VwGH vom 18.02.2015, Ra 2014/03/0045
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Thienel und die Hofräte Dr. Handstanger, Dr. Lehofer, Mag. Nedwed und Mag. Samm als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Revision des A F in S, vertreten durch Mag. Dr. Michael E. Sallinger, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Sillgasse 21/III, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Tirol vom , Zl LVwG- 2014/25/1113-5, betreffend Maßnahmen zur Beseitigung eines verbotswidrigen Zustands nach § 44 des Eisenbahngesetzes 1957 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht:
Bezirkshauptmannschaft Innsbruck; mitbeteiligte Partei: Ö AG in W, vertreten durch Dr. Erwin Markl, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Schmerlingstraße 2), zu Recht erkannt:
Spruch
Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat der revisionswerbenden Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.346,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
I. Sachverhalt
1. Mit dem angefochtenen Erkenntnis wurde der revisionswerbenden Partei gemäß Art 130 Abs 1 Z 3 B-VG iVm § 8 Abs 1 VwGVG und § 44 des Eisenbahngesetzes 1957 (EisbG) als Eigentümerin näher genannter Grundstücke bezüglich der über diese Grundstücke verlaufenden 110-kV-Bahnstromleitung eine Reihe von Maßnahmen zur Beseitigung eines verbotswidrigen Zustands vorgeschrieben (Spruchpunkt A). Ferner wurde ausgesprochen, dass gegen dieses Erkenntnis nach § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 B-VG unzulässig ist (Spruchpunkt B).
2. In der Begründung wurden nach Wiedergabe des Antrages gemäß § 44 EisbG der mitbeteiligten Partei vom sowie des Devolutionsantrags vom das Gutachten des elektrotechnischen Amtssachverständigen und die Stellungnahme der mitbeteiligten Partei dazu vom wörtlich wiedergegeben. Im Anschluss daran wurde festgehalten, dass die revisionswerbende Partei im Rahmen eines Parteiengehörs keine Äußerung abgegeben habe. In der Folge wurde festgehalten, dass das Verwaltungsgericht gemäß Art 151 Abs 51 Z 8 letzter Satz B-VG zur Weiterführung des beim Landeshauptmann von Tirol mit Ablauf des anhängigen Verfahrens zuständig sei und am in dieser Sache eine mündliche Verhandlung durchgeführt habe, bei der der elektrotechnische Amtssachverständige die wiederum wörtlich wiedergegebene Stellungnahme zum Einwand der mitbeteiligten Partei abgegeben habe. Daran anschließend wurde der Verhandlungsverlauf dargestellt und festgehalten, dass die revisionswerbende Partei die für die nach der Verhandlung angekündigte Stellungnahme zu der bei der Verhandlung diskutierten allfälligen Möglichkeit der Errichtung eines weiteren Tragemastes nicht abgegeben habe. Der Bürgermeister von S habe dem Verwaltungsgericht mitgeteilt, dass der ins Auge gefasste Standort des zusätzlichen Mastes aus seiner Sicht "unvorstellbar sei", da dieser sich inmitten von Wohnhäusern befinden würde und dafür unbedingt ein raumplanerisches Gutachten erforderlich sei. Daran anschließend führte das Verwaltungsgericht
aus, dass es "somit ... die vom elektrotechnischen
Amtssachverständigen vorgeschlagenen Maßnahmen zur Beseitigung des verbotswidrigen Zustandes vorzuschreiben" gehabt habe und Grundlage dafür das Gutachten dieses Amtssachverständigen vom sowie die anlässlich der Verhandlung beim Verwaltungsgericht am protokollierte Korrektur sei. Die Maßnahmen zielten darauf ab, die Mindestabstände auf praktikable und sinnvolle Weise herzustellen. Dies gelte sowohl für die vom notwendigen Auftrag betroffenen Bauwerksteile beim Wirtschaftsgebäude und beim Flugdach an der Nord-West-Seite des Wirtschaftsgebäudes der revisionswerbenden Partei, als auch bei dem Mindestbodenabstand bei der Jauchegrube und gegenüber dem Gelände unterhalb der Leiterseile. Der im Gutachten vom angeführte Alternativvorschlag "Herstellung eines mit Traktoren und Wagen nicht befahrbaren Geländes im erforderlichen Ausmaß", der nach Vorschriftenlage an sich auch denkmöglich wäre, werde angesichts der seitens der mitbeteiligten Partei dahingehend geäußerten Bedenken nicht mehr als Maßnahme formuliert. Auch seitens des Amtssachverständigen werde die durchgehende Herstellung des erforderlichen Mindestbodenabstandes von 6 m als die im vorliegenden Fall bessere und nachhaltigere Methode angesehen. Auf das im Jahr 2008 rechtswidrig errichtete Flugdach West werde durch die obigen Maßnahmen nicht Bezug genommen, nachdem dafür ein rechtskräftiger Abbruchbescheid vorliege. Dieser Abbruchbescheid sei zur Wahrung der elektrischen Sicherheit zu vollstrecken. Schließlich wurde festgehalten, dass die ordentliche Revision nicht zulässig sei, weil keine Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen gewesen sei, der grundsätzliche Bedeutung zukomme.
3. Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision mit dem Begehren, das angefochtene Erkenntnis aufzuheben, weil es von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs abweiche (was unter Hinweis auf inhaltliche und verfahrensmäßige Mängel näher ausgeführt wird). Die mitbeteiligte Partei hat in ihrer Revisionsbeantwortung das Erfordernis der angeordneten Maßnahmen auf dem Boden des § 44 EisbG herausgestrichen.
II. Erwägungen
1. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs hat die Begründung einer Entscheidung eines Verwaltungsgerichts auf dem Boden des § 29 VwGVG mit Blick auf § 17 leg cit den Anforderungen zu entsprechen, die in der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs zu den §§ 58 und 60 AVG entwickelt wurden (vgl etwa , , , , , , und , sowie ). Nach dieser Rechtsprechung bestehen die drei logisch aufeinander aufbauenden und formal zu trennenden Elemente einer ordnungsgemäß begründeten verwaltungsgerichtlichen Entscheidung 1. in einer im Indikativ gehaltenen Tatsachenfeststellung, 2. in der Beweiswürdigung, 3. in der rechtlichen Beurteilung. Lässt eine Entscheidung die Trennung dieser Begründungselemente in einer Weise vermissen, dass die Rechtsverfolgung durch die Partei über die nachprüfende Kontrolle durch die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts maßgeblich beeinträchtigt wird, dann führt ein solcher Begründungsmangel zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung schon aus diesem Grund (vgl ).
Bei der Anwendung der in Rede stehenden Rechtsvorschriften ist die besondere Stellung der Verwaltungsgerichte zu berücksichtigen. Angesichts ihrer sich aus Art 130 B-VG ergebenden Zuständigkeit werden die Verwaltungsgerichte ihrer Begründungspflicht nach § 29 VwGVG dann nicht gerecht, wenn sich die ihre Entscheidung tragenden Überlegungen zum maßgebenden Sachverhalt, zur Beweiswürdigung sowie die rechtliche Beurteilung in den wesentlichen Punkten nicht aus der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung selbst ergeben (vgl , sowie , mwH).
Die bloße Zitierung von Beweisergebnissen - wie vorliegend die Äußerungen eines Amtssachverständigen - ist nicht hinreichend, um diesen Anforderungen gerecht zu werden (vgl auch ). Auch die Darstellung des Verwaltungsgeschehens vermag die fehlende Begründung der Entscheidung eines Verwaltungsgerichts nicht zu ersetzen (vgl in diesem Sinn ). Es fehlen daher im Revisionsfall nicht nur konkrete Tatsachenfeststellungen des Verwaltungsgerichts, aus denen abzuleiten gewesen wäre, dass die von ihr verfügte Maßnahme in der Bestimmung des § 44 EisbG Deckung finden kann, sondern auch die eigenständige rechtliche Beurteilung des Verwaltungsgerichts, wonach mit Blick auf diese Tatsachenfeststellungen die gesetzlichen Voraussetzungen für die von ihm getroffenen Maßnahmen gegeben sind. Zudem enthält das angefochtene Erkenntnis auch keine Beweiswürdigung.
Das vorliegende Erkenntnis lässt somit infolge seiner unzureichenden Begründung keine inhaltliche Überprüfung "auf Grund des vom Verwaltungsgericht angenommenen Sachverhalts" zu, weshalb der Verwaltungsgerichtshof im vorliegenden Fall gehindert ist, seine Rechtskontrollaufgabe iSd § 41 Abs 1 VwGG wahrzunehmen. Es kann weder nachvollzogen werden, dass ein vom Verwaltungsgericht angenommener festgestellter Sachverhalt dem § 44 EisbG subsumierbar wäre, noch ob die dagegen von der revisionswerbenden Partei erhobenen Einwände zutreffen können (vgl in diesem Zusammenhang , , ), weshalb sich die vorliegende Revision schon deshalb als zulässig iSd § 25a VwGG erweist (vgl dazu ).
III. Ergebnis
1. Das angefochtene Erkenntnis war daher gemäß § 42 Abs 2 Z 3 lit b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
2. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet auf §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.
Wien, am