VwGH vom 10.10.2011, 2011/17/0143

VwGH vom 10.10.2011, 2011/17/0143

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pallitsch, die Hofräte Dr. Holeschofsky und Dr. Köhler sowie die Hofrätinnen Dr. Zehetner und Mag. Nussbaumer-Hinterauer als Richter, im Beisein der Schriftführerin MMag. Gold, über die Beschwerde des G G in G, vertreten durch Greiml Horwath Rechtsanwaltspartnerschaft in 8010 Graz, Conrad-von-Hötzendorf-Straße 6, gegen den Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft vom , Zl. BMLFUW-LE./0570-I/7/2011, betreffend einheitliche Betriebsprämie für das Jahr 2009, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1.1. Mit dem erstinstanzlichen Bescheid des Vorstandes für den Geschäftsbereich II der Agrarmarkt Austria (AMA) vom wurde in Abänderung des Bescheides vom betreffend die einheitliche Betriebsprämie für das Jahr 2009 ausgesprochen, dass dem Beschwerdeführer auf Grund seines Antrages eine Betriebsprämie in der Höhe von EUR 7.155,80 gewährt werde. Unter Berücksichtigung des bereits überwiesenen Betrages von EUR 13.824,79 ergebe dies eine Rückforderung von EUR 6.668,99 samt Zinsen.

Aus der Begründung ergibt sich entscheidungswesentlich, dass anlässlich einer Vor-Ort-Kontrolle am Flächenabweichungen von über 3 % oder über 2 ha und bis höchstens 20 % (von den vom Antragsteller angegebenen Flächenausmaßen) festgestellt worden seien und daher der Beihilfebetrag um das Doppelte habe gekürzt werden müssen. Aus dem hinzugefügten Verweis auf die Flächentabelle und der dort ausgeworfenen "Abzugflächensanktion" ergibt sich, dass der Beschwerdeführer eine Fläche von insgesamt 115,23 ha (davon 66,25 ha Almfläche) seinem Antrag zugrunde gelegt hat. Auf Grund des Ergebnisses der Vor-Ort-Kontrolle und der Sanktionen hat die Behörde jedoch eine ermittelte Fläche von 96,22 ha (davon 47,24 ha Almfläche) ihrer Entscheidung zugrunde gelegt.

1.2. In seiner dagegen erhobenen Berufung führte der Beschwerdeführer aus, er habe als Almbewirtschafter die Almfutterfläche anhand sämtlicher zur Verfügung stehender Mittel nach bestem Wissen und Gewissen ermittelt; er habe mit der Alpung seiner Tiere auf der geprüften Alm keinen Fördervorteil erwirkt, es würde nur seine Gesamtprämie auf mehrere Hektar verteilt; die zurückgeforderte Betriebsprämie stehe in keinem Verhältnis zu den von über den Auftrieb von Tieren erworbenen Prämien, eine Angemessenheit der Rückforderung sei in keinster Weise gegeben; in der Invekos-GIS-Verordnung 2004 sei festgelegt, dass dem Landwirt eine Hofkarte für die Ermittlung der beihilfefähigen Flächen zur Verfügung gestellt werden müsse, die AMA habe es verabsäumt, ihm rechtzeitig und fristgerecht eine Hofkarte zur Berichtigung seiner Futterfläche zu übermitteln, was jedoch unbedingt erforderlich gewesen wäre, um die Almfutterfläche möglichst richtig einschätzen zu können; auf der dem Beschwerdeführer zur Verfügung gestellten Hofkarte seien keine Katastergrenzen ersichtlich gewesen, weshalb es ihm unmöglich gewesen sei, sich auf der Hofkarte zu orientieren, was aber wiederum unbedingt erforderlich gewesen wäre, um seine Almfutterflächen vor Ort richtig einschätzen zu können, ihn treffe daher kein Verschulden an der behaupteten unrichtigen Flächenfeststellung; durch den Maßstab der Hofkarte und die sehr schlechte Luftbildqualität sei es ihm nicht möglich gewesen, die Futterfläche richtig festzustellen; eine Flächenermittlung mittels Invekos-GIS sei erst mit der Invekos-GIS-Verordnung 2009 verpflichtend, vorher sei eine Digitalisierung von Almen freiwillig gewesen, weshalb es ihm nicht möglich gewesen sei, vor diesem Zeitpunkt eine exakte Futterfläche zu ermitteln und diese der AMA bekannt zu geben; da die im Rahmen der Vor-Ort-Kontrolle 2009 festgestellte Almfutterfläche nicht den tatsächlichen Verhältnissen in der Natur entspreche, werde eine neuerliche Überprüfung beantragt, er stelle die Flächenermittlung in Frage und beantrage daher die Beiziehung eines gerichtlich beeideten Sachverständigen zum Beweis dafür, dass die Flächendaten in seinem Fall falsch ermittelt worden seien, und dass das Verfahren der Almfutterflächenermittlung immer wieder zu unterschiedlichen Ergebnissen führe; für das betreffende Antragsjahr habe er von der AMA keine Hofkarte zur Verfügung gestellt bekommen, um rechtzeitig vor dem Mehrfachantrag die Almfutterfläche berichtigen zu können, die Vor-Ort-Kontrolle sei jedoch bereits unter Verwertung eines aktuellen Luftbildes durchgeführt worden; die bei der Vor-Ort-Kontrolle vorgefundene Fläche sei größer als die für die Berechnung berücksichtigte Fläche, der Flächenanteil auf nicht beantragten Grundstücken sei nicht berücksichtigt worden, weshalb der Antrag auf Beiziehung eines gerichtlich beeideten Sachverständigen zur Ermittlung der Frage, welcher Flächenanteil sich bei Berücksichtigung der Almfutterfläche der nicht beantragten Grundstücke ergäbe, gestellt werde; die Almfutterflächenermittlung sei derart kompliziert, dass es einem Landwirt auch bei größtem Bemühen unmöglich sei, die Futterfläche exakt zu ermitteln, selbst der AMA sei es bei aufeinanderfolgenden Vor-Ort-Kontrollen nicht möglich gewesen, übereinstimmende Flächenausmaße für ein und dieselbe Alm festzustellen, was die Komplexität der Almfutterflächenermittlung zeige.

1.3. Mit Schreiben vom hielt die belangte Behörde dem Beschwerdeführer vor, bei der am 16. und erfolgten Vor-Ort-Kontrolle sei auf der näher angeführten Alm das Ausmaß der beihilfefähigen Flächen ermittelt worden. Es habe sich dabei eine beantragte Futterfläche von 320 ha und eine ermittelte Futterfläche von 218,14 ha ergeben. Zu den Almfutterflächenangaben des Jahres 2009 werde daher um Mitteilung ersucht, auf welche Unterlagen und Daten die beantragten Futterflächenausmaße zurückzuführen seien. Sollten die Angaben auf einer Futterflächenermittlung durch die Agrarbezirksbehörde gründen, werde um Vorlage des der Futterflächenermittlung zugrunde liegenden Luftbildes samt der vorgenommenen Futterflächenberechnung ersucht. In der Berufung werde vorgebracht, dass die Almfutterfläche anhand sämtlicher zur Verfügung stehender Mittel nach bestem Wissen und Gewissen ermittelt worden sei; dazu werde der Beschwerdeführer um Vorlage der entsprechenden Unterlagen (z.B. Auszug aus dem Almkataster, Luftbild, Mitteilung der Agrarbezirksbehörde über die Futterfläche) und nähere Erläuterung, auf welche Weise die Futterflächenberechnung tatsächlich durchgeführt worden sei, ersucht. Sofern der Beschwerdeführer die Futterflächenermittlung durch das Kontrollorgan bezweifle, werde er aufgefordert, seine Beanstandungen anhand der Vor-Ort-Kontroll-Feststellungen zu präzisieren und konkret zu belegen, Behauptungen könnten nicht als Beweis der unterstellten Angaben dienen.

Es treffe zu - so die belangte Behörde in dem erwähnten Schreiben weiter -, dass bis zum Jahr 2009 eine Flächenermittlung mittels Digitalisierung national nicht verpflichtend vorgeschrieben gewesen sei; es sei aber darauf hinzuweisen, dass die "EU-Rechtsvorschriften" jederzeit eine genaue Identifizierung der beihilfefähigen Flächen (sowohl hinsichtlich der Lage als auch dem Ausmaß) für die Erlangung eines Beihilfeanspruches vorausgesetzt hätten. Es sei dabei dem Antragsteller vorbehalten, die korrekten Flächenangaben sicher zu stellen. Soweit zur Thematik der nicht beantragten Flächen die Beiziehung eines gerichtlich beeideten Sachverständigen beantragt werde, sei darauf hinzuweisen, dass eine Berücksichtigung nicht beantragter Flächen nicht erlaubt sei.

In einer offenbar im Namen des Beschwerdeführers erstatteten Stellungnahme des Almbewirtschafters vom wird daraufhin entscheidungswesentlich vorgebracht, dass für die Jahre 2006 bis 2009 eine Almfutterfläche von 320 ha beantragt worden sei. Dabei sei das Ergebnis einer im September des Jahres 2005 durchgeführten Vor-Ort-Kontrolle durch die AMA zugrunde gelegt worden. Erst im Jahre 2009 habe eine neuerliche Vor-Ort-Kontrolle durch die AMA eine Almfutterfläche von 218,14 ha ergeben.

1.4. Mit Spruchpunkt 1. des vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheides sprach die belangte Behörde aus, es werde der Berufung des Beschwerdeführers gegen den erstinstanzlichen Bescheid vom teilweise stattgegeben und gemäß Art. 68 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 796/2004 keine Flächensanktion verhängt.

Mit Spruchpunkt 2. wurde der AMA die Berechnung des genauen Prämienbetrages der einheitlichen Betriebsprämie für das Antragsjahr 2009 nach Berücksichtigung allfälliger Kürzungen aufgetragen.

Begründend ging die belangte Behörde vom Ergebnis der Vor-Ort-Kontrolle im September des Jahres 2009 hinsichtlich der dabei ermittelten Almfutterfläche von 218,14 ha aus. Der Beschwerdeführer habe für das Jahr 2009 insgesamt 115,23 ha beihilfefähige Fläche (davon eine Almfläche von 66,25 ha auf der gegenständlichen Alm) beantragt. Auf Grund des Ergebnisses der erwähnten Vor-Ort-Kontrolle habe sich für den Beschwerdeführer eine ermittelte Fläche von insgesamt 96,22 ha ergeben, woraus eine Abweichung zwischen der beantragten (angemeldeten) und der ermittelten Fläche von über 3 % bis höchstens 20 % (konkret 19,7568 %) ergeben habe.

Der Beschwerdeführer habe jedoch auf die am durchgeführte Vor-Ort-Kontrolle durch den technischen Prüfdienst der AMA hingewiesen, wobei das Almfutterflächenausmaß von 320 ha bestätigt worden sei. Der Beschwerdeführer habe daher auch für das Antragsjahr 2009 davon ausgehen können, dass er nach bestem Wissen und Gewissen die erforderlichen Maßnahmen zur Ermittlung der beihilfefähigen Flächen gesetzt habe; es werde anerkannt, dass den Beschwerdeführer im Sinne des Art. 68 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 796/2004 keine Schuld treffe, sodass keine Flächensanktion zu erfolgen habe.

1.5. Der Beschwerdeführer bekämpft diesen Bescheid vor dem Verwaltungsgerichtshof wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift mit dem Antrag erstattet, die Beschwerde als unbegründet kostenpflichtig abzuweisen.

2.0. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

2.1.1. Nach Art. 22 der Verordnung (EG) Nr. 1782/2003 des Rates vom mit gemeinsamen Regeln für Direktzahlungen im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik und mit bestimmten Stützungsregeln für Inhaber landwirtschaftlicher Betriebe und zur Änderung bestimmter Verordnungen (in der Folge:

Verordnung (EG) Nr. 1782/2003) muss jeder Betriebsinhaber für die unter das integrierte System fallenden Direktzahlungen (Betriebsprämien) jedes Jahr einen Antrag einreichen, der unter anderem alle landwirtschaftlichen Parzellen des Betriebs enthält.

Art. 2 der Verordnung (EG) Nr. 796/2004 der Kommission vom mit Durchführungsbestimmungen zur Einhaltung anderweitiger Verpflichtungen, zur Modulation und zum Integrierten Verwaltungs- und Kontrollsystem nach der Verordnung (EG) Nr. 1782/2003 des Rates mit gemeinsamen Regeln für Direktzahlungen im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik und mit bestimmten Stützungsregelungen für Inhaber landwirtschaftlicher Betriebe (in der Folge Verordnung (EG) Nr. 796/2004) enthält verschiedene Begriffsbestimmungen. Nach dessen Abs. 10 sind als "Unregelmäßigkeiten" jede Missachtung der die Gewährung der betreffenden Beihilfe geltenden Rechtsvorschriften, nach dessen Abs. 11 unter "Sammelantrag" der Antrag auf Direktzahlungen im Rahmen der Betriebsprämienregelung und nach dessen Abs. 22 als "ermittelte Fläche" die Fläche, die allen in den Vorschriften für die Beihilfegewährung festgelegten Voraussetzungen genügt, zu verstehen.

Titel IV der Verordnung (EG) Nr. 796/2004 regelt die Berechnungsgrundlage für die Beihilfen sowie die Kürzungen und Ausschlüsse.

Liegt im Fall von Beihilfeanträgen im Rahmen der flächenbezogenen Beihilferegelungen die im Sammelantrag angegebene Fläche über der ermittelten Fläche derselben Kulturgruppe, so wird nach Art. 50 Abs. 3 der Verordnung (EG) Nr. 796/2004 unbeschadet der gemäß den Art. 51 und 53 vorzunehmenden Kürzungen und Ausschlüsse, die Beihilfe auf der Grundlage der für diese Kulturgruppe ermittelten Fläche berechnet.

Liegt bei einer Kulturgruppe die angemeldete Fläche für die Zwecke der flächenbezogenen Beihilferegelungen über der gemäß Art. 50 Abs. 3 bis 5 dieser Verordnung ermittelten Fläche, so wird nach Art. 51 der Verordnung (EG) Nr. 796/2004 die Beihilfe auf der Grundlage der ermittelten Fläche, gekürzt um das Doppelte der festgestellten Differenz, berechnet, wenn die Differenz über 3 % oder 2 ha liegt, aber nicht mehr als 20 % der ermittelten Fläche ausmacht. Liegt die festgestellte Differenz über 20 % der ermittelten Fläche, so wird für die betreffende Kulturgruppe keine flächenbezogene Beihilfe gewährt.

Nach Art. 68 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 796/2004 finden die in Kapitel I vorgesehenen Kürzungen und Ausschlüsse (zu denen auch jene nach Art. 51 der Verordnung gehören) keine Anwendung, wenn der Betriebsinhaber sachlich richtige Angaben vorgelegt hat oder auf andere Weise belegen kann, dass ihn keine Schuld trifft.

2.1.2. Nach § 19 Abs. 1 des Bundesgesetzes über die Durchführung der gemeinsamen Marktorganisationen (Marktordnungsgesetz 2007 - MOG 2007), BGBl. I Nr. 55/2007, ist für die Durchführung von Verwaltungsverfahren im Bereich des gemeinschaftlichen Marktordnungsrechts das Allgemeine Verwaltungsverfahrensgesetz (AVG) anzuwenden, soweit nicht nach § 13 die Vorschriften der Bundesabgabenordnung Anwendung finden.

Nach § 19 Abs. 3 leg. cit. kann der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft als Berufungsbehörde in den zu erlassenden Bescheiden die genaue Berechnung des Auszahlungsbetrags vorgeben.

Nach den Materialien hiezu (RV 37 Blg 23. GP, 9) soll die Bestimmung des § 19 Abs. 3 leg. cit. der Berufungsbehörde ermöglichen, im Rahmen der Berufungsentscheidung die konkrete Berechnungsgrundlage vorzugeben. Der tatsächliche Auszahlungsbetrag auf Basis der Vorgaben im Berufungsbescheid soll danach im Zuge der Auszahlung von der AMA bekannt gegeben werden.

Nach § 66 Abs. 1 AVG hat die Berufungsbehörde notwendige Ergänzungen des Ermittlungsverfahrens durch eine im Instanzenzug unterordnete Behörde durchführen zu lassen oder selbst vorzunehmen.

Nach Abs. 2 leg. cit. kann die Berufungsbehörde, wenn der ihr vorliegende Sachverhalt mangelhaft ist, dass die Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung unvermeidlich erscheint, den angefochtenen Bescheid beheben und die Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an eine im Instanzenzug untergeordnete Behörde zurückverweisen.

Gemäß § 66 Abs. 3 leg. cit. kann die Berufungsbehörde jedoch die mündliche Verhandlung und unmittelbare Beweisaufnahme auch selbst durchführen, wenn hiermit eine Ersparnis an Zeit und Kosten verbunden ist.

Schließlich hat nach § 66 Abs. 4 leg. cit. außer dem in Abs. 2 erwähnten Fall die Berufungsbehörde, sofern die Berufung nicht als unzulässig oder verspätet zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden. Sie ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung (§ 60 AVG) ihre Anschauung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern.

Die Wendung in der soeben zitierten Bestimmung des § 66 Abs. 4 AVG, dass die Berufungsbehörde "in der Sache selbst" zu entscheiden hat, bedeutet, dass sie sich mit der vorliegenden Verwaltungssache in gleicher Weise wie die Behörde erster Instanz zu befassen hat. Sie hat den maßgeblichen Sachverhalt festzustellen und rechtlich zu beurteilen und ein allenfalls bestehendes Ermessen auszuüben. Prozessgegenstand der Berufungsentscheidung ist daher die Verwaltungssache, die zunächst der ersten Instanz vorlag (vgl. nur das hg. Erkenntnis vom , Zl. 92/17/0133, mwN).

2.2. Von diesem Grundsatz, dass die Berufungsbehörde gemäß § 66 Abs. 4 AVG (hier in Verbindung mit § 19 Abs. 1 MOG 2007) in der Sache selbst zu entscheiden hat - ein Fall des § 66 Abs. 2 AVG liegt im Beschwerdefall nicht vor -, macht § 19 Abs. 3 MOG 2007 insofern eine Ausnahme, als diese Bestimmung der Berufungsbehörde ermöglicht "in den zu erlassenden Bescheiden die genaue Berechnung des Auszahlungsbetrags" vorzugeben. Wie sich aus den oben zitierten Materialien hiezu ergibt, soll damit der Berufungsbehörde die Möglichkeit eröffnet werden, den tatsächlichen Auszahlungsbetrag "auf Basis der Vorgaben im Berufungsbescheid" einer weiteren Bescheiderlassung der Behörde erster Instanz vorzubehalten.

§ 19 Abs. 3 MOG 2007 ist - auch als eng zu interpretierende Ausnahme vor dem Hintergrund der allgemeinen Bestimmung des § 66 Abs. 4 AVG - so zu verstehen, dass die Berufungsbehörde bereits im - allein der Rechtskraft fähigen - Spruch die bei ihr anhängige Sache abschließend zu erledigen hat und (nur) die konkrete Berechnung eines sich daraus - entsprechend den eindeutigen Vorgaben der Berufungsbehörde - ergebenden Auszahlungsbetrages der Behörde erster Instanz vorbehalten bleiben darf.

2.3. Diesen rechtlichen Vorgaben genügt der auf § 19 Abs. 3 MOG 2007 gestützte, oben wiedergegebene Spruch der belangten Behörde im Beschwerdefall nicht: Weder ist dem ersten Teil des Spruches mit hinreichender Deutlichkeit zu entnehmen, welche der in Kapitel I der Verordnung (EG) Nr. 796/2004 vorgesehenen Kürzungen und Ausschlüsse auf Grund des Vorliegens eines Sachverhaltes im Sinne des Art. 68 Abs. 1 der genannten Verordnung keine Anwendung finden, noch lässt sich dem zweiten Teil des Spruches eine im dargelegten Sinne eindeutige Vorgabe für die Behörde erster Instanz entnehmen, wenn dort in Widerspruch zum dargelegten Verständnis des § 19 Abs. 3 MOG 2007 - und einer möglichen Deutung des Spruchpunktes 1 des angefochtenen Bescheides - die Berücksichtigung "allfälliger Kürzungen" aufgetragen wird.

2.4. Der angefochtene Bescheid war daher wegen einer von Amts wegen wahrzunehmenden Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben, ohne dass auf das weitere Beschwerdevorbringen näher einzugehen war.

2.5. Die Entscheidung über die Verfahrenskosten beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am