VwGH vom 18.12.2007, 2007/06/0119
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Giendl und die Hofräte Dr. Bernegger, Dr. Waldstätten, Dr. Rosenmayr und Dr. Bayjones als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Kühnberg, über die Beschwerde 1. des DI A W und 2. der I W, beide in G und vertreten durch Kaan Cronenberg & Partner, Rechtsanwälte in 8010 Graz, Kalchberggasse 1, gegen den Bescheid der Berufungskommission der Landeshauptstadt Graz vom , Zl. 001388/2007/0004, betreffend einen baupolizeilichen Auftrag, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführer haben der Landeshauptstadt Graz Aufwendungen in der Höhe von insgesamt EUR 381,90 je zur Hälfte binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführer sind Eigentümer eines Grundstückes in Graz.
In einem Amtsbericht vom hielt ein Baukontrollor des Magistrates fest, er habe anlässlich einer an diesem Tag durchgeführten Erhebung festgestellt, dass auf der bestehenden Erdgeschoßterrasse des Gebäudes der Beschwerdeführer an das Wohnzimmer ein Wintergarten konsenslos angebaut worden sei. Die bestehende Wohnzimmer-Fensteröffnung sei zu einer Türöffnung mit ca. 3,30 m x 2,25 m vergrößert worden und es seien zweiflügelige Türelemente eingebaut worden. Der Wintergarten habe eine Grundfläche von ca. 5,50 m x 3,85 m und eine Höhe von ca. 2,50 m bis 4,0 m und sei eingeschossig (es folgt eine nähere Beschreibung). In der verlängerten Sparrendachkonstruktion seien zwei elektrisch betriebene Dachflächenfenster eingebaut worden, die Dachdeckung sei dem Bestand mit grauen Dachsteinen angeglichen worden. Der Abstand zur südwestlichen Grundgrenze betrage nur ca. 2,0 m bis 2,50 m. Dem Amtsbericht sind eine Reihe von Lichtbildern angeschlossen, aus denen ersichtlich ist, dass sich unter diesem Wintergarten der in der Folge im Bauauftrag genannte "Lagerraum im Kellergeschoß" befindet, wobei dieser Teil des Kellergeschoßes ebenerdig in Erscheinung tritt, der Boden des Wintergartens daher in diesem Bereich im ersten Obergeschoß liegt. Gemäß den Lichtbildern ist dieser Wintergarten wohnzimmerartig eingerichtet, mit einem Esstisch mit vier Sesseln, auch sind ein Christbaum zu sehen sowie verschiedene größere Grünpflanzen (Bäumchen) in Töpfen.
Mit dem erstinstanzlichen Bescheid des Stadtsenates der Landeshauptstadt Graz vom wurde den Beschwerdeführern der Auftrag erteilt, die auf ihrem Grundstück errichtete bauliche Anlage, und zwar einen zweigeschossigen Zubau an der Südwestseite des Gebäudes, bestehend aus
a) einem ca. 23 m2 großen massiven Lagerraum im Kellergeschoß, sowie
b) einen ca. 2,5 m bis 4,0 m hohen, ca. 22 m2 hohen Wintergarten im Erdgeschoß, dreiseitig mit Holz-Alu-Tür - und fixen Glaselementen, mit Ziegeldeckung und zwei Dachflächenfenstern, sowie einem Türelement, ca. 3,3 m x 2,25 m groß, als Verbindung zum Wohnhaus, im Abstand von ca. 2,0 m bis 2,5 m zur Grundgrenze zum Nachbargrundstück ausgeführt,
binnen acht Wochen ab Rechtskraft des Bescheides zu beseitigen.
Begründend vertrat die erstinstanzliche Behörde die Auffassung, es handle sich dabei um ein gemäß § 19 Z 1 Stmk. BauG baubewilligungspflichtiges Vorhaben.
Dagegen erhoben die Beschwerdeführer Berufung; soweit für das Beschwerdeverfahren erheblich (in dem es nur mehr um den Wintergarten geht), führten sie darin aus, sie hätten die bestehende Terrasse im Jahr 2005 mittels einer Verglasung an allen drei Seiten nach ihnen bekannten Kriterien eines Glashauses bzw. Loggiaverglasung errichtet, welche nach ihrer Überzeugung nicht bewilligungspflichtig gewesen sei. Die Errichtung des Gewächshauses habe die Lagerung und Überwinterung ihrer mediterranen Hartholzgewächse zum Zweck, welche eine helle, aber kalte Lagerung über die Wintermonate benötigten (wurde näher ausgeführt). Das Glashaus sei auf Niveau des Wohn-Erdgeschoßes errichtet und nur durch Anschraubung an das bestehende Hausdach verbunden worden, jedoch sei es nicht mit der Hausfassade selbst verschraubt. Weiters bestünde eine Abtrennung zum beheizten Wohnhaus durch eine Glastüre, welche auch versperrbar ausgeführt sei bzw. als isolierende Außentüre fungiere, weil der Glashausbereich nicht beheizbar ausgeführt sei und die Temperatur in den Wintermonaten auf nur knapp über null Grad Celsius falle. Durch die gute Isolierung des Fensterglases und des Daches, das zwei Abluftöffnungen enthalte, sei die nötige Luftzirkulation gesichert worden. Die Errichtung des Glashauses sei natürlich nach Absprache mit allen umliegenden Nachbarn erfolgt, die dieses Bauvorhaben alle begrüßt und ihnen (die Beschwerdeführer) ihres Einverständnisses versichert hätten.
Mit dem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde der Berufung keine Folge gegeben. Zusammenfassend führte die belangte Behörde zur Begründung aus, es handle sich im Beschwerdefall um einen bewilligungspflichtigen Zubau. Einem Gewächshaus sei schon rein begrifflich eine bauliche Selbständigkeit immanent. Im Gegensatz zu § 21 Abs. 1 Z 2 lit. b (Schutzdächer) und Z 3 Stmk. BauG sei nach dem Gesetzeswort festzustellen, dass bei Gerätehütten und Gewächshäusern der Fall des Zubaues zu einem Gebäude offensichtlich nicht geregelt sei, sodass hier nicht von einem baubewilligungsfreien Vorhaben auszugehen sei. Es liege auch kein Fall des § 21 Abs. 1 Z 3 leg. cit. vor, weil es hier eindeutig zu einer Vergrößerung der Wohnnutzfläche komme und, wie sich deutlich aus der Zusammenschau der §§ 19, 20 und 21 Stmk. BauG ergebe, § 21 Abs. 1 Z 3 leg. cit. jedenfalls nicht so ausgelegt werden könne, dass danach auch kleine Zubauten an Wohnhäusern (Vergrößerung der Wohnnutzfläche) als baubewilligungsfrei einzustufen wären.
Abgesehen davon seien selbst bewilligungsfreie Vorhaben gemäß § 21 Abs. 3 leg. cit. vor ihrer Ausführung der Gemeinde schriftlich mitzuteilen. Die Mitteilung habe den Ort und eine kurze Beschreibung des Vorhabens zu enthalten.
Gegen diesen Bescheid, aber nur insoweit, als die Beseitigung des Wintergartens aufgetragen wurde, richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Im Beschwerdefall ist das Steiermärkische Baugesetz 1995, LGBl. Nr. 59 (Stmk. BauG), idF LGBl. Nr. 78/2003 anzuwenden.
Gemäß § 4 Z 62 leg. cit. ist der Begriff "Zubau" wie folgt definiert: die Vergrößerung einer bestehenden baulichen Anlage der Höhe, Länge oder Breite nach bis zur Verdoppelung der bisherigen Geschoßflächen.
Gemäß § 19 Z 1 leg. cit. sind, sofern sich aus den §§ 20 und 21 nichts anderes ergibt, bewilligungspflichtig Neu-, Zu- oder Umbauten von baulichen Anlagen (aus § 20 leg. cit., der die anzeigepflichtigen Vorhaben regelt, ergibt sich im Beschwerdefall nichts anderes).
§ 21 Stmk. BauG lautet auszugsweise:
"§ 21
Baubewilligungsfreie Vorhaben
(1) Zu den bewilligungsfreien Vorhaben gehört die Errichtung, Änderung oder Erweiterung von:
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1. | ... | |||||||||
2. | kleineren baulichen Anlagen, wie insbesondere | |||||||||
a) | ... | |||||||||
b) | Abstellflächen für höchstens fünf Kraftfahrräder oder höchstens zwei Kraftfahrzeuge mit einem höchsten zulässigen Gesamtgewicht von je 3500 kg einschließlich der erforderlichen Zu- und Abfahrten, Fahrradabstellanlagen sowie Schutzdächer (Flugdächer) mit einer überdeckten Fläche von insgesamt höchstens 40 m2, auch wenn diese als Zubau zu einem Gebäude ausgeführt werden; | |||||||||
c) | ... | |||||||||
d) | ... | |||||||||
e) | luftgetragenen Überdachungen bis zu insgesamt 100 m2 Grundfläche; | |||||||||
f) Pergolen bis zu einer bebauten Fläche von 40 m2, Klapotetzen, Maibäumen, Fahnen- und Teppichstangen, Jagdsitzen sowie Kinderspielgeräten; | ||||||||||
g) Gerätehütten im Bauland bis zu einer Gesamtfläche von insgesamt 40 m2; | ||||||||||
h) Gewächshäusern bis zu 3,0 m Firsthöhe und bis zu einer Gesamtfläche von insgesamt 40 m2; | ||||||||||
i) | ... | |||||||||
l) | Loggiaverglasungen einschließlich der erforderlichen Rahmenkonstruktion; | |||||||||
3. kleineren baulichen Anlagen und kleineren Zubauten, jeweils im Bauland, soweit sie mit den in Z. 2 angeführten Anlagen und Einrichtungen hinsichtlich Größe und Auswirkungen auf die Nachbarn vergleichbar sind; | ||||||||||
4. ... |
(2) ...
(3) Bewilligungsfreie Vorhaben sind vor ihrer Ausführung der Gemeinde schriftlich mitzuteilen. Die Mitteilung hat den Ort und eine kurze Beschreibung des Vorhabens zu enthalten.
(4) Durch baubewilligungsfreie Vorhaben dürfen Bau- und Raumordnungsvorschriften, wie insbesondere festgelegte Bauflucht-, Baugrenz- und Straßenfluchtlinien, sowie die Vorschriften über Abstände nicht verletzt werden."
Gemäß § 41 Abs. 3 leg. cit. hat die Behörde hinsichtlich vorschriftswidriger baulicher Anlagen einen Beseitigungsauftrag zu erlassen.
Im Beschwerdefall ist darauf zu verweisen, dass auch gemäß § 21 Stmk. BauG bewilligungsfreie bauliche Anlagen vorschriftswidrig im Sinne § 41 Abs. 3 Stmk. BauG sind, wenn sie Bau- und Raumordnungsvorschriften im Sinne des § 21 Abs. 4 leg. cit. verletzen (siehe dazu beispielsweise die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 2003/06/0064 - Abstandsvorschriften, und vom , Zl. 2005/06/0012, mwN). Die Vorschriftswidrigkeit dieses Wintergartens ist schon deshalb zu bejahen, weil er den erforderlichen Mindestabstand zur Grundgrenze nicht einhält. Daher ist die weitere Argumentation der Beschwerdeführer, er sei bewilligungsfrei, nicht zielführend.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am
Fundstelle(n):
GAAAE-90471