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VwGH 22.07.2014, Ra 2014/02/0020

VwGH 22.07.2014, Ra 2014/02/0020

Entscheidungsart: Erkenntnis

Rechtssatz


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Normen
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwRallg;
ZustG §17 Abs1;
ZustG §17 Abs3 idF 2008/I/005;
RS 1
Entscheidend für den Beginn der Abholfrist und damit für den Tag der Zustellung ist demnach der Tag, an dem die Sendung erstmals zur Abholung bereitgehalten wird (Hinweis ).
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie 2008/02/0139 E RS 1

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Riedinger und die Hofräte Dr. Lehofer und Dr. N. Bachler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Farcas, über die Revision des Mag. H in S, vertreten durch Mag. Dr. Irina Schiffer, Rechtsanwältin in 1030 Wien, Strohgasse 19/5, gegen den Beschluss des Landesverwaltungsgerichtes Tirol vom , Zl. LVwG- 2014/31/0231-4, betreffend Zurückweisung einer Berufung betreffend Übertretungen der StVO und des FSG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Innsbruck), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Beschluss wird wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts aufgehoben.

Das Land Tirol und der Bund haben der revisionswerbenden Partei zu gleichen Teilen Aufwendungen in der Höhe von insgesamt EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen Beschluss hat das Verwaltungsgericht die - als Beschwerde zu wertende - Berufung des Revisionswerbers gegen ein Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck als verspätet zurückgewiesen und ausgesprochen, dass gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den VwGH unzulässig ist.

Das Verwaltungsgericht stellte fest, dass über den Revisionswerber mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck vom wegen einer Übertretung des § 5 Abs 2 StVO 1960 sowie einer Übertretung des § 14 Abs 1 Z 1 FSG Geldstrafen in der Höhe von EUR 2.000,-- bzw EUR 50,-- (Ersatzfreiheitsstrafen von 20 Tagen bzw 12 Stunden) verhängt worden seien.

Die Zustellung des Straferkenntnisses sei zunächst an die Wohnadresse des Revisionswerbers in Salzburg veranlasst worden, nach Retournierung des Rückscheins mit dem Vermerk "nicht behoben" sei eine Zustellung an die Anschrift der Dienstgeberin erfolgt. Nach Durchführung eines Zustellversuchs am sei die das Straferkenntnis "ab beim Postamt (...) hinterlegt" worden.

In dem dagegen mit Telefax vom erhobenen Rechtsmittel sei unter Hinweis auf den Umstand, dass der Revisionswerber erst am vom Straferkenntnis Kenntnis erlangt habe, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt und gleichzeitig Berufung erhoben worden.

Das Verwaltungsgericht habe dem Revisionswerber mit - unbeantwortet gebliebenem - Schreiben vom vorgehalten, dass ihm das angefochtene Straferkenntnis am durch Hinterlegung beim zuständigen Postamt zugestellt worden sei.

In rechtlicher Hinsicht führte das Verwaltungsgericht - nach Darlegungen zu seiner Zuständigkeit - aus, es stehe fest, dass dem Revisionswerber der Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck durch Hinterlegung gemäß § 17 Zustellgesetz ordnungsgemäß am Donnerstag, dem , zugestellt worden sei. Die zweiwöchige Berufungsfrist habe am Donnerstag, dem um 24 Uhr geendet. Da die Berufung erst am per Telefax eingebracht worden sei, sei diese als verspätet anzusehen.

Die ordentliche Revision sei unzulässig, da sich der Verwaltungsgerichtshof mit der Frage der Wirksamkeit der Zustellung von Schriftstücken durch Hinterlegung bereits sehr oft auseinandergesetzt habe und das Verwaltungsgericht von dieser Rechtsprechung nicht abgewichen sei.

Gegen diesen Beschluss richtet sich die außerordentliche Revision, zu der die belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht eine Revisionsbeantwortung erstattet hat und beantragt, der Verwaltungsgerichtshof möge "die Revision als in der Sache unbegründet abweisen." Der Revisionswerber hat dazu eine Gegenäußerung erstattet.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Gemäß § 34 Abs 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs 3 VwGG) zu überprüfen.

2. Der Revisionswerber bringt vor, dass das Verwaltungsgericht im angefochtenen Beschluss von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hinsichtlich der Zustellung eines Schriftstücks und des Beginns des Fristenlaufs abweicht. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes gelte ein hinterlegtes Dokument mit dem Tag, an dem es erstmals zur Abholung bereitgehalten wird, als zugestellt. Davon sei das Verwaltungsgericht abgewichen, da das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck am hinterlegt worden sei und der Beginn der Abholfrist der gewesen sei, was eindeutig aus dem Zustellnachweis hervorgehe.

3. Die Revision ist zulässig und berechtigt:

Das Verwaltungsgericht geht in seinem Beschluss erkennbar von der Rechtsansicht aus, dass durch die Hinterlegung des Straferkenntnisses der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck beim Postamt die Zustellung bewirkt worden sei.

§ 17 Abs 3 Zustellgesetz in der Fassung BGBl I Nr 5/2008 lautet:

"Das hinterlegte Dokument ist mindestens zwei Wochen zur Abholung bereitzuhalten. Der Lauf dieser Frist beginnt mit dem Tag, an dem das Dokument erstmals zur Abholung bereitgehalten wird. Hinterlegte Dokumente gelten mit dem ersten Tag dieser Frist als zugestellt. Sie gelten nicht als zugestellt, wenn sich ergibt, daß der Empfänger oder dessen Vertreter im Sinne des § 13 Abs. 3 wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, doch wird die Zustellung an dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag innerhalb der Abholfrist wirksam, an dem das hinterlegte Dokument behoben werden könnte."

Nach dem klaren Wortlaut dieser Bestimmung ist daher - wie der Verwaltungsgerichtshof auch in seiner ständigen Rechtsprechung (vgl etwa das hg Erkennntis vom , Zl 2010/02/0273) festgestellt hat - für den Beginn der Abholfrist und damit für den Tag der Zustellung der Tag entscheidend, an dem die Sendung erstmals zur Abholung bereitgehalten wird.

Im vorliegenden Fall ergibt sich aus dem im Verwaltungsakt erliegenden Zustellnachweis, dass das Straferkenntnis nach einem Zustellversuch am - einem Donnerstag - beim Postamt hinterlegt wurde und als Beginn der Abholfrist der angegeben wurde. Ausgehend davon - sowie unter Berücksichtigung, dass Donnerstag, der , ein gesetzlicher Feiertag war - endete die Frist daher gemäß § 33 Abs 2 AVG am Montag, dem .

4. Der angefochtene Beschluss war daher gemäß § 42 Abs 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts aufzuheben.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014, BGBl II Nr 518/2013 in der Fassung BGBl II Nr 8/2014.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Normen
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwRallg;
ZustG §17 Abs1;
ZustG §17 Abs3 idF 2008/I/005;
Schlagworte
Rechtsgrundsätze Fristen VwRallg6/5
ECLI
ECLI:AT:VWGH:2014:RA2014020020.L00
Datenquelle

Fundstelle(n):
XAAAE-90662