VwGH vom 15.03.2012, 2011/17/0054
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pallitsch, die Hofräte Dr. Holeschofsky und Dr. Köhler, die Hofrätin Dr. Zehetner sowie den Hofrat Dr. Sutter als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Pichler, über die Beschwerde der A in S, vertreten durch Weinberger Gangl Rechtsanwälte GmbH in 5020 Salzburg, Kaigasse 40, gegen den Bescheid der Salzburger Landesregierung vom , Zl. 215- BERU/4/231-2009, betreffend Tourismusverbandsbeiträge 2004 bis 2008, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Land Salzburg Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1.1. Die Beschwerdeführerin betrieb in den Jahren 2004 bis 2008 im Bundesland Salzburg ein Hotel mit 32 Wohneinheiten, wobei überwiegend Time-Sharing-Mitglieder, zum Teil aber auch andere Gäste aufgenommen wurden. Die Time-Sharing-Mitglieder zahlten lediglich die anteiligen Betriebskosten, öffentlichen Abgaben, Kosten von Strom und Beheizung sowie von Instandhaltungen für ihren Aufenthalt, die anderen Gäste zahlten hingegen ein volles Entgelt.
In den Beitragserklärungen 2004 bis 2008 hat die Beschwerdeführerin für die Time-Sharing-Verträge lediglich diese weiterverrechneten Kostenanteile als Bemessungsgrundlage für die Bemessung des Verbandsbeitrages in der Beitragsgruppe 1 herangezogen.
1.2. Mit fünf Bescheiden je vom setzte das Landesabgabenamt die Beiträge für die Jahre 2004 bis 2008 bescheidmäßig fest. Dabei legte es den 32 Time-Sharing-Wohneinheiten nicht das von der Beschwerdeführerin in Ansatz gebrachte weiterverrechnete Kostenentgelt zu Grunde, sondern gemäß § 36 Abs. 5 Salzburger Tourismusgesetz 2003 (S.TG) 150 % des Mindestbeitrages nach § 39 Abs. 2 und 3 S.TG. Aus dieser bescheidmäßigen Festsetzung ergaben sich entsprechende Beitragsnachforderungen.
Begründend führte das Landesabgabenamt u.a. aus, die bescheidmäßige Beitragsfestsetzung sei erfolgt, weil sich die Selbstbemessung der Beschwerdeführerin als unrichtig erwiesen habe. Bei der Beschwerdeführerin handle es sich um ein Time-Sharing-Unternehmen. Daher werde gemäß § 36 Abs. 5 S.TG zur Berechnung des Verbandsbeitrages die Sonderregelung für Time-Sharing-Unternehmen herangezogen.
1.3. Gegen die genannten Bescheide erhob die Beschwerdeführerin mit Eingabe vom Berufung und begründete diese im Wesentlichen damit, dass für den Aufenthalt von Time-Sharing-Mitgliedern sehr wohl Entgelte verrechnet worden seien. § 36 Abs. 5 S.TG komme jedoch nur dann zur Anwendung, wenn ein Entgelt nicht verrechnet worden sei. Da für den Aufenthalt von Time-Sharing-Mitgliedern Entgelte verrechnet worden seien, sei die Selbstbemessung richtig erfolgt und seien die Bescheide rechtswidrig ergangen. Der Abgabenbehörde bleibe keine Wahl in der Anwendung, welche Bestimmung für den Tourismusverband hinsichtlich der zu leistenden Beiträge vorteilhafter sei.
1.4. Mit dem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde die Berufung abgewiesen.
Begründend führte sie aus, § 36 Abs. 5 S.TG komme deshalb zur Anwendung, weil für den einzelnen Aufenthalt als solchen kein Entgelt (unbeschadet allfälliger Verwaltungs-, Betriebs- oder Stromkosten) berechnet werde und Nächtigungen auf Grund solcher Nutzungsrechte zumindest 25 % der im jeweiligen Objekt erfolgten Nächtigungen ausmachten. § 36 Abs. 5 S.TG stelle eine der Verwaltungsökonomie dienende Regelung dar, die pauschalierend - da für den einzelnen Aufenthalt der Mitglieder kein Entgelt verrechnet werde - am Tourismusnutzen aus solchen Übernachtungen anknüpfe. Im gegenständlichen Fall sei daher hinsichtlich der Nächtigungen von Time-Sharing-Mitgliedern richtigerweise § 36 Abs. 5 S.TG zur Anwendung gebracht worden, indem je Wohneinheit und Jahr 150 % des Mindestbeitrages vorgeschrieben worden sei.
Sonstige Time-Sharing Erlöse seien vom Landesabgabenamt nicht in die Berechnung einbezogen worden. Zwar seien die Erlöse von Nichtmitgliedern berücksichtigt worden, dies stehe auf Grund des unterschiedlichen Adressatenkreises aber nicht im Widerspruch zur Bestimmung des § 36 Abs. 5 S.TG.
1.5. Mit Beschluss vom , B 1065/10-4, lehnte der gegen diesen Bescheid zunächst mit Beschwerde angerufene Verfassungsgerichtshof die Behandlung derselben ab und trat die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG zur Entscheidung ab.
Begründend führte der Verfassungsgerichtshof unter anderem aus, soweit die Beschwerde insofern verfassungsrechtliche Fragen berühre, als die Rechtswidrigkeit der den angefochtenen Bescheid tragenden Rechtsvorschriften behauptet werde, sei ihr entgegen zu halten, dass lediglich ein Bruchteil der Beiträge der Finanzierung des Tourismusförderungsfonds diene und diesbezüglich ohnehin eine Mehrbelastung der in der Stadt Salzburg gelegenen Betriebe vorgesehen sei.
1.6. In ihrer - ergänzten - Beschwerde machte die Beschwerdeführerin vorrangig Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides und hilfsweise Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.
Die belangte Behörde legte die Akten vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.
2.0. Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:
2.1. Das Salzburger Tourismusgesetz 2003 - S.TG 2003, LGBl Nr 43/2003(WV) in der diesbezüglich unveränderten Stammfassung lautet auszugsweise:
"5. Abschnitt
Verbandsbeiträge
…
Beitragspflichtiger Umsatz
§ 35
(1) Der beitragspflichtige Umsatz ist, soweit nachstehend nicht anderes bestimmt ist, die Summe der im zweitvorangegangenen Jahr erzielten steuerbaren Umsätze im Sinn des § 1 Abs. 1 Z 1 und 2 UStG 1994 (…). Ausgenommen sind jedoch:
die gemäß § 6 UStG 1994 steuerfreien Umsätze und die nach Art. 6 des Anhanges des UStG 1994 steuerbefreiten innergemeinschaftlichen Lieferungen; beitragspflichtig bleiben jedoch:
…
- die Umsätze aus Tätigkeiten, die in die Beitragsgruppen 1 und 2 fallen, auch wenn sie im jeweiligen Veranlagungszeitraum 22.000 EUR nicht übersteigen und unabhängig von der Umsatzsteuerveranlagung;
…
Sonderfälle des beitragspflichtigen Umsatzes
§ 36
…
(5) Wird ein Entgelt für den Aufenthalt in einem Beherbergungsobjekt nicht berechnet, weil der Aufenthalt auf Grund von Nutzungs- oder Benutzungsrechten erfolgt, die in ihrer Auswirkung einem Bestands-, Wohnungs- oder Fruchtnießungsrecht ähneln, sind je Wohneinheit und Jahr 150 % des Mindestbeitrags (§ 39 Abs. 2 und 3) für die Unterkunft an Verbandsbeiträgen zu entrichten. Ist das Objekt nicht in Wohneinheiten geteilt, gilt dies für je angefangene drei Fremdenbetten in dem Beherbergungsobjekt. Diese Beitragsregelung findet keine Anwendung, wenn die Nächtigungen auf Grund solcher Nutzungs- oder Benutzungsrechte im Beherbergungsobjekt weniger als 25 % der Gesamtzahl der dort erfolgten Nächtigungen ausmachen.
…"
2.2. Die Erläuterungen zur Vorläuferbestimmung des § 36 Abs. 5 S.TG, nämlich zu § 36 Abs. 7 Salzburger Fremdenverkehrsgesetz in der Stammfassung, LGBl. 94/1985, lauten (Nr. 3 der Beilagen zum stenografischen Protokoll des Salzburger Landtages, 2. Session der 9. GP):
"Hier wurde eine Regelung für die Beherbergungstätigkeit in Fremdenverkehrsobjekten, welche nach dem System des time-sharings erfolgt, getroffen. Damit wird die Beitragspflicht für solche Fälle jener in Beherbergungsbetrieben üblicher Art angenähert."
3.1. Im Beschwerdefall ist im Wesentlichen strittig, ob § 36 Abs. 5 S.TG für Time-Sharing-Verträge zur Anwendung kommen kann, wenn für den Aufenthalt im Rahmen der Time-Sharing-Verträge anteilige Betriebskosten als "Entgelt" verrechnet worden sind oder ob diesfalls der Berechnung des Verbandsbeitrages nur die weiterverrechneten anteiligen Betriebskosten zu Grunde zu legen sind.
3.2. Voraussetzung für die Anwendung der Sonderregelung des § 36 Abs. 5 S.TG ist, dass "ein Entgelt für den Aufenthalt in einem Beherbergungsobjekt nicht berechnet (wird), weil der Aufenthalt auf Grund von Nutzungs- oder Benutzungsrechten erfolgt, die in ihrer Auswirkung einem Bestands-, Wohnungs- oder Fruchtnießungsrecht ähneln".
Dass der Aufenthalt in einem Beherbergungsobjekt auf Grund von Nutzungs- oder Benutzungsrechten erfolgt, die in ihrer Auswirkung einem Bestands-, Wohnungs- oder Fruchtnießungsrecht ähneln, war hinsichtlich der gegenständlichen Time-Sharing-Verträge nicht strittig. Entscheidend ist damit, ob "ein Entgelt für den Aufenthalt in einem Beherbergungsobjekt nicht berechnet" wurde.
3.3. Die belangte Behörde vertritt dazu die Auffassung, dass § 36 Abs. 5 S.TG deswegen zur Anwendung komme, "weil für den einzelnen Aufenthalt als solchen kein Entgelt (unbeschadet allfälliger Verwaltungs-, Betriebs- oder Stromkosten) berechnet" worden sei.
Die Beschwerdeführerin dagegen sieht diese Auslegung als gesetzlich nicht gedeckt und sogar mit dem Gesetz in offenem Widerspruch stehend und verweist auf Entgeltsbegriffe des Umsatzsteuerrechts und des Mietrechts, wo weiterverrechnete Betriebskosten Entgeltsbestandteile seien. Nach dem Grundsatz der Einheitlichkeit der Rechtsordnung müsse dies auch für den Entgeltsbegriff in § 36 Abs. 5 S.TG maßgeblich sein. Die Verrechnung von Betriebskosten als "Entgelt" an die Nutzer würde sohin die Anwendung von § 36 Abs. 5 S.TG ebenso ausschließen, wie etwa die Zurückbehaltung von Zwerganteilen den Grunderwerbsteuertatbestand der Vereinigung aller Anteile in einer Hand ausschließe.
3.4. Im Rahmen von Time-Sharing-Verträgen erwerben Personen gegen Bezahlung eines Einmalbetrages ein längerfristiges, (oftmals zum gleichen Zeitpunkt) wiederkehrendes Nutzungsrecht an einer bestimmten (Ferien)Wohnung oder einem (Ferien)Appartement. Neben dem unmittelbar nach Vertragsabschluss fälligen Einmalbetrag sind in der Regel zusätzlich noch jährlich anfallende Betriebs-, Verwaltungs- und Instandhaltungskosten zu entrichten (vgl. etwa vor dem Hintergrund umsatzsteuerlicher Fragen zu Time-Sharing-Verträgen das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2008/15/0287).
3.5. Das "Entgelt für den Aufenthalt" besteht in Fällen von Time-Sharing-Verträgen daher nicht nur aus den weiterverrechneten laufenden Kostenanteilen, sondern in wesentlichem Ausmaß aus einem aliquoten Anteil des für das Nutzungsrecht geleisteten Einmalbetrages. Da dieses Entgelt aber im Wesentlichen nicht für die einzelnen Aufenthalte gesondert "berechnet" wird und dessen Nichtberechnung im Kausalzusammenhang mit dem (zuvor bereits erworbenen) Nutzungsrecht steht, kommt § 36 Abs. 5 S.TG zum Tragen.
Die Beschwerdeführerin verkennt die Rechtslage, wenn sie demgegenüber meint, dass bereits die Entrichtung (irgendeines) - noch so geringfügigen - Entgeltbestandteiles die Anwendung des § 36 Abs. 5 S.TG ausschließe. § 36 Abs. 5 S.TG spricht nämlich nicht davon, dass für seine Anwendbarkeit keinerlei "Entgeltbestandteile" für den Aufenthalt verrechnet worden sein dürfen, sondern stellt lediglich darauf ab, dass "ein Entgelt für den Aufenthalt" nicht berechnet worden ist. Genau dies ist aber erfüllt, wenn auf Grund eines bereits zuvor erworbenen Nutzungsrechtes nur mehr anteilige laufende Betriebskosten, aber kein Grundentgelt für den Aufenthalt mehr verrechnet wird. Ein "Entgelt für den Aufenthalt" wurde damit nicht in Rechnung gestellt.
3.6. Dieses Auslegungsergebnis der Wortfolge "ein Entgelt für den Aufenthalt" wird auch durch die Erläuterungen der Stammfassung der wortgleichen Vorläuferbestimmung aus 1985 gestützt, die die Notwendigkeit der Sonderregelung des § 36 Abs. 5 S.TG ausdrücklich unter Hinweis auf Time-Sharing-Verträge begründeten. Mit der Bestimmung sei nun "eine Regelung für die Beherbergungstätigkeit in Fremdenverkehrsobjekten, welche nach dem System des timesharings erfolgt, getroffen (worden). Damit wird die Beitragspflicht für solche Fälle jener in Beherbergungsbetrieben üblicher Art angenähert" (s Pkt. 2.2.).
Der Gesetzgeber wollte sohin eine Umgehung der Beitragspflicht für Beherbergungsleistungen durch Zusammenziehung sonst üblicher einzelner Beherbergungsentgelte in einen Einmalbetrag für ein längerfristiges Nutzungsrecht im Rahmen von Time-Sharing-Verträgen verhindern. Sohin kann auch in teleologischhistorischer Auslegung die Verrechnung laufender Kostenanteile als üblicher Bestandteil von Time-Sharing-Verträgen die Anwendung von § 36 Abs. 5 S.TG nicht ausschließen.
3.7. Auch mit der - unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften vorgetragenen - sonst nicht näher substantiierten Rüge, dass die belangte Behörde es unterlassen habe, ihre Rechtsauffassung "als mögliches Ergebnis einer Auslegung des § 36 Abs. 5 S.TG darzulegen", wird keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufgezeigt.
3.8. Die Beschwerde erweist sich daher als unbegründet und war infolgedessen gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
3.9. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.
Wien, am
Fundstelle(n):
DAAAE-90540