VwGH vom 28.05.2015, Ro 2014/07/0079

VwGH vom 28.05.2015, Ro 2014/07/0079

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bumberger und die Hofrätin Dr. Hinterwirth sowie die Hofräte Dr. N. Bachler, Dr. Lukasser und Mag. Haunold als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Pitsch, über die Revision der O U in L, gegen den Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes vom , Zl. W102 2000186- 1/6E, betreffend Zurückweisung einer Säumnisbeschwerde in einer Angelegenheit des Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetzes 2000 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Oberösterreichische Landesregierung), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Revision wird als unbegründet abgewiesen.

Der Antrag der belangten Behörde vor dem Verwaltungsgericht auf Aufwandersatz wird abgewiesen.

Begründung

Mit Beschluss vom wies das Bundesverwaltungsgericht die Säumnisbeschwerde der Revisionswerberin vom betreffend die Feststellung, dass für die Vorhaben "Umsetzung von ökologischen Maßnahmen an der Donau im Raum X/Stauraum A" und Pumpspeicherkraftwerk "Energiespeicher R" als Gesamtvorhaben gemäß § 3 Abs. 7 Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz 2000 (UVP-G 2000) eine Umweltverträglichkeitsprüfung nach dem UVP-G 2000 durchzuführen sei, gemäß § 28 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) zurück.

Begründend führte das Bundesverwaltungsgericht aus, dass der Devolutionsantrag der Revisionswerberin vom betreffend das Feststellungsverfahren für das Vorhaben "Umsetzung von ökologischen Maßnahmen an der Donau im Raum X/Stauraum A" beim Umweltsenat eingebracht und von diesem mit Schreiben vom dem Bundesverwaltungsgericht vorgelegt worden sei.

Nach § 46 Abs. 24 Z. 4 UVP-G 2000 seien Verfahren, die mit Ablauf des aufgrund eines Devolutionsantrages anhängig seien, vom Bundesverwaltungsgericht als Säumnisbeschwerdeverfahren weiterzuführen.

Der von der Revisionswerberin eingebrachte Devolutionsantrag beziehe sich inhaltlich auf den im Rahmen des Parteiengehörs zum UVP-Feststellungsverfahren "Organismenwanderhilfe X" wie folgt eingebrachten "Antrag" vom :

"Die Abt. Anlagen-, Umwelt- und Wasserrecht beim Amt der Oö. Landesregierung als UVP-Behörde I. Instanz möge für das Gesamtvorhaben der Donaukraftwerk X AG mit Sitz in P


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die Errichtung und Betrieb des Energiespeicher Riedl und
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Organismenwanderhilfe Kraftwerk X, gewässerökologische Maßnahmen in der Donau
feststellen, dass gemäß § 3 Abs 7 UVP-G 2000‚ für das gegenständliche Gesamtvorhaben eine Umweltverträglichkeitsprüfung nach dem UVP-G 2000 durchzuführen ist."
Hinsichtlich des Vorhabens "Energiespeicher R" sei bereits mit Bescheid der belangten Behörde vor dem Verwaltungsgericht vom rechtskräftig festgestellt worden, dass es keiner UVP-Pflicht unterliege. Hinsichtlich des Vorhabens "Organismenwanderhilfe X" sei trotz des Antrages der Revisionswerberin vom im Rahmen des Parteiengehörs und der Berufung in der Folge festgestellt worden, dass es keiner UVP-Pflicht unterliege (Bescheid der belangten Behörde vor dem Verwaltungsgericht vom , bestätigt mit dem Bescheid des Umweltsenates vom ).
Der Antrag der Revisionswerberin vom stelle keinen eigenen verfahrenseinleitenden Antrag dar. Er sei im Rahmen des Parteiengehörs als Einwendung geprüft und gemäß § 59 Abs. 1 AVG mit Bescheid der belangten Behörde vor dem Verwaltungsgericht vom , bestätigt mit dem Bescheid des Umweltsenates vom , miterledigt worden.
Die Einbringung eines Devolutionsantrages an den Umweltsenat sei nur jenen Personen vorbehalten, die einen verfahrenseinleitenden Antrag gestellt hätten, im konkreten Fall nur dem Projektwerber. Einen Devolutionsantrag könnten Formalparteien daher nur in den Fällen stellen, in denen sie selbst den verfahrenseinleitenden Antrag auf Feststellung gestellt hätten.
Die Säumnisbeschwerde der Revisionswerberin sei daher zurückzuweisen gewesen.
Das Bundesverwaltungsgericht erklärte gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG die Revision für zulässig, weil es zur vorliegenden Fallkonstellation "an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehlt".
Die Revisionswerberin erhob gegen diesen Beschluss Revision und macht Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend. Der Verwaltungsgerichtshof möge gemäß § 39 Abs. 1 Z. 1 VwGG eine mündliche Verhandlung durchführen.
Die belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht erstattete eine Revisionsbeantwortung, in der sie beantragte, die Revision kostenpflichtig als unzulässig zurück- in eventu als unbegründet abzuweisen.


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Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 3 Abs. 7 UVP-G 2000 in der Fassung BGBl. I Nr. 95/2013 hat die Behörde auf Antrag des Projektwerbers/der Projektwerberin, einer mitwirkenden Behörde oder des Umweltanwaltes festzustellen, ob für ein Vorhaben eine Umweltverträglichkeitsprüfung nach diesem Bundesgesetz durchzuführen ist und welcher Tatbestand des Anhanges 1 oder des § 3a Abs. 1 bis 3 durch das Vorhaben verwirklicht wird. Diese Feststellung kann auch von Amts wegen erfolgen. Der Projektwerber/die Projektwerberin hat der Behörde Unterlagen vorzulegen, die zur Identifikation des Vorhabens und zur Abschätzung seiner Umweltauswirkungen ausreichen. Hat die Behörde eine Einzelfallprüfung nach diesem Bundesgesetz durchzuführen, so hat sie sich dabei hinsichtlich Prüftiefe und Prüfumfang auf eine Grobprüfung zu beschränken. Die Entscheidung ist innerhalb von sechs Wochen mit Bescheid zu treffen. Parteistellung und das Recht, Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht zu erheben, haben der Projektwerber/die Projektwerberin, der Umweltanwalt und die Standortgemeinde. Vor der Entscheidung sind die mitwirkenden Behörden und das wasserwirtschaftliche Planungsorgan zu hören. Die Entscheidung ist von der Behörde in geeigneter Form kundzumachen und der Bescheid jedenfalls zur öffentlichen Einsichtnahme aufzulegen und auf der Internetseite der UVP-Behörde, auf der Kundmachungen gemäß § 9 Abs. 4 erfolgen, zu veröffentlichen; der Bescheid ist als Download für sechs Wochen bereit zu stellen. Die Standortgemeinde kann gegen die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts Revision an den Verwaltungsgerichtshof erheben. Der Umweltanwalt und die mitwirkenden Behörden sind von der Verpflichtung zum Ersatz von Barauslagen befreit.
Der entscheidungswesentliche Sachverhalt stellt sich wie folgt dar:
Auf Antrag der Projektwerberin stellte die belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht mit Bescheid vom rechtskräftig fest, dass für das Vorhaben "Energiespeicher R" keine Umweltverträglichkeitsprüfung nach dem UVP-G 2000 durchzuführen ist.
Aufgrund eines weiteren Antrages der Projektwerberin stellte die belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht mit Bescheid vom fest, dass für das Vorhaben "Organismenwanderhilfe X" keine Umweltverträglichkeitsprüfung nach dem UVP-G 2000 durchzuführen ist. Dieser Bescheid der belangten Behörde vor dem Verwaltungsgericht wurde mit Bescheid des Umweltsenates vom bestätigt. Dabei wurde die Berufung der Revisionswerberin als unbegründet abgewiesen.
Anlässlich des Feststellungsverfahrens zur "Organismenwanderhilfe X" vertrat die Revisionswerberin in einer Eingabe vom die Ansicht, dass dieses Vorhaben und das Vorhaben "Energiespeicher R" als ein Gesamtvorhaben anzusehen seien, welches der UVP-Pflicht unterliege. In diesem Zusammenhang hätten sich jene Umstände wesentlich geändert, die dem rechtskräftigen Feststellungsbescheid der belangten Behörde vor dem Verwaltungsgericht vom zugrunde gelegen wären. In dieser Eingabe beantragte die Revisionswerberin für das "gegenständliche Gesamtvorhaben" der Errichtung und des Betriebes des "Energiespeicher R" und der "Organismenwanderhilfe X" die Feststellung, dass gemäß § 3 Abs. 7 UVP-G 2000 eine Umweltverträglichkeitsprüfung nach dem UVP-G 2000 durchzuführen sei.
Die belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht beantragt in ihrer Revisionsbeantwortung die vorliegende Revision als unzulässig zurückzuweisen. Sie begründet dies damit, dass gemäß § 3 Abs. 7 UVP-G 2000 die Erhebung einer Revision durch den Umweltanwalt in einem Feststellungsverfahren nach dem UVP-G 2000 nicht zulässig sei.
Es ist zwar zutreffend, dass dem Umweltanwalt nach § 3 Abs. 7 UVP-G 2000 - im Gegensatz zur Standortgemeinde - gegen die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes keine Revisionsbefugnis an den Verwaltungsgerichtshof zukommt. Dies schließt indessen die Revisionsbefugnis des Umweltanwaltes in der vorliegenden Fallkonstellation aus nachstehenden Überlegungen nicht aus:
Die Stellung des Umweltanwaltes im Feststellungsverfahren nach § 3 Abs. 7 UVP-G 2000 ist die einer Formalpartei (vgl. dazu den hg. Beschluss vom , Zl. 2009/04/0029, mwN).
In diesem Zusammenhang führt das Bundesverwaltungsgericht aus, dass der Antrag der Revisionswerberin vom keinen verfahrenseinleitenden Antrag darstelle. Er sei im Rahmen des Parteiengehörs als Einwendung geprüft und gemäß § 59 Abs. 1 AVG mit im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Umweltsenates vom miterledigt worden. Einen Devolutionsantrag könnten Formalparteien nur in den Fällen stellen, in denen sie den verfahrenseinleitenden Antrag auf Feststellung gestellt hätten.
Der revisionswerbenden Partei kommen als Formalpartei zwar keine materiellen subjektiven Rechte zu. Mit der Bekämpfung der zurückweisenden Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes macht die revisionswerbende Partei aber die Verletzung ihrer prozessualen Rechte beim Verwaltungsgerichtshof geltend, die für sie subjektive Rechte darstellen. Dazu ist sie berechtigt. Der Formalpartei kommt daher zur Durchsetzung ihrer aus der durch Gesetz eingeräumten Stellung folgenden prozessualen Befugnisse auch Revisionslegitimation im Sinne des Art. 133 Abs. 6 Z. 1 B-VG zu (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. Ro 2014/09/0066, mwN).
Die Revision erweist sich daher als zulässig.
Bezüglich der Eingabe der Revisionswerberin vom bleibt festzuhalten, dass sich der Umweltsenat in seinem Bescheid vom in einem eigenen Begründungsabschnitt mit dem im Sinne des Vorhabensbegriffes nach § 2 Abs. 2 UVP-G 2000 geforderten sachlichen Zusammenhang zwischen dem Vorhaben "Energiespeicher R" und dem Vorhaben "Organismenwanderhilfe X" auseinandersetzt und diesen mit näherer Begründung verneint.
Es kann dahinstehen, ob die Rechtsansicht des Bundesverwaltungsgerichtes zutreffend und die Eingabe der Revisionswerberin vom als Einwendung anzusehen ist und als solche im Bescheid des Umweltsenates vom miterledigt wurde. Denn selbst wenn man diese Eingabe der Revisionswerberin als eigenen Antrag ansehen würde, wäre für deren Rechtsstandpunkt nichts gewonnen. Auch dann wurde über diesen Antrag nämlich im Bescheid des Umweltsenates vom mitentschieden. Damit wäre kein Antrag im Sinne des § 73 Abs. 1 AVG mehr offen, dessen Erledigung mit Devolutionsantrag eingefordert werden könnte. Damit erweist sich dieser aber als unzulässig (vgl. die bei
Hengstschläger - Leeb , AVG, Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz,
4.
Teilband, 2009, unter Rz 25 zu § 73 AVG zitierte hg. Judikatur).
Gemäß § 46 Abs. 24 Z. 4 UVP-G 2000 war das mit Ablauf des beim Umweltsenat aufgrund eines Devolutionsantrages gemäß § 73 Abs. 2 AVG anhängige Verfahren vom Bundesverwaltungsgericht als Säumnisbeschwerdeverfahren weiterzuführen.
Die Säumnisbeschwerde der Revisionswerberin wurde im Ergebnis zutreffend zurückgewiesen.
Die Revision erweist sich daher als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.
Von der beantragten mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werde.
Rechtsträger der oberösterreichischen Umweltanwaltschaft wie auch der vor dem Verwaltungsgericht belangten Behörde (oberösterreichische Landesregierung) ist das Land Oberösterreich. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kommt im Fall der Identität der Rechtsträger, dem der Kostenersatz aufzuerlegen wäre, mit jenem Rechtsträger, dem er zuzusprechen wäre, ein Zuspruch von Kosten nicht in Betracht (vgl. den hg. Beschluss vom , Zl. Ro 2014/02/0046, mwN).
Wien, am