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VwGH vom 28.06.2011, 2011/17/0051

VwGH vom 28.06.2011, 2011/17/0051

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pallitsch, die Hofräte Dr. Holeschofsky und Dr. Köhler sowie die Hofrätinnen Dr. Zehetner und Mag. Nussbaumer-Hinterauer als Richter, im Beisein der Schriftführerin MMag. Gold, über die Beschwerde des Zollamtes Graz gegen den Bescheid des Unabhängigen Finanzsenats, Außenstelle Klagenfurt, vom , Zl. ZRV/0146-Z3K/06, betreffend Altlastenbeitrag (mitbeteiligte Partei: AP GmbH in K, vertreten durch Dr. Karl Maier, Rechtsanwalt in 8720 Knittelfeld, Hauptplatz 13), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Bund hat der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1.1. Das dem angefochtenen Bescheid zu Grunde liegende Abgabenverfahren betrifft die Vorschreibung von Altlastenbeitrag vom 4. Quartal 2000 bis zum 4. Quartal 2001. Die Vorschreibung erfolgte für die Verfüllung von Geländeunebenheiten auf einem Grundstück, welches im Eigentum des Landwirtes P stand. Die betroffenen Flächen im Ausmaß von ca. 4.000 m2 wurden in den Jahren 2000 und 2001 mit 4.679 t Baurestmassen befestigt. Die Flächen waren zum damaligen Zeitpunkt Bestandteil des landwirtschaftlichen Betriebs des P. Der Betrieb ist zwischenzeitlich an den Sohn des P übergeben worden.

Mit Bescheid des beschwerdeführenden Zollamtes vom wurde der mitbeteiligten Partei (AP GmbH) für die Verfüllung von Geländeunebenheiten mit Abfällen im Sinne des § 3 Abs. 1 Z 2 in Verbindung mit § 4 Z 3 Altlastensanierungsgesetz (ALSAG) und § 201 BAO ein Altlastenbeitrag in der Höhe von EUR 29.656,80, gemäß § 217 ff BAO ein Säumniszuschlag in Höhe von EUR 593,14 und gemäß § 135 BAO ein Verspätungszuschlag in Höhe von EUR 593,14 vorgeschrieben. Begründend führte die Behörde erster Instanz aus, dass die im Zeitraum 2000 bis 2001 im Ausmaß von ca. 4.000 m2 erfolgte Teilbefestigung des Grundstückes Nr. 885/2, KG R, mit Baurestmassen zwar eine übergeordnete Baumaßnahme darstelle, welcher grundsätzlich beitragsbefreiende Wirkung zukomme, eine solche aber nicht in Betracht komme, da im Zeitpunkt der Verfüllung der Baurestmassen die notwendige Baubewilligung nach dem Steiermärkischen Baugesetz 1995 noch nicht vorgelegen sei.

1.2. Die mitbeteiligte Partei erhob Berufung, in der sie die Auffassung vertrat, dass die durchgeführte Maßnahme nicht bewilligungs- oder anzeigepflichtig (nach dem Baugesetz) gewesen sei, und sich dabei insbesondere auf entsprechende Aussagen des früheren Bürgermeisters der Gemeinde, in dem das Grundstück gelegen ist, berief.

Mit Berufungsvorentscheidung des beschwerdeführenden Zollamtes vom wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen und näher ausgeführt, warum nach Ansicht des beschwerdeführenden Zollamtes die gegenständliche Baumaßnahme als bauliche Anlage im Sinne des Steiermärkischen Baugesetzes einer baubehördlichen Bewilligung gemäß § 29 Stmk. BauG bedurft hätte.

1.3. Die mitbeteiligte Partei erhob das Rechtsmittel der Beschwerde nach dem Zollrechts-Durchführungsgesetz und vertrat neuerlich die Auffassung, dass die durchgeführten Maßnahmen weder bewilligungs- noch anzeigepflichtig im Sinne des Steiermärkischen Baugesetzes gewesen seien.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung Folge und änderte den Spruch der Berufungsvorentscheidung ab, dass er zu lauten habe:

"Der Beschwerde wird Folge gegeben. Der Bescheid des Zollamtes Graz vom , GZ. 700000/00188/2006 wird aufgehoben."

1.4. Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, dass die dem Abgabenverfahren zu Grunde liegende Baumaßnahme zweifelsfrei dem landwirtschaftlichen Betrieb zuzuordnen sei und auch vom Landwirt P als Bauherr veranlasst worden sei. Dass dieser sich bei der Befestigung der Hoffläche der berufungswerbenden AP GmbH (der mitbeteiligten Partei), deren Gesellschafter und Prokurist der Landwirt P im verfahrensgegenständlichen Zeitraum unbestritten gewesen sei, bedient habe, könne keinen Einfluss darauf haben, dass es sich beim Landwirt P und der AP GmbH um zwei verschiedene Rechtssubjekte handle. Die Einbringung der Baurestmassen sei über Auftrag der natürlichen Person P erfolgt.

1.5. Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde des beschwerdeführenden Zollamts gemäß § 85c Abs. 7 Zollrechts-Durchführungsgesetz (ZollR-DG). In der Beschwerde wird nach umfangreicher Schilderung des Sachverhalts der Antrag gestellt, die angefochtene Berufungsentscheidung wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben, weil die belangte Behörde rechtswidrig den Landwirt P und nicht die mitbeteiligte AP GmbH als Beitragsschuldner im Sinne des § 4 Z 3 ALSAG qualifiziert habe.

Das beschwerdeführende Zollamt stützt sich insbesondere auf den Umstand, dass die Baubewilligung für die Befestigung von der AP GmbH eingeholt worden sei. Die belangte Behörde habe auch die in der Rechtsprechung entwickelten Kriterien für die steuerliche Anerkennung von Verträgen zwischen nahen Angehörigen sowie Verträgen mit juristischen Personen, an denen ein Vertragspartner in einer Weise als Gesellschafter beteiligt sei, dass kein Interessengegensatz unter den Vertragspartnern bestehe, nicht berücksichtigt.

Das beschwerdeführende Zollamt macht eine Reihe von Verfahrensmängeln geltend, die sich einerseits auf die Feststellungen hinsichtlich der Nutzung der befestigten Fläche für das Flachsilo, andererseits auf das (Vertrags-)verhältnis zwischen P und der AP GmbH beziehen.

1.6. Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der die Abweisung der Beschwerde beantragt wird.

Auch die mitbeteiligte Partei hat eine Gegenschrift erstattet und die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

2. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

2.1. Gemäß § 4 ALSAG in der im Zeitraum, für den die Abgabenvorschreibung erfolgte, geltenden Fassung ist Beitragsschuldner


Tabelle in neuem Fenster öffnen
"1.
der Betreiber einer Deponie oder eines Lagers,
2.
im Falle der Beförderung der Abfälle zur langfristigen Lagerung außerhalb des Bundesgebietes der Inhaber der Bewilligung zur Ausfuhr aus Österreich gemäß Abfallwirtschaftsgesetz, BGBl. Nr. 325/1990, in der jeweils geltenden Fassung,
3.
derjenige, der mit Abfällen Geländeunebenheiten verfüllt oder Geländeanpassungen vornimmt oder Abfälle in geologische Strukturen einbringt oder
4.
in allen übrigen Fällen, derjenige, der die beitragspflichtige Tätigkeit veranlasst oder duldet."
Die belangte Behörde hat sich unter Hinweis auf die hg. Rechtsprechung (genannt werden das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2004/07/0141, und vom , Zl. 2003/07/0038) auf Grund der getroffenen Sachverhaltsfeststellungen bei ihrer Beurteilung des Abgabenschuldners darauf gestützt, dass die vorgenommenen Geländeverfüllungen im Auftrag des Landwirtes P erfolgt seien und das betroffene Grundstück auch für den landwirtschaftlichen Betrieb verwendet worden sei. Abgabenschuldner sei daher der Landwirt P.

2.2. Das beschwerdeführende Zollamt beruft sich für seine gegenteilige Annahme, dass die mitbeteiligte AP GmbH Abgabenschuldner sei, primär darauf, dass die mitbeteiligte Partei als Bauwerber hinsichtlich der Genehmigung der Geländeverfüllung nach dem Steiermärkischen Baugesetz aufgetreten sei.

Dazu ist darauf hinzuweisen, dass dem Umstand, wer für eine Baumaßnahme, die den Tatbestand der Verfüllung von Geländeunebenheiten mit Abfällen nach § 4 Z 3 ALSAG erfüllt, die Baubewilligung beantragt, lediglich Indizwirkung für die Stellung als Abgabenschuldner nach dem ALSAG zukommen kann. Im Beschwerdefall ist vor allem zu beachten, dass das beschwerdeführende Zollamt seinerseits die Abgabenvorschreibung gerade auf den Umstand gestützt hat, dass im Zeitpunkt der Verfüllung, also der Verwirklichung des Abgabentatbestandes, keine Baubewilligung vorgelegen sei. Dem Indizcharakter der Antragstellung auf Erteilung der Baubewilligung kommt daher umso weniger Bedeutung zu, als es für die Beurteilung der Stellung als Abgabeschuldner auf den Zeitpunkt der Verwirklichung des Abgabentatbestandes ankommt.

Die belangte Behörde hat auch zutreffend darauf hingewiesen, dass zwar die Baubewilligung von der mitbeteiligten Partei beantragt wurde, die Benützungsbewilligung jedoch dem Landwirt P gegenüber erging, was jedenfalls Zweifel an der Zurechnung der Maßnahme zur AP GmbH wecken muss. Der belangten Behörde kann daher nicht entgegen getreten werden, wenn sie auf Grund des vorliegenden Sachverhalts nicht auf die Stellung als Antragsteller im nachfolgenden Baubewilligungsverfahren, sondern auf die tatsächlichen Gegebenheiten abstellte, die im Hinblick auf die Auftragserteilung durch den Landwirt P und die faktische Nutzung für den Betrieb des Landwirts P insgesamt für eine Zurechnung der Geländeverfüllung an den Landwirt P als Auftraggeber im Sinne der von der belangten Behörde genannten hg. Rechtsprechung sprechen.

2.3. Das beschwerdeführende Zollamt tritt den Feststellungen, dass das Grundstück für den landwirtschaftlichen Betrieb verwendet worden sei, nicht mit zielführenden Argumenten entgegen. Die in der Beschwerde zitierte Passage des Baubewilligungsbescheides ist nicht geeignet, eine Aktenwidrigkeit der Feststellungen der belangten Behörde aufzuzeigen.

Wenn das beschwerdeführende Zollamt mit diesem Hinweis auf den Bauakt dartun möchte, dass ein "einheitlicher Lagerplatz mit einer Gesamtgröße von 10.500 m2, welcher sowohl für den landwirtschaftlichen als auch für den Gewerbebetrieb erforderlich war", vorgelegen sei, so ist demgegenüber auf die von der belangten Behörde zutreffend in die Beweiswürdigung einbezogenen Unterlagen (insbesondere die Stellungnahme der Bezirkskammer für Land- und Forstwirtschaft Knittelfeld vom und von der Wirtschaftskammer Steiermark vom hinsichtlich des Bedarfes einer Lagerfläche für den landwirtschaftlichen Betrieb einerseits und für den Betrieb der AP GmbH andererseits im Ausmaß von 5.000 m2 bzw. 7.000 m2) zu verweisen.

Die Aussage im Baubewilligungsbescheid, dass der Lagerplatz sowohl für den landwirtschaftlichen Betrieb als auch für den Gewerbebetrieb erforderlich sei, wobei auf die oben genannten Schreiben der Bezirkskammer für Land- und Forstwirtschaft Knittelfeld bzw. der Wirtschaftskammer Steiermark verwiesen wird, steht im Einklang mit diesen beiden Schreiben, in denen für die jeweiligen Teilflächen die Notwendigkeit für den landwirtschaftlichen Betrieb einerseits, den Gewerbebetrieb andererseits bestätigt wurde. Es bleibt unerfindlich, wie die entsprechende Passage angesichts der im Akt erliegenden genannten Schreiben dahin gehend interpretiert werden könnte, dass irgend eine Stelle eine ununterschiedene Verwendung des gesamten Areals sowohl für Zwecke der Landwirtschaft des P als auch des Gewerbebetriebs der AP GmbH attestiert hätte. Und selbst wenn man der Baubehörde einen derartigen Fehlschluss zusinnen wollte, wäre ein solches Fehlverständnis für die Beurteilung der Abgabepflicht nach dem ALSAG nicht ausschlaggebend.

Soweit das beschwerdeführende Zollamt die Schlüssigkeit der Beweiswürdigung der belangten Behörde in Zweifel zieht, ist es auf das im Akt erliegende Schreiben der Bezirkskammer für Land- und Forstwirtschaft Knittelfeld zu verweisen, welches die Erforderlichkeit der Lagerfläche für den Betrieb des Landwirt P bestätigt. Darin ist von einer Auftragserteilung durch den Landwirt P die Rede und von der Absicht des Landwirt P, die Fläche für die in dem Schreiben näher genannten Zwecke zu verwenden. Es bleibt unerfindlich, inwiefern die aus diesem Schreiben gezogenen Schlüsse der belangten Behörde nicht nachvollziehbar sein sollten.

2.4. Es ist daher im Beschwerdefall auch unerheblich, ob tatsächlich zwei Drittel der für die Landwirtschaft benötigten Fläche für das Flachsilo verwendet wurden. Die belangte Behörde hat festgestellt, dass auch die restliche Fläche der 4.000 m2, für die die Abgabenvorschreibung erfolgte, für landwirtschaftliche Zwecke verwendet wurde. Die in der Beschwerde geltend gemachten Verfahrensmängel hinsichtlich der genauen Feststellung, welche Fläche das Flachsilo einnehme, sind daher jedenfalls nicht relevant und beruhen auf einer eklatanten Verkennung der maßgeblichen Sach- und Rechtsfragen.

2.5. Soweit in der Beschwerde weitwendig das Problem einer Auftragserteilung durch den Landwirt P an die AP GmbH erörtert wird, genügt es, darauf hinzuweisen, dass die Frage, auf Grund welcher Umstände ein Dritter eine Geländeverfüllung für einen Auftraggeber (hier den Landwirt P) vornimmt, für die Stellung des Auftraggebers als Abgabenschuldner nach § 4 ALSAG völlig unerheblich ist. Die Abgabepflicht desjenigen, dem die Geländeverfüllung im Sinne der hg. Rechtsprechung zuzurechnen ist, ist sowohl dann gegeben, wenn er die Geländeverfüllung selbst vorgenommen hat, als auch dann, wenn sie in seinem Auftrag durch einen Dritten erfolgte. Ob im Falle eines solchen Auftrags ein nach anderen steuerlichen Vorschriften anzuerkennender Vertrag vorlag oder nicht, ist unerheblich. Dass die Verfüllung für den Landwirt P erfolgte, hat die belangte Behörde nach den obigen Ausführungen jedoch unbedenklich festgestellt. Es erübrigt sich daher ein näheres Eingehen auf die diesbezüglichen Bedenken der Beschwerde. Es liegt damit insbesondere auch kein Verfahrensmangel im Hinblick auf mangelhafte Feststellungen oder eine unzureichende Begründung für die Annahme eines Auftrags zwischen P und der AP GmbH vor.

2.6. Aus den vorstehenden Erwägungen ergibt sich, dass keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides vorliegt.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

2.7. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am