VwGH vom 15.03.2016, Ra 2014/01/0181

VwGH vom 15.03.2016, Ra 2014/01/0181

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Blaschek und die Hofräte Dr. Kleiser, Dr. Hofbauer und Dr. Fasching sowie die Hofrätin Dr. Reinbacher als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Berger, über die Revision der Landespolizeidirektion Wien gegen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichts Wien vom , Zl. VGW- 102/069/29616/2014-14, betreffend Kostenersatz in einer Angelegenheit nach § 38a Sicherheitspolizeigesetz (mitbeteiligte Partei: D M in W, vertreten durch Dr. Harald Hauer, Rechtsanwalt in 1020 Wien, Taborstraße 23/1), zu Recht erkannt:

Spruch

Das angefochtene Erkenntnis wird im Umfang seiner Anfechtung, sohin in seinem Spruchpunkt II. (Kostenentscheidung) wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Begründung

Mit dem angefochtenen Erkenntnis des Verwaltungsgerichts Wien vom wurde der Beschwerde des Mitbeteiligten gegen das am von der Landespolizeidirektion Wien gemäß § 38a Sicherheitspolizeigesetz (SPG) ausgesprochene Betretungsverbot bezüglich näher genannter Räumlichkeiten stattgegeben und dieses für rechtswidrig erklärt (Spruchpunkt I.). Weiters wurde gemäß § 35 Abs. 2, 4 und 7 VwGVG "dem Antrag (des Mitbeteiligten) auf Ersatz seiner Aufwendungen Folge gegeben" und der Bund als Rechtsträger zum Ersatz der Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.673,90 an den Mitbeteiligten verpflichtet (Spruchpunkt II.). Die Revision gegen dieses Erkenntnis wurde für nicht zulässig erklärt (Spruchpunkt III.).

In der Begründung dieses Erkenntnisses finden sich Ausführungen zu den Spruchpunkten I. und III.; die Kostenentscheidung in Spruchpunkt II. wird in der Begründung nicht erwähnt.

Gegen die Kostenentscheidung in Spruchpunkt II. dieses Erkenntnisses richtet sich die vorliegende Revision der Landespolizeidirektion Wien.

Das Verwaltungsgericht Wien legte die Verfahrensakten vor. Der Mitbeteiligte erstattete eine Revisionsbeantwortung.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Revision macht im Wesentlichen geltend, das angefochtene Erkenntnis weiche in seiner Kostenentscheidung vom Gesetzeswortlaut des § 35 Abs. 7 VwGVG und der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, wonach der Zuspruch von Kostenersatz (im Verfahren über Maßnahmenbeschwerden) einen entsprechenden Antrag voraussetze. Der im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht Wien anwaltlich vertretene Mitbeteiligte habe weder in seiner Beschwerde noch in der Verhandlung einen Antrag auf Zuspruch von Aufwandersatz gestellt.

Die Revision ist zulässig und begründet.

Auch Rechtsfragen des Verfahrensrechts können solche von grundsätzlicher Bedeutung sein, wobei bei einem Verfahrensmangel auch die Relevanz des Mangels für den Verfahrensausgang dargetan werden muss, das heißt, dass dieser abstrakt geeignet sein muss, im Falle eines mängelfreien Verfahrens zu einer anderen - für den Revisionswerber günstigeren - Sachverhaltsgrundlage zu führen (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. Ra 2015/22/0021, mit Verweis auf den hg. Beschluss vom , Zl. Ra 2015/05/0006). Die Relevanz der Frage, ob ein Antrag auf Aufwandersatz gestellt wurde, ist mit Blick auf § 35 Abs. 7 VwGVG im vorliegenden Fall gegeben.

Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung wird dann aufgeworfen, wenn eine Annahme des Verwaltungsgerichtes in unvertretbarer Weise unter Außerachtlassung tragender Verfahrensgrundsätze nicht mit den vorgelegten Akten übereinstimmt (vgl. nochmals das hg. Erkenntnis Zl. Ra 2015/22/0021, mit Verweis auf das hg. Erkenntnis vom , Zlen. Ra 2014/09/0043, 0044; zur Prüfung einer ins Treffen geführten Aktenwidrigkeit im Hinblick auf das Vorliegen einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung siehe auch die hg. Beschlüsse vom , Zl. Ra 2014/04/0021, und vom , Zl. Ra 2014/05/0004).

Gemäß § 35 Abs. 7 VwGVG ist Aufwandersatz auf Antrag der Partei zu leisten. Der Antrag kann bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung gestellt werden.

Zu § 79a Abs. 6 AVG hat der Verwaltungsgerichtshof festgehalten, dass dieser die Zuerkennung von Aufwandersatz schlichtweg von einem Antrag abhängig gemacht hat, welcher bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung gestellt werden konnte. Nachdem eine schriftliche Antragstellung nicht ausdrücklich vorgesehen war, konnte dieser Antrag auch mündlich im Zuge der Verhandlung gestellt werden (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2002/01/0360). Zum Inhalt des Kostenbegehrens wurde vom Verwaltungsgerichtshof festgehalten, dass der Antrag zumindest so genau gehalten sein muss, dass erkennbar ist, für welche Aufwendungen Kostenersatz begehrt wird (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2007/21/0016, mwN).

Diese Rechtsprechung ist auf § 35 VwGVG zu übertragen, weil § 79a AVG dem § 35 VwGVG entspricht (vgl. den hg. Beschluss vom , Zl. Ra 2015/02/0070, mit Verweis auf die Materialien RV 2009 BlgNR XXIV GP, 8).

Die Annahme des Verwaltungsgerichtes Wien, der Mitbeteiligte habe einen Antrag auf Aufwandersatz gemäß § 35 Abs. 7 VwGVG gestellt, steht mit dem Inhalt der vorgelegten Akten nicht im Einklang. Insbesondere lässt sich weder der Beschwerde des Mitbeteiligten vom noch dem Verhandlungsprotokoll vom ein derartiger Antrag entnehmen. Der Mitbeteiligte behauptet in seiner Revisionsbeantwortung zwar, er habe in der Verhandlung vom "nach dem Schluss des Beweisverfahrens, aber vor Ende der Verhandlung und vor den Schlussvorträgen, einen Antrag auf Kostenersatz

gestellt ... und eine Kostennote überreicht", er führt dazu aber

aus, es werde "außer Streit gestellt, dass weder das Erstatten der Schlussanträge noch das Legen der Kostennote Eingang in das Verhandlungsprotokoll gefunden" hätten. Die Revisionswerberin bestreitet diese Behauptung und bringt dazu vor, dass die in der Verhandlung anwesende Behördenvertreterin weder die Stellung eines Antrages auf Zuerkennung von Aufwandersatz noch die Vorlage einer Kostennote durch den Mitbeteiligten oder seinen Rechtsanwalt wahrnehmen habe könne.

Den vorgelegten Akten sind jedenfalls keinerlei Hinweise auf ein Geschehen, wie dies vom Mitbeteiligten in seiner Revisionsbeantwortung behauptet wird, zu entnehmen. Eine Kostennote findet sich in den vorgelegten Akten nicht. Da demnach die für die Kostenentscheidung tragende Annahme, der Mitbeteiligte habe einen Antrag auf Aufwandersatz gemäß § 35 Abs. 7 VwGVG gestellt, mit dem Inhalt der vorgelegten Akten nicht im Einklang steht, war das angefochtene Erkenntnis in seinem Spruchpunkt II. gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. a VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Wien, am