VwGH 24.06.2009, 2009/09/0117
Entscheidungsart: Erkenntnis
Rechtssätze
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RS 1 | Der Beschwerdeführer bekämpft den angefochtenen Bescheid im Wesentlichen mit dem Vorbringen, bei den verfahrensgegenständlichen Ausländerinnen habe es sich nicht um wirtschaftlich unselbständige, abhängige Arbeitnehmerinnen gehandelt. Sie seien vielmehr in Ausübung des "ältesten Gewerbes der Welt", nämlich der Prostitution und somit als "Selbständige" tätig gewesen, was als offenkundige Tatsache im Sinne des § 45 AVG zu werten sei. Auch wenn man davon ausgehe, dass allgemein animiert worden sei, so lasse dies noch nicht den Schluss zu, es wäre eine Tätigkeit ausgeübt worden, die mit einer wirtschaftlichen Abhängigkeit in Einklang zu bringen sei, zumal keine Verpflichtung zur Erbringung irgendwelcher persönlicher Leistungen nachgewiesen worden sei. Als offenkundige Tatsache kann die Beurteilung der Tätigkeit der Ausländerinnen durch den Beschwerdeführer schon deswegen nicht angesehen werden, weil es sich dabei nicht um eine Tatsache, sondern um eine rechtliche Qualifikation handelt. Das Rechtsinstitut des "receptum cauponium et stabulariorum" aus dem römischen Recht regelt dort die Haftung des Herbergs- und Stallwirts, dies hat jedenfalls mit der Frage, ob eine Beschäftigung im Sinne des § 2 AuslBG vorliegt, nichts zu tun. |
Hinweis auf Stammrechtssatz | GRS wie 99/09/0167 E RS 1 |
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RS 2 | Die gebotene Gesamtbetrachtung der einzelnen Faktoren, die für oder gegen ein zumindest arbeitnehmerähnliches Verhältnis der Ausländerinnen zum Beschwerdeführer sprechen, ergibt, dass die belangte Behörde diese Frage mit Recht bejaht hat. Insbesondere wurden fixe Provisionen für das Animieren festgestellt. Der Verwaltungsgerichtshof hat in einer Reihe von E wiederholt dargelegt, dass die Tätigkeit als Tänzerin und/oder Animierdame in Barbetrieben oder vergleichbaren Etablissements eine Beschäftigung im Sinne des § 2 AuslBG darstellt (vgl. zur Tätigkeit als Animierdame die E vom , Zl. 99/09/0078, und vom , Zl. 98/09/0060, sowie die dort jeweils angegebene Vorjudikatur). Der Verwaltungsgerichtshof sieht auch im Beschwerdefall grundsätzlich keine Veranlassung, von der von ihm vertretenen Ansicht abzurücken, bei der Tätigkeit einer Animierdame handle es sich um eine arbeitnehmerähnliche Tätigkeit im Sinne des § 2 Abs. 2 lit. b AuslBG (vgl. dazu auch die E vom , Zl. 94/09/0195, vom , Zl. 96/09/0133, vom , Zl. 97/09/0013, und vom , Zl. 99/09/0134). All diesen E lagen - wie auch im vorliegenden Fall - Feststellungen der Verwaltungsstrafbehörden hinsichtlich der Erbringung einer Gegenleistung für die Tätigkeit des "Animierens" durch das ausländische Mädchen zu Grunde. In Bezug auf die bei TV festgestellte und bei den anderen angenommene und vom Beschwerdeführer sogar behauptete Tätigkeit als Prostituierte konnte auf Grund von Angaben durch TV davon ausgegangen werden, dass hier die Preise vom Beschwerdeführer festgesetzt waren und die Ausländerinnen bestimmte Summen abzuliefern hatten. Ferner hat der Beschwerdeführer die Tätigkeit als Prostituierte auch durch seine unbestrittene Weisung hinsichtlich der Benützung von Kondomen bestimmt. |
Hinweis auf Stammrechtssatz | GRS wie 99/09/0167 E RS 2 |
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RS 3 | Das Einkommensniveau in den Heimatländern der beschäftigten Ausländerinnen ist zur Lösung der Frage, ob die ausländischen Staatsangehörigen selbständig oder in einem Unterordnungsverhältnis tätig waren, völlig unbeachtlich. |
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Thienel und die Hofräte Dr. Bachler und Dr. Doblinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Plankensteiner, über die Beschwerde des M K in K, vertreten durch Mag. Dr. Gerald Amandowitsch, Rechtsanwalt in 4040 Linz, Hauptstraße 33, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich vom , Zl. VwSen-251776/24/Py/Sta, betreffend Bestrafung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz (weitere Parteien: Bundesminister für Finanzen, Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Auf Grund der Beschwerde und des mit ihr vorgelegten angefochtenen Bescheides steht folgender Sachverhalt fest:
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit als gemäß § 9 VStG nach außen vertretungsbefugtes Organ der S GmbH in L zu verantworten, dass von dieser in der weiteren Betriebsstätte O zumindest am sechs näher bezeichnete rumänische Staatsangehörige, die über keinen entsprechenden Aufenthaltstitel verfügt hätten, als Prostituierte beschäftigt worden seien, obwohl für diese keine der im Einzelnen aufgezählten arbeitsmarktrechtlichen Bewilligungen bzw. Bestätigungen ausgestellt gewesen seien.
Der Beschwerdeführer habe dadurch sechs Übertretungen gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (AuslBG) begangen. Es wurden sechs Geldstrafen in der Höhe von je EUR 2.000,-- (im Nichteinbringungsfall sechs Ersatzfreiheitsstrafen von je 33 Stunden) verhängt.
In der Begründung des angefochtenen Bescheides stellte die belangte Behörde folgenden Sachverhalt fest (Anonymisierungen durch den Verwaltungsgerichtshof, Schreibfehler im Original):
"Der Bw" (das ist der Beschwerdeführer) "ist handelsrechtlicher Geschäftsführer der S GmbH in L, die unter der Adresse E das Bordell O betreibt.
Am wurden die rumänischen Staatsangehörigen
BM, geboren …
NA, geboren …
ZL, geboren …
LC, geboren …
SD, geboren …
VC, geboren …
im Bordell O zu Animationszwecke bzw. als Prostituierte beschäftigt. Arbeitsmarktrechtliche Bewilligungen für diese Beschäftigung lagen nicht vor. Im Unternehmen des Bw ist kein wirksames Kontrollsystem zur Hintanhaltung von Übertretungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes eingerichtet.
Den Ausländerinnen wurde im Bordell von dem vom Bw vertretenen Unternehmen Zimmer zur Ausübung der Prostitution und zu Wohnzwecken zur Verfügung gestellt. Sie waren verpflichtet, bei der Ausübung ihrer Tätigkeit Kondomen zu verwenden und die erforderlichen gesundheitlichen Untersuchungen durchzuführen, letzteres wurde seitens des für das Lokal im Unternehmen des Bw zuständigen Vertreters auch regelmäßig überprüft. Der von den Kunden zu entrichtenden Liebeslohn war einheitlich festgelegt, rund die Hälfte davon mussten die Damen an das vom Bw vertretene Unternehmen abgeben. Jedenfalls bei Bezahlung mit Kreditkarte wurde dies vom Kunden beim Barmann durchgeführt, der den Damen ihren Anteil in der Folge auszahlte."
Rechtlich beurteilte die belangte Behörde diesen Sachverhalt, dass nach einer Gesamtbetrachtung aller Umstände von arbeitnehmerähnlichen Beschäftigungsverhältnissen auszugehen sei.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Der Beschwerdeführer tritt dem von der belangten Behörde festgestellten Sachverhalt nicht entgegen.
Der gegenständliche Sachverhalt entspricht im Wesentlichen demjenigen, der hinsichtlich der Prostituierten TV dem hg. Erkenntnis vom , Zl. 99/09/0167, zu Grunde lag. Es genügt daher, zur Beurteilung der Tätigkeit der gegenständlichen Ausländerinnen als Beschäftigung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG auf dieses Erkenntnis zu verweisen.
Zu den weiteren Einwendungen des Beschwerdeführers ist noch zu ergänzen:
Der Beschwerdeführer bringt vor, die belangte Behörde hätte darlegen müssen, "wie nun ein derartiges Kontrollsystem ihrer Auffassung nach ausgestaltet sein sollte", um den Anforderungen an ein "ausreichendes" Kontrollsystem genüge zu tun. Der Einwand des Beschwerdeführers, die belangte Behörde hätte die Maßnahmen nennen müssen, die er zu treffen verabsäumt hat, ist nicht zielführend, weil er selbst bei dem hier in Rede stehenden Ungehorsamsdelikt initiativ alles darzulegen hätte, womit er ein wirksames Kontrollsystem errichtet und wie er es durchgeführt hat (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2001/03/0140).
Was der Beschwerdeführer mit dem Vorbringen meint, es treffe ihn kein Verschulden, er "dürfte jedenfalls zum Tatzeitpunkt im Jahr 2006 davon ausgehen, dass in rechtlicher Hinsicht die Strafbestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes nicht anwendbar sind", ist mangels näherer Ausführungen dazu nicht nachvollziehbar.
Auch die pauschal gehaltene, nicht konkret begründete Forderung nach Anwendung des § 21 VStG ist nicht geeignet, die Begründung der belangten Behörde, die Tat bleibe nicht hinter dem delikttypischen Unrechts- und Schuldgehalt zurück und die kumulativen Voraussetzungen des § 21 VStG lägen nicht vor, als rechtswidrig erscheinen zu lassen.
Der Beschwerdeführer rügt als Verfahrensmangel, dass die belangte Behörde durch ein Einzelmitglied entschieden hätte, obwohl eine Geldstrafe von "insgesamt EUR 12.000,--" verhängt worden sei. Damit verkennt er die Rechtslage, denn die belangte Behörde hat richtigerweise für jede unberechtigt beschäftigte Ausländerin eine eigene Strafe verhängt. Keine dieser Einzelstrafen liegt über EUR 2.000,--. Gemäß § 51c VStG entscheiden die unabhängigen Verwaltungssenate im Falle, dass im angefochtenen Bescheid weder eine primäre Freiheitsstrafe noch eine EUR 2.000,-- übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch eines ihrer Mitglieder (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 96/09/0378).
Abschließend rügt der Beschwerdeführer als Verfahrensmangel, dass die belangte Behörde keine "Erhebungen zum Einkommensniveau in den Heimatländern der Ausländerinnen" gemacht habe. Dieses Einkommensniveau ist zur Lösung der Frage, ob die ausländischen Staatsangehörigen selbständig oder in einem Unterordnungsverhältnis tätig waren, völlig unbeachtlich, weshalb der behauptete Verfahrensmangel nicht vorliegt.
Bereits der Inhalt der Beschwerde lässt erkennen, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, weshalb die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen war.
Wien, am
Zusatzinformationen
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ECLI | ECLI:AT:VWGH:2009:2009090117.X00 |
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Fundstelle(n):
CAAAE-90818