VwGH vom 07.09.2017, Ro 2014/08/0029
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bachler, den Hofrat Dr. Strohmayer, die Hofrätin Dr. Julcher sowie die Hofräte Mag. Berger und Mag. Stickler als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Sinai, über die Revision der Niederösterreichischen Gebietskrankenkasse in St. Pölten, vertreten durch Mag. Martin Platte, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Lothringerstraße 3/12, gegen den Bescheid des Landeshauptmanns von Niederösterreich vom , GS5-A-1620/680-2013, betreffend Beitragsnachverrechnung (mitbeteiligte Parteien:
1. M GmbH in S 2. Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungskasse in 1050 Wien, Kliebergasse 1a; weitere Partei: Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz),
I. den Beschluss gefasst:
Die Revision wird, soweit sie sich gegen die Spruch-Teile B, C und D des angefochtenen Bescheids richtet, zurückgewiesen. II. zu Recht erkannt:
Spruch
Im Übrigen, also hinsichtlich der Spruch-Teile A und E, wird der Revision Folge gegeben und der angefochtene Bescheid im Umfang des Spruch-Teils A wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde behoben, im Umfang des Spruch-Teils E wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufgehoben.
Der Bund hat der Revisionswerberin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1.1. Die Revisionswerberin nahm im Jahr 2012 bei der Erstmitbeteiligten eine gemeinsame Prüfung lohnabhängiger Abgaben für den Zeitraum vom bis zum (im Folgenden: Prüfungszeitraum) vor.
Mit Bescheid vom sprach die Revisionswerberin aus, dass sich aus der durchgeführten Prüfung gegenüber der Erstmitbeteiligten als Dienstgeberin eine Beitragsnachverrechnung von EUR 20.885,58 (darin enthalten EUR 20.328,33 an Bauarbeiter-Schlechtwetterentschädigungsbeiträgen sowie EUR 557,24 an Sozialversicherungsbeiträgen und Umlagen (Rundungsdifferenz: 1 Cent)) zuzüglich EUR 3.293,74 Verzugszinsen ergebe und die Erstmitbeteiligte zur Zahlung dieser Beträge verpflichtet sei.
1.2. Die Erstmitbeteiligte erhob gegen den Bescheid - soweit damit Schlechtwetterentschädigungsbeiträge von "EUR 20.308,78" (erkennbar gemeint: EUR 20.328,33) und Verzugszinsen von EUR 3.293,74 vorgeschrieben wurden - Einspruch und begehrte in diesem Umfang die ersatzlose Aufhebung des Bescheids. Sie führte dazu im Wesentlichen aus, das von ihr gemeldete und ausgeübte freie Gewerbe ("Vermietung von Betonschneidemaschinen, Erweiterung: Schneiden und Bohren von Beton, soweit keine statischen Belange berührt werden") falle nicht unter den Geltungsbereich des Bauarbeiter-Schlechtwetterentschädigungsgesetzes (BSchEG), sodass keine Beitragspflicht bestehe. Im Übrigen habe sich die Erstmitbeteiligte zur diesbezüglichen Abklärung auch an die Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungskasse (im Folgenden: BUAK) gewandt und mit einem Mitarbeiter vereinbart, dass der Betrieb erst ab dem unter dem Bereich "Hoch- und Tiefbau" eingeordnet werde und dem BSchEG unterliege, sowie dass erst ab diesem Zeitpunkt Beiträge zu zahlen seien.
2.1. Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde dem Einspruch der Erstmitbeteiligten insoweit Folge, als sie aussprach, dass (Spruch-Teil A) für den Zeitraum vom 1. Jänner bis zum nachverrechnete Sozialversicherungsbeiträge und Umlagen von EUR 536,32 als verjährt festgestellt würden und der Bescheid in diesem Umfang ersatzlos behoben werde, (Spruch-Teil C) für den Zeitraum vom 1. Jänner bis zum nachverrechnete Schlechtwetterentschädigungsbeiträge von EUR 4.870,-- als verjährt festgestellt würden und der Bescheid in diesem Umfang ersatzlos behoben werde, (Spruch-Teil D) für den Zeitraum vom bis zum nachverrechnete Schlechtwetterentschädigungsbeiträge von EUR 15.458,33 als unzulässig festgestellt würden und der Bescheid in diesem Umfang ersatzlos behoben werde sowie (Spruch-Teil E) die vorgeschriebenen Verzugszinsen von EUR 3.293,74 als unzulässig festgestellt würden und der Bescheid in diesem Umfang ersatzlos behoben werde. Hingegen gab die belangte Behörde (Spruch-Teil B) dem Einspruch hinsichtlich der für den Zeitraum vom bis zum nachverrechneten Sozialversicherungsbeiträge und Umlagen von EUR 20,92 nicht Folge und verpflichtete die Erstmitbeteiligte, diesen Betrag binnen 14 Tagen zu zahlen.
2.2. Die belangte Behörde führte in den Tatsachenfeststellungen im Wesentlichen aus, die Erstmitbeteiligte erbringe Tätigkeiten aus dem Baumeistergewerbe, nämlich Betonbohren und -schneiden, die dem Geltungsbereich des BSchEG unterlägen. Dies sei der BUAK bekannt geworden, woraufhin deren bevollmächtigter und dazu befugter Mitarbeiter W mit dem Geschäftsführer der Erstmitbeteiligten die Vereinbarung getroffen habe, dass für die in Frage kommenden Dienstnehmer (erst) ab dem Schlechtwetterentschädigungsbeiträge gezahlt werden sollten.
Die Revisionswerberin habe in der Folge eine gemeinsame Prüfung lohnabhängiger Abgaben vorgenommen, die zur rückwirkenden Feststellung von Schlechtwetterentschädigungsbeiträgen geführt habe.
2.3. In der rechtlichen Würdigung führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus:
Die Erstmitbeteiligte unterliege dem Anwendungsbereich des BSchEG, zumal sie die Tätigkeiten des Betonbohrens und -schneidens im Rahmen eines freien Gewerbes ausübe, wobei es sich um ein Teilgewerbe bzw. einen Teilbereich des Baumeistergewerbes handle. Da der im BSchEG festgehaltene Geltungsbereich auf die "Betriebssystematik 1950" abstelle und damals eine Berechtigung für Betonbohren und -schneiden nicht existiert habe, seien die genannten Tätigkeiten unter den Bereich der Hoch- und Tiefbaubetriebe einzuordnen, welche unter den Geltungsbereich des BSchEG fielen.
Was die zwischen dem Geschäftsführer der Erstmitbeteiligten und einem Mitarbeiter der BUAK abgeschlossene Vereinbarung betreffe, wonach eine Beitragspflicht nach dem BSchEG erst ab dem bestehe, so sei eine derartige Vereinbarung zulässig und verbindlich. Die getroffene Vereinbarung stehe (aus eingehend erörterten Gründen) der nachträglichen Verpflichtung zur Leistung von Schlechtwetterentschädigungsbeiträgen durch die Revisionswerberin entgegen.
Was die für den Zeitraum vom 1. Jänner bis zum nachverrechneten Schlechtwetterentschädigungsbeiträge betreffe, so sei die Forderung zudem verjährt.
Was die für den Zeitraum vom 1. Jänner bis zum nachverrechneten Sozialversicherungsbeiträge und Umlagen anbelange, so sei der Anspruch gleichfalls verjährt.
Gegen die für den Zeitraum vom bis zum vorgeschriebenen Sozialversicherungsbeiträge und Umlagen habe die Erstmitbeteiligte keine Einwendungen erhoben, sodass insoweit die Zahlungspflicht festzustellen gewesen sei.
Verzugszinsen seien mangels einer gesetzlichen Grundlage für die Schlechtwetterentschädigungsbeiträge nicht zuzusprechen. Soweit Sozialversicherungsbeiträge und Umlagen als verjährt festgestellt würden, teilten die Verzugszinsen das rechtliche Schicksal der Hauptforderung. Nicht zuletzt sei der herangezogene Zinssatz überhöht, zumal für den maßgeblichen Zeitpunkt der Bescheiderlassung im Jahr 2013 ein Zinssatz von lediglich 8,38 % anzuwenden sei.
3. Gegen diesen Bescheid wendet sich die vorliegende Übergangsrevision (§ 4 Abs. 1 Satz 1 VwGbk-ÜG).
Die Revisionswerberin bekämpft den Bescheid zur Gänze wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts.
Das - an die Stelle der belangten Behörde getretene - Bundesverwaltungsgericht legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und begehrt die Abweisung der Revision.
Die Erstmitbeteiligte erstattete eine Revisionsbeantwortung und beantragt die Abweisung der Revision. Die Zweitmitbeteiligte verzichtete auf die Erstattung einer Gegenschrift.
4. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Voranzustellen ist, dass nach § 4 Abs. 5 VwGbk-ÜG für die Behandlung der Revision die Bestimmungen des VwGG in der bis zum Ablauf des geltenden Fassung sinngemäß gelten.
5. Was den Spruch-Teil B des angefochtenen Bescheids betrifft, so erweist sich die Revision als nicht zulässig.
Mit dem Spruch-Teil B wurde dem Einspruch der Erstmitbeteiligten gegen den Bescheid erster Instanz nicht Folge gegeben und die festgestellte Beitragspflicht bestätigt. Im Hinblick darauf kann aber die Revisionswerberin in diesem Punkt durch den angefochtenen Bescheid in keinem gesetzlich normierten subjektiven Recht verletzt sein. Der Revision steht insofern der Mangel der formellen Beschwer bzw. das Fehlen des Rechtsschutzbedürfnisses entgegen (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom , Ro 2014/17/0126, und vom , Ro 2014/17/0069).
Im Hinblick darauf ist die Revision, soweit sie sich gegen den Spruch-Teil B wendet, gemäß § 34 Abs. 1 VwGG als unzulässig zurückzuweisen.
6.1. Zu den Spruch-Teilen C und D des angefochtenen Bescheids ist vorweg festzuhalten, dass der Betrieb der Erstmitbeteiligten unter den Geltungsbereich des BSchEG fällt.
6.2. Nach § 1 Abs. 1 BSchEG unterliegen bestimmte taxativ aufgezählte Betriebe, darunter auch Hoch- und Tiefbaubetriebe, dem Anwendungsbereich dieses Gesetzes, wobei die Gewerbeberechtigung des Dienstgeber-Unternehmens für die Zuordnung maßgebend ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 95/08/0071). Ob ein Betrieb unter einen der im § 1 Abs. 1 BSchEG aufgezählten Begriffe fällt, ist unter Zuhilfenahme der Gesetzesmaterialien (376 BlgNR 7. GP) nach den vom statistischen Zentralamt (nun Statistik Austria) geführten einschlägigen Verzeichnissen (über die Klassifikation der Betriebe bzw. der Wirtschaftstätigkeiten) zu beurteilen (vgl. näher das hg. Erkenntnis vom , 2012/11/0101).
Laut den Gesetzesmaterialien zählen zu den im § 1 Abs. 1 BSchEG genannten Hoch- und Tiefbaubetrieben insbesondere auch Betriebe, die Beton- und Eisenbetonarbeiten verrichten. In der von der Statistik Austria geführten Klassifikation der Wirtschaftstätigkeiten ÖNACE 2008 ist zu Abschnitt F "BAU" festgehalten, dass dieser Abschnitt allgemeine und spezialisierte Hoch- und Tiefbautätigkeiten umfasst. Dazu gehören die vollständige Errichtung von Gebäuden aller Art (F 41 Hochbau) und von Tiefbauten (F 42 Tiefbau) sowie auch spezialisierte Bautätigkeiten, sofern diese nur einen Teil der gesamten Bauarbeiten darstellen (F 43 Vorbereitende Baustellenarbeiten, Bauinstallation und sonstiges Ausbaugewerbe), mithin die Durchführung von Teilarbeiten an Hoch- und Tiefbauten oder die entsprechenden Vorarbeiten. Die Vermietung von Baugeräten mit Bedienungspersonal wird nach der jeweils ausgeführten Bautätigkeit klassifiziert.
6.3. Vorliegend übt die Erstmitbeteiligte das gemeldete freie Gewerbe "Vermietung von Betonschneidemaschinen, Erweiterung:
Schneiden und Bohren von Beton, soweit keine statischen Belange berührt werden" aus. Die Tätigkeiten des Betonschneidens und - bohrens sind jedoch nach den bereits erörterten Gesetzesmaterialien als Betonarbeiten sowie nach der Klassifikation ÖNACE 2008 als spezielle einen Teil der Bauarbeiten darstellende Bautätigkeiten (Bearbeitung von Beton) und damit als Arbeiten an Hoch- und Tiefbauten zu erachten. Im Hinblick darauf stellt der Betrieb der Erstmitbeteiligten einen Hoch- und Tiefbaubetrieb im Sinn des § 1 Abs. 1 BSchEG dar, der unter den Geltungsbereich dieses Gesetzes fällt.
7.1. Das BSchEG sieht vor, dass dem Arbeitgeber auf Antrag nach den Bestimmungen jenes Gesetzes die als Schlechtwetterentschädigung ausbezahlten Beträge rückzuerstatten sind (vgl. § 8 BSchEG). Die Durchführung der Rückerstattung hat durch die BUAK zu erfolgen. Diese hat die Aufgaben nach dem BSchEG im übertragenen Wirkungsbereich nach den Weisungen des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz zu vollziehen (vgl. § 9 Abs. 1 und 2 BSchEG).
Der Aufwand für die Durchführung des BSchEG wird durch einen Beitrag der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer (Schlechtwetterentschädigungsbeitrag) gedeckt (vgl. § 12 Abs. 1 BSchEG). Der Beitrag ist durch die Träger der gesetzlichen Krankenversicherung einzuheben. Diese haben die Aufgaben nach dem BSchEG im übertragenen Wirkungsbereich nach den Weisungen des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz zu vollziehen. Streitigkeiten über die Verpflichtung zur Beitragsleistung sind nach dem für die Sozialversicherungsbeiträge geltenden Verfahren zu entscheiden. In jenem Verfahren kommt der BUAK Parteistellung zu. Für die Berechnung, Fälligkeit, Einzahlung, Eintreibung, Beitragszuschläge, Sicherung, Verjährung und Rückforderung des Schlechtwetterentschädigungsbeitrags gelten die entsprechenden Bestimmungen des ASVG über die Beiträge zur Pflichtversicherung. Den Trägern der gesetzlichen Krankenversicherung gebührt für die Einhebung des Schlechtwetterentschädigungsbeitrags eine Vergütung (vgl. § 12 Abs. 5 BSchEG).
7.2. Die Legitimation zur Revisionserhebung vor dem Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 6 Z 1 B-VG wegen Verletzung in subjektiven Rechten ("wer durch das Erkenntnis in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet") setzt die Möglichkeit der Verletzung in subjektiven öffentlichen Rechten voraus. Eine Revision kann derart - auf dem Boden der Rechtsprechung zur vorangehenden Bestimmung des Art. 133 Abs. 1 Z 1 B-VG in der Fassung vor der Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012 - nur unter Berufung auf eine eigene, gegen den Staat als Träger der Hoheitsgewalt gerichtete Interessensphäre der rechtsmittelwerbenden Partei erhoben werden (vgl. etwa den hg. Beschluss vom , 2001/08/0150, mwN). Selbst eine Organ- bzw. Formalpartei, der keine eigene, gegen den Staat gerichtete Interessensphäre zukommt, ist zu einem Rechtsmittel nur insoweit legitimiert, als es zur Durchsetzung ihrer aus der Parteistellung folgenden prozessualen Befugnisse (etwa dem Recht auf Bescheid, auf Akteneinsicht, auf Parteiengehör und dergleichen) erforderlich ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Ro 2015/07/0009). Im Übrigen bedarf es - außer in den bundesverfassungsrechtlich vorgesehenen Fällen (vgl. insbesondere Art. 133 Abs. 6 Z 2 bis Z 4 B-VG) - einer ausdrücklichen gesetzlichen Ermächtigung zur Revisionserhebung (Art. 133 Abs. 8 B-VG) (vgl. zum Ganzen den hg. Beschluss vom , Fr 2015/03/0011, mwN).
7.3. Die Revisionswerberin bringt zu ihrer Legitimation zur Revisionserhebung vor, sie werde durch den angefochtenen Bescheid "in ihrem subjektiven Recht verletzt", von der Erstmitbeteiligten für den Prüfungszeitraum (unter anderem) die Schlechtwetterentschädigungsbeiträge zuzüglich Verzugszinsen "einheben zu dürfen". Die Revisionswerberin zeigt damit jedoch keine Verletzung in subjektiven öffentlichen Rechten - im Sinn der obigen Erörterungen - auf. Aus den dargestellten Regelungen des BSchEG ergibt sich, dass die Revisionswerberin für die Einhebung des Schlechtwetterentschädigungsbeitrags im übertragenen Wirkungsbereich für den Bund zuständig ist. Dass ihr dabei ein öffentlich-rechtlicher Anspruch im Sinn einer eigenen subjektiven Berechtigung zukäme, ist bei Auslegung der betreffenden Regelungen nicht ersichtlich. Das von der Revisionswerberin als verletzt erachtete materielle Recht existiert daher nicht. In Ansehung der Revisionswerberin ist auch keiner der bundesverfassungsgesetzlich vorgesehenen Fälle zur Begründung der Legitimation zur Revisionserhebung verwirklicht; insbesondere ist die Revisionswerberin nicht belangte Behörde im Sinn des Art. 133 Abs. 6 Z 2 B-VG in Verbindung mit § 9 Abs. 2 Z 1 VwGVG. Eine Legitimation zur Revisionserhebung ist auch nicht aus einer sonstigen ausdrücklichen gesetzlichen Ermächtigung - insbesondere aus den schon erörterten Regelungen des BSchEG - abzuleiten.
7.4. Davon ausgehend ist aber eine Berechtigung der Revisionswerberin zur Revisionserhebung in Ansehung der Spruch-Teile C und D nicht gegeben. Die Revision ist daher insoweit gemäß § 34 Abs. 1 VwGG als unzulässig zurückzuweisen.
8.1. Was den Spruch-Teil A des angefochtenen Bescheids anbelangt, so hat die belangte Behörde ihre Entscheidungsbefugnis überschritten.
Der Berufungsbehörde (hier Einspruchsbehörde) kommt lediglich in dem durch den Berufungsantrag (hier Einspruchsantrag) gesteckten Rahmen eine Sachentscheidungsbefugnis zu. Der Rechtsmittelantrag umgrenzt im Sinn des § 63 Abs. 3 AVG (hier § 412 Abs. 1 ASVG in der Fassung vor BGBl. I Nr. 87/2013) die Abänderungsbefugnis der Behörde zweiter Instanz, er ist der Maßstab für den Umfang der rechtlichen Überprüfung. Eine Überschreitung des durch den Rechtsmittelantrag gezogenen Überprüfungsrahmens stellt - bei Vorliegen eines trennbaren Entscheidungsteils (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , 2011/08/0122) - einen Eingriff in die Teilrechtskraft dar (siehe die hg. Erkenntnisse vom , 2005/09/0097, und vom , 99/09/0194).
8.2. Vorliegend erhob die Erstmitbeteiligte nur insofern Einspruch gegen den Bescheid erster Instanz, als damit Schlechtwetterentschädigungsbeiträge von "EUR 20.308,78" (gemeint: EUR 20.328,33) und Verzugszinsen von EUR 3.293,74 vorgeschrieben wurden, und begehrte lediglich in diesem Umfang die Aufhebung der Entscheidung. Soweit im Bescheid erster Instanz darüber hinaus eine Nachverrechnung von EUR 557,24 an Sozialversicherungsbeiträgen und Umlagen festgestellt und die Erstmitbeteiligte zur Zahlung dieses Betrags verpflichtet wurde, blieb der Bescheid erster Instanz im Einspruchsverfahren unbekämpft und erwuchs daher - als trennbarer Entscheidungsteil - in Teilrechtskraft.
Indem die belangte Behörde im nunmehr angefochtenen Bescheid über die Beitragsnachverrechnung von EUR 557,24 - wovon EUR 536,32 auf Spruch-Teil A entfallen - entschied, setzte sie sich über die insoweit bereits gegebene rechtskräftige Entscheidung hinweg. Der angefochtene Bescheid ist daher im Umfang des Spruch-Teils A wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , 2000/15/0084) zu beheben.
9.1. Was schließlich den Spruch-Teil E anbelangt, so umfasst der begehrte Zinsenbetrag von EUR 3.293,74 einerseits Verzugszinsen für die nachverrechneten Sozialversicherungsbeiträge und Umlagen und andererseits Verzugszinsen für die nachverrechneten Schlechtwetterentschädigungsbeiträge. Da diese Ansprüche nach den obigen Ausführungen getrennt beurteilt werden müssen (die fehlende Legitimation zur Revisionserhebung in Ansehung der Spruch-Teile C und D erfasst in gleicher Weise auch die darauf entfallenden Verzugszinsen), bedarf es einer ziffernmäßigen Trennung der Verzugszinsen. Da eine solche nicht ohne Weiteres möglich ist, ist der angefochtene Bescheid in Ansehung des Spruch-Teils E wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufzuheben.
9.2. Was die Höhe des anzuwendenden Zinssatzes betrifft, so sieht § 59 Abs. 1 ASVG vor, dass für rückständige Beiträge aus Zeiträumen, die vor dem Zeitpunkt einer Änderung des Zinssatzes liegen, die Verzugszinsen - soweit sie zu dem Zeitpunkt nicht bereits vorgeschrieben sind - mit dem jeweils (zuletzt) geänderten Hundertsatz zu berechnen sind.
Vorliegend wurden die Verzugszinsen für die aus dem Prüfungszeitraum rückständigen Beiträge im Oktober 2012 durch Ausweisung im Prüfbericht und Belastung des Beitragskontos vorgeschrieben - eine Vorschreibung in Bescheidform war nicht geboten (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 86/08/0013, sowie § 410 Abs. 1 Z 5 ASVG, wonach nur die Vorschreibung eines Beitragszuschlags zwingend mit Bescheid zu erfolgen hat) -, sodass für die erstmalige Verzinsung der für das Kalenderjahr 2012 geltende Zinssatz von 8,88 % anzuwenden ist. Die Verzinsung für nachfolgende Kalenderjahre hat nach dem dann jeweils aktuellen Zinssatz zu erfolgen.
10. Der Kostenzuspruch gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der - auf Übergangsfälle gemäß § 4 iVm § 3 Z 1 der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014, BGBl. II Nr. 518/2013, idF BGBl. II Nr. 8/2014 weiter anzuwendenden - VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.
Wien, am
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Schlagworte: | Individuelle Normen und Parteienrechte Auslegung von Bescheiden und von Parteierklärungen VwRallg9/1 |
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