VwGH vom 21.08.2014, 2011/17/0019
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Holeschofsky, Hofrat Dr. Köhler und die Hofrätinnen Mag. Dr. Zehetner, Mag. Nussbaumer-Hinterauer und Dr. Leonhartsberger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Schubert-Zsilavecz, über die Beschwerde 1. der AG und 2. des Dr. OG, beide in B, beide vertreten durch Mag. Dr. Josef Brunnmayr, Steuerberater und Wirtschaftsprüfer in 4020 Linz, Museumstraße 31, gegen den Bescheid der Salzburger Landesregierung vom , Zl. 205-07/345/2-2010, betreffend Interessentenbeitrag (mitbeteiligte Partei: Gemeinde Bürmoos in 5111 Bürmoos, Ignaz Glaser Straße 59), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Das Land Salzburg hat den beschwerdeführenden Parteien Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1.1 Die beschwerdeführenden Parteien sind Miteigentümer einer Liegenschaft auf dem Gebiet der mitbeteiligten Gemeinde.
Mit Bescheid vom schrieb der Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde den beschwerdeführenden Parteien, gestützt auf die §§ 1 bis 6 und 11 des Salzburger Interessentenbeiträgegesetzes (in der Folge: Sbg. IBG), LGBl. Nr. 161/192 in der geltenden Fassung in Verbindung mit der Bewertungspunkteverordnung 1978, LGBl. Nr. 2/1978 in der geltenden Fassung, sowie auf Grund des Beschlusses der Gemeindevertretung vom , eine Vorauszahlung auf den Interessentenbeitrag für den "Anschluss an die Abwasseranlage des Reinhalteverbandes P. und für die Ortskanalisation" vor.
Begründend führte der Bürgermeister im Wesentlichen aus, dem Reinhalteverband P. sei mit rechtskräftigem Bescheid der Salzburger Landesregierung vom die wasserrechtliche Bewilligung für die Verbandsabwasseranlagen erteilt worden. Mit rechtskräftigem Bescheid vom habe die Salzburger Landesregierung der mitbeteiligten Gemeinde die wasserrechtliche Bewilligung für die Ortskanalisation erteilt. Die Gemeindevertretung der mitbeteiligten Gemeinde habe diesem Projekt zugestimmt und in ihrer Sitzung vom die Einhebung einer Vorauszahlung auf den Interessentenbeitrag beschlossen. Baubeginn für diese Anlage sei der gewesen.
1.2 Dagegen erhoben die beschwerdeführenden Parteien Berufung und brachten u.a. vor, dass die Vorschreibung einer Vorauszahlung auf den Interessentenbeitrag im gegenständlichen Fall nicht zulässig sei.
1.3 Mit Bescheid vom wies die Gemeindevorstehung der mitbeteiligten Gemeinde die Berufung gegen den Bescheid "zur Entrichtung der Kanalanschlussgebühren für Wohnhauserweiterung" mit Bezug auf die §§ 1 bis 6 und 11 Sbg. IBG ab und bestätigte den erstinstanzlichen Bescheid. In der Begründung führte die Gemeindevorstehung aus, mit der Wohnraumerweiterung ändere sich die Wohnnutzfläche und somit der Anschlusswert, weshalb eine Vorauszahlung vorgeschrieben werden müsse. Zudem ging sie auf die Voraussetzungen des § 11 Sbg. IBG ein.
1.4 Gegen diesen Bescheid erhoben die beschwerdeführenden Parteien Vorstellung. Darin brachten sie vor, die Berufungsbehörde habe ihren Bescheid nicht gesetzmäßig erlassen, da er nicht - wie in § 41 Abs. 1 der Salzburger Gemeindeordnung 1994 (in der Folge: Sbg. GdO) vorgesehen - vom Bürgermeister, sondern vom Vizebürgermeister unterfertigt worden sei. Weiters brachten sie vor, die Erhebung der Vorauszahlung auf den Interessentenbeitrag sei nicht zulässig, da die Herstellung der Abwasseranlage der mitbeteiligten Gemeinde bereits vor vielen Jahren abgeschlossen worden sei und die Gemeindevertretung die Abschlussrechnung über die Herstellungskosten genehmigt habe. Es könne sich gegenständlich nur um die Geltendmachung eines Ergänzungsbeitrages gemäß § 10 Sbg. IBG handeln. Diese sei nicht gerechtfertigt, da die bauliche Änderung nicht zu einer Vergrößerung der vom Grundstück herrührenden Inanspruchnahme der Anlage führe.
1.5 Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Vorstellung als unbegründet ab. Die Gemeindevorstehung habe in ihrem Bescheid vom im Spruch die Gesetzesbestimmung des § 11 Sbg. IBG angeführt, in der Begründung jedoch sowohl die Voraussetzungen für die Einhebung eines Ergänzungsbeitrages als auch jene für die Vorauszahlung dargelegt. Das Sbg. IBG sei mit dahingehend geändert worden, dass die Behörden gemäß dessen § 1 Abs. 7 die Bundesabgabenordnung (in der Folge: BAO) anzuwenden hätten. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes normiere die BAO - im Gegensatz zu § 59 Abs. 1 AVG - keine Pflicht zur Bezeichnung der angewendeten Gesetzesbestimmung im Spruch des Abgabenbescheides. Selbst in der Rechtsprechung zu § 59 Abs. 1 AVG vertrete der Verwaltungsgerichtshof die Auffassung, die Anführung einer unzutreffenden Rechtslage stelle einen Begründungsmangel dar, welcher nur im Falle seiner Wesentlichkeit zur Aufhebung des Bescheides zu führen habe. Darüber hinaus führe auch das Fehlen der angewendeten Rechtsnorm nicht zur Aufhebung des Bescheides, solange diese zumindest vorhanden und erkennbar sei. Der Bescheid der Gemeindevorstehung sei daher nicht aufzuheben gewesen. Vielmehr sei angesichts der Wohnhauserweiterung unter Heranziehung der Begründung von der Einhebung eines Ergänzungsbeitrages gemäß § 10 Sbg. IBG auszugehen.
Zum Vorbringen der beschwerdeführenden Parteien, der Vizebürgermeister habe unzulässigerweise den Bescheid der Gemeindevorstehung unterfertigt, führte die belangte Behörde aus, der Bürgermeister habe sich der Ausübung seines Amtes zu enthalten gehabt, da er den Bescheid in erster Instanz erlassen habe und damit als befangen anzusehen gewesen sei.
1.6 Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in welcher die beschwerdeführenden Parteien inhaltliche Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge von Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machen.
1.7 Die belangte Behörde legte die Akten vor, erstattete eine Gegenschrift und stellte den Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
2. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
2.1 Im Beschwerdefall sind gemäß § 79 Abs. 11 VwGG idF des geltenden Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 122/2013 die bis zum Ablauf des geltenden Bestimmungen des VwGG weiter anzuwenden.
Die Salzburger Gemeindeordnung 1994 (in der Folge: Sbg. GdO), LGBl. Nr. 107/1994 (§ 39 Abs. 1 und § 41 Abs. 1 idF LGBl. 12/2004), lautet (auszugsweise):
"...
§ 34
Gemeindevorstehung
(1) Die Gemeindevorstehung besteht aus dem Bürgermeister und weiteren Mitgliedern der Gemeindevertretung als Gemeinderäten.
...
(3) Der erste Gemeinderat (§ 35 Abs. 6) führt die Bezeichnung 'Vizebürgermeister'. In Gemeinden mit mehr als 5.000 Einwohnern führt auch der zweite Gemeinderat (§ 35 Abs. 6) diese Bezeichnung.
...
§ 35
...
(5) Die Aufteilung der Gemeinderäte auf die Parteien (Wählergruppen) erfolgt nach dem Verhältniswahlrecht auf Grund der Anzahl der in der vorangegangenen Gemeindevertretungswahl den einzelnen Parteien zugefallenen Mandate ...
(6) Die Gemeinderäte werden in der Ordnung gereiht, die sich aus der im Abs. 5 vorgeschriebenen Berechnung ergibt.
...
Der Bürgermeister
§ 39
(1) Der Bürgermeister hat die ihm ausdrücklich durch Gesetz zugewiesenen Angelegenheiten der Gemeinde zu besorgen. Er kann zu seiner Unterstützung und unbeschadet seiner Verantwortung bestimmte Gruppen von Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches einzelnen Mitgliedern der Gemeindevorstehung zur Besorgung in seinem Namen übertragen. ...
(2) Die Gemeinderäte sind in der durch § 35 Abs. 6 bestimmten Reihenfolge berufen, den Bürgermeister bei Verhinderung zu vertreten oder bei vorzeitigem Ausscheiden aus dem Amt bis zur Wahl des neuen Bürgermeisters die Geschäfte des Bürgermeisters weiterzuführen. Hiebei haben sie sich auf die Besorgung der behördlichen Angelegenheiten und bei den anderen Aufgaben auf die Besorgung der unaufschiebbaren, zur laufenden Geschäftsführung erforderlichen Angelegenheiten zu beschränken. Eine Verhinderung liegt jedenfalls dann vor, wenn der Bürgermeister länger als sieben Tage vom Gemeindegebiet abwesend ist.
...
§ 41
(1) Der Bürgermeister hat die gesetzmäßig gefaßten Beschlüsse der Gemeindevertretung, ihrer Ausschüsse oder der Gemeindevorstehung durchzuführen, falls aber die Beschlüsse einer behördlichen Genehmigung bedürfen, vorher diese Genehmigung einzuholen. Die Durchführung ist vom Bürgermeister fortlaufend gesondert zu dokumentieren. In die Dokumentation kann von den Mitgliedern der Gemeindevertretung Einsicht genommen werden.
..."
Die im Beschwerdefall maßgeblichen Bestimmungen des Salzburger Interessentenbeiträgegesetzes - Sbg. IBG, LGBl. Nr. 161/1962 (§ 1 Abs. 1 idF LGBl. Nr. 76/1976, § 1 Abs. 2 bis 4, § 10 und § 11 Abs. 3 idF LGBl. Nr. 55/1988, § 1 Abs. 6 und 7, § 2 Abs. 4 und § 11 Abs. 4 idF LGBl. Nr. 68/1969), lauten:
" Allgemeine Bestimmungen
§ 1
(1) Zu den Herstellungskosten gemeindeeigener Abwasseranlagen - im folgenden kurz Anlagen bezeichnet - haben in Gemeinden des Landes Salzburg mit Ausnahme der Landeshauptstadt Salzburg die Interessenten nach Maßgabe der Bestimmungen dieses Gesetzes Beiträge zu leisten.
(2) Herstellungskosten sind jene Kosten, die der Gemeinde für die Herstellung, Erweiterung oder technische Verbesserung der Anlage sowie für die Wiedererrichtung nicht mehr funktionsfähiger größerer Teile der Anlage erwachsen, einschließlich den Beträgen, die sich aus der Aufwertung der Vorauszahlungen gemäß § 5 Abs. 2 ergeben.
(3) Interessenten sind die Eigentümer von Grundstücken, von denen Abwässer unmittelbar oder mittelbar in die Anlage eingeleitet werden und zwar gleichgültig, ob der Anschluß an die Anlage im Zuge ihrer Herstellung oder zu einem späteren Zeitpunkt erfolgt. Im Falle eines Baurechtes gelten die Berechtigten als Interessenten.
(4) Der durch Beiträge zu deckende Teil der Herstellungskosten darf nicht mehr als die Hälfte dieser Kosten ausmachen. Dies gilt nicht in bezug auf die Ergänzungsbeiträge gemäß § 10 und die gemäß § 10a Abs. 1 letzter Halbsatz zu bestimmenden Mindestbeiträge.
(5) Der Beitrag wird durch das Verhältnis bestimmt, in dem wertmäßig das Ausmaß der vom Grundstück herrührenden Inanspruchnahme der Anlage zur projektierten Gesamtinanspruchnahme der Anlage steht.
(6) Hat eine Gemeinde zu den Herstellungskosten einer Abwasseranlage anteilig beizutragen, so finden auf diesen Kostenanteil die Vorschriften dieses Gesetzes über Herstellungskosten für gemeindeeigene Abwasseranlagen Anwendung. Solche Anlagen sind insoweit gemeindeeigenen Abwasseranlagen gleichzuhalten.
(7) Der Beitrag wird von der Gemeinde im eigenen Wirkungsbereich als Gemeindeabgabe (§ 8 Abs. 5 F-VG 1948) nach den Vorschriften der Verwaltungsverfahrensgesetze (Art. II Abs. 5 EGVG 1950) erhoben.
Bewertung der Inanspruchnahme der Anlage
§ 2
(1) Die Bewertung des Ausmaßes der Inanspruchnahme der Anlage ist in Bewertungspunkten auszudrücken.
(2) Punkteeinheit ist jene Inanspruchnahme der Anlage, die von der Ableitung ausschließlich häuslicher Abwässer einer Person herrührt.
(3) Bei Wohnräumen sind unabhängig von der Anzahl der Bewohner 20 m2 Wohnungs-Nutzfläche im Sinne der abgabenrechtlichen Bewertungsvorschriften einer Punkteeinheit gleichzusetzen.
(4) In welchem Verhältnis zur Punkteeinheit die Inanspruchnahme der Anlage durch die Ableitung von Niederschlagswässern sowie von Abwässern aus gewerblichen oder anderen Betrieben oder sonstigen Einrichtungen und Anstalten mit besonderem Abwasseranfall steht, hat die Landesregierung unter Zugrundelegung der jeweiligen fachlichen Erkenntnisse und Erfahrungen auf dem Gebiete der Abwasserbeseitigung für die einzelnen gebräuchlich in Betracht kommenden Abwasserbeseitigungs- und Entwässerungsarten durch Verordnung festzustellen.
...
Ergänzungsbeitrag
§ 10
Erhöht sich bei einem Interessenten nach der Vorschreibung des Beitrages (§ 4, § 6) die Anzahl der Bewertungspunkte infolge einer durch bauliche oder betriebliche Änderungen bedingten Vergrößerung des Ausmaßes der vom Grundstück herrührenden Inanspruchnahme der Anlage, so hat der Interessent einen Ergänzungsbeitrag zu leisten. Für die Ermittlung des Ausmaßes des Ergänzungsbeitrages sowie für seine Erhebung gelten die §§ 4 bis 9 sinngemäß.
Vorauszahlung
§ 11
(1) Liegt für eine Anlage ein nach den in Betracht kommenden gesetzlichen Vorschriften bewilligtes und mit einem Kostenvoranschlag belegtes Projekt vor und wurde diesem von der Gemeindevertretung zugestimmt, so ist die Gemeinde berechtigt, auf Grund eines Beschlusses der Gemeindevertretung vom Zeitpunkt des Baubeginnes der Anlage an Vorauszahlungen auf den nach § 4 zu leistenden Beitrag zu erheben.
(2) Zur Leistung einer Vorauszahlung sind die Eigentümer
(Berechtigten aus einem Baurecht) von Grundstücken verpflichtet,
von denen nach dem Projekt Abwässer unmittelbar oder mittelbar in
die Anlage eingeleitet werden sollen, soferne
a) das Grundstück bebaut ist oder
b) sich auf dem Grundstück ein Gebäude in Bau befindet.
(3) Die Vorauszahlung ist einheitlich in einem Hundertsatz, jedoch nicht mehr als mit 80 v.H. jenes Betrages zu erheben, der unter Zugrundelegung des Projektes der Anlage sowie des Umfanges und Zweckes des bestehenden oder in Bau befindlichen Gebäudes gemäß § 4 als Beitrag zu entrichten wäre. In diesem Rahmen dürfen Vorauszahlungen nur in dem Ausmaß erhoben werden, als dies zur Deckung der bisherigen sowie der im laufenden und im nächstfolgenden Jahr zu erwartenden Baukosten erforderlich ist.
(4) Ändern sich nach Leistung der Vorauszahlung die Verhältnisse derart, daß voraussichtlich die Beitragspflicht (§ 1) nicht mehr entstehen wird, so ist die Vorauszahlung mit 4 v.H. verzinst auf Antrag innerhalb einer Frist von zwei Wochen zurückzuzahlen.
(5) Für die Erhebung der Vorauszahlung gelten die §§ 5 bis 9 sinngemäß.
..."
Mit Artikel VIII des Gesetzes vom , LGBl. Nr. 118/2009, wurde mit Wirkung vom § 1 Abs. 7 Sbg. IBG dahingehend geändert, dass die Wortfolge "nach den Vorschriften der Verwaltungsverfahrensgesetze (Art II Abs 5 EGVG 1950)" entfällt und "Die Behörden haben die Bundesabgabenordnung (BAO) in der jeweils geltenden Fassung anzuwenden." angefügt wird.
2.2 Die beschwerdeführenden Parteien rügen, wie schon in der Vorstellung, dass der Bescheid der Gemeindevorstehung vom nicht gesetzmäßig unterfertigt worden sei. Entgegen der Ansicht der belangten Behörde könne sich die Befangenheit des Bürgermeisters nur auf die Willensbildung innerhalb der Gemeindevorstehung beziehen und nicht auf die Durchführung der Beschlüsse der Gemeindevorstehung erstrecken. Unabhängig davon habe die belangte Behörde übersehen, dass zum Zeitpunkt der Erlassung des Bescheides der Gemeindevorstehung vom Herr E. Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde gewesen sei. Der erstinstanzliche Bescheid sei jedoch von dem zu diesem Zeitpunkt amtierenden Bürgermeister Herrn S. erlassen worden.
Gemäß § 41 Abs. 1 Sbg. GdO hat der Bürgermeister die gesetzmäßig gefassten Beschlüsse der Gemeindevorstehung durchzuführen. Gemäß § 39 Abs. 2 iVm § 35 Abs. 6 und § 34 Abs. 3 Sbg. GdO ist der Bürgermeister im Falle seiner Verhinderung durch den Vizebürgermeister und bei dessen Verhinderung durch die übrigen Gemeinderäte in der durch § 35 Abs. 6 Sbg. GdO bestimmten Reihenfolge zu vertreten.
In ihrer Gegenschrift bestätigte die belangte Behörde den Wechsel in der Person des Bürgermeisters zwischen der erstinstanzlichen und zweitinstanzlichen Entscheidung und führte aus, dass der tatsächliche Verhinderungsgrund unaufgeklärt geblieben sei.
Dieser Umstand führt jedoch nicht zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides. Aus der Einleitung des Berufungsbescheides und der Fertigungsklausel "Für den Gemeindevorstand" ist nämlich unzweifelhaft erkennbar, dass über die Berufung vom zuständigen Organ, nämlich von der Gemeindevorstehung, entschieden wurde und der Vizebürgermeister, ein grundsätzlich approbationsbefugtes Organ, den Beschluss der Gemeindevorstehung durchgeführt hat. Selbst wenn im Beschwerdefall kein Vertretungsfall im Sinne der Sbg. GdO vorgelegen sein sollte, handelt es sich lediglich um einen Mangel aufgrund innerorganisatorischer Vorschriften (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom , Zl. 97/06/0068), der bei der gegebenen Konstellation nichts daran ändert, dass die Entscheidung der Gemeindevorstehung und damit dem zuständigen Organ zuzurechnen ist.
2.3 Der angefochtene Bescheid erweist sich jedoch aus anderen Gründen als rechtswidrig:
Der Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde schrieb den beschwerdeführenden Parteien mit Bescheid vom unmissverständlich eine Vorauszahlung nach § 11 Sbg. IBG vor (vgl. die Zitierung insbesondere des § 11 Sbg. IBG im Spruch des Bescheides und dessen Begründung). Auch die Gemeindevorstehung, die die Berufung der beschwerdeführenden Parteien mit Bescheid vom abgewiesen hat, nahm die Bestimmung des § 11 Sbg. IBG in den Spruch ihres Bescheides auf, führte in diesem jedoch auch "die Entrichtung von Kanalanschlussgebühren für Wohnhauserweiterung" an. Begründend ging die Berufungsbehörde - wie die belangte Behörde auch aufgezeigt hat - sowohl auf die Voraussetzungen für die Einhebung eines Ergänzungsbeitrages nach § 10 Sbg. IBG als auch auf jene für die Vorauszahlung nach § 11 Sbg. IBG ein. Im Rahmen der Vorstellung hat die belangte Behörde den Spruch des Berufungsbescheides unter Heranziehung seiner Begründung dahingehend ausgelegt, dass mit diesem im Instanzenzug ein Ergänzungsbeitrag gemäß § 10 Sbg. IBG vorgeschrieben worden wäre und die Vorstellung als unbegründet abgewiesen. Damit hat die belangte Behörde aber der Berufungsbehörde einen Eingriff in die funktionelle Zuständigkeit des Bürgermeisters unterstellt.
Gemäß § 289 Abs. 2 BAO in der im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung BGBl. I Nr. 97/2002 ist die Abgabenbehörde zweiter Instanz berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung ihre Anschauung an die Stelle jener der Abgabenbehörde erster Instanz zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern, aufzuheben oder die Berufung als unbegründet abzuweisen. Die Berufungsbehörde kann daher ihre Entscheidung originär neu gestalten, das Ergebnis ihrer Entscheidung kann von dem des erstinstanzlichen Bescheides abweichen. Die Abänderungsbefugnis ist jedoch durch die Sache beschränkt; "Sache" ist die Angelegenheit, die den Inhalt des Spruches erster Instanz gebildet hat (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2012/17/0045, mwN).
Mit Bescheid vom hat die erstinstanzliche Behörde den beschwerdeführenden Parteien unmissverständlich eine Vorauszahlung auf den Interessentenbeitrag gemäß § 11 Sbg. IBG vorgeschrieben. Hätte die Berufungsbehörde tatsächlich - wie die belangte Behörde annimmt - über einen Ergänzungsbeitrag anstatt der von der ersten Instanz vorgeschriebenen Vorauszahlung entschieden, hätte sie ihre Zuständigkeit überschritten, weil es sich hierbei um die erstmalige Vorschreibung einer anders gearteten Abgabe gehandelt hätte (vgl. wieder das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2012/17/0045).
Eine Vorauszahlung auf den Interessentenbeitrag ist nur unter den in § 11 Sbg. IBG genannten Voraussetzungen zulässig. Waren diese Voraussetzungen aber nicht gegeben (wovon die belangte Behörde auszugehen scheint), dann hätte die Gemeindevorstehung den Bescheid des Bürgermeisters vom ersatzlos beheben müssen.
Da die belangte Behörde die auf dem Boden ihrer Auslegung des Berufungsbescheides vorliegende Rechtswidrigkeit nicht wahrgenommen hat, hat sie ihren Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet. Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG aF in Verbindung mit § 3 Z 1 VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014, BGBl. II Nr. 518/2013, in der Fassung BGBl. II Nr. 8/2014.
Wien, am