VwGH vom 17.08.2010, 2007/06/0176
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kail und die Hofräte Dr. Bernegger und Dr. Moritz als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Schmidt, über die Beschwerde der X GmbH in Y, vertreten durch Dr. Michael Augustin, Mag. Peter Haslinger und Mag. Thomas Böchzelt, Rechtsanwälte in 8700 Leoben, Krottendorfer Gasse 4, gegen den Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom , Zl. FA13B-12.10-L312/2007-1, betreffend brandschutztechnische Auflagen (mitbeteiligte Partei: Stadtgemeinde Z), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die beschwerdeführende Partei hat dem Land Steiermark Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Stadtgemeinde vom wurden der Beschwerdeführerin auf Grund der baubehördlichen Überprüfung vom gemäß § 103 Steiermärkisches Baugesetz iVm § 39 Abs. 1 und 3 leg. cit. als Eigentümerin der Objekte Z, Q-straße 33, 33a und 33b, elf brandschutztechnische Auflagen erteilt.
Mit Bescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Stadtgemeinde vom wurde die dagegen von der Beschwerdeführerin erhobene Berufung als unbegründet abgewiesen.
Mit dem in Beschwerde gezogenen Bescheid der belangten Behörde wurde auf Grund der dagegen von der Beschwerdeführerin erhobenen Vorstellung der Bescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Stadtgemeinde vom behoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die mitbeteiligte Stadtgemeinde verwiesen. Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, die Aufträge seien zu Recht auf § 39 des Steiermärkischen Baugesetzes (neben § 103 leg. cit.) gestützt worden. Zwar habe im Jahr 1998 eine baupolizeiliche Überprüfung stattgefunden, allerdings habe sich diese nur auf die Einhaltung des § 9 Abs. 2 des Steiermärkischen Baugesetzes bezogen. Aus dem Inhalt der Niederschrift vom lasse sich nicht entnehmen, dass eine Überprüfung im Sinn des § 103 des Steiermärkischen Baugesetzes vorgenommen worden sei. Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin handle es sich bei den gegenständlichen Bauten um Hochhäuser, da der Fußboden von Aufenthaltsräumen mehr als 22 m über dem tiefsten Punkt des anschließenden Geländes liege (§ 4 Z. 36 Stmk BauG).
Verworfen wurde ferner das Vorbringen der Beschwerdeführerin, dass die Stellungnahme der Landesstelle für Brandverhütung kein Gutachten im Rechtssinne sei. In der weiteren Bescheidbegründung wurden die Auflagenpunkte 2, 3 und 9 ausdrücklich als rechtmäßig bezeichnet. Die Auflage unter Punkt 1 betreffend eine Druckbelüftungsanlage lasse allerdings ein Mindestmaß an technischer Beschreibung und Art der Umsetzung vermissen, sodass die Formulierung dieser Auflage dem Konkretisierungsgebot nicht entspreche. Richtigerweise hätte die Dimensionierung abgestimmt auf das Schutzziel und die Raumkonfigurationen konkret festgelegt werden müssen. Unzulässig sei auch die Vorschreibung, dass das Projekt der Druckbelüftungsanlage vor Errichtung bei einer akkreditierten Prüfanstalt zur Begutachtung einzureichen sei, da die Baubehörde bereits bei der Erlassung des Bescheides den Umfang der vorgeschriebenen Auflage klar zu formulieren habe. Zulässig sei es allerdings, über die Ausführung der gesamten Druckbelüftungsanlage einen Prüfbericht zu fordern.
Zum Auflagepunkt 4 (betreffend eine automatische Brandmeldeanlage) legte die belangte Behörde dar, da die Funktionalität einer aus brandschutztechnischer Sicht wohl für notwendig zu erachtenden Druckbelüftungsanlage nur bei einer Ausstattung mit einer automatischen Brandmeldeanlage gewährleistet werden könne, werde es grundsätzlich zulässig sein, die Errichtung einer solchen vorzuschreiben. Hiezu bedürfte es allerdings einer näheren Begründung im brandschutztechnischen Gutachten. Außerdem sei auch diesbezüglich die Formulierung, dass das Projekt der Brandmeldeanlage vor Errichtung bei einer akkreditierten Prüfanstalt zur Begutachtung einzureichen sei, unzulässig, weil auch in diesem Fall die Auflage so konkret sein müsse, dass sie auch vollstreckbar sei.
Unter Punkt 7 sei vorgeschrieben worden, dass der Aufzug über die Brandmeldeanlage anzusteuern und so einzurichten sei, dass im Fall des Auslösens der Brandmeldeanlage der Aufzug auf die Eingangsebene fahre. Des Weiteren sei ein Schlüsselschalter für die Feuerwehr einzurichten. Im vorliegenden Fall handle es sich jedoch nicht um ein Hochhaus, bei dem im Sinne des § 102 Abs. 2 Steiermärkisches Baugesetz der Fußboden von Aufenthaltsräumen mehr als 30 m über dem tiefsten Geländepunkt liege. Es sei daher im Sinne der entsprechenden Regelung kein Sicherheitsaufzug herzustellen. Die Vorschreibung dieser Auflage sei unzulässig.
Im fortzusetzenden Verfahren werde hinsichtlich der Auflagenpunkte 1, 4 und 7 das brandschutztechnische Gutachten zu ergänzen sein, wobei konkret festzustellen sein werde, aus welchen Gründen die Vorschreibung dieser Auflagen notwendig sei. Dabei sollte auch der zwischenzeitig in Kraft getretene Erlass der Steiermärkischen Landesregierung betreffend Brandschutzmaßnahmen bei bestehenden Hochhäusern, Maßnahmenkatalog, standardisierte Ausschreibung für zu erbringende Leistungen, berücksichtigt werden. In diesem Erlass seien auch Leistungsfristen für die einzelnen Maßnahmen vorgeschlagen, die ebenfalls bei der neuerlichen Entscheidung Berücksichtigung finden sollten. Im Übrigen könne die Frage der wirtschaftlichen Zumutbarkeit noch nicht abschließend beurteilt werden, da noch nicht feststehe, welche Maßnahmen in welchem Umfang zulässigerweise vorzuschreiben seien.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes kostenpflichtig aufzuheben.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet mit dem Antrag, die Beschwerde als unbegründet kostenpflichtig abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
§ 94 der Steiermärkischen Gemeindeordnung lautet auszugsweise:
"(1) Wer durch den Bescheid eines Gemeindeorganes in einer Angelegenheit des eigenen Wirkungsbereiches im Bereiche der Landesvollziehung in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet, kann nach Erschöpfung des Instanzenzuges innerhalb von 2 Wochen nach Erlassung des Bescheides dagegen Vorstellung erheben.
...
(5) Die Aufsichtsbehörde hat den Bescheid, wenn Rechte des Einschreiters durch ihn verletzt werden, aufzuheben und die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die Gemeinde zu verweisen.
(6) Die Gemeinde ist bei der neuerlichen Entscheidung an die Rechtsansicht der Aufsichtsbehörde gebunden."
Die Bindung sowohl der Gemeinde als auch der anderen Parteien des Verfahrens erstreckt sich nach der hg. Rechtsprechung ausschließlich auf die die Aufhebung tragenden Gründe des aufsichtsbehördlichen Bescheides, nicht aber auf jene Ausführungen der Gemeindeaufsichtsbehörde, die in Wahrheit zu einer Abweisung der Vorstellung hätten führen müssen. Die Partei des Verfahrens kann gegen einen aufsichtsbehördlichen Bescheid auch dann, wenn ihrer Vorstellung stattgegeben, worden ist, Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof erheben, wenn ihrem Rechtsstandpunkt nicht voll entsprochen worden ist, allerdings nur insoweit, als damit eine die Aufhebung tragende Rechtsansicht bekämpft wird. Soweit die Vorstellungsbehörde der Rechtsansicht der Gemeindebehörden beigetreten ist, stellen die Ausführungen der Vorstellungsbehörde in dem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid keinen tragenden Grund für die Aufhebung des gemeindebehördlichen Bescheides dar; sie können daher im verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht (mit Erfolg) bekämpft werden. Nur dann, wenn die Aufsichtsbehörde einen die Aufhebung tragenden Grund anders beurteilt hat als der Vorstellungswerber, ist er berechtigt und zur Wahrung seines Rechtsstandpunktes genötigt, diesen Bescheid anzufechten, obwohl dem Spruch nach festgestellt wurde, dass der Vorstellungswerber in seinen Rechten verletzt worden ist. Bindungswirkung tritt dann nicht ein, wenn sich der Sachverhalt (in einem wesentlichen Punkt) oder die Rechtslage geändert hat. Die Bindungswirkung des aufsichtsbehördlichen Bescheides reicht nur soweit, als die Behörde nicht im zweiten Rechtsgang den (tragenden) Aufhebungsgrund beachtet hat. Für das Vorliegen anderer entscheidungswesentlicher Gründe hat der Ausspruch der Aufsichtsbehörde keine Bindungswirkung. Die Bindung des aufsichtsbehördlichen Bescheides erstreckt sich auch nicht auf weitere - die Aufhebung nicht tragende - Ausführungen der Vorstellungsbehörde, so etwa auf Hinweise auf die weitere Verfahrensführung (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2006/05/0220, mwN).
Tragender Aufhebungsgrund für die belangte Behörde war, dass die Auflagenpunkte 1 und 4 nicht konkret genug seien, dass für die Vorschreibung des Auflagepunktes 4 eine nähere Begründung im brandschutztechnischen Gutachten erforderlich sei, und dass der Auflagepunkt 7 unzulässig sei; ferner, dass somit die wirtschaftliche Zumutbarkeit noch nicht abschließend beurteilt werden könne.
In der Beschwerde wird im Wesentlichen vorgebracht, dass ein baupolizeilicher Auftrag wie der Gegenständliche nur dann erlassen werden dürfe, wenn von der Baubehörde festgestellt werde, dass bei einem Hochhaus die für die Sicherheit oder Gesundheit der Bewohner getroffenen Vorkehrungen unzulänglich seien oder im Hinblick auf die Regeln der Technik nicht ausreichten. Bereits im Jahre 1998 seien von der Baubehörde weitreichende Sicherheitsmaßnahmen aufgetragen worden, die auch erfüllt worden seien. Es sei nicht nachvollziehbar, weshalb nun neuerlich äußerst weitreichende Maßnahmen aufgetragen worden seien. Ein rechtskräftiger Baubescheid müsse Rechtssicherheit und Schutz gegenüber Willkür durch spätere Auflagen bieten. Im Übrigen erfülle die Stellungnahme der Landesstelle für Brandverhütung die Mindestanforderungen an ein Gutachten nicht. Ferner handle es sich bei den gegenständlichen Häusern nicht um Hochhäuser. § 39 des Steiermärkischen Baugesetzes sei zu Unrecht herangezogen worden. Die Leistungsfrist sei zu kurz bemessen worden. Eine Vielzahl von Auflagen entspreche dem Konkretisierungsgebot nicht, was die belangte Behörde betreffend die Auflagen 1, 4 und 7 bestätigt habe. Nicht nachvollziehbar sei, weshalb die Auflagen 2, 3 und 9 gesetzmäßig sein sollten.
Das Beschwerdevorbringen bezieht sich nicht auf die die Aufhebung des Bescheides des Gemeinderates der mitbeteiligten Stadtgemeinde vom tragenden Gründe des nunmehr in Beschwerde gezogenen Bescheides. Die Beschwerdeführerin macht nicht geltend, dass die die Aufhebung tragenden Gründe der belangten Behörde unzutreffend wären. Da die belangte Behörde aber den Bescheid des Gemeinderates der Stadtgemeinde Z vom aufgehoben hat, erweist sich die vorliegende Beschwerde somit im Hinblick auf die oben dargestellte hg. Rechtsprechung als unbegründet.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.
Wien, am
Fundstelle(n):
FAAAE-90509