VwGH vom 16.05.2011, 2011/17/0053
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pallitsch und den Hofrat Dr. Holeschofsky sowie die Hofrätin Dr. Zehetner als Richter, im Beisein der Schriftführerin MMag. Gold, über die Beschwerde des Magistrats der Stadt Wien, Magistratsabteilung 67, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom , Zl. UVS- 05/K/26/5688/2010-1, betreffend Absehen von der weiteren Durchführung eines Strafverfahrens in Angelegenheiten einer Übertretung der Wiener Parkometerabgabeverordnung (mitbeteiligte Partei: W Z in W), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Begründung
Mit Straferkenntnis des Magistrats der Stadt Wien vom wurde die mitbeteiligte Partei des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens einer Übertretung des § 5 Abs. 2 der (Wiener) Parkometerabgabeverordnung für schuldig befunden und hiefür mit einer Geldstrafe von EUR 60,-- (Ersatzfreiheitsstrafe) bestraft. Über die dagegen erhobene Berufung entschied die belangte Behörde mit ihrem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid dahingehend, dass sie das vor ihr angefochtene erstinstanzliche Straferkenntnis gemäß § 66 Abs. 4 AVG aufhob und das Verfahren gemäß § 21 Abs. 1a VStG einstellte.
Begründend zitierte die belangte Behörde § 21 Abs. 1a VStG und kam unter Hinweis auf die Gesetzesmaterialien zur rechtlichen Beurteilung, dass im Beschwerdefall die erwähnte Bestimmung des § 21 Abs. 1a VStG heranzuziehen sei: Im Beschwerdefall wären im Hinblick auf die Ausführungen in der Berufung umfangreiche Ermittlungen zur Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes anzustellen, wobei die Wahrscheinlichkeit, dass das Verfahren letztlich einzustellen wäre, hoch zu sein scheine, zumal der im verwaltungsgerichtlichen Verfahren mitbeteiligte Berufungswerber bereits im erstinstanzlichen Verfahren einen Originalparkschein mit den entsprechenden Entwertungen vorgelegt habe. Die Fortsetzung des Verfahrens würde daher den Grundsätzen von Zweckmäßigkeit, Raschheit, Einfachheit und Kostenersparnis auch in Relation zu der mit EUR 60,-- verhängten Geldstrafe widersprechen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, hinsichtlich der Legitimation zur Erhebung der Beschwerde auf § 14a des Gesetzes über den Unabhängigen Verwaltungssenat Wien, LGBl. für Wien Nr. 53/1990, gestützte Beschwerde des Magistrates der Stadt Wien, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Akten des Verwaltungsverfahrens durch die belangte Behörde, die auf die Erstattung einer Gegenschrift ebenso wie die im verwaltungsgerichtlichen Verfahren mitbeteiligte Partei verzichtet hat, erwogen hat:
§ 21 Abs. 1a VStG (diese Bestimmung wurde durch Art. II des Verwaltungsreformgesetzes 2001, BGBl. I Nr. 65/2002, in das VStG eingefügt) lautet wie folgt:
"(1a) Die Behörde kann von der Einleitung und Durchführung eines Strafverfahrens absehen, wenn die Verfolgung aussichtslos erscheint oder der hiefür erforderliche Aufwand in einem Missverhältnis zum Grad und zur Bedeutung der in der Verwaltungsübertretung liegenden Verletzung öffentlicher Interessen steht."
Wie der Verwaltungsgerichtshof schon in seinem Erkenntnis vom , Zl. 2002/17/0177 (= VwSlg. 16.183 A/2003), näher dargelegt hat, sind nach § 21 Abs. 1a VStG nicht nur die finanziellen, sondern sämtliche Aspekte der Bedeutung der in der Verwaltungsübertretung liegenden Verletzung öffentlicher Interessen zu berücksichtigen. Neben der fiskalischen Seite - der Sicherung von Einnahmen - dienen die nach dem Wiener Parkometergesetz geführten Abgabenstrafverfahren im Besonderen auch der Durchsetzung der Parkraumbewirtschaftung.
§ 21 Abs. 1a VStG hat nicht den Inhalt, dass bestimmte Übertretungen mit geringem Strafrahmen, wie die Übertretungen nach dem Wiener Parkometergesetz (bzw. der Parkometerabgabeverordnung), überhaupt nicht mehr zu ahnden und zu bestrafen wären (vgl. auch das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2002/17/0225). Vielmehr ist von einem Missverhältnis im Sinne des § 21 Abs. 1a VStG - entgegen der Ansicht der belangten Behörde - nur dann auszugehen, wenn mit der Einleitung und Durchführung des Verwaltungsstrafverfahrens wegen einer bestimmten Übertretung ein üblicherweise nicht anfallender Aufwand verbunden wäre, der über den Normalfall weit hinaus ginge, und die Unterlassung dieses Strafverfahrens (und damit das Unterbleiben dieses Aufwandes) wegen des vergleichsweise geringen Grades bzw. der vergleichsweise geringen Bedeutung der in der Verwaltungsübertretung liegenden Verletzung öffentlicher Interessen dennoch vertreten werden kann (vgl. auch Sander in Raschauer/Wessely, VStG, Rz 16 zu § 21).
Da die belangte Behörde dies verkannt hat, belastete sie den angefochtenen Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit.
Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Wien, am