VwGH vom 27.01.2012, 2011/17/0086

VwGH vom 27.01.2012, 2011/17/0086

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pallitsch, die Hofräte Dr. Holeschofsky und Dr. Köhler sowie die Hofrätinnen Dr. Zehetner und Mag. Nussbaumer-Hinterauer als Richter, im Beisein der Schriftführerin MMag. Gold, über die Beschwerde der Marktgemeinde Matrei, vertreten durch Dr. Gernot Gasser und Dr. Sonja Schneeberger, Rechtsanwälte in 9900 Lienz, Beda-Weber-Gasse 1, gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom , Zl. Ib-17561/17-2011, betreffend die Vorschreibung von Erschließungsbeiträgen nach dem TVAAG (mitbeteiligte Partei: T Ö in Ö G.m.b.H. in M, vertreten durch Dr. Gerhard Seirer und Mag. Herbert Weichselbraun, Rechtsanwälte in 9900 Lienz, Tirolerstraße 30/2), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Tirol hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1.1. Zur Vorgeschichte kann auf die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 2009/06/0165, und vom , Zl. 2009/17/0265, verwiesen werden.

Mit den Bescheiden des Bürgermeisters der beschwerdeführenden Partei, jeweils vom , wurden der im verwaltungsgerichtlichen Verfahren mitbeteiligten Partei Erschließungsbeiträge nach dem Tiroler Verkehrsaufschließungsabgabengesetz (TVAAG) in der Höhe von EUR 69.390,-- bzw. EUR 181.418,-- vorgeschrieben.

In ihrer gegen beide Bescheide gemeinsam erhobenen Berufung brachte die im verwaltungsgerichtlichen Verfahren mitbeteiligte Partei vor, im Zuge der Baumaßnahmen der in Rede stehenden Pumpstationen in den 1960er Jahren seien von ihr erhebliche Anteile an der Errichtung sowohl der Zufahrtsstraße als auch der Verkehrserschließung getragen und auf eigene Kosten durchgeführt worden. Diese Leistungen, welche im Sinne und in Absprache mit der beschwerdeführenden Marktgemeinde erfolgt seien, hätten bei der Vorschreibung von Erschließungskosten entsprechend § 9 Abs. 4 TVAAG in Abzug gebracht werden müssen. Diese Baumaßnahmen seien der Gemeinde bekannt gewesen und wäre diese verpflichtet gewesen, die Aufwendungen von Amts wegen zu erheben und bei Vorschreibung des Erschließungsbeitrages jeweils entsprechend zu berücksichtigen. Die Höhe der finanziellen Aufwendungen ergebe sich insbesondere aus den einen integrierenden Bestandteil der Berufung bildenden Urkunden.

Nach Ergehen einer Berufungsvorentscheidung wies der Gemeindevorstand der beschwerdeführenden Partei als Abgabenbehörde zweiter Instanz über Vorlageantrag der mitbeteiligten Partei die Berufung als unbegründet ab. Dabei ging er auch mit näherer Begründung auf das Vorbringen hinsichtlich des Anrechnungsbegehrens nach § 9 Abs. 4 TVAAG ein.

Mit dem Erkenntnis vom , Zl. 2009/17/0265, hob der Verwaltungsgerichtshof den damals vor ihm angefochtenen Bescheid der belangten Behörde wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften auf. Mit der pauschalen Begründung ihres aufhebenden Spruches sei die belangte Behörde ihrer Begründungspflicht nicht nachgekommen, weil dadurch weder die beschwerdeführende Partei (die auch im vorliegenden Verfahren beschwerdeführende Marktgemeinde) noch der Verwaltungsgerichtshof in die Lage versetzt worden seien, ihre Rechte zu verfolgen bzw. den angefochtenen Bescheid auf seine Rechtmäßigkeit zu überprüfen.

1.2.1. In der Folge erstattete die beschwerdeführende Marktgemeinde über Aufforderung durch die belangte Vorstellungsbehörde mit Schreiben vom eine Äußerung, in der sie unter Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2005/17/0192, den Standpunkt vertrat, dass die dort näher genannten Voraussetzungen für die Berücksichtigung von Aufwendungen im Sinne von § 9 Abs. 4 TVAAG für die Erschließung des betroffenen Bauplatzes im Beschwerdefall nicht vorlägen, zumal privatrechtliche Vereinbarungen im Sinne der zitierten Gesetzesstelle nie abgeschlossen worden seien; eine Kürzung der Abgabenschuld habe daher nicht stattzufinden. Die Berufungsbehörde habe sich bereits im ersten Rechtsgang - wie auch der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom , Zl. 2009/17/0265, festgehalten habe - ausführlich mit den einzelnen Urkunden und den diesbezüglichen Vorbringen der im verwaltungsgerichtlichen Verfahren mitbeteiligten Partei auseinander gesetzt und hiezu Stellung genommen. Ergebnis dessen sei gewesen, dass die behaupteten privatrechtlichen Vereinbarungen nie abgeschlossen worden seien. Im gegenständlichen Fall gebe es überhaupt keine, auf Vertragsabschluss gerichtete Willenserklärung irgendeines vertragsabschlussberechtigten Organes der beschwerdeführenden Marktgemeinde und daher auch keine diese verpflichtende Vereinbarung. Unter einem verweist die beschwerdeführende Partei auf das Schriftformgebot gemäß § 55 Abs. 4 TGO (zu ergänzen: 2001).

1.2.2. Mit dem mit datierten Schreiben ersuchte die belangte Behörde die Abteilung Straßenbau des Amtes der Tiroler Landesregierung eine Stellungnahme abzugeben, inwieweit die in Rede stehenden Aufwendungen der Vorstellungswerberin (der im verwaltungsgerichtlichen Verfahren mitbeteiligten Partei) sich auf die verkehrsmäßige Erschließung der verfahrensgegenständlich relevanten und näher genannten Grundstücke bezögen.

Die angesprochene Abteilung Straßenbau nahm hiezu mit Schreiben vom - zusammengefasst - dahin Stellung, dass

1. die Reparatur der L-Brücke in der Höhe von EUR 6.086,17 nicht anzurechnen wäre, weil die Brücke für die Erschließung des Grundstückes nicht notwendig sei,

2. die Asphaltierung der Zufahrtsstraße in der Höhe von EUR 2.180,19 aus dem Jahre 1995 bei der Vorschreibung des Erschließungskostenbeitrages jedoch berücksichtigt werden könne, weil diese Ausgabe der Erschließung des Grundstückes gedient habe;

3. die Reparatur der Zufahrtsstraße nach einem Murenabgang im August 1980 in der Höhe von EUR 1.990,10 der Wiederherstellung der Straße gedient habe und daher für einen Erschließungskostenbeitrag nicht herangezogen werden könne;

4. der Betrag von EUR 6.540,56 für die Verlängerung einer Zufahrtsstraße an die beschwerdeführende Gemeinde als Ausgleichszahlung für einen unrealisierbaren Güterweg geleistet worden sei und (daher) für einen Erschließungskostenbeitrag nicht herangezogen werden könne;

5. die Kosten für die Herstellung einer Straßeneinbindung für die Zufahrtsstraße in der Höhe von EUR 28.705,28 der Erschließung des Grundstückes gedient hätten und bei der Vorschreibung des Erschließungskostenbeitrages berücksichtigt werden könnten; zu beachten sei aber, dass das Angebot und die Rechnung direkt von der ausführenden "Baufirma" an die Mitbeteiligte des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens ergangen sei, eine Beteiligung der Gemeinde an diesen Kosten sei nicht feststellbar. Die Straße sei jedoch bis heute eine Gemeindestraße, die sich nur teilweise auf öffentlichem Grund befinde. Im Falle einer positiven Beurteilung der Anrechenbarkeit sei zu beachten, dass nicht die angebotene Summe von S 395.000,-- verrechnet worden sondern auf die angebotene Pauschale eine Abzug von 15 % gewährt worden sei, sodass nur S 335.750,-- (EUR 24.399,90) allenfalls anzurechnen seien;

6. hinsichtlich der Kosten der Herstellung der Straße in der Höhe von EUR 7.267,28 könne anhand der Unterlagen nicht festgestellt werden, ob diese Ausgaben für die Erschließung eines näher genannten Grundstückes nicht bereits in den Ausgaben gemäß Punkt 5 enthalten seien; da diese Ausgaben nur einem Schreiben der Mitbeteiligten des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens an die beschwerdeführende Partei erwähnt würden und es sich dabei nur um eine Schätzung handle, könne "nur im Verhandlungswege geregelt werden, ob diese Ausgaben angerechnet werden oder nicht".

Zusammenfassend kam daher die Abteilung Straßenbau des Amtes der Tiroler Landesregierung zu dem Ergebnis, dass der Betrag gemäß Punkt 2 in der Höhe von EUR 2.180,19 auf jeden Fall angerechnet werden könne; für den Punkt 5 müsse noch ermittelt werden, ob die Ausgaben in der Höhe von EUR 24.399,90 angerechnet werden könnten. Die in Punkt 6 erwähnten Kosten könnten "eher nicht angerechnet werden".

1.2.3. Die im verwaltungsgerichtlichen Verfahren mitbeteiligte Partei hatte sich bereits mit im Verfahren vor der Vorstellungsbehörde geäußert und dabei unter anderem vorgebracht, dass die beschwerdeführende Gemeinde sich nicht nur ausdrücklich, sondern auch etwa stillschweigend geschlossene Verträge zurechnen lassen müsse. Grundsätzlich könne die mitbeteiligte Partei von ihrem Vertragspartner, nämlich der beschwerdeführenden Marktgemeinde, "ein entsprechendes Maß an Aufmerksamkeit, Überlegung und Rücksicht, insbesondere Sorgfalt und besonders sogar Loyalität " verlangen. Sie, die mitbeteiligte Partei, habe nämlich zwischenzeitlich eine Vereinbarung vom aufgefunden, die die Regelung sämtlicher im Zusammenhang mit dem Bau und dem Betrieb der Ölleitung im Gebiet der mitbeteiligten Gemeinde damals und in Zukunft entstehenden Fragen ein für alle Mal regle. Nach dem Punkt 9 dieser Vereinbarung erkläre die beschwerdeführende Marktgemeinde, dem Vorhaben der mitbeteiligten Partei in allen Belangen mit Loyalität zu begegnen; dies unterstreiche zusätzlich, dass die mitbeteiligte Partei "nur von einer loyalen Annahme ihrer Leistungen ausgehen" habe können. Ansonsten wäre die beschwerdeführende Marktgemeinde rechtsgrundlos bereichert worden.

Soweit sich die beschwerdeführende Partei auf die Tiroler Gemeindeordnung und insbesondere deren § 55 Abs. 4 berufe, sei darauf hinzuweisen, dass das dort geregelte Gebot der Schriftform nur für Verträge gelte, durch die die Gemeinde verpflichtet werden solle; durch die vorliegenden Verträge sei jedoch die Gemeinde gerade nicht verpflichtet worden.

Vollkommen unabhängig davon sei davon auszugehen, dass die Vereinbarung von Beitragsleistungen zur Erschließung von Grundstücken durch den Bürgermeister jederzeit auch in mündlicher Form auf Grund der "vereinbarten Loyalität sogar schlüssig und stillschweigend üblich war und heute noch gängige Praxis" sei; auch dieser Aspekt durchbreche das "Korsett der Schriftlichkeit".

Letztendlich verweist die mitbeteiligte Partei noch auf Punkt 8 der erwähnten Vereinbarung vom ; danach seien nämlich mit dieser Vereinbarung alle wie immer gearteten Ansprüche der Gemeinde, soweit sie über diese Vereinbarung und die Bestimmungen des (in der Vereinbarung näher erwähnten) Dienstbarkeitsvertrages hinausgingen, abgegolten. Damit habe die beschwerdeführende Marktgemeinde auch auf ihren Anspruch auf Erschließungsbeiträge nach Ansicht der mitbeteiligten Partei rechtsgültig verzichtet.

1.2.4. In ihrer im Rahmen des Parteiengehörs abgegebenen Stellungnahme vom zum Schreiben der Abteilung Straßenbau des Amtes der Tiroler Landesregierung verwies die beschwerdeführende Marktgemeinde entscheidungswesentlich darauf, dass dieser fachlichen Stellungnahme nicht zu entnehmen sei, auf Grund welcher Beweisergebnisse davon ausgegangen werde, dass privatrechtliche Vereinbarungen über die Anrechnung der von der mitbeteiligten Partei behaupteten Aufwendungen abgeschlossen worden seien; es werde daher nur eine Stellungnahme zu den Aufwendungen "der Höhe" nach abgegeben. Insoweit werde nur auf die in Punkt 2 der Stellungnahme vom angeführten Aufwendungen von EUR 2.180,19 verwiesen, welche "der Höhe nach" außer Streit gestellt würden. Im Übrigen werde auf den in der Sache ergangenen Berufungsbescheid vom verwiesen, in dem sich die Berufungsbehörde auch der Höhe nach mit den einzelnen Aufwendungen eingehend auseinander gesetzt habe.

1.2.5. Die mitbeteiligte Partei nahm zur erwähnten Stellungnahme der Abteilung Straßenbau ihrerseits mit Schreiben vom dahin Stellung, dass - zusammengefasst - allein hinsichtlich des Punktes 2 die gestellte Frage "inhaltlich richtig und im Sinne der Ausführungen" der mitbeteiligten Partei beantwortet worden sei. Ansonsten erachtete die mitbeteiligte Partei das Ergebnis der Stellungnahme als im Einzelnen unzutreffend.

1.3. Mit ihrem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Vorstellung Folge, behob den vor ihr bekämpften Bescheid des Gemeindevorstandes der beschwerdeführenden Marktgemeinde und verwies die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an diesen zurück.

Nach Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens sowie des Parteienvorbringens und der nach Ansicht der belangten Behörde bedeutsamen Rechtsvorschriften führte sie in der Begründung des angefochtenen Bescheides entscheidungswesentlich aus, strittig sei im gegenständlichen Verfahren ausschließlich die Frage, ob und allenfalls welche Leistungen der mitbeteiligten Partei des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens im Sinne des § 9 Abs. 4 TVAAG auf die unstrittig feststehende Abgabenverbindlichkeit anzurechnen seien.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes seien privatrechtliche Vereinbarungen zwischen dem Abgabenschuldner oder einem seiner Rechtsvorgänger mit der Gemeinde über die Erbringung von Aufwendungen des Abgabenschuldners für die Verkehrserschließung des betreffenden Bauplatzes nach der erwähnten Gesetzesbestimmung bei der Vorschreibung des Erschließungsbeitrages entsprechend zu berücksichtigen. Für die Frage der Anrechnung sei nicht entscheidend, ob auch eine weitere Vereinbarung zwischen der Gemeinde und dem Abgabenschuldner über die Anrechnung auf den Erschließungsbeitrag getroffen worden sei, weil Tatbestand der Anrechnungsvorschrift nur die auf Grund privatrechtlicher Vereinbarungen erbrachten Aufwendungen für die Verkehrserschließung des betreffenden Grundstückes sei und nicht auch eine Vereinbarung über die Anrechnung auf den Erschließungsbeitrag und weil die gesetzliche Bestimmung über die Anrechnung nicht durch privatrechtliche Vereinbarungen abgeändert werden könne (Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2002/17/0202).

Für die Frage der Anrechenbarkeit von erbrachten Aufwendungen sei maßgeblich, ob sie auf Grund privatrechtlicher Vereinbarungen mit der Gemeinde für die Verkehrserschließung des gegenständlichen Bauplatzes erbracht worden seien; ob diese Aufwendungen hingegen vor oder nach Stellung des Antrages auf Erteilung der Baubewilligung bzw. vor oder nach Erteilung der Baugenehmigung erbracht worden seien oder nicht, sei für ihre Anrechenbarkeit ebenso ohne Bedeutung wie der Umstand, ob die Aufschließung durch eine Gemeindestraße erfolge oder nicht (Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2002/17/0183).

Die Anrechnung von auf Grund privatrechtlicher Vereinbarungen erbrachten Aufwendungen setze somit voraus, dass Aufwendungen für die Erschließung des betroffenen Bauplatzes von der Abgabenschuldnerin erbracht worden seien; nur solche Beträge seien beachtlich, die zur verkehrsmäßigen Erschließung der betroffenen Bauplätze dienten. Diese Vereinbarung müsse im Sinne der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes den Voraussetzungen der §§ 861 ff ABGB entsprechen. Somit bedürfe es für das Zustandekommen eines Vertrages zweier übereinstimmender Willenserklärungen.

Wenn nunmehr im vorliegenden Beschwerdefall aus den Akten zu entnehmen sei, dass die beschwerdeführende Marktgemeinde mit Schreiben vom die mitbeteiligte Partei des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens über die beabsichtigte Finanzierung des näher angeführten Vorhabens in Kenntnis gesetzt habe und sich dabei einen Kostenbeitrag in der Höhe von S 30.000,--

(rund EUR 2.180,19) von dieser erwarte ("es wird um Mitteilung

gebeten, ob mit dem in Aussicht gestellten Betrag der ... in der

Höhe von S 30.000,-- gerechnet werden kann"), dann sei in diesem Zusammenhang aus Sicht der belangten Behörde festzuhalten, dass eine privatrechtliche Vereinbarung im Sinne der dargelegten Rechtsprechung anzunehmen sei. Dies ergebe sich auch in Verbindung mit dem ebenfalls im Akt befindlichen Antwortschreiben vom mit dem die Übernahme des in Rede stehenden "Pauschalbetrages" für das näher genannte Vorhaben durch die abgabepflichtige Partei gegenüber der Marktgemeinde nach Durchführung der Asphaltierung bestätigt werde. Der Höhe nach sei die Kostentragung von EUR 2.180,19 sogar außer Streit gestellt worden. Darüber hinaus sei den Ausführungen des Sachverständigen der Abteilung Straßenbau vom zweifelsfrei zu entnehmen, dass die gegenständlichen Aufwendungen für das im vorliegenden Fall relevante, näher bezeichnete Grundstück geleistet worden seien. Damit seien die nach Ansicht der Behörde von der gesetzlichen Bestimmung des § 9 Abs. 4 TVAAG geforderten Voraussetzungen für eine Berücksichtigung der Aufwendungen anlässlich der Vorschreibung des Erschließungsbeitrages erfüllt.

Aufgabe des Gemeindevorstandes der beschwerdeführenden Marktgemeinde als Abgabenbehörde zweiter Instanz werde es im fortgesetzten Verfahren sein, die in Rede stehenden Aufwendungen der Einschreiterin bei der Vorschreibung des Erschließungsbeitrages entsprechend zu berücksichtigen.

Bereits aus diesem Grunde sei eine Verletzung der abgabepflichtigen mitbeteiligten Partei des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens in ihren Rechten durch die Berufungsbehörde zu erblicken und der bekämpfte Bescheid des Gemeindevorstandes zu beheben gewesen. Auf Grund dieses "Faktums" habe gleichzeitig eine abschließende Beurteilung durch die Behörde einer darüber hinausgehenden Berücksichtigung der von der mitbeteiligten Partei ins Treffen geführten Aufwendungen unterbleiben können; dies stehe im Einklang mit der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, wonach aus der Regelung, dass die Vorstellungsbehörde den Bescheid aufzuheben habe, wenn Rechte des Einschreiters durch ihn verletzt würden, ein Recht des Vorstellungswerbers auf umfassende Behandlung seiner Vorstellung - wenn die Behörde schon wegen einer Rechtsverletzung den Bescheid aufhebe - nicht abgeleitet werden könne (Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom , Zl. 97/06/0190).

1.4. Die beschwerdeführende Partei bekämpft diesen Bescheid vor dem Verwaltungsgerichtshof wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und - ebenso wie die mitbeteiligte Partei des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens - eine Gegenschrift mit dem Antrag erstattet, die Beschwerde als unbegründet kostenpflichtig abzuweisen.

Die beschwerdeführende Partei hat auf die Gegenschriften repliziert.

2.0. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

2.1. Hinsichtlich der anzuwendenden Rechtslage kann auf deren Darstellung im bereits erwähnten hg. Erkenntnis vom , Zl. 2009/17/0265, verwiesen werden.

2.2. Die belangte Behörde hat im nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid anhand der im Akt erliegenden Urkunden festgestellt, dass - entgegen der Ansicht der Berufungsbehörde - der Betrag von S 30.000,-- (umgerechnet EUR 2.180,19) auf Grund einer privatrechtlichen Vereinbarung im Sinne des § 9 Abs. 4 TVAAG anzurechnen sei.

Wenn die beschwerdeführende Partei demgegenüber vorbringt, die Berufungsbehörde sei beweiswürdigend zu einem anderen, richtigen Ergebnis gelangt, kann dem der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen seiner eingeschränkten Überprüfung der Beweiswürdigung nicht folgen. Die belangte Behörde hat nachvollziehbar dargelegt, warum sie aus der im Akt erliegenden Korrespondenz aus dem Jahre 1995 den Schluss auf das Vorliegen einer privatrechtlichen Vereinbarung zog; dass auch andere Personen (Anrainer) ein (vielleicht größeres) Interesse an der Aufschließung als die mitbeteiligte Partei hatten, hindert nicht die Annahme einer derartigen Vereinbarung im hier zu beurteilenden Beschwerdefall.

Der Verwaltungsgerichtshof vermag sohin auch unter Berücksichtigung der Ausführungen der beschwerdeführenden Partei der Annahme der belangten Behörde, es sei der Betrag von EUR 2.180,19 im Sinne des § 9 Abs. 4 TVAAG anzurechnen, nicht entgegen zu treten.

2.3. Dennoch erweist sich der angefochtene Bescheid als mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes behaftet.

Es trifft zu, dass der Verwaltungsgerichtshof mehrfach (vgl. außer dem bereits von der belangten Behörde angeführten hg. Erkenntnis vom , Zl. 97/06/0255, etwa auch das hg. Erkenntnis vom , Zl. 97/06/0190) ausgesprochen hat, dass keine Verpflichtung der Vorstellungsbehörde bestehe, auf sämtliche denkbare Rechtswidrigkeiten einzugehen, wiewohl eine umfassende Entscheidung über die Vorstellung unter Umständen aus Gründen der Verfahrensökonomie angebracht sein könnte.

Im hier zu behandelnden Beschwerdefall übersieht die belangte Behörde jedoch, dass zwei erstinstanzliche Bescheide vorliegen, die nur in einer einzigen, gemeinsamen Berufungsschrift bekämpft wurden.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. zur hier insoweit noch heranzuziehenden Tiroler Landesabgabenordnung das hg. Erkenntnis vom , Zl. 90/17/0406) bedeutet die Abweisung einer Berufung durch die Berufungsbehörde, dass diese die erstinstanzliche Abgabenvorschreibung auch zum Inhalt ihres Abspruches gemacht hat; mit diesem Spruchinhalt ist somit der zweitinstanzliche Bescheid an die Stelle des erstinstanzlichen Bescheides getreten. Im hier zu beurteilenden Beschwerdefall ist die vor der belangten Behörde mit Vorstellung bekämpfte Berufungsentscheidung somit an die Stelle der beiden erstinstanzlichen Bescheide getreten.

Die belangte Behörde hat - offenbar ausgehend von einer unzutreffenden Rechtsansicht - dies nicht erkannt und "den Berufungsbescheid" zur Gänze aufgehoben. Sie hätte jedoch - ausgehend von der von ihr zugrunde gelegten Anrechenbarkeit des Betrages von EUR 2.180,19 auf die Vorschreibung eines Erschließungsbeitrages, darlegen müssen, welcher der beiden in der Berufungsentscheidung enthaltenen Abgabenbescheide von der von ihr angenommenen Rechtsverletzung betroffen war und welches rechtliche Schicksal den anderen aus welchen Gründen trifft.

Da die belangte Behörde somit von einer vom Verwaltungsgerichtshof nicht geteilten Rechtsansicht ausgegangen ist, war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

2.4. Im Übrigen erachtet es der Verwaltungsgerichtshof im Hinblick auf das Vorbringen der mitbeteiligten Partei vor der belangten Behörde im Zusammenhang mit der Vereinbarung vom als zweckmäßig, darauf zu verweisen, dass die Vertretungsbefugnis hinsichtlich der beschwerdeführenden Partei nach den Bestimmungen der Tiroler Gemeindeordnung 1966, LGBl. Nr. 4 (Wiederverlautbarung), insbesondere nach deren § 54, zu beurteilen wäre. Nach § 54 Abs. 2 leg. cit. sind Urkunden, mit denen die Gemeinden privatrechtliche Verpflichtungen übernehmen, vom Bürgermeister gemeinsam mit zwei weiteren Mitgliedern des Gemeindevorstandes (Stadtrates) zu unterfertigen. In der Urkunde ist der Beschluss des Gemeinderates oder des Gemeindevorstandes (Stadtrates) anzuführen. Sollte danach überhaupt eine rechtswirksame Vereinbarung zustande gekommen sein, könnte nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes nach den bisherigen Ergebnissen des Verfahrens der ins Treffen geführte Punkt 8 der erwähnten Vereinbarung - soweit der darin geregelte Verzicht privatrechtlich zulässig sein sollte - mangels Bezugnahme auf konkrete Aufschließungsleistungen oder Aufschließungsvorhaben nicht als "privatrechtliche Vereinbarung" im Sinne des § 9 Abs. 4 TVAAG angesehen werden. Desgleichen kann aus der Verpflichtung zur "Loyalität" in Punkt 9 der erwähnten Vereinbarung nicht geschlossen werden, dass die beschwerdeführende Marktgemeinde jede von der mitbeteiligten Partei erbrachte Leistung im Sinne des § 9 Abs. 4 TVAAG anzurechnen verpflichtet wäre.

2.5. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. Nr. 455.

Wien, am