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VwGH vom 24.11.2016, Ro 2014/07/0067

VwGH vom 24.11.2016, Ro 2014/07/0067

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bumberger sowie die Hofräte Dr. N. Bachler und Mag. Haunold als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Schubert-Zsilavecz, über die Revision des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft in 1010 Wien, Stubenring 1, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Niederösterreich vom , Zl. LVwG-WT-13-0001, betreffend Aufhebung eines Verwaltungsstraferkenntnisses in einer Angelegenheit des AWG 2002 (mitbeteiligte Parteien: 1. Dr.techn D L in L, 2. H Gesellschaft m.b.H. in S, beide vertreten durch die Niederhuber Partner Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Wollzeile 24; belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht:

Bezirkshauptmannschaft Waidhofen an der Thaya), zu Recht erkannt:

Spruch

Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.

Begründung

1 Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Waidhofen an der Thaya (belangte Behörde) vom wurde über den Erstmitbeteiligten wegen Übertretung des § 79 Abs. 1 Z 15b Abfallwirtschaftsgesetz 2002 (AWG 2002) eine Geldstrafe in der Höhe von EUR 730,-- (Ersatzfreiheitsstrafe: 12 Stunden) verhängt. Gleichzeitig wurde die Tragung eines anteiligen Kostenbeitrages zum erstinstanzlichen Verfahren in der Höhe von EUR 73,-- auferlegt.

2 Dieses Straferkenntnis wurde sowohl dem Erstmitbeteiligten als handelsrechtlichen Geschäftsführer der zweitmitbeteiligten Partei als auch der zweitmitbeteiligten Partei zugestellt. Es wurde auf die gemäß § 9 Abs. 7 VStG bestehende Haftung juristischer Personen und eingetragener Personengesellschaften sowie der in Abs. 3 genannten natürlichen Personen für die über die zur Vertretung nach außen berufenen oder über einen verantwortlichen Beauftragten verhängten Geldstrafen, sonstige in Geld bemessene Unrechtsfolgen und die Verfahrenskosten zur ungeteilten Hand verwiesen.

3 Dem Erstmitbeteiligten wurde in diesem Straferkenntnis folgende Verwaltungsübertretung zur Last gelegt:

"Sie haben folgende Verwaltungsübertretung begangen:

Zeit:

Ort: Firma (zweitmitbeteiligte Partei) in (S.)

Tatbeschreibung:

Der Transport wurde am um 23.40 Uhr in Ungarn am Grenzübergang Nagylak (Grenze Ungarn-Rumänien) in Fahrtrichtung Rumänien angehalten und folgendes festgestellt:

Sie haben als handelsrechtlicher Geschäftsführer und damit als Vertretung nach außen berufenes Organ der (zweitmitbeteiligten Partei) mit Sitz in (S.) zu verantworten, dass diese Gesellschaft am von der Hütte (zweitmitbeteiligte Partei) in (S.) die grenzüberschreitende Verbringung von 24,67 Tonnen Rückständen aus der Aluminiumabschöpfung aus Österreich über Ungarn nach Rumänien zur (H.) srl. in (A.) veranlasst hat, ohne dass eine entsprechende Notifizierung im Sinne von Titel II der EG-VerbringungsV vor dieser Verbringung beim Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft eingereicht wurde.

Bei den gegenständlichen Abfällen handelte es sich um Rückstände aus der Aluminiumabschöpfung, die folgenden Codes zuzuordnen sind:

Code gemäß österreichischem Abfallverzeichnis (Abfallverzeichnis gemäß § 1 Abs. 1 der Abfallverzeichnisverordnung, BGBl. II 2003/570 idF BGBl. II 2008/498): 31205 - Leichtmetallkrätze, aluminiumhaltig

Code gemäß Europäischem Abfallverzeichnis (EAV): - Abschaum mit Ausnahme desjenigen, der unter 100315 fällt.

Code gemäß Anhang III zur Verordnung (EG) Nr. 1013/2006 über die Verbringung von Abfällen (EG-VerbringungsV): B 1100 - Beim Schmelzen und Raffinieren von Metallen anfallende metallhaltige Abfälle: - Alukrätze (oder Abschöpfungen) ausgenommen Salzschlacke.

(Die grenzüberschreitende Verbringung von zur Verwertung bestimmten in Anhang III aufgeführten Abfällen nach Rumänien unterliegt gemäß Art. 63 Abs. 5 der EG-VerbringungsV bis zum dem Verfahren der vorherigen schriftlichen Notifizierung und Zustimmung gemäß Titel II.)"

4 Gegen dieses Straferkenntnis erhoben die mitbeteiligten Parteien eine als Beschwerde zu qualifizierende Berufung. Darin brachten sie im Wesentlichen vor, dass die gegenständliche Aluminiumabschöpfung als Nebenerzeugnis beim Umschmelzen von Aluminium zu Desoxidationsprodukten, die in der Stahlindustrie zur Bindung von Sauerstoff im Schmelzverfahren eingesetzt würden, anfielen. Aus der Aluminiumabschöpfung werde in einem weiteren Schritt durch Einschmelzen in Spezialöfen Aluminium in Form von Blöcken (idF: Aluminium-Blöcke) gewonnen. Die gegenständliche Aluminiumabschöpfung sei stets im Eigentum der zweitmitbeteiligten Partei verblieben und lediglich für die Umarbeitung zu Aluminium-Blöcken zu einem Dritt-Unternehmen gebracht worden. Die Umarbeitung der Aluminiumabschöpfung in Aluminium-Blöcke selbst sei als integraler Bestandteil des gesamten Produktionsprozesses ausgestaltet. Sowohl die Aluminiumabschöpfung als auch die daraus hergestellten Aluminiumblöcke seien marktfähige, handelbare Produkte mit einem entsprechenden Verkaufswert.

5 Es sei weder der subjektive Abfallbegriff noch der objektive Abfallbegriff erfüllt. Da die verfahrensgegenständliche Aluminiumabschöpfung nicht als "Abfall" zu klassifizieren sei, könne auch keine Notifizierungspflicht iSd § 69 AWG 2002 gegeben sein, weil diese ausschließlich für die Verbringung von Abfällen gelte. Es liege gegenständlich kein Abfall, sondern ein Produkt vor.

6 Ferner ergäben sich aus dem erstinstanzlichen Bescheid keine Anhaltspunkte darauf, dass die unterstellte Tathandlung zu dem im Bescheid genannten Tatzeitpunkt gesetzt worden sei. Die Veranlassung der Verbringung der gegenständlichen Aluminiumabschöpfung sei bereits Tage, wenn nicht überhaupt mehr als ein ganzes Monat vor dem von der belangten Behörde angenommenen Tatzeitpunkt gelegen.

7 Weiters liege keine Strafbarkeit der Veranlassung einer Verbringung oder einer versuchten Abfallverbringung vor. Der Erstmitbeteiligte habe keine Abfälle verbracht, sondern die Verbringung und den Transport der verfahrensgegenständlichen Aluminiumabschöpfung in das EU-Ausland lediglich veranlasst. Die mitbeteiligten Parteien hätten daher nicht den von der belangten Behörde herangezogenen Straftatbestand des § 79 Abs. 1 Z 15b AWG 2002 verwirklicht, sondern könnten allenfalls einer Bestrafung nach dieser Bestimmung iVm § 7 VStG zugeführt werden. Voraussetzung dafür wäre aber, dass diese Veranlassung vorsätzlich vorgenommen worden sei, weil die Anstiftung zur Begehung nur als Vorsatzdelikt strafbar wäre. Bei den mitbeteiligten Parteien liege aber kein Vorsatz vor.

8 Keine der beiden mitbeteiligten Parteien habe tatsächlich Abfälle verbracht, wie dies von § 79 Abs. 1 Z 15b AWG 2002 zur Erfüllung der objektiven Seite des Straftatbestandes gefordert sei. Allenfalls könnte der Versuch einer "illegalen Abfallverbringung" erblickt werden, doch würde es sich auch bei diesem Vorwurf um ein Vorsatzdelikt handeln; Vorsatz liege aber nicht vor.

9 Darüber hinaus dürfe gemäß Art. 4 7. ZP-EMRK niemand, der wegen einer strafbaren Handlung bereits nach dem Gesetz und dem Strafverfahrensrecht eines Staates verurteilt oder freigesprochen worden sei, in einem Strafverfahren desselben Staates erneut vor Gericht gestellt oder bestraft werden. Gegen die mitbeteiligten Parteien sei von der Staatsanwaltschaft Krems an der Donau ein Ermittlungsverfahren wegen des Deliktes nach § 181c Abs. 3 StGB geführt worden. Dieses Verfahren sei gemäß § 190 Z 1 StPO eingestellt worden, weil die dem Ermittlungsverfahren zugrunde liegende Tat nicht mit gerichtlicher Strafe bedroht sei oder sonst die weitere Verfolgung aus rechtlichen Gründen unzulässig wäre. Diese Einstellung des Verfahrens sei als Freispruch iSd Art. 4

7. ZP-EMRK zu qualifizieren, weshalb schon deshalb eine weitere Bestrafung im Rahmen eines Verwaltungsstrafverfahrens dem in Art. 4 7. ZP-EMRK festgehaltenen Doppelbestrafungsverbot widerspreche. Darüber hinaus sei die zweitmitbeteiligte Partei mit Bescheid vom von der zuständigen ungarischen Behörde wegen der mutmaßlich rechtswidrigen grenzüberschreitenden Verbringung von Abfall von Österreich nach Rumänien mit einer Geldstrafe bestraft worden. Dadurch, dass die belangte Behörde über den Erstmitbeteiligten entgegen den in Art. 50 EU-Grundrechte-Charta und Art. 54 Schengener Durchführungsübereinkommen (SDÜ) verankerten Doppelbestrafungsverbot ein Straferkenntnis erlassen habe, anstatt das Verfahren einzustellen, weil das Verhalten der mitbeteiligten Parteien bereits rechtskräftig abgeurteilt worden sei, belaste die belangte Behörde das gegenständliche Straferkenntnis mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit.

10 Schließlich seien auch weder § 20 noch § 21 VStG berücksichtigt worden.

11 Mit Spruchpunkt I. des angefochtenen Erkenntnisses des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich (LVwG) vom wurde den Beschwerden der mitbeteiligten Parteien gemäß § 50 VwGVG Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben.

12 Gemäß Spruchpunkt II. dieses Erkenntnisses wurde das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z 1 VStG eingestellt.

13 Unter Spruchpunkt III. wurde gegen dieses Erkenntnis eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof für zulässig erklärt.

14 In seinen rechtlichen Erwägungen hielt das LVwG - "ohne auf das Beschwerdevorbringen im Einzelnen einzugehen" - fest, dem Erstmitbeteiligten als handelsrechtlicher Geschäftsführer der zweitmitbeteiligten Partei sei angelastet worden, dass die zweitmitbeteiligte Partei am eine grenzüberschreitende Verbringung von 24,67 Tonnen Rückständen aus der Aluminiumabschöpfung veranlasst habe, ohne dass eine entsprechende Notifizierung eingereicht worden sei.

15 Nach dem klaren und eindeutigen Gesetzeswortlaut des § 79 Abs. 1 Z 15b AWG 2002 in der zur Tatzeit geltenden Fassung stelle der Gesetzgeber offenbar ausdrücklich auf die (tatsächliche) Verbringung von Abfällen und nicht auf die Veranlassung der Verbringung ab.

16 Eine Unterscheidung zwischen Verbringung und Veranlassung der Verbringung ergebe sich lediglich aus der die Abfallverbringung regelnden EG-VerbringungsV Nr. 1013/2006, insbesondere aus der Begriffsbestimmung in Titel I Art. 2 Z 15 bezüglich des Notifizierenden, bei dem zwischen der Person, die beabsichtige, eine Verbringung von Abfällen durchzuführen, oder derjenigen, die diese Verbringung durchführen lasse, unterschieden werde. Eine solche Unterscheidung lasse sich aber aus der Strafbestimmung des § 79 Abs. 1 Z 15b AWG 2002 nicht ableiten.

17 Ausgehend davon, dass Strafnormen nicht weit, sondern eng im Sinne der Menschenrechtskonvention auszulegen seien, könne im vorliegenden Fall die in § 79 Abs. 1 Z 15b AWG 2012 genannte Strafnorm nicht dahingehend ausgeweitet werden, dass nunmehr auch ein Veranlassen der Verbringung - wie sie verfahrensgegenständlich zur Last gelegt werde - unter Sanktion gestellt werde.

18 Der österreichische Gesetzgeber habe mit der Regelung des § 79 Abs. 1 Z 15b AWG 2002 offenbar nur den tatsächlichen Verbringer als Notifizierungspflichtigen zur Verantwortung ziehen wollen und nicht denjenigen, der diese Verbringung veranlasst habe, wenngleich dieser auch als Notifzierungspflichtiger nach der AbfallverbringungsV genannt sei.

19 Vergleichsweise habe der Gesetzgeber mit der Einführung des § 79 Abs. 3 Z 13a AWG 2002 (BGBl. I Nr. 9/2011) eine ähnliche Lücke im Verbringungsrecht geschlossen, indem nicht mehr nur das tatsächliche Mitführen, Vorweisen oder Übermitteln entgegen Art. 18 EG-VerbringungsV unter Sanktion gestellt (vgl. § 79 Abs. 3 Z 13 AWG 2002), sondern auch eine Sanktionsmöglichkeit für denjenigen geschaffen worden sei, der nicht sichergestellt habe, dass die erforderlichen Angaben mitgeführt, vorgewiesen oder übermittelt würden.

20 Vor diesem Hintergrund sei auf das übrige Vorbringen der mitbeteiligten Parteien, insbesondere im Hinblick auf die Doppelbestrafung, nicht weiter einzugehen, wenngleich angemerkt werde, dass insbesondere hinsichtlich des Art. 54 SDÜ lediglich die zweitmitbeteiligte Partei, nicht aber der Erstmitbeteiligte im verfahrensgegenständlichen Strafverfahren von den ungarischen Behörden zur Verantwortung gezogen worden sei.

21 Da die dem Erstmitbeteiligten zur Last gelegte Tat somit keine Verwaltungsübertretung im Sinne des § 79 Abs. 1 Z 15b AWG 2002 bilde, sei die Einstellung des Strafverfahrens zu verfügen gewesen.

22 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende Amtsrevision mit dem Antrag, das Erkenntnis des LVwG wegen Rechtswidrigkeit aufzuheben.

23 Die mitbeteiligten Parteien brachten eine Revisionsbeantwortung ein, in der sie die kostenpflichtige Zurückweisung, in eventu Abweisung der Amtsrevision begehrten.

24 Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

25 Vorauszuschicken ist, dass der Verwaltungsgerichtshof - mangels entsprechender Feststellungen des LVwG - für die nachstehende Beurteilung (vorläufig) von der (von den mitbeteiligten Parteien sowohl in der Berufung als auch in der Revisionsbeantwortung bestrittenen) Abfalleigenschaft der in Rede stehenden Rückstände aus der Aluminiumabschöpfung ausgeht.

26 Die in der Amtsrevision geltend gemachte Frage der Verantwortung für die illegale Verbringung der gegenständlichen Abfälle stellt eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung dar, weil die im angefochtenen Erkenntnis des LVwG (allein) erfolgte Auslegung des § 79 Abs. 1 Z 15b AWG 2002 der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes widerspricht.

27 Die Revision ist daher zulässig. Sie erweist sich auch als begründet.

28 Die die grenzüberschreitende Verbringung regelnden Bestimmungen der §§ 66 bis 69 AWG 2002 sowie der in Rede stehende Straftatbestand des § 79 Abs. 1 Z 15b AWG 2002 hatten in der im Tatzeitpunkt geltenden Fassung des

29 AWG 2002, BGBl. I Nr. 9/2011, folgenden Wortlaut:

" Grenzüberschreitende Verbringung Anwendungsbereich und Verfahrensbestimmungen

§ 66. (1) Für grenzüberschreitende Verbringungen von Abfällen sind die unionsrechtlichen Abfallvorschriften, insbesondere die EG-VerbringungsV (Verordnung (EG) Nr. 1013/2006 über die Verbringung von Abfällen, ABl. Nr. L 190 vom S. 1), anzuwenden.

(2) Der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft ist für die Anwendung der EG-VerbringungsV zuständige Behörde am Versandort, zuständige Behörde am Bestimmungsort, für die Durchfuhr zuständige Behörde und Anlaufstelle gemäß Art. 54 der EG-VerbringungsV.

Notifizierung bei der Ausfuhr

§ 67. (1) Wer eine gemäß EG-VerbringungsV oder gemäß einer Verordnung nach § 72 Z 1 notifizierungspflichtige Verbringung von Abfällen aus Österreich durchzuführen beabsichtigt, hat dies dem Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft zu notifizieren.

(2) Der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft übermittelt die Notifizierung an die zuständige Behörde am Bestimmungsort und eine Abschrift an die für die Durchfuhr zuständigen Behörden.

Notifizierungsunterlagen

§ 68. (1) Die Notifizierung erfolgt mithilfe des Notifizierungsformulars gemäß Anhang IA und des Begleitformulars gemäß Anhang IB der EG-VerbringungsV. Der Notifizierende hat dazu zu übermitteln:

(...)

Der Notifizierung sind die notwendigen Abschriften für die

zuständigen Behörden anzuschließen.

(2) Das Notifizierungs- und das Begleitformular und sonstige Dokumente und Unterlagen, die vom Notifizierenden übermittelt werden, haben in deutscher oder englischer Sprache vorzuliegen. Liegen die Originaldokumente nicht in deutscher oder englischer Sprache vor, so sind beglaubigte Übersetzungen zu übermitteln.

Bewilligungspflicht der Einfuhr, Ausfuhr und Durchfuhr und Verbringungsverbote

§ 69. (1) Der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft hat über jede von der EG-VerbringungsV erfasste notifizierungspflichtige Verbringung von Abfällen nach, aus oder durch Österreich bescheidmäßig abzusprechen.

(...)

§ 79. (1) Wer

(...)

15b. entgegen § 69 Abfälle ohne die erforderliche Bewilligung oder ohne die sonstigen erforderlichen Zustimmungen gemäß der EG-VerbringungsV verbringt,

(...)

begeht - sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet oder nach anderen Verwaltungsstrafbestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist - eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe von 730 EUR bis 36 340 EUR zu bestrafen ist; wer jedoch gewerbsmäßig im Bereich der Abfallwirtschaft tätig ist, ist mit einer Mindeststrafe von 3 630 EUR bedroht."

30 Die hier maßgeblichen Bestimmungen der Verordnung (EG) Nr. 1013/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom über die Verbringung von Abfällen (EG-VerbringungsV) lauten:

" Artikel 2

Begriffsbestimmungen

Im Sinne dieser Verordnung bezeichnet der Ausdruck:

(...)

15. "Notifizierender"

a) im Falle einer Verbringung, die in einem Mitgliedstaat

beginnt, eine der Gerichtsbarkeit dieses Mitgliedstaates

unterliegende natürliche oder juristische Person, die

beabsichtigt, eine Verbringung von Abfällen durchzuführen oder

durchführen zu lassen, und zur Notifizierung verpflichtet ist. Der

Notifizierende ist eine der nachfolgend aufgeführten Personen oder

Einrichtungen in der Rangfolge der Nennung:

i) der Ersterzeuger oder

ii) der zugelassene Neuerzeuger, der vor der Verbringung

Verfahren durchführt, oder

iii) ein zugelassener Einsammler, der aus verschiedenen

kleinen Mengen derselben Abfallart aus verschiedenen Quellen

Abfälle für eine Verbringung zusammengestellt hat, die an einem

bestimmten, in der Notifizierung genannten Ort beginnen soll, oder

iv) ein eingetragener Händler, der von einem Ersterzeuger,

Neuerzeuger oder zugelassenen Einsammler im Sinne der Ziffern i,

ii und iii schriftlich ermächtigt wurde, in dessen Namen als

Notifizierender aufzutreten, oder

v) ein eingetragener Makler, der von einem Ersterzeuger,

Neuerzeuger oder zugelassenen Einsammler im Sinne der Ziffern i,

ii und iii schriftlich ermächtigt wurde, in dessen Namen als

Notifizierender aufzutreten, oder

vi) wenn alle in den Ziffern i, ii, iii, iv und v - soweit anwendbar - genannten Personen unbekannt oder insolvent sind, der Besitzer.

Sollte ein Notifizierender im Sinne der Ziffern iv oder v es versäumen, eine der in den Artikeln 22 bis 25 festgelegten Rücknahmeverpflichtungen zu erfüllen, so gilt der Ersterzeuger, Neuerzeuger bzw. zugelassene Einsammler im Sinne der Ziffern i, ii oder iii, der diesen Händler oder Makler ermächtigt hat, in seinem Namen aufzutreten, für die Zwecke der genannten Rücknahmeverpflichtungen als Notifizierender. Bei illegaler Verbringung, die von einem Händler oder Makler im Sinne der Ziffern iv oder v notifiziert wurde, gilt die in den Ziffern i, ii oder iii genannte Person, die diesen Händler oder Makler ermächtigt hat, in ihrem Namen aufzutreten, für die Zwecke dieser Verordnung als Notifizierender;

(...)

35. "illegale Verbringung" jede Verbringung von Abfällen, die

a) ohne Notifizierung an alle betroffenen zuständigen

Behörden gemäß dieser Verordnung erfolgt oder

(...)

Artikel 4

Notifizierung

Beabsichtigt der Notifizierende die Verbringung von Abfällen

gemäß Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe a oder b, so muss er bei und

über die zuständige Behörde am Versandort eine vorherige

schriftliche Notifizierung einreichen und im Falle einer

Sammelnotifizierung Artikel 13 beachten.

Bei der Einreichung einer Notifizierung sind folgende

Voraussetzungen zu erfüllen:

1. Notifizierungs? und Begleitformulare:

Die Notifizierung erfolgt anhand folgender Unterlagen:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
a)
Notifizierungsformular gemäß Anhang IA und
b)
Begleitformular gemäß Anhang IB.

Bei der Einreichung einer Notifizierung füllt der Notifizierende das Notifizierungsformular und - soweit relevant - das Begleitformular aus.

Ist der Notifizierende nicht der Ersterzeuger gemäß Artikel 2 Nummer 15 Buchstabe a Ziffer i, so sorgt der Notifizierende dafür, dass auch dieser Erzeuger oder eine der in Artikel 2 Nummer 15 Buchstabe a Ziffer ii oder iii genannten Personen, sofern dies durchführbar ist, das Notifizierungsformular gemäß Anhang IA unterzeichnet.

Das Notifizierungsformular und das Begleitformular werden an den Notifizierenden von der zuständigen Behörde am Versandort herausgegeben.

(...)

Artikel 5

Vertrag

(1) Jede notifizierungspflichtige Verbringung von Abfällen muss Gegenstand eines Vertrags zwischen dem Notifizierenden und dem Empfänger über die Verwertung oder Beseitigung der notifizierten Abfälle sein.

(2) Der Vertrag muss bei der Notifizierung für die Dauer der Verbringung abgeschlossen und wirksam sein, bis eine Bescheinigung gemäß Artikel 15 Buchstabe e, Artikel 16 Buchstabe e oder gegebenenfalls Artikel 15 Buchstabe d ausgestellt wird.

(3) Der Vertrag umfasst die Verpflichtung

(...)

Artikel 24

Rücknahme von Abfällen bei illegaler Verbringung

(1) Entdeckt eine zuständige Behörde eine Verbringung, die sie für illegal hält, so unterrichtet sie unverzüglich die anderen betroffenen zuständigen Behörden.

(2) Hat der Notifizierende die illegale Verbringung zu

verantworten, so sorgt die zuständige Behörde am Versandort dafür,

dass die betreffenden Abfälle

a) vom Notifizierenden de facto zurückgenommen werden oder,

falls keine Notifizierung eingereicht wurde,

b) vom Notifizierenden de jure zurückgenommen werden oder,

falls dies nicht möglich ist,

c) von der zuständigen Behörde am Versandort selbst oder

einer in ihrem Namen handelnden natürlichen oder juristischen Person zurückgenommen werden oder, falls dies nicht möglich ist,

(...)

31 In der vorliegenden Revision wird begründend ausgeführt, aus Art. 2 Z 15 und Z 35 der Verordnung Nr. 1013/2006 ergebe sich eindeutig, wer die Notifizierung durchzuführen habe und demnach für deren ordnungsgemäße Durchführung verantwortlich sei. Demnach könne die Formulierung gemäß § 79 Abs. 1 Z 15b AWG 2002, wonach "wer entgegen § 69 Abfälle ohne die erforderliche Bewilligung oder die sonstigen erforderlichen Zustimmungen gemäß der EG-VerbringungsV verbringt, (...) eine Verwaltungsübertretung begeht", nur so ausgelegt werden, dass darunter jene Person zu subsumieren sei, die zur Durchführung des Notifizierungsverfahrens verpflichtet gewesen wäre. Dies ergebe sich auch aus Art. 24 Abs. 2 lit. b) der Verordnung (EG) Nr. 1013/2006, wo die Rücknahmeverpflichtung des Notifizierenden de iure festgelegt sei, also einer Person, die zur Durchführung des Notifizierungsverfahrens verpflichtet gewesen wäre, dieser Verpflichtung jedoch nicht nachgekommen sei.

32 Im gegenständlichen Fall wäre eindeutig die zweitmitbeteiligte Partei zur Durchführung des Notifizierungsverfahrens verpflichtet gewesen.

33 Es sei festzuhalten, dass in dem beim gegenständlichen Transport mitgeführten Annex-VII-Formular vom (dies sei jenes Formular, welches beim Transport von Abfällen, die nicht der Notifizierungspflicht unterliegen, mitzuführen sei) einerseits in Feld 1 die zweitmitbeteiligte Partei als Person, die die Verbringung (der betreffenden Abfälle) veranlasse, aufscheine, und andererseits dieses Formular auch seitens der zweitmitbeteiligten Partei (in Feld 12) unterfertigt und mit dem Firmenstempel versehen worden sei.

34 Dies belege eindeutig, dass die gegenständlichen Rückstände aus der Aluminiumabschöpfung seitens der zweitmitbeteiligten Partei selbst als Abfall deklariert worden seien und dass der Transport im Auftrag dieses Unternehmens durchgeführt worden sei.

35 Somit sei die Verbringung seitens der zweitmitbeteiligten Partei veranlasst bzw. in deren Auftrag durchgeführt worden. Diese Umstände seien seitens des LVwG ignoriert worden.

36 Demnach sei der Erstmitbeteiligte als handelsrechtlicher Geschäftsführer der zweitmitbeteiligten Gesellschaft für die illegale grenzüberschreitende Verbringung der Abfälle verantwortlich.

37 Dieses Vorbringen zeigt eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Erkenntnisses auf.

38 Nach § 69 AWG 2002 ist ein Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft zu erwirken, wenn eine notifizierungspflichtige Verbringung vorgenommen wird.

39 In seinem Erkenntnis vom , Ro 2014/07/0066, hat sich der Verwaltungsgerichtshof eingehend mit der Bestimmung des § 79 Abs. 1 Z 15b AWG 2002 in der hier maßgeblichen Fassung sowie den Bestimmungen der §§ 66 bis 69 AWG 2002 und der EG-VerbringungsV befasst. Demnach ergibt sich aus den Art. 4 und 5 EG-VerbringungsV und den §§ 67 und 68 AWG 2002 (sowie den dort verwiesenen Formularen), dass die Erwirkung des Bescheides (der Bewilligung) nach § 69 AWG 2002 Pflicht des Notifizierenden (Notifizierungspflichtigen) ist, dessen Person sich aus der Definition der EG-VerbringungsV ergibt. In dem zitierten hg. Erkenntnis wurde ferner dargelegt, dass die Verwaltungsübertretung des § 79 Abs. 1 Z 15b AWG 2002 nur vom Notifizierenden nach der EG-VerbringungsV verwirklicht werden kann. Aus der EG-VerbringungsV und der dortigen Definition des Notifizierenden ist aber abzuleiten, dass es für jede Verbringung einen (einzigen) Notifizierenden gibt, der sich aus der in Z 15 lit. a genannten Rangfolge der Nennung (i-vi) ergibt (vgl. dazu auch den Erwägungsgrund 18 der EG-VerbringungsV, wonach angesichts der Verantwortung der Abfallerzeuger für eine umweltgerechte Behandlung die Formulare von den Abfallerzeugern ausgefüllt werden sollten). Auch aus Art. 2 Z 15 lit. a) letzter Absatz EG-VerbringungsV ergibt sich, dass es eine (einzige) Person geben soll, die Notifizierender ist oder die - wie es dort heißt - für die Zwecke dieser Verordnung "als Notifizierender gilt".

40 Dass neben dem Notifizierenden auch andere Personen zur Notifizierung bzw. zur Erwirkung eines Bescheides nach § 69 AWG 2002 verpflichtet wären, geht weder aus dem AWG 2002 noch aus der EG-VerbringungsV hervor.

41 Als Notifizierender ist derjenige anzusehen, der unter einen der genannten Punkte des Art. 2 Z 15 lit. a EG-VerbringungsV zu subsumieren ist und dem kein anderer in der Rangfolge in der Nennung vorgeht (vgl. nochmals das hg. Erkenntnis Ro 2014/07/0066).

42 Der Verwaltungsgerichtshof sieht auch vor dem Hintergrund der Ausführungen im angefochtenen Erkenntnis und in der Revisionsbeantwortung der mitbeteiligten Parteien, in denen im Wesentlichen auf das Erfordernis einer engen Auslegung von Strafnormen abgestellt wird, keine Veranlassung, von der zitierten Judikatur abzugehen.

43 Auf die im angefochtenen Erkenntnis und in der Revisionsbeantwortung in den Vordergrund gestellte Unterscheidung zwischen "tatsächlicher Verbringung" und "Veranlassung der Verbringung" kommt es somit nicht maßgeblich an. Entscheidend für die Verwirklichung des Verwaltungsstraftatbestandes des

44 § 79 Abs. 1 Z 15b AWG 2002 ist vielmehr die Frage, wer Notifizierender ist (wen die Notifizierungspflicht trifft).

45 Gemäß Art. 2 Z 15 lit. a EG-VerbringungsV ist im Falle einer Verbringung, die in einem Mitgliedstaat beginnt, als Notifizierender in erster Linie der Ersterzeuger anzusehen. Dass die in Rede stehende Aluminiumabschöpfung (bzw. die Rückstände aus der Aluminiumabschöpfung) von der zweitmitbeteiligten Partei stammt (stammen), wird auch in der Revisionsbeantwortung der mitbeteiligten Parteien bestätigt. Die zweitmitbeteiligte Partei ist somit als Ersterzeuger anzusehen.

46 Ferner gibt es keinen Hinweis darauf, dass die mitbeteiligten Parteien eine andere natürliche oder juristische Person ermächtigt hätten, in ihrem Namen als Notifizierender aufzutreten. Vielmehr wird in der Revisionsbeantwortung ausgeführt, dass das verfahrensgegenständliche Material durchgehend im Eigentum der zweitmitbeteiligten Partei verblieben sei und dass die mitbeteiligten Parteien das in der Amtsrevision genannte Annex-VII-Formular "dem Transporteur mitgegeben" hätten. Es besteht daher auch kein Zweifel, dass die zweitmitbeteiligte Partei im Sinne des Art. 2 Z 15 lit. a EG-VerbringungsV "beabsichtigt (hat), eine Verbringung durchzuführen oder durchführen zu lassen".

47 Nach dem Gesagten erweist sich die Begründung des LVwG, dem Erstmitbeteiligten (als zur Vertretung nach außen berufenes Organ der zweitmitbeteiligten Partei) sei eine Übertretung des § 79 Abs. 1 Z 15b AWG 2002 nicht anzulasten, weil nach dieser Bestimmung die Veranlassung der Verbringung nicht unter Sanktion gestellt werde, als verfehlt.

48 Das angefochtene Erkenntnis war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufzuheben.

49 Wie bereits eingangs dieser Erwägungen angesprochen, kann vorliegend jedoch die Frage der Strafbarkeit bzw. die Frage, ob das Verwaltungsstrafverfahren (im Ergebnis) zu Recht eingestellt wurde, vom Verwaltungsgerichtshof nicht beurteilt werden, weil das LVwG auf Grund seiner unrichtigen Rechtsansicht, es sei bereits aus den im angefochtenen Erkenntnis dargelegten - jedoch unzutreffenden - Erwägungen die Einstellung des Strafverfahrens zu verfügen und auf das übrige Vorbringen der mitbeteiligten Parteien (u.a. zur Nichterfüllung des Abfallbegriffes und zur Unzulässigkeit einer Doppelbestrafung) inhaltlich nicht einzugehen gewesen, dazu weder ausreichende Feststellungen getroffen noch dieses Vorbringen in seine rechtliche Beurteilung einbezogen hat.

50 Die - von den mitbeteiligten Parteien beantragte - Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 4 und 6 VwGG entfallen, zumal der - für die Beurteilung der hier allein zu beurteilenden Rechtsfrage - maßgebliche Sachverhalt unbestritten feststeht und insoweit die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt.

Wien, am