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VwGH 06.07.2010, 2009/09/0078

VwGH 06.07.2010, 2009/09/0078

Entscheidungsart: Beschluss

Rechtssätze


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Normen
AVG §17 Abs3;
B-VG Art133 Z4;
DO Wr 1994 §86 Abs7;
DO Wr 1994 §90 Z1;
VwGG §25 Abs1;
VwGG §25 Abs2;
ZPO §219;
RS 1
Mit dem vorliegenden Beschluss wird in einer Angelegenheit betreffend Antrag auf Akteneinsicht in einer Disziplinarangelegenheit nach der Wiener Dienstordnung das Beratungs- und Abstimmungsprotokoll der Disziplinarkommission gemäß § 25 Abs. 2 VwGG von der Akteneinsicht ausgenommen. Der VfGH hat zur Frage der Akteneinsicht in Beratungsprotokolle der Energie-Controll Kommission ausgeführt, dass die Energie-Controll Kommission eine Kollegialbehörde mit richterlichem Einschlag gemäß Art. 133 Z 4 B-VG ist. Wenn der Verfassungsgesetzgeber einer weisungsfreien Kollegialbehörde mit richterlichem Einschlag eine Kompetenz zur Verordnungserlassung überträgt, so besteht - soweit gesetzlich nichts anderes geregelt ist (z.B. dissenting opinion) - auch ein öffentliches Interesse daran, als eine besondere Gewähr für die Unabhängigkeit der Mitglieder der Kollegialbehörde Protokolle über Beratungen und Abstimmungen von der Akteneinsicht auszunehmen (vgl. auch § 219 ZPO). Denn wenn ein Mitglied einer Kollegialbehörde befürchten muss, dass sein Beitrag zur Willensbildung in die Öffentlichkeit dringt, so ist nicht auszuschließen, dass damit sein Stimmverhalten beeinflusst und damit seine Unabhängigkeit gefährdet wird (vgl. E ). Auch im gegenständlichen Fall einer weisungsfreien Kollegialbehörde (vgl. § 86 Abs. 7 Wr DO 1994), wenngleich ohne richterlichen Einschlag, erscheint es als im öffentlichen Interesse gelegen gerechtfertigt, zum Schutz der Unabhängigkeit der Mitglieder der Kollegialbehörde hintanzuhalten, dass deren Beitrag zur Willensbildung in die Öffentlichkeit dringt, weshalb die vorgenommene Interessenabwägung gegen die Zulassung der (vollständigen) Akteneinsicht ausschlägt.
Normen
BDG 1979 §43 Abs2 impl;
DO Wr 1994 §18 Abs2;
DO Wr 1994 §76 Abs1;
RS 1
Durch die Annahme eines Geldbetrages und dessen Weiterleitung an die gemeinsame Frühstückskassa, und damit auch an sich selbst - in Kenntnis des Vorliegens einer unzulässigen Geschenkannahme nicht nur gegenüber ihrem Dienstgeber sondern auch in Bezug auf die Allgemeinheit, also die gesamte Bevölkerung als aktuellen bzw. potenziellen Adressat der Verwaltungstätigkeit - hat die Beamtin (Stationsschwester) den Eindruck einer bestechlichen Beamtenschaft genährt und somit ein tatbildmäßiges Verhalten gemäß § 18 Abs 2 Wr DO 1994 gesetzt. Ob das Verhalten der Beamtin in die Öffentlichkeit gedrungen ist oder nicht, spielt dabei keine rechtserhebliche Rolle (vgl. E , 97/09/0109; E , 2002/09/0152; E , 2002/09/0076).

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Thienel und die Hofräte Dr. Rosenmayr, Dr. Bachler, Dr. Strohmayer und Dr. Doblinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Plankensteiner, in der Beschwerdesache der MK in W, vertreten durch Dr. Andreas Grundei, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Kohlmarkt 11, gegen den Bescheid des Dienstrechtssenates der Stadt Wien vom , Zl. DS-D - 671/2008, betreffend Antrag auf Akteneinsicht in einer Disziplinarangelegenheit nach der Wiener Dienstordnung (weitere Partei: Wiener Landesregierung), den Beschluss gefasst:

Spruch

Das Beratungs- und Abstimmungsprotokoll der Disziplinarkommission vom (Blatt 384 bis 386 der vorgelegten Verwaltungsakten) ist gemäß § 25 Abs. 2 VwGG von der Akteneinsicht ausgenommen.

Begründung

Gemäß § 25 Abs. 1 VwGG können die Parteien beim Verwaltungsgerichtshof die ihre Rechtssache betreffenden Akten einsehen und sich davon Abschriften selbst anfertigen oder auf ihre Kosten anfertigen lassen. Dies gilt sowohl für die Akten des Gerichtshofes als auch für die von ihm eingeholten Akten. Ausgenommen sind Entwürfe zu Erkenntnissen und Beschlüssen des Verwaltungsgerichtshofes und Niederschriften über seine Beratungen und Abstimmungen.

Die Behörden können bei der Vorlage von Akten an den Verwaltungsgerichtshof verlangen, dass bestimmte Akten oder Aktenteile im öffentlichen Interesse von der Einsicht und Abschrift ausgeschlossen werden. Hält der Berichter das Verlangen für zu weitgehend, so hat er die Behörde über seine Bedenken zu hören und allenfalls einen Beschluss des Senates einzuholen. Doch darf ohne Zustimmung der belangten Behörde die Einsicht in jene Akten oder Aktenteile nicht gewährt werden, die die Behörde im Verwaltungsverfahren der Parteieneinsicht zu entziehen nach geltender Vorschrift berechtigt war. Die belangte Behörde hat die in Betracht kommenden Stellen im Vorlagebericht zu bezeichnen (Abs. 2 dieser Bestimmung).

Die belangte Behörde hat begehrt, das Beratungs- und Abstimmungsprotokoll der Disziplinarkommission vom (Blatt 384 bis 386 der vorgelegten Verwaltungsakten) von der Akteneinsicht auszuschließen. Demgegenüber hat die Beschwerdeführerin in ihrem nicht näher begründeten Antrag ausdrücklich auch die Akteneinsicht in diesen Aktenteil begehrt.

Die belangte Behörde hat ihre Zustimmung zur Einsicht in diesen Aktenteil nicht erteilt. Das Verlangen der belangten Behörde auf Ausnahme von der Akteneinsicht ist berechtigt.

Gemäß § 90 Z. 1 der Dienstordnung 1994 - DO 1994, LGBl. für Wien Nr. 56, iVm § 17 Abs. 3 AVG, sind im Verfahren nach dem

8. Abschnitt der Dienstordnung 1994 ("Disziplinarrecht") von der Akteneinsicht Aktenbestandteile ausgenommen, insoweit deren Einsichtnahme eine Schädigung berechtigter Interessen einer Partei oder dritter Personen oder eine Gefährdung der Aufgaben der Behörde herbeiführen oder den Zweck des Verfahrens beeinträchtigen würde.

Der Verfassungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom , Zl. V16/07, zur Frage der Akteneinsicht in Beratungsprotokolle der Energie-Controll Kommission ausgeführt:

"Die Energie-Controll Kommission ist ... eine

Kollegialbehörde mit richterlichem Einschlag gemäß Art. 133 Z 4 B-VG (vgl. §§ 15 ff E-RBG). Wenn der Verfassungsgesetzgeber (§ 16 E-RBG) einer weisungsfreien Kollegialbehörde mit richterlichem Einschlag eine Kompetenz zur Verordnungserlassung überträgt, so besteht - soweit gesetzlich nichts anderes geregelt ist (z.B. dissenting opinion) - auch ein öffentliches Interesse daran, als eine besondere Gewähr für die Unabhängigkeit der Mitglieder der Kollegialbehörde Protokolle über Beratungen und Abstimmungen von der Akteneinsicht auszunehmen (vgl. auch § 219 ZPO). Denn wenn ein Mitglied einer Kollegialbehörde befürchten muss, dass sein Beitrag zur Willensbildung in die Öffentlichkeit dringt, so ist nicht auszuschließen, dass damit sein Stimmverhalten beeinflusst und damit seine Unabhängigkeit gefährdet wird."

Der belangten Behörde ist beizupflichten, dass es auch im gegenständlichen Fall einer weisungsfreien Kollegialbehörde (vgl. § 86 Abs. 7 DO 1994), wenngleich ohne richterlichen Einschlag, als im öffentlichen Interesse gelegen gerechtfertigt erscheint, zum Schutz der Unabhängigkeit der Mitglieder der Kollegialbehörde hintanzuhalten, dass deren Beitrag zur Willensbildung in die Öffentlichkeit dringt, weshalb die vorgenommene Interessenabwägung gegen die Zulassung der (vollständigen) Akteneinsicht ausschlägt.

Wien, am

Entscheidungstext

Entscheidungsart: Erkenntnis

Entscheidungsdatum:

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Thienel und die Hofräte Dr. Rosenmayr, Dr. Bachler, Dr. Strohmayer und Dr. Doblinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Plankensteiner, über die Beschwerde der M K in W, vertreten durch Dr. Andreas Grundei, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Kohlmarkt 11, gegen das Disziplinarerkenntnis des Dienstrechtssenates der Stadt Wien vom , Zl. DS-D - 671/2008, betreffend Disziplinarstrafe der Geldbuße gemäß § 76 Abs. 1 Wiener Dienstordnung (weitere Partei: Wiener Landesregierung), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat der Bundeshauptstadt Wien Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I. Die im Jahr 1961 geborene Beschwerdeführerin steht seit in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zur Stadt Wien und ist als Ständige-Stationsschwester-Vertreterin dem Sozialmedizinischen Zentrum X. dienstzugeteilt.

Mit dem im Instanzenzug ergangenen, nunmehr beim Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Disziplinarerkenntnis vom wurde die Beschwerdeführerin nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung schuldig erkannt, sie habe als Stationsschwester-Vertreterin des Sozialmedizinischen Zentrums X. im Dienst nicht alles vermieden, was die Achtung und das Vertrauen, die ihrer Stellung entgegengebracht werden, untergraben könnte, indem sie das am im Rahmen einer Teambesprechung von S.K. auf den Tisch geworfene Kuvert mit Geldscheinen von EUR 200,-- Inhalt, die S.K. von Angehörigen von Pflegebedürftigen des Pflegewohnbereiches 2 im Zusammenhang mit ihrer dienstlichen Tätigkeit angenommen habe, an sich genommen und das darin enthaltene Geld am an die Abteilungshelferin D.W. für die gemeinsame Frühstückskassa übergeben habe.

Die belangte Behörde wertete dieses Verhalten als Begehung einer Dienstpflichtverletzung gemäß § 18 Abs. 2 der Dienstordnung 1994 - DO 1994, in der Fassung LGBl. für Wien Nr. 37/2003, und verhängte über die Beschwerdeführerin gemäß § 76 Abs. 1 Z. 1 leg. cit. wegen dieser Dienstpflichtverletzung eine Geldbuße in der Höhe des 1-fachen des Monatsbezuges unter Ausschluss der Kinderzulage, wobei - in teilweiser Stattgebung der Berufung der Beschwerdeführerin gegen das erstinstanzliche Disziplinarerkenntnis - die Disziplinarstrafe im Ausmaß des 0,5- fachen des Monatsbezuges unter Setzung einer Bewährungsfrist von einem Jahr bedingt nachgesehen wurde.

Ihre Begründung zum hier gegenständlichen Schuld- und Strafausspruch stützte die belangte Behörde - im Anschluss an eine zusammenfassende Wiedergabe des Verfahrensganges, u.a. des erstinstanzlichen Bescheides und der Berufung sowie neben Zitierung der maßgebenden gesetzlichen Bestimmungen - im Wesentlichen auf folgende Erwägungen (Anonymisierungen durch den Verwaltungsgerichtshof):

"Aufgrund der glaubwürdigen Aussage von S.K. steht fest, dass diese in der Teamsitzung auf den Geldbetrag von 200 Euro, welchen sie von Angehörigen der Patientin erhalten hat, angesprochen wurde und das Geld mit dem Worten: 'Macht damit, was ihr wollt', auf den Tisch gelegt hat. S.K. hat sowohl bei ihrer niederschriftlichen Einvernahme am gegenüber der Leiterin der Personalabteilung R.K. als auch in der Verhandlung der Disziplinarkommission vom und in der Verhandlung vor dem Dienstrechtssenat am widerspruchsfrei ausgesagt, dass sie das Geld in der Teamsitzung auf den Tisch gelegt hat.

Diese Aussagen von S.K. stimmen auch mit den Gesprächsnotizen vom 21. und von E.T. und schließlich auch mit der Gesprächsnotiz vom von R.K. überein. Die Zweifel der (Beschwerdeführerin) an der Richtigkeit der im Akt erliegenden Gesprächsnotizen wurden hingegen - abgesehen von Ausführungen zur Datierung - nicht näher begründet. Dass aus den Gesprächsnotizen hervorgehe, dass die (Beschwerdeführerin) D.W. das Geld übergeben hätte, wurde - obwohl ebenfalls gerügt - nicht behauptet.

Die in der Berufung angeführte Zeugin N.S. führte vor der Disziplinarkommission am aus, dass sie nach der Teambesprechung kein Kuvert gesehen hätte, sich zumindest nicht daran erinnern könne. Ebenso führte der Zeuge D.G. aus, dass er sich weder an Geldgeschenke noch an das Gespräch in der Teamsitzung erinnern könne. Die Zeugin W.O. konnte sich nicht genau an das Ende der Teamsitzung erinnern, lediglich daran, dass die (Beschwerdeführerin) im Anschluss an die Teamsitzung mit S.K. (dies allerdings im Gegensatz zur Aussage der (Beschwerdeführerin) vor dem Dienstrechtssenat, wonach S.K. nach der Teamsitzung mit Kollegen ins Raucherzimmer und die (Beschwerdeführerin) nach Hause gegangen sei) gesprochen habe.

Da sich diese Zeugen an den entscheidungsrelevanten Sachverhalt jeweils nicht erinnern konnten, kann deren Aussage auch nicht im Widerspruch zu dem von der Disziplinarkommission - und in der Folge vom Dienstrechtssenat - angenommenen Sachverhalt stehen.

Demgegenüber stehen die widerspruchsfreien Aussagen der Zeugin S.K., die keine Erinnerungslücken aufwies, auf den Dienstrechtssenat einen glaubhaften und überzeugenden Eindruck machte und genaue Angaben und den Ablauf der Ereignisse tätigte.

Die (Beschwerdeführerin) hingegen hinterließ in der vor dem Dienstrechtssenat durchgeführten Verhandlung einen äußerst unglaubwürdigen Eindruck und widersprach sich mehrmals selbst. So führte sie ua. aus, dass 'sie die zwei Billets mit den insgesamt 200 Euro nicht mit dem gegen S.K. in der Teamsitzung im Jänner 2006 erhobenen Vorwurf in Verbindung gebracht habe' und danach: 'Die vorgefundenen 200 Euro hätte sie doch mit dem gegen S.K. gerichteten Vorwurf verbunden.'

Auch führte die (Beschwerdeführerin) aus, dass es am nächsten Tag (nach der Teamsitzung) noch einmal ein Gespräch mit S.K. in Anwesenheit von Oberschwester M., T. und ihr gegeben habe, bei welchem wieder der Vorfall besprochen worden sei und S.K. nervös gewesen sei. In der Folge sagte die (Beschwerdeführerin) aus, sie könne sich jetzt gar nicht mehr genau daran erinnern, wie S.K. auf den Vorwurf reagiert habe.

Auch konnte sich die (Beschwerdeführerin) in der Verhandlung vom zunächst nicht an das Gespräch vom erinnern und gab erst über Vorhalt zu, dass es dieses doch gegeben habe.

Schließlich führte die (Beschwerdeführerin) aus, dass ihre in der Niederschrift festgehaltene Aussage vom , wonach S.K. ca. acht bis 14 Tage nach der Teamsitzung Geld an D.W. übergeben habe, nicht stimme und sie nicht wisse, warum sie dieses Protokoll unterschrieben habe.

Dagegen sagte die Zeugin D.W. klar und nachvollziehbar aus, dass sie nach der Teamsitzung von der (Beschwerdeführerin) ein Kuvert mit einem verhältnismäßig hohen Geldbetrag für die Frühstückskassa erhalten habe. Dieser Betrag sei ungewöhnlich hoch gewesen. Dies fügt sich nahtlos in die Aussage der (Beschwerdeführerin) vor dem Dienstrechtssenat, dass die Zeugin D.W. die Kolleginnen aufgefordert hätte, 'wieder einmal fünf bis zehn Euro' in die Kaffeekassa einzuzahlen, wenn in dieser kein Geld mehr gewesen sei. Durch diese Aussage ergibt sich auch ein Widerspruch zum Berufungsvorbringen insofern, als die (Beschwerdeführerin) zu den von D.W. angegebenen etwa 100 oder 160 Euro anmerkte, dass es durchaus möglich sei, dass sie der Zeugin für die Kaffeekassa Geld gegeben hatte, da sie wieder an der Reihe gewesen bzw. ihr Anteil verbraucht gewesen sei. Die laufende Einzahlung von 100 bis 160 Euro in eine Kaffeekassa steht jedoch mit der Aussage der (Beschwerdeführerin) selbst ebenso im Widerspruch wie mit der allgemeinen Lebenserfahrung.

Aufgrund der glaubhaften Aussagen der Zeuginnen S.K. und D.W. einerseits und des unglaubwürdigen Eindrucks der (Beschwerdeführerin), die sich laufend in Widersprüche verstrickte, andererseits ist erwiesen, dass die (Beschwerdeführerin) die im Spruch genannte Dienstpflichtverletzung begangen hat."

Die belangte Behörde setzte fort, dass die Beschwerdeführerin wisse, dass sie keine Geschenke annehmen dürfe, die im Zusammenhang mit der dienstlichen Tätigkeit stehen. Durch die Weitergabe des von S.K. rechtswidrig angenommenen Geldes an die Frühstückskassa sei das Vertrauen der Dienstgeberin in die Person der Beschwerdeführerin beeinträchtigt und der Anschein einer bestechlichen Beamtenschaft genährt. Die Beschwerdeführerin habe durch ihr Verhalten das Ansehen des Magistrates der Stadt Wien beeinträchtigt, da dadurch bei der Bevölkerung der Anschein einer korruptionsgeneigten Verwaltung entstehen könnte. Der entscheidende Gesichtspunkt sei hierbei, dass sich die Verwaltung auf die Redlichkeit und Vertrauenswürdigkeit eines Beamten bei dessen Dienstausübung verlassen können müsse, da eine lückenlose Kontrolle nicht möglich sei. Bei der Strafbemessung wurde mildernd berücksichtigt, dass die Beschwerdeführerin disziplinarrechtlich unbescholten sei, Erschwerungsgründe seien im Verfahren nicht hervorgekommen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit seines Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machend Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, erstattete eine Gegenschrift und beantragte, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

II. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

II.1. Die im Beschwerdefall maßgeblichen Bestimmungen des Gesetzes über das Dienstrecht der Beamten der Bundeshauptstadt Wien, Dienstordnung 1994 (DO 1994), LGBl. Nr. 56/1994 in der Fassung LGBl. Nr. 14/2006, lauten:

"Dienstpflichten

Allgemeine Dienstpflichten

§ 18.(1) Der Beamte hat die ihm übertragenen Geschäfte unter Beachtung der bestehenden Rechtsvorschriften mit Sorgfalt, Fleiß und Unparteilichkeit zu besorgen. Er hat sich hiebei von den Grundsätzen größtmöglicher Zweckmäßigkeit, Raschheit, Einfachheit und Kostenersparnis leiten zu lassen.

(2) Der Beamte hat gegenüber den Vorgesetzten, den Mitarbeitern, den Parteien und Kunden ein höfliches und hilfsbereites Verhalten an den Tag zu legen. Er hat im Dienst und außer Dienst alles zu vermeiden, was die Achtung und das Vertrauen, die seiner Stellung entgegengebracht werden, untergraben könnte.

(3) Dem Beamten ist es verboten, sich, seinen Angehörigen oder sonstigen Dritten Geschenke oder sonstige Vorteile, die mit der dienstlichen Tätigkeit im Zusammenhang stehen, zuwenden oder zusichern zu lassen. Zuwendungen von geringem Wert, wie sie insbesonders Anlass von Festen üblich sind, dürfen angenommen werden.

Disziplinarstrafen

§ 76.(1) Disziplinarstrafen sind:

1.

Der Verweis,

2.

die Geldbuße bis zum 1,5-fachen des Monatsbezuges unter Ausschluss der Kinderzulage,

3. die Geldstrafe bis zum 7-fachen des Monatsbezuges unter Ausschluss der Kinderzulage,

4. die Entlassung.

(2) In den Fällen des Absatz 1 Z. 2 und 3 ist die verhängte Strafe einem vielfachen des Monatsbezuges (auf Zehntel genau) nach den in § 77 festgelegten Grundsätzen zu bemessen. Bei der Berechnung der betragsmäßigen Höhe der Geldbuße oder Geldstrafe ist von dem Monatsbezug auszugehen, der der besoldungsrechtlichen Stellung entspricht, die der Beamte im Zeitpunkt der mündlichen Verkündung des erstinstanzlichen Disziplinarerkenntnisses, im Falle einer Disziplinarverfügung im Zeitpunkt der Ausfertigung derselben, erreicht hat.

...

Strafbemessung

§ 77.(1) Maßgebend für die Höhe der Strafe ist die Schwere der Dienstpflichtverletzung. Dabei ist insbesondere Rücksicht zu nehmen

1. inwieweit das Vertrauen des Dienstgebers in die Person des Beamten durch die Dienstpflichtverletzung beeinträchtigt wurde,

2. inwieweit die beabsichtigte Strafe erforderlich ist, um den Beamten von der Begehung weiterer Dienstpflichtverletzungen abzuhalten,

3. sinngemäß auf die gemäß §§ 32 bis 35 StGB, für die Strafbemessung maßgebenden Gründe.

(2) Hat ein Beamter durch eine Tat oder durch mehrere selbstständige Taten mehrere Dienstpflichtverletzungen begangen und wird über diese Dienstpflichtverletzungen gleichzeitig erkannt, ist nur eine Strafe zu verhängen. Diese Strafe ist nach der schwersten Dienstpflichtverletzung zu bemessen, wobei die weiteren Dienstpflichtverletzungen als Erschwernisgrund zu werten sind."

II.2. Soweit die Beschwerdeführerin das Vorliegen aktenwidriger Sachverhaltsfeststellungen geltend macht und dazu vorbringt, die belangte Behörde habe in der Begründung die Aussagen der Zeugen M.G., N.S., W.O., D.G. und D.W. unrichtig wiedergegeben und demzufolge nicht entsprechend berücksichtigt, zumal angesichts der widersprechenden Zeugenaussagen nicht von einer erwiesenen Begehung der Dienstpflichtverletzung durch die Beschwerdeführerin auszugehen gewesen wäre, bekämpft sie erkennbar die Beweiswürdigung und die daraus resultierenden Feststellungen im Zusammenhang mit der gegenständlichen Teamsitzung.

Hiezu ist ihr entgegenzuhalten, dass die Beweiswürdigung ein Denkprozess ist, der nur insofern einer Überprüfung durch den Verwaltungsgerichtshof zugänglich ist, als es sich um die Schlüssigkeit dieses Denkvorganges handelt bzw. darum, ob die Beweisergebnisse, die in diesem Denkvorgang gewürdigt wurden, in einem ordnungsgemäßen Verfahren ermittelt worden sind. Die Schlüssigkeit der Erwägungen innerhalb der Beweiswürdigung unterliegt daher der Kontrollbefugnis des Verwaltungsgerichtshofes, nicht aber deren konkrete Richtigkeit (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom , Zl. 85/02/0053). Die Beschwerdeausführungen lassen aber Zweifel an der Schlüssigkeit der von der belangten Behörde detailliert dargelegten Erwägungen zur Beweiswürdigung nicht aufkommen. Denn die Aussagen der genannten Zeugen wurden im Gegensatz zu der punktuellen Darstellung in der Beschwerde von der belangten Behörde in ihrem Gesamtzusammenhang gewürdigt:

Die belangte Behörde hat in ihrer Bescheidbegründung bei der Darlegung des Verfahrensganges zunächst u.a. die in der Beschwerde ins Treffen geführten Angaben der genannten Zeugen zusammengefasst wiedergegeben. In weiterer Folge hat sie sich mit den aufgenommenen Beweisen eingehend auseinandergesetzt und nachvollziehbar begründet, dass sie auf Grund des Eindruckes der in der Berufungsverhandlung einvernommenen Personen und der aufgezeigten Widersprüche in der Verantwortung der Beschwerdeführerin den als glaubwürdig erachteten Angaben der Zeuginnen S.K. und D.W. gefolgt ist, wonach das Kuvert mit dem gegenständlichen Betrag von S.K. in der Teamsitzung auf den Tisch geworfen worden und dieser Geldbetrag danach von der Beschwerdeführerin an D.W. übergeben worden sei. Es begegnet auch keinen Bedenken, wenn die belangte Behörde die Darstellung von S.K. auf Grund des Umstandes, dass diese Zeugin auch genaue und widerspruchsfreie Angaben über den Ablauf der Ereignisse machen konnte, nicht durch die Zeugen M.G., N.S., W.O. und D.G. entkräftet sah, zumal diese zwar einräumten, dass in der Teamsitzung über Geldgeschenke geredet worden sei, jedoch darüber hinaus sich nur mehr rudimentär an den Ablauf erinnern konnten.

Ausgehend vom festgestellten Sachverhalt erweist sich auch die Argumentation in der Rechtsrüge der Beschwerde, wonach es sich bei den Handlungen der Beschwerdeführerin nur um einen "internen Vorgang" gehandelt und das inkriminierte Verhalten keine "Außenwirkung" gehabt habe, als verfehlt:

Die Beschwerdeführerin verkennt dabei, dass sie durch die Annahme des Geldbetrages von S.K. und dessen Weiterleitung an die gemeinsame Frühstückskassa, und damit auch an sich selbst, in Kenntnis des Vorliegens einer unzulässigen Geschenkannahme nicht nur gegenüber ihrem Dienstgeber sondern auch in Bezug auf die Allgemeinheit, also die gesamte Bevölkerung als aktuellen bzw. potenziellen Adressat der Verwaltungstätigkeit, den Eindruck einer bestechlichen Beamtenschaft genährt und somit ein tatbildmäßiges Verhalten gesetzt hat. Ob das Verhalten des Beamten in die Öffentlichkeit gedrungen ist oder nicht, spielt dabei keine rechtserhebliche Rolle (vgl. die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 97/09/0109, vom , Zl. 2002/09/0152, und vom , Zl. 2002/09/0076).

Angesichts der Tathandlung bestehen auch keine Bedenken, wenn die belangte Behörde als Ergebnis ihrer Strafbemessung - entgegen dem Beschwerdevorbringen - eine Verwarnung der Beschwerdeführerin nicht als ausreichend angesehen hat.

Aus diesen Gründen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am

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AVG §17 Abs3;
B-VG Art133 Z4;
DO Wr 1994 §86 Abs7;
DO Wr 1994 §90 Z1;
VwGG §25 Abs1;
VwGG §25 Abs2;
ZPO §219;
ECLI
ECLI:AT:VWGH:2010:2009090078.X00.1
Datenquelle

Fundstelle(n):
MAAAE-90712