VwGH vom 02.07.2010, 2009/09/0008
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Thienel und die Hofräte Dr. Rosenmayr, Dr. Bachler, Dr. Strohmayer und Dr. Doblinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Plankensteiner, über die Beschwerde des OC in S, vertreten durch Dr. Rudolf Höpflinger, Rechtsanwalt in 5020 Salzburg, Viktor-Keldorfer-Straße 1, gegen den Bescheid der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Oberösterreich vom , Zl. LGSOÖ/Abt.1/08114/146/2008, betreffend Versagung einer Beschäftigungsbewilligung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde den Antrag des Arbeitgebers V. vom auf Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung für den Beschwerdeführer, einen türkischen Staatsangehörigen, gemäß § 4c Abs. 1 Ausländerbeschäftigungsgesetz - AuslBG abgewiesen.
Der Beschwerdeführer sei vom bis zum bei V. beschäftigt gewesen. Vom bis zum sei er weder arbeitssuchend gemeldet gewesen noch habe er eine Leistung aus der Arbeitslosenversicherung bezogen. Vom bis zum (nachversichert bis zum ) sei er wieder bei V. beschäftigt gewesen. Das Erfordernis des Art. 6 (des Beschlusses Nr. 1/80 des durch das am in Ankara unterzeichneten Abkommens zur Gründung einer Assoziation zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Türkei errichteten Assoziationsrates vom - ARB Nr. 1/80), der rechtmäßige Aufenthalt während der Beschäftigung, sei nicht erfüllt. Einer Auskunft des Magistrats Salzburg zufolge sei dem Beschwerdeführer vom bis zum eine Aufenthaltserlaubnis als Studierender erteilt worden. Am habe er einen Antrag auf Verlängerung dieses Aufenthaltstitels gestellt, der abgewiesen worden sei. Eine ordnungsgemäße Beschäftigung mit einem gültigen Aufenthaltstitel im Sinn des Art. 6 ARB Nr. 1/80 sei daher nur vom bis zum vorgelegen. Der Beschwerdeführer sei der Aufforderung, einen entsprechenden Aufenthaltstitel ab dem bis laufend vorzulegen, nicht nachgekommen.
Auch aus Art. 9 ARB Nr. 1/80 lasse sich kein legaler einjähriger Aufenthalt für die einjährige Beschäftigungszeit bei dem Dienstgeber V. ableiten. Dem Meldezettel des Beschwerdeführers zufolge sei dieser erst seit bei seiner Mutter mit Wohnsitz gemeldet. Sohin bestehe immer noch eine Lücke vom (dem Ende des letzten gültigen Aufenthaltstitels) bis zum . Die Voraussetzungen des Art. 9 ARB Nr. 1/80 seien aber auch deshalb nicht gegeben, weil diese Bestimmung auf Kinder abstelle, die ordnungsgemäß bei ihren Eltern wohnten. Zum ordnungsgemäßen Wohnen zähle ein gültiger Aufenthaltstitel, über den der Beschwerdeführer nicht verfügt habe. Weiters regle Art. 9 ARB Nr. 1/80 die Zulassung zum allgemeinen Schulunterricht, zur Lehrlingsausbildung und zur beruflichen Bildung. In der gegenständlichen Angelegenheit werde aber eine Beschäftigungsbewilligung für die berufliche Tätigkeit als Koch beantragt. Da der erste Aufenthaltstitel des Beschwerdeführers zum Zweck des Studiums und nicht zum Zweck des Familiennachzugs erteilt worden sei, sei auch Art. 7 Abs. 1 erster Teilstrich ARB Nr. 1/80 nicht erfüllt.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in welcher Rechtswidrigkeit des Inhalts und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
§ 4c AuslBG lautet:
"§ 4c. (1) Für türkische Staatsangehörige ist eine Beschäftigungsbewilligung von Amts wegen zu erteilen oder zu verlängern, wenn sie die Voraussetzungen nach Art. 6 Abs. 1 erster und zweiter Unterabsatz oder nach Art. 7 erster Unterabsatz oder nach Art. 7 letzter Satz oder nach Artikel 9 des Beschlusses des Assoziationsrates EWG-Türkei - ARB - Nr. 1/1980 erfüllen.
(2) Türkischen Staatsangehörigen ist von Amts wegen ein Befreiungsschein auszustellen oder zu verlängern, wenn sie die Voraussetzungen nach Art. 6 Abs. 1 dritter Unterabsatz oder nach Art. 7 zweiter Unterabsatz des ARB Nr. 1/1980 erfüllen.
(3) Die Rechte türkischer Staatsangehöriger auf Grund der sonstigen Bestimmungen dieses Bundesgesetzes bleiben unberührt. Für die Verfahrenszuständigkeit und die Durchführung der Verfahren gemäß Abs. 1 und 2 gelten, soweit dem nicht Bestimmungen des ARB Nr. 1/1980 entgegenstehen, die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes."
Die Beschwerde macht unter dem Titel "Beschwerdepunkt" ausdrücklich und ausschließlich eine Verletzung im Recht auf weitere Beschäftigung nach den Art. 6 und 9 ARB 1/80 in Verbindung mit § 4c AuslBG geltend. Der Verwaltungsgerichtshof ist bei der Prüfung des angefochtenen Bescheides auf diese geltend gemachten Rechte beschränkt, weshalb eine Auseinandersetzung mit Rechten aus Art. 7 ARB 1/80 bzw. mit der Frage der Verlängerung der Beschäftigungsbewilligung unterbleiben kann.
Strittig ist, ob der Beschwerdeführer im Sinne des Art. 6 erster Spiegelstrich ARB 1/80 zumindest durch ein Jahr ordnungsgemäß beschäftigt war, was nach der ständigen Rechtsprechung des EuGH u.a. das Bestehen eines nicht bestrittenen Aufenthaltsrechts voraussetzt (vgl. etwa EuGH Günaydin, , Rs C-36/96, Rz 41; EuGH Ertanir, , Rs C-98/96). Da die einjährige Dauer der Beschäftigung beim selben Arbeitgeber auch von der belangten Behörde letztlich nicht mehr in Abrede gestellt wird, geht es nur mehr darum, ob der Beschwerdeführer während dieser Zeit über einen unbestrittenen Aufenthaltstitel verfügte.
Der Umstand, dass einem türkischen Staatsangehörigen gestattet worden ist, als Student in das Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats einzureisen, kann ihm nicht die Eigenschaft als "Arbeitnehmer" nehmen und ihn nicht von der Zugehörigkeit zum regulären Arbeitsmarkt im Sinne von Art. 6 Abs. 1 ARB Nr. 1/80 ausschließen. Dieser Umstand hindert den betreffenden Staatsangehörigen daher nicht daran, sich auf diese Vorschrift zu berufen, um eine Erneuerung seiner Arbeitserlaubnis zu erhalten und in den Genuss eines dementsprechenden Aufenthaltsrechts zu kommen (vgl. das , Payir).
Der Beschwerdeführer bestreitet nicht die Feststellungen der belangten Behörde, dass ihm vom bis zum eine "Aufenthaltserlaubnis Studierender" (eine Aufenthaltsbewilligung für Studierende iSd § 64 Abs. 1 NAG) erteilt worden ist und sein am gestellter Antrag auf Verlängerung dieses Aufenthaltstitels (vor dem rechtskräftig) abgewiesen worden ist. Der rechtmäßige Aufenthalt des Beschwerdeführers auf Grund des genannten Titels hat daher - was die Beschwerde nicht bestreitet - am geendet.
Der Beschwerdeführer bringt - wie schon im Verwaltungsverfahren - unter Berufung auf das - El-Yassini, vor, es sei den Behörden verwehrt, dem betroffenen Arbeitnehmer, dessen Aufenthaltserlaubnis kürzer ist als seine Arbeitserlaubnis, eine beantragte Verlängerung des Aufenthaltstitels abzusprechen, ohne dies aus Gründen der öffentlichen Ordnung, Sicherheit und Gesundheit rechtfertigen zu können.
Mit diesem Vorbringen zeigt der Beschwerdeführer keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf:
Ein aus dem Diskriminierungsverbot des Art. 37 des Zusatzprotokolls zum Abkommen vom zur Gründung einer Assoziation zwischen der EWG und der Türkei für die Übergangsphase der Assoziation abgeleiteter Anspruch auf Erteilung oder Verlängerung eines Aufenthaltstitels hätte bereits im Verfahren betreffend die Erteilung bzw. Verlängerung des Aufenthaltstitels geltend gemacht werden müssen. Mit der rechtskräftigen Abweisung seines Verlängerungsantrags steht auch für das vorliegende Verfahren bindend fest, dass ihm für die Zeit nach dem kein Aufenthaltsrecht zustand.
Der Beschwerdeführer möchte aber - ungeachtet der Abweisung seines Verlängerungsantrags - ein während der Dauer seiner Arbeitstätigkeit bestehendes Aufenthaltsrecht auch aus Art. 9 ARB Nr. 1/80 ableiten, der wie folgt lautet:
"Türkische Kinder, die in einem Mitgliedstaat der Gemeinschaft ordnungsgemäß bei ihren Eltern wohnen, welche dort ordnungsgemäß beschäftigt sind oder waren, werden unter Zugrundelegung der selben Qualifikationen wie die Kinder von Staatsangehörigen dieses Mitgliedstaates zum allgemeinen Schulunterricht, zur Lehrlingsausbildung und zur beruflichen Bildung zugelassen. Sie können in diesem Mitgliedstaat Anspruch auf die Vorteile haben, die nach den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften in diesem Bereich vorgesehen sind."
Mit der rechtskräftigen Abweisung des Verlängerungsantrags stand für die belangte Behörde bindend fest, dass der Erteilung eines weiteren Aufenthaltstitels Versagungsgründe entgegengestanden sind. Der Beschwerdeführer hätte seinen Standpunkt, ein Aufenthaltsrecht zum Zweck des Studiums ergebe sich aus Art. 9 ARB Nr. 1/80, im Verlängerungsverfahren zu seiner Aufenthaltsbewilligung für Studierende verfechten müssen. Wurde ein Aufenthaltsrecht rechtskräftig verneint, so kann die Frage nach seinem Bestehen auch dann nicht neuerlich aufgeworfen werden (§ 38 AVG), wenn es sich unmittelbar (konstitutiv) aus dem Unionsrecht ergeben würde. Dem steht das vom Beschwerdeführer ins Treffen geführte - Ciola, nicht entgegen, weil der Beschwerdeführer im Verfahren betreffend die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis die Möglichkeit hatte, allfällige Verstöße gegen das Gemeinschaftsrecht geltend zu machen. Daher bestehen gegen die Bestandskraft einer Entscheidung im Hinblick auf den Grundsatz der Rechtssicherheit keine prinzipiellen Bedenken (vgl. - Kühne Heitz, und vom , C-234/04 - Kapferer).
Da sich der Beschwerdeführer sohin während des Zeitraumes vom bis zum nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat, vermochte die ein Jahr dauernde Beschäftigung vom bis zum die Voraussetzungen des Art. 6 Abs. 1 erster Teilstrich ARB Nr. 1/80 nicht zu erfüllen (vgl. die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 2006/18/0161, und vom , Zl. 2004/21/0328). Die Abweisung des Antrags auf Verlängerung der Beschäftigungsbewilligung gemäß § 4c Abs. 1 AuslBG ist nicht als rechtswidrig zu erkennen.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Zuerkennung von Kostenersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008. Wien, am
Fundstelle(n):
DAAAE-90527