außerordentlichen Revision wird die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung begehrt.
Gemäß § 30 Abs. 2 VwGG hat der Verwaltungsgerichtshof auf Antrag der revisionswerbenden Partei die aufschiebende Wirkung mit Beschluss zuzuerkennen, wenn dem nicht zwingende öffentliche Interessen entgegenstehen und nach Abwägung aller berührten öffentlichen Interessen und Interessen anderer Parteien mit dem Vollzug des angefochtenen Erkenntnisses oder mit der Ausübung der durch das angefochtene Erkenntnis eingeräumten Berechtigung für den Revisionswerber ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden wäre.
Nach ständiger Rechtsprechung hat der Verwaltungsgerichtshof im Verfahren über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Entscheidung nicht zu überprüfen, sondern es ist - wenn das in der Beschwerde (nunmehr: Revision) selbst erstattete Vorbringen nach der Aktenlage nicht etwa von vornherein als zutreffend zu erkennen ist - zunächst von den Annahmen in der angefochtenen Entscheidung auszugehen (vgl. etwa , mwN). In diesem Sinne hat der Verwaltungsgerichtshof auch bereits erkannt, dass eine aufschiebende Wirkung zuzuerkennen ist, wenn der Fehler in der angefochtenen Entscheidung nicht bloß ein potentieller, sondern ein evidenter ist, mit anderen Worten die Partei mit den Folgen eines offenkundig vorliegenden Fehlers der belangten Behörde belastet würde (vgl. abermals den Beschluss vom , AW 2013/04/0036, mit Verweis auf den Beschluss vom , AW 2002/08/0031).
Gegenständlich ist nach den vorgelegten Akten von einem solchen offenkundig vorliegenden Fehler des Landesverwaltungsgerichts auszugehen:
Zutreffend weist der Revisionswerber nämlich darauf hin, dass ein weiteres Verfahren beim Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend (nunmehr: Bundesminister für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft) nicht mehr anhängig sei, weil er das betreffende (von ihm zunächst eingeschränkte) Ansuchen bereits mit Schriftsatz vom , somit noch vor Erlassung des angefochtenen Erkenntnisses, ausdrücklich "zur Gänze zurückgezogen" habe und der Bundesminister darauf mit Bescheid reagiert habe.
Den vom Landesverwaltungsgericht vorgelegten Akten ist sowohl das Zurückziehungsschreiben des Revisionswerbers vom als auch der daraufhin ergangene Bescheid des Bundesministers für Wirtschaft, Familie und Jugend vom , Zl. BMWFJ- 319.868/0006-I/5a/2013, mit dem infolge der Zurückziehung der seinerzeitige Erstbescheid aufgehoben worden war, zu entnehmen. Die dem angefochtenen Erkenntnis zugrunde liegende Feststellung eines beim zuständigen Bundesminister noch anhängigen und dem Ansuchen vom entgegen stehenden unerledigten Verfahrens betreffend dieselbe Betriebsanlage muss daher - unvorgreiflich der durch den Senat in Erledigung der Revision noch vorzunehmenden Beurteilung - als aktenwidrig angesehen werden.
Ausgehend davon wäre schon die vorläufige Tragung der sich aus diesem Erkenntnis ergebenden nicht geringfügigen Rechtsfolge (nach dem Verwaltungsakt erging gegenüber dem Revisionswerber aufgrund des angefochtenen Erkenntnisses bereits eine Verfahrensanordnung gemäß § 360 Abs. 1 GewO 1994 zur Schließung der Betriebsanlage) auch nur für die Dauer des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens ein unverhältnismäßiger Nachteil für den Revisionswerber.
Zwingende öffentliche Gründe stehen der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung nicht entgegen, ist doch aufgrund der Begründung des Bescheides der Bezirkshauptmannschaft O vom (von dieser ist angesichts fehlender gegenteiliger Ermittlungsergebnisse des Landesverwaltungsgerichts im gegenständlichen Provisorialverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof vorläufig auszugehen) anzunehmen, dass durch den Betrieb der in Rede stehenden Betriebsanlage Nachbarn nicht gefährdet werden.
Wien, am
Entscheidungstext
Entscheidungsart: Erkenntnis
Entscheidungsdatum:
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Blaschek sowie die Hofräte Dr. Mayr und Dr. Pürgy als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Mitter, über die Revision der S GesmbH in G, vertreten durch Dr. Gerhard Richter und Dr. Rudolf Zahlbruckner, Rechtsanwälte in 8010 Graz, Bürgergasse 13, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Burgenland vom , Zl. Ü B02/04/2014.002/002, betreffend Genehmigung einer gewerblichen Betriebsanlage (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Oberwart; mitbeteiligte Parteien: 1. Mag. C K in B, 2. J R in G, 3. M S in G), zu Recht erkannt:
Spruch
Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat der Revisionswerberin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
I.
1 1. Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft O vom wurde der Revisionswerberin auf Grund ihres Antrages vom die gewerbebehördliche Genehmigung zur Neuerrichtung einer Betriebsanlage, umfassend unter anderem eine Service- und Lagerhalle sowie Abstell- und Lagerflächen im Freien, eine Lkw-Waschanlage, einen Bremsprüfstand, Büro- und Sozialräume, eine Biomasseheizung und Lärmschutzeinrichtungen, erteilt.
2 2. Diese Genehmigung hat das Landesverwaltungsgericht Burgenland auf Grund der Berufungen der mitbeteiligten Parteien (Nachbarn) mit dem angefochtenen Erkenntnis vom gemäß § 28 Abs. 2 Z 1 VwGVG aufgehoben und das Genehmigungsansuchen als unzulässig zurückgewiesen. Außerdem wurde die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof für nicht zulässig erklärt.
3 Begründend führte das Landesverwaltungsgericht nach Wiedergabe des Verfahrensgeschehens aus, die Revisionswerberin habe bereits mit Schreiben vom um eine entsprechende Betriebsanlagengenehmigung am gegenständlichen Standort ersucht, die vom Landeshauptmann mit Bescheid vom erteilt, aber mit Berufung bekämpft worden sei. Nach mehreren Rechtsgängen (vgl. zuletzt das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , 2007/04/0119) sei das diesbezügliche Berufungsverfahren wiederum beim zuständigen Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend anhängig, der - so das Verwaltungsgericht - bislang nicht entschieden habe. Daraus zog das Landesverwaltungsgericht den Schluss, das nunmehrige Ansuchen vom sei "unzulässig, weil nicht zwei nebeneinander bestehende Genehmigungen für die eine Einheit bildende Betriebsanlage erteilt werden dürfen".
4 3. Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision. Die belangte Behörde erstattete eine Revisionsbeantwortung, in der sie die Aufhebung des angefochtenen Erkenntnisses beantragte.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
5 1. Die Revisionswerberin bringt vor, das Verwaltungsgericht sei von einem offensichtlich unrichtigen Sachverhalt ausgegangen und habe seine Entscheidung darauf gestützt. Die Zurückweisung des Genehmigungsantrages vom sei nur der unrichtigen Sachverhaltsfeststellung geschuldet, dass ein weiteres (auf den Antrag vom zurückgehendes) Betriebsanlagenverfahren beim Bundesminister anhängig sei. Die Revisionswerberin habe jedoch am im dortigen Verfahren den Antrag um wesentliche Teile eingeschränkt, sodass ab diesem Zeitpunkt nur ein Personalgebäude sowie ein Biotop und ein Löschteich samt Abwasserkanal Verfahrensgegenstand gewesen sei. Die restlichen verfahrensgegenständlichen Projektbestandteile seien weder räumlich, sachlich noch inhaltlich in irgendeinem Zusammenhang mit dem Projekt vom gestanden. Seit habe es daher keinerlei "Überschneidung" mit dem aktuellen Verfahrensgegenstand und damit kein Kriterium für eine Prüfung im Sinne der "Einheit der Betriebsanlage" mehr gegeben. Am sei von der Revisionswerberin der Genehmigungsantrag vom auch hinsichtlich des damals restlichen Verfahrensinhaltes und damit das seinerzeitige Ansuchen zur Gänze zurückgezogen worden. Aus diesem Grund habe der Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend mit Bescheid vom den angefochtenen Bescheid des Landeshauptmannes vom und den diesem zugrunde liegenden Bescheid der Bezirkshauptmannschaft O vom ersatzlos behoben.
2. Die Revision ist zulässig und auch berechtigt. 6 Aktenwidrigkeit liegt dann vor, wenn die Entscheidung in
seiner Begründung von Sachverhalten ausgeht, die sich aus dem Akt überhaupt nicht oder nicht in der angenommenen Weise ergeben, wenn also die Feststellung jener tatsächlichen Umstände unrichtig ist, die für den Spruch der Entscheidung ausschlaggebend sind (vgl. in diesem Sinn das hg. Erkenntnis vom , 2013/10/0143, mwN).
7 Das Verwaltungsgericht begründet seine Entscheidung, den Genehmigungsantrag der Revisionswerberin vom zurückzuweisen, damit, dass am gegenständlichen Standort bereits ein von der Revisionswerberin am beantragtes Betriebsanlagengenehmigungsverfahren beim Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend anhängig sei und zwei nebeneinander bestehende Genehmigungen für die eine Einheit bildende Betriebsanlage nicht erteilt werden dürften.
Wie sich aus den von der Revisionswerberin vorgelegten Schreiben vom und vom ergibt, wurde der Genehmigungsantrag vom zunächst eingeschränkt und schließlich zur Gänze zurückgezogen. Dass dieses Verfahren zum Zeitpunkt der Zurückweisungsentscheidung des Verwaltungsgerichts nicht mehr anhängig war, belegt zudem der vorgelegte (und im Verwaltungsakt einliegende) Bescheid des Bundesministers für Wirtschaft, Familie und Jugend vom .
8 3. Da der Sachverhalt vom Verwaltungsgericht in einem wesentlichen Punkt aktenwidrig angenommen wurde, war das angefochtene Erkenntnis gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. a VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
9 4. Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.
Wien, am
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Norm | VwGG §30 Abs2; |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:2014:RA2014040004.L00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
WAAAE-90833