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VwGH vom 26.01.2012, 2009/09/0099

VwGH vom 26.01.2012, 2009/09/0099

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sulyok und die Hofräte Dr. Rosenmayr und Dr. Strohmayer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Senft, über die Beschwerde der AN in W, vertreten durch Nistelberger Parz Rechtsanwälte OG in 1040 Wien, Argentinierstraße 20, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom , Zl. UVS- 07/A/8/5100/2007-25, betreffend Bestrafung wegen Übertretung des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (weitere Parteien:

Bundesministerin für Finanzen, Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde die Beschwerdeführerin für schuldig erkannt, sie habe "als Inhaberin des Güterbeförderungsgewerbes mit Kraftfahrzeugen und als Arbeitgeberin" in Wien, W. Straße, in der Zeit von bis zum den näher bezeichneten slowakischen Staatsangehörigen O. (Anonymisierungen durch den Verwaltungsgerichtshof) als LKW-Lenker beschäftigt, obwohl für diesen Ausländer keine der im Einzelnen aufgezählten arbeitsmarktrechtlichen Bewilligungen ausgestellt gewesen seien. Sie habe dadurch § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a iVm § 3 Abs. 1 des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (AuslBG) übertreten, weshalb über sie gemäß § 28 Abs. 1 Z. 1 erster Strafsatz AuslBG eine Geldstrafe in der Höhe von EUR 3.500,-- (Ersatzfreiheitsstrafe: fünf Tage) verhängt wurde.

Die belangte Behörde führte begründend aus, dass O. kein eigenes, von der Tätigkeit der anderen von der Beschwerdeführerin Beauftragten unterschiedliches Werk geliefert habe, sondern sich seine Tätigkeit tatsächlich auf eine bloße Lenkertätigkeit inklusive Annahme und Ablieferung des Transportgutes beschränkt habe. Die Gesamtbetrachtung aller Umstände nach dem wahren wirtschaftlichen Gehalt ergebe, dass das objektive Tatbild des § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a iVm § 3 Abs. 1 AuslBG jedenfalls erfüllt sei. Der Beschwerdeführerin sei die Verwaltungsübertretung auch in subjektiver Hinsicht vorzuwerfen. Im Übrigen legte die belangte Behörde ihre Strafbemessungsgründe dar.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichthof nach Vorlage der Akten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen hat:

Die Beschwerdeführerin bestreitet die Feststellungen der belangten Behörde nicht, dass bezüglich des verfahrensgegenständlichen Ausländers für eine Beschäftigung durch ihr Unternehmen keine der im § 28 Abs. 1 Z 1 AuslBG angeführten Papiere ausgestellt waren. Sie stellt auch nicht in Abrede, dass der Ausländer O. in ihrem Auftrag Transportleistungen erbrachte. Die Beschwerdeführerin moniert aber, dass O. im Rahmen einer Gewerbeberechtigung zur Güterbeförderung mit Kraftfahrzeugen selbständig tätig geworden sei und zwischen ihr und dem gegenständlichen Ausländer ein Werkvertrag geschlossen worden sei.

Der Begriff der Beschäftigung ist durch § 2 Abs. 2 AuslBG u. a. in der Weise bestimmt, dass die Verwendung in einem Arbeitsverhältnis oder in einem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis, sofern die Tätigkeit nicht auf Grund gewerberechtlicher oder sonstiger Vorschriften ausgeübt wird, als Beschäftigung gilt. Maßgebend für diese Einordnung in den genannten Beschäftigungsbegriff ist, dass die festgestellte Tätigkeit in persönlicher und/oder wirtschaftlicher Abhängigkeit des Arbeitenden ausgeübt wird. Das Tatbestandselement der Beschäftigung ist ausschließlich nach dem wirtschaftlichen Gehalt der Tätigkeit zu beurteilen. Liegt eine Verwendung in einem Abhängigkeitsverhältnis vor, das typischerweise den Inhalt eines Arbeitsverhältnisses oder arbeitnehmerähnlichen Verhältnisses bildet, ist von einer der Bewilligungspflicht nach dem AuslBG unterworfenen Beschäftigung auszugehen. Auf eine zivilrechtliche Betrachtung, ob überhaupt ein Arbeitsvertrag zu Stande kam, ob diesem (etwa im Hinblick auf § 879 ABGB oder mangels einer rechtsgeschäftlichen Willensübereinstimmung) Mängel anhaften, oder welche vertragliche Bezeichnung die Vertragsparteien der Tätigkeit gegeben haben, kommt es nicht an. Auch etwa die Verwendung überlassener Arbeitskräfte gilt gemäß § 2 Abs. 2 lit. e AuslBG als Beschäftigung (vgl. hiezu etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2000/09/0142). Die Tätigkeit eines LKW-Fahrers wird üblicherweise im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses erbracht (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2001/09/0175).

Dass entgegen dem Inhalt des vorliegenden, zwischen der Beschwerdeführerin und dem Ausländer (erst) am abgeschlossenen "Vertrag", auf welchen die Ausführungen der belangten Behörde - diese nahm an, dass ein dauerndes Bemühen geschuldet sei - Bezug nehmen, zwischen der Beschwerdeführerin und dem O. klar gewesen sei, worin das jeweils erbrachte oder zu erbringende "Werk" bestanden habe, wird in der Beschwerde nicht dargetan und geht auch nicht aus den vorgelegten Honorarnoten hervor. Gegenständlich stand im Vorhinein nur fest, dass sich O. auf Dauer zur Durchführung von Transporten verpflichtete. Die Zuweisung eines Auftrages durch das Unternehmen der Beschwerdeführerin erfolgte - der Zeugenaussage des Sohnes der Beschwerdeführerin folgend - jeweils kurzfristig, wobei den jeweiligen Transporteuren (darunter auch O.) der jeweilige Einsatzort sowie die voraussichtliche Arbeitszeit bekanntgegeben wurde. Die konkreten Transportaufträge wurden den Transporteuren unmittelbar vor der Arbeitsausführung vor Ort zugewiesen. Die daraus von der belangten Behörde gezogene Schlussfolgerung, dass dies gegen die Annahme von Werkleistungen durch O. spreche, kann nicht entgegen getreten werden (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2010/09/0195).

Diese Anweisungen erfolgten durch die Auftraggeber der Beschwerdeführerin. Somit war O. im Hinblick auf das Vertragsverhältnis der Beschwerdeführerin zu ihren jeweiligen Auftraggebern direkter Ansprechpartner derselben, was im Zusammenhang mit dem vorgegebenen Zeitpunkt des Arbeitsantrittes, dem angewiesenen Arbeitsort, dem oftmaligen Tragen der von der Beschwerdeführerin zur Verfügung gestellten Arbeitskleidung, sowie den Umständen, dass die Betriebsmittel großteils durch die Beschwerdeführerin bereit gestellt wurden, für die organisatorische Eingliederung des O. in das Unternehmen der Beschwerdeführerin sprach. Gegen die Annahme einer selbständigen Tätigkeit des O. spricht der Umstand, dass die Arbeitsleistungen des O. weitgehend mit den Fahrzeugen der Beschwerdeführerin erbracht wurden. Schon in diesem Aspekt unterscheidet sich der dem vorliegenden Fall zu Grunde liegende Sachverhalt von jenem, der dem von der Beschwerdeführerin ins Treffen geführten hg. Erkenntnis vom , Zl. 99/09/0011, zu Grunde lag. Gemäß § 2 Abs. 4 AuslBG ist für die Beurteilung, ob eine Beschäftigung im Sinne des § 2 Abs. 2 AuslBG vorliegt, der wahre wirtschaftliche Gehalt und nicht die äußere Erscheinungsform des Sachverhaltes maßgebend.

Die Beschwerdeführerin behauptet auch nicht, dass der Ausländer etwa von der im "Vertrag" vorgesehenen Möglichkeit seines Vertretungsrechtes tatsächlich Gebrauch gemacht habe. Im Wesentlichen war daher bei Berücksichtigung aller wesentlichen Aspekte des zwischen der Beschwerdeführerin und dem Ausländer bestehenden Verhältnisses ein dauerndes Bemühen geschuldet.

Dass der Ausländer in einzelnen Fällen sein eigenes Kraftfahrzeug benützte (was ihm von der Beschwerdeführerin abgegolten wurde) und "Aufträge" ablehnen durfte, machte ihn nicht zu einem selbständigen Unternehmer.

Insoweit die Beschwerdeführerin meint, aus der bloßen Feststellung der belangten Behörde, das Verfahren habe nicht ergeben, dass O. im Zuge seiner eigenen Gewerbeberechtigung für andere Auftragnehmer tätig gewesen sei, könne in rechtlicher Hinsicht nicht der Schluss gezogen werden, dass O. in einem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis zur Beschwerdeführerin gestanden habe, ist ihr zu erwidern, dass dieser Vorwurf unbegründet ist und die belangte Behörde den - zur Subsumtion unter den Tatbestand des § 28 Abs. 1 Z 1 lit. a AuslBG erforderlichen - Sachverhalt hinreichend festgestellt hat. Abgesehen davon kann eine Beschäftigung nach dem AuslBG durchaus auch vorliegen, wenn die Person, die Arbeitsleistungen erbringt, ihre Arbeitskraft noch anderweitig für Erwerbszwecke einsetzen kann, zumal ja auch kurzfristige Tätigkeiten als Arbeitsleistungen im Rahmen einer dem AuslBG unterliegenden Beschäftigung zu qualifizieren sind (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2002/09/0070).

Auf die Art der Entlohnung - diese erfolgte entweder pauschal oder nach geleisteten Stunden - hatte der Ausländer nach Aussage des Sohnes der Beschwerdeführerin keinen Einfluss. Die von der Beschwerdeführerin vorgelegten Honorarnoten enthalten zwar pauschale Abrechnungen, allerdings jeweils nur für bestimmte Zeiträume und konkrete Werkleistungen werden darin nicht aufgeschlüsselt, was wiederum nicht auf eine selbständige Tätigkeit des O. schließen lässt.

Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin wird somit in ihrer Beschwerde kein wesentlicher Umstand aufgezeigt, der die gebotene Gesamtbetrachtung der belangten Behörde als rechtswidrig erscheinen ließe.

Insoweit die Beschwerdeführerin die Beweiswürdigung der belangten Behörde bekämpft, ist auszuführen, dass die Beweiswürdigung durch die belangte Behörde, die sich in einer öffentlichen mündlichen Verhandlung vom gegenständlichen Sachverhalt einen unmittelbaren Eindruck machte, vom Verwaltungsgerichtshof, dessen Ingerenz sich auf eine nachprüfende Kontrolle beschränkt, nicht als unschlüssig und daher auch nicht als rechtswidrig angesehen werden kann (vgl. zur Beweiswürdigung im Verwaltungsverfahren etwa die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 2002/09/0024, und vom , Zl. 2008/09/0259).

Dass die belangte Behörde den Aussagen des Ausländers O. - dokumentiert durch die mit Zustimmung aller Parteien verlesene Niederschrift der Kontrollbehörde - betreffend den Tatzeitraum folgte, lässt eine Unschlüssigkeit der Beweiswürdigung nicht erkennen, hat doch die Beschwerdeführerin den ihr vorgeworfenen Tatzeitraum im Verwaltungsverfahren unbestritten gelassen.

Der Verfahrensgrundsatz, dass die Behörde von Amts wegen vorzugehen hat (§ 24 VStG iVm § 39 Abs. 2 AVG, § 25 Abs. 1 VStG), befreit die Partei nicht von ihrer Verpflichtung, zur Ermittlung des maßgeblichen Sachverhaltes beizutragen. Im Rahmen der - auch im Verwaltungsstrafverfahren geltenden - Mitwirkungspflicht hätte die Beschwerdeführerin im Verwaltungsverfahren die ihr vorgehaltenen konkreten Erhebungsergebnisse bestreiten und diesen konkrete Behauptungen entgegensetzen bzw. entsprechende Beweise anbieten können. Da die Beschwerdeführerin dies unterlassen hat, ist kein Verfahrensmangel darin zu erblicken, dass die belangte Behörde von Amts wegen keine weiteren Beweiserhebungen durchgeführt hat (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 98/21/0137).

Dass O. eine Gewerbeberechtigung besaß, sozialversichert war und ihm eine Aufenthaltserlaubnis für den Aufenthaltszweck der selbständigen Erwerbstätigkeit ausgestellt wurde, steht der Annahme eines Verschuldens der Beschwerdeführerin im Sinne des § 5 Abs. 1 VStG nicht entgegen.

Beim Verwaltungsgerichtshof sind, auch im Hinblick auf den langen Tatzeitraum, den die Beschwerdeführerin durch konkrete Ausführungen nicht bestritten hat, keine Bedenken bezüglich der Rechtmäßigkeit der Strafbemessung entstanden.

Die Beschwerde war somit gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung.

Wien, am