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VwGH vom 12.09.2012, 2009/08/0289

VwGH vom 12.09.2012, 2009/08/0289

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Müller und die Hofräte Dr. Strohmayer, Dr. Lehofer und MMag. Maislinger als Richter sowie die Hofrätin Dr. Julcher als Richterin, im Beisein der Schriftführerin Mag. Peck, über die Beschwerde des S K als Nachfolger der Pflege- und Betreuungsdienst OEG in L, vertreten durch Mag. Birgit Hermann-Kraft, Dr. Thomas Kraft und Dr. Manfred Dallago, Rechtsanwälte in 6330 Kufstein, Oberer Stadtplatz 5a, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol vom , Zl. Vd-SV-1001- 13-38/5, betreffend Beitragsnachverrechnung (mitbeteiligte Partei:

Tiroler Gebietskrankenkasse in 6020 Innsbruck, Klara-Pölt-Weg 2- 4), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse vom wurde der Beschwerdeführer (als Nachfolger der Pflege- und Betreuungsdienst K OEG (in der Folge K OEG)) als Dienstgeber verpflichtet, den Betrag von EUR 9.078,75 unverzüglich nach Zustellung des Bescheides an die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse zu bezahlen.

Begründend führte die Gebietskrankenkasse im Wesentlichen aus, sie habe am eine Erhebung für den Zeitraum bis des Dienstgebers K OEG durchgeführt. Es seien Sozialversicherungsbeiträge für drei Dienstnehmer nachverrechnet worden; die Versicherungspflicht für diese Dienstnehmer stehe zwischenzeitig rechtskräftig fest (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2006/08/0206). Die an die Dienstnehmer ausbezahlten Nettobeträge seien um die Dienstnehmeranteile zu erhöhen und bildeten somit die monatliche Beitragsgrundlage zur Nachverrechnung. Art und Umfang der aus Meldeverstößen resultierenden Differenzen seien in der dem Bescheid beigehefteten Aufstellung über Entgeltsdifferenzen, in der Beitragsnachrechnung und im Prüfungsprotokoll dargestellt.

Der Beschwerdeführer erhob gegen diesen Bescheid Einspruch und machte geltend, auf den vorliegenden Sachverhalt sei das Pflege-Verfassungsgesetz anzuwenden, sodass das Recht zur Einforderung von Beiträgen jedenfalls verjährt sei. Die Beitragsnachrechnung treffe nun tatsächlich eine natürliche Person (den Beschwerdeführer).

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde dem Einspruch keine Folge. Sie führte begründend im Wesentlichen aus, es sei rechtskräftig festgestellt, dass drei Personen (in näher genannten Zeiträumen im Jahr 2001) aufgrund ihrer Tätigkeit für die Privater Pflege- und Betreuungsdienst I GmbH Co OEG (in der Folge: I GmbH Co OEG) als Dienstgeber der Versicherungspflicht nach § 4 Abs. 1 Z 1 und Abs. 2 ASVG unterlegen seien. Die K OEG sei Rechtsnachfolgerin der I GmbH Co OEG; diese sei am im Firmenbuch gelöscht worden; die Vermögensübernahme sei gemäß § 142 UGB im Wege der Gesamtrechtsnachfolge durch den Beschwerdeführer erfolgt.

Der Beschwerdeführer sei zur Zahlung von nicht abgerechneten Sozialversicherungsbeiträgen in der Höhe von EUR 9.078,75 für die Tätigkeit der drei Dienstnehmer verpflichtet worden, wobei die Beitragsnachrechnung weder der Grundlage noch der Höhe nach bestritten worden sei; geltend gemacht werde lediglich, dass der Tätigkeitsbereich der I GmbH Co OEG unter den Geltungsbereich des Pflege-Verfassungsgesetzes falle.

Durch das Pflege-Verfassungsgesetz seien die zu pflegenden bzw. zu betreuenden Personen und deren Angehörige als Arbeitgeber sowie die selbständigen Betreuungskräfte bis zu diesem Zeitpunkt vor sozialversicherungsrechtlichen Beitragsnachforderungen sowie vor verwaltungsstrafrechtlicher Verfolgung geschützt worden. Intention des Gesetzgebers sei es gewesen, Maßnahmen zu schaffen, die einen Anreiz für die betroffenen Personen böten, die Anmeldung zur Sozialversicherung vorzunehmen und die darüber hinaus für das Betreuungspersonal den Vorteil hätten, dass es nicht nachträglich für Tätigkeiten belangt werden könnte, zu deren Ausübung es im Grunde nicht berechtigt gewesen sei. Dass es dabei die klare Absicht des Gesetzgebers gewesen sei, dass nur jene Personen von dieser Amnestie umfasst seien, die im Rahmen der Pflege und Betreuung in Privathaushalten bisher entweder als Arbeit- bzw. Auftraggeber (wobei dieser eine zu pflegende oder zu betreuende Person oder ein Angehöriger oder eine Angehörige sein müssten) oder als Betreuungspersonen illegal vorgegangen seien, liege nicht zuletzt aufgrund des klaren Gesetzestitels auf der Hand. Eine Intention des Gesetzgebers, wonach auch Unternehmen, die legal oder illegal im Bereich der Pflege und Betreuung tätig seien, von der Entrichtung sozialversicherungsrechtlicher Beiträge befreit sein sollten, könne nicht erkannt werden.

Im vorliegenden Fall sei die Voraussetzung nicht erfüllt, dass Arbeitgeberin oder Auftraggeberin die zu pflegende oder zu betreuende Person oder ein Angehöriger oder eine Angehörige sei; es sei rechtskräftig festgestellt, dass die I GmbH Co OEG Arbeitgeber der drei von der Beitragsnachrechnung betroffenen Dienstnehmerinnen sei.

Dass juristische Personen, die im Rahmen ihres Unternehmens Pflege- und Betreuungsdienste anbieten, nicht von diesem Gesetz umfasst seien, ergebe sich bereits aus dem Wortlaut des § 1 Z 1 Pflege-Verfassungsgesetz, wonach dieses Gesetz für die Pflege und Betreuung von Personen im Rahmen einer selbständigen oder unselbständigen Erwerbstätigkeit gelte. Durch das Abstellen auf die aktive Tätigkeit der Pflege oder Betreuung ergebe sich, dass nur jene Pflege- bzw. Betreuungspersonen begünstigt werden sollten, die durch ein aktives Handeln oder Tun entsprechende Pflege- oder Betreuungsdienste leisteten. Es kämen daher nur natürliche Personen als Normadressaten in Frage, zumal nur diese aktiv Leistungen durch eigenes Tun erbringen könnten. Auch aus den Erläuterungen zum Initiativantrag zum Pflege-Verfassungsgesetz ergebe sich, dass lediglich zu pflegende bzw. zu betreuende Personen und deren Angehörige als Arbeitgeberinnen sowie selbständige Betreuungskräfte vor sozialversicherungsrechtlichen Beitragsnachforderungen sowie vor verwaltungsstrafrechtlicher Verfolgung geschützt werden sollten. Die Verwendung des Wortes "Kräfte" könne sinnwahrend nur dahin verstanden werden, dass nur natürliche Personen als Normadressaten anzusehen seien.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Antrag, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes kostenpflichtig aufzuheben.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und ebenso wie die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Der Beschwerdeführer macht geltend, das Pflege-Verfassungsgesetz sei auf den vorliegenden Sachverhalt anzuwenden. Der Begriff des Auftraggebers seit weit zu fassen, der Auftrag umfasse die Besorgung von Rechtsgeschäften und gerade nicht die Vornahme faktischer Pflegehandlungen. Auf die Frage, ob der (faktische) Pfleger einen Dienstgeber habe oder wer Dienstgeber des Pflegers sei, komme es in diesem Zusammenhang nicht an. Nach dem Willen des Gesetzgebers solle auch die selbständige Beschäftigung mitumfasst sein. Warum in diesem Fall lediglich eine natürliche Person als selbständig Beschäftigter Zielgruppe des Gesetzes sein solle, nicht auch eine juristische Person, sei nicht nachvollziehbar. Möglicherweise habe der Gesetzgeber bei Verfassung des Pflege-Verfassungsgesetzes nicht explizit an juristische Personen gedacht. Trotzdem habe er den Geltungsbereich begrifflich sehr weit gefasst, indem er auch die selbständige Beschäftigung mitaufgenommen habe. Ziel sei gewesen, sowohl gegenüber den Pfleglingen und deren Familien als auch gegenüber den Pflegenden Rechtssicherheit zu schaffen. Das Gesetz habe nur für einen klar begrenzten Zeitraum gegolten, sodass es nahestehe, dass der Gesetzgeber alle die Pflegesituation betreffenden Verhältnisse in diesem Zeitfenster habe abschließend regeln wollen. Die Beitragsrechnung treffe nun auch in der Person des Beschwerdeführers eine natürliche Person, sodass das Pflege-Verfassungsgesetz auch aus diesem Grund auf ihn anzuwenden sei. Da sohin das Pflege-Verfassungsgesetz anzuwenden sei, sei das Recht zur Einforderung der Beiträge verjährt.

2. Das Bundesverfassungsgesetz, mit dem Übergangsbestimmungen zur Förderung der Legalisierung der Pflege und Betreuung in Privathaushalten erlassen werden (Pflege-Verfassungsgesetz), BGBl. I Nr. 43/2008, lautet auszugsweise:

"Geltungsbereich

§ 1. Dieses Bundesverfassungsgesetz gilt für die Pflege und Betreuung von Personen in Privathaushalten im Rahmen einer selbständigen oder unselbständigen Erwerbstätigkeit, wenn

1. die zu pflegende oder zu betreuende Person oder ein Angehöriger oder eine Angehörige ArbeitgeberIn oder AuftraggeberIn ist und

2. die zu pflegende oder zu betreuende Person Anspruch auf Pflegegeld nach dem Bundespflegegeldgesetz, BGBl. Nr. 110/1993, oder nach den Landespflegegeldgesetzen bzw. auf eine gleichartige Leistung hat.

Aussetzung von Verwaltungsstrafbestimmungen

§ 2. (1) Folgende Bestimmungen sind in den in Abs. 3 genannten Zeiträumen nicht anzuwenden:

1. § 23 des Hausgehilfen- und Hausangestelltengesetzes, BGBl. Nr. 235/1962;


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2.
3.
§ 13 des Bundesgesetzes betreffend die Vereinheitlichung des Urlaubsrechtes und die Einführung einer Pflegefreistellung, BGBl. Nr. 390/1976;
4.
5.
§ 22 des Arbeitskräfteüberlassungsgesetzes, BGBl. Nr. 196/1988, sofern die Tat durch die zu pflegende oder zu betreuende Person oder ihre Angehörigen begangen wurde;
6.
7.
die §§ 111 bis 113 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (ASVG), BGBl. Nr. 189/1955;
8.
§ 23 des Gewerblichen Sozialversicherungsgesetzes (GSVG), BGBl. Nr. 560/1978;
9.
die §§ 33, 34 und 49 bis 51 des Finanzstrafgesetzes, BGBl. Nr. 129/1958;
10.
§ 217 der Bundesabgabenordnung (BAO), BGBl. Nr. 194/1961.

(2) Wer im Rahmen des Geltungsbereichs dieses Bundesverfassungsgesetzes in den in Abs. 3 genannten Zeiträumen

1. eine unter die §§ 14 bis 16 und 84 des Gesundheits- und Krankenpflegegesetzes (GuKG), BGBl. I Nr. 108/1997, fallende Tätigkeit ausgeübt hat oder ausübt, ohne hiezu berechtigt (gewesen) zu sein, oder

2. eine Person, die hiezu nicht berechtigt ist, zu einer unter die §§ 14 bis 16 und 84 GuKG fallenden Tätigkeit herangezogen hat oder heranzieht,

ist dafür nicht zu bestrafen.

(3) Die in Abs. 1 genannten Rechtsvorschriften sind nicht anzuwenden

1. auf Verwaltungsübertretungen oder Finanzvergehen, die vor dem begangen wurden, und

2. auf Verwaltungsübertretungen oder Finanzvergehen, die nach dem , jedoch vor dem begangen wurden, wenn bis zum Ablauf des eine Anmeldung zur Sozialversicherung oder eine Anzeige der Umstände, die eine persönliche Abgabenpflicht begründen, an das zuständige Finanzamt (§ 120 BAO) erfolgt sind.

(4) Laufende Verwaltungsstrafverfahren wegen Übertretung der in Abs. 1 genannten Rechtsvorschriften sind


Tabelle in neuem Fenster öffnen
1.
im Falle des Abs. 3 Z 1 einzustellen;
2.
im Falle des Abs. 3 Z 2 mit dem Einlangen des Nachweises über die Anmeldung zur Sozialversicherung bei der Verwaltungsstrafbehörde einzustellen.

(5) Abs. 4 gilt sinngemäß für Verwaltungsstrafverfahren infolge unberechtigter Ausübung von Tätigkeiten im Sinne des Abs. 2 Z 1 oder Heranziehung hiezu im Sinne des Abs. 2 Z 2. Verjährung von Beitrags- und Abgabennachforderungen

§ 3. (1) Abweichend von § 68 Abs. 1 ASVG und § 40 Abs. 1 GSVG verjährt das Recht auf Feststellung der Verpflichtung zur Zahlung von Beiträgen auf Grund einer vor dem ausgeübten Tätigkeit nach § 1 mit Ablauf des , wenn

1. die Anmeldung zur Sozialversicherung bis spätestens erfolgt oder

2. die Tätigkeit vor dem beendet wurde.

(2) Abweichend von § 68 Abs. 2 ASVG und § 40 Abs. 2 GSVG verjährt das Recht zur Einforderung festgestellter Beitragsschulden auf Grund einer vor dem ausgeübten Tätigkeit nach § 1 mit Ablauf des .

(3) Im Fall der Verjährung nach den Abs. 1 und 2 entstehen keine Beitragszeiten nach § 225 Abs. 1 Z 1 lit. a ASVG und keine Versicherungszeiten in der Arbeitslosenversicherung.

(4) Ansprüche auf Geldleistungen aus der Kranken- und Unfallversicherung, die sich aus Versicherungsfällen ableiten, die während einer Tätigkeit nach § 1 eingetreten sind und für die keine Beiträge gezahlt werden, sind ausgeschlossen.

(5) Die Abs. 1 und 2 gelten sinngemäß für Abgabennachforderungen.

Anmeldung zur Sozialversicherung

§ 4. Abweichend von § 33 Abs. 1 und 1a ASVG sowie § 18 Abs. 1 GSVG ist bei Tätigkeiten nach § 1 die Pflicht zur Anmeldung bis zum Ablauf des auch dann erfüllt, wenn die Anmeldung unverzüglich nach einer Betretung oder nach Einleitung des Verfahrens zur Feststellung der Versicherungspflicht erfolgt.

(...)

Außerkrafttreten und Vollziehung

§ 6. (1) Dieses Bundesverfassungsgesetz tritt mit Ablauf des außer Kraft. Es ist jedoch weiterhin auf Sachverhalte anzuwenden, die sich vor diesem Zeitpunkt ereignet haben. (...)"

In den Erläuterungen zum Initiativantrag (547/A BlgNR 23. GP, 3) wurde ausgeführt:

"Im Hinblick auf die ohnehin schwierige Situation von pflege- und betreuungsbedürftigen Personen und ihrer Angehörigen und um für die betroffenen Familien Sicherheit bei der Legalisierung von Betreuungsverhältnissen im Rahmen der Pflege und Betreuung von Personen in Privathaushalten zu schaffen, sieht das Pflege- und Betreuungs-Übergangsverfassungsgesetz vor, dass zu pflegende bzw. zu betreuende Personen und deren Angehörige als Arbeitgeber/innen sowie selbständige Betreuungskräfte vor sozialversicherungsrechtlichen Beitragsnachforderungen sowie vor verwaltungsstrafrechtlicher Verfolgung geschützt werden.

Vor allem um den betroffenen Personen die Angst vor drohenden Nachzahlungen und Strafen zu nehmen und um eine noch tiefer gehende Information und Beratung über die Inanspruchnahme des neu geschaffenen Förderungsregimes (auf Bundesebene: § 21b des Bundespflegegeldgesetzes und die auf seiner Basis erstellten Richtlinien zur Unterstützung der 24-Stunden-Betreuung) sowie eine ausreichende Information über die arbeits- und sozialversicherungsrechtlichen Pflichten bei selbständiger bzw. unselbständiger Betreuungstätigkeit zu ermöglichen, ohne sofort die verwaltungsstrafrechtlichen und beitragsrechtlichen Konsequenzen bei Verabsäumung dieser Pflichten gewärtigen zu müssen, soll eine rechtliche Übergangsphase geschaffen werden, in der die erwähnten Verwaltungsstrafbestimmungen noch nicht zur Anwendung kommen; dies jedoch nur unter der Bedingung, dass die Anmeldung zur Sozialversicherung bis Ende Juni 2008 erfolgt.

Diese Neuregelung bietet somit einen Anreiz für die betroffenen Personen, die Meldung zur Pflichtversicherung in der gesetzlichen Sozialversicherung vorzunehmen.

Zu § 1:

Der Geltungsbereich umfasst die Pflege und Betreuung von Pflegegeldbeziehern/innen in Privathaushalten sowohl im Rahmen einer unselbständigen als auch einer selbständigen Beschäftigung.

Zu § 2:

Abs. 1 listet die Verwaltungsstrafbestimmungen auf, die vorübergehend nicht zur Anwendung kommen.

Finanzstrafbestimmungen sowie die Verhängung eines Säumniszuschlages sollen vorübergehend (analog zu den Bestimmungen der Sozialversicherung) ebenfalls nicht zur Anwendung kommen.

Abs. 2 nimmt darauf Bedacht, dass Tätigkeiten, die von Angehörigen der im GuKG geregelten Berufe ausgeübt werden dürfen, in unterschiedlichem Ausmaß auch von Berufs- und Tätigkeitsbildern anderer gesetzlich geregelter Gesundheitsberufe erfasst sind. Darüber hinaus ist auch die Beitragstäterschaft im GuKG erfasst. Aus diesem Grund wird durch Zitierung der §§ 14 bis 16 und 84 GuKG an die zu erfassenden Tätigkeiten angeknüpft, ohne wie im Abs. 1 einzelne Rechtsvorschriften zu zitieren.

Abs. 3 differenziert hinsichtlich des Anwendungszeitraumes. Für Tatbestände, die vor dem eingetreten sind, erfolgt die Sistierung ohne Einschränkung.

Für Übertretungen im 1. Halbjahr 2008 erfolgt die Sistierung nur dann, wenn bis zum eine Anmeldung zur Sozialversicherung (ASVG oder GSVG) erfolgt ist.

Zu § 3:

Durch § 3 soll eine Klärung bezüglich der vor dem entstandenen und nicht erfüllten Beitragspflichten getroffen werden. Es soll geregelt werden, dass Beiträge, die bereits bis zum Ablauf des Jahres 2007 zu entrichten gewesen wären, als verjährt gelten, wenn die Anmeldung zur Sozialversicherung (bei noch nicht beendeten Pflege- und Betreuungstätigkeiten) bis Ende Juni 2008 erfolgt. Damit ist sichergestellt, dass die Krankenversicherungsträger keine Beitragsnachforderungen geltend machen können, wenn bis Ende Juni 2008 angemeldet wird.

Ebenso sollen bereits festgestellte, jedoch noch nicht eingehobene Beiträge für Zeiträume bis Ende 2007 nicht mehr eingetrieben werden können.

Auch für Abgabennachforderungen soll die Übergangsregelung analog zu den sozialversicherungsrechtlichen Bestimmungen im Falle von Einkünften aus Pflege und Betreuung von Personen in Privathaushalten gelten.

Zu § 4:

In dieser Bestimmung wird normiert, dass die Unterlassung einer Anmeldung zur Sozialversicherung auch dann nicht sanktioniert wird, wenn die Anmeldung unverzüglich nach einer entsprechenden Überprüfung durch die Sozialversicherungsträger oder durch die Finanzverwaltung vorgenommen wird."

3. Im Verfahren ist allein strittig, ob die hier zu beurteilende Beitragsforderung den Bestimmungen des Pflege-Verfassungsgesetzes unterliegt und daher das Recht auf Feststellung der Verpflichtung zur Zahlung von Beiträgen gemäß § 3 Abs. 1 leg.cit. bereits verjährt ist. Unstrittig ist dabei, dass es sich um vor dem ausgeübte und auch vor dem beendete Tätigkeiten handelt (§ 3 Abs. 1 Z 2 Pflege-Verfassungsgesetz).

Voraussetzung für die Anwendung des Pflege-Verfassungsgesetzes ist, dass die Pflege und Betreuung von Personen in Privathaushalten im Rahmen einer selbständigen oder unselbständigen Erwerbstätigkeit erfolgt und die zu pflegende oder zu betreuende Person oder ein Angehöriger oder eine Angehörige ArbeitgeberIn oder AuftraggeberIn ist.

Im hier zu beurteilenden Fall waren die zu pflegenden oder zu betreuenden Personen (oder deren Angehörige) unstrittig nicht Arbeitgeber hinsichtlich der Erbringung der Pflegeleistungen im Rahmen einer unselbständigen Erwerbstätigkeit.

Der Begriff "Auftraggeber" bezieht sich erkennbar auf die Funktion der zu pflegenden oder zu betreuenden Person (oder ihrer Angehörigen) als Vertragspartner einer selbständig tätigen Pflegeperson. Bei Pflege und Betreuung von Personen im Rahmen einer selbständigen Erwerbstätigkeit besteht für die zu pflegende oder zu betreuende Person keine (gesetzliche) Beitragspflicht, vielmehr besteht eine Beitragspflicht einer selbständig tätigen (natürlichen) Person. Entsprechend den Erläuterungen zum Initiativantrag sollten auch diese selbständig tätigen Personen ("Betreuungskräfte") vor Beitragsnachforderungen und verwaltungsstrafrechtlicher Verfolgung geschützt werden. Demnach ist etwa gemäß § 2 Abs. 1 Z 8 Pflege-Verfassungsgesetz § 23 GSVG nicht anzuwenden und regelt § 3 leg.cit. die Verjährung von Beitragsforderungen (auch) abweichend von § 40 GSVG.

Dies bezieht sich aber lediglich auf die Beitragspflicht für die selbständige Tätigkeit. Beschäftigt ein selbständiger Pfleger hingegen seinerseits einen Dienstnehmer, der sodann die Pflege tatsächlich erbringt, so ist insoweit nicht die zu pflegende Person, sondern der selbständige Pfleger Arbeitgeber. Dass auch hinsichtlich dieser Beiträge das Pflege-Verfassungsgesetz anzuwenden sei, weil die zu pflegende Person noch als "Auftraggeber" der Pflegeleistung beurteilt werden könnte, ist nicht anzunehmen:

Dem Pflege-Verfassungsgesetz ging das Pflege-Übergangsgesetz (BGBl. I Nr. 164/2006, Verlängerung der Geltungsdauer mit BGBl. I Nr. 50/2007) voraus. Dieses betraf lediglich Arbeitsverhältnisse zur Pflege und Betreuung von Personen in Privathaushalten, wenn (u.a.) die zu pflegende Person oder ihre Angehörigen Arbeitgeber/in ist (§ 1 Z 1 leg.cit.). In den Erläuterungen zum Initiativantrag (25/A BlgNR 23. GP, 2) wurde u. a. ausgeführt, dass aus verfassungsrechtlichen Überlegungen Beschäftigungsverhältnisse zu Trägerorganisationen nicht aufgenommen worden seien. Die Aufnahme von Trägerorganisationen in die Übergangsregelung würde im Vergleich zu anderen Einrichtungen, die andere soziale Dienste anböten (z.B. Pflegeheime), eine verfassungsrechtlich bedenkliche Ungleichbehandlung darstellen. Damit werde auch vermieden, dass Arbeitnehmer/innen, die bisher unter Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen beschäftigt würden, nunmehr diesen Schutz verlören.

Mit dem Bundesgesetz BGBl. I Nr. 33/2007 wurde sodann einerseits das Hausbetreuungsgesetz erlassen und anderseits die Gewerbeordnung um Bestimmungen zur (selbständigen) Personenbetreuung (§§ 159, 160 GewO 1994) ergänzt. In den Erläuterungen (78 BlgNR 23. GP, 4) wird u.a. ausgeführt, dass die arbeitsrechtlichen Sonderregelungen nach dem Hausbetreuungsgesetz auch für Arbeitsverhältnisse zu sozialen Diensten gelten. Nicht erfasst seien hingegen Arbeitsverhältnisse zu Arbeitgeber/innen, die Betreuungsleistungen im Rahmen eines freien Gewerbes nach § 159 GewO 1994 anböten; würden solche Gewerbetreibenden Arbeitnehmer/innen beschäftigten, sei das allgemeine Arbeitsrecht, insbesondere das Arbeitszeitgesetz anzuwenden.

Nach den Erläuterungen dient das Pflege-Verfassungsgesetz (nur) dem Schutz der zu pflegenden oder zu betreuenden Personen und deren Angehörigen einerseits sowie der selbständigen Betreuungskräfte anderseits. Dieser Schutz führt zu leistungsrechtlichen Nachteilen (§ 3 Abs. 3 Pflege-Verfassungsgesetz: keine Beitragszeiten nach § 225 Abs. 1 Z 1 lit. a ASVG, allfällige Nachentrichtung verjährter Beiträge durch die versicherte Person selbst gemäß § 68a ASVG; hinsichtlich selbständiger Erwerbstätigkeiten sind nach § 115 Abs. 1 GSVG Zeiten der Beitragspflicht nur dann als Beitragszeiten anzusehen, wenn die Beiträge wirksam entrichtet worden sind).

Um den Schutz der zu pflegenden Personen (und deren Angehörigen) zu erreichen, nimmt der Gesetzgeber sohin einen Nachteil für die unselbständigen Pfleger in Kauf; der Schutz der selbständigen Pfleger vor Beitragsnachforderungen bewirkt einen leistungsrechtlichen Nachteil für den selbständigen Pfleger.

Dass darüber hinaus auch für den Fall, dass nicht die zu pflegenden oder zu betreuenden Personen (bzw. deren Angehörige) Arbeitgeber der Pfleger sind, unselbständige Pfleger (als Dienstnehmer einer dritten Person wie im hier zu beurteilenden Fall) einen leistungsrechtlichen Nachteil hinnehmen sollten, kann dem Pflege-Verfassungsgesetz nicht entnommen werden.

Die Verjährung von Beitragsforderungen nach dem Pflege-Verfassungsgesetz betrifft sohin zum einen Beitragsforderungen gegenüber den zu pflegenden oder zu betreuenden Personen als Arbeitgeber (in Abweichung von § 68 ASVG) und zum anderen Beitragsforderungen gegenüber den selbständig tätigen Pflegern (in Abweichung von § 40 GSVG), nicht aber Beitragsforderungen betreffend jene Dienstnehmer, die bei Dritten (natürlichen oder juristischen Personen) beschäftigt sind, die sich zur Pflege gegenüber den zu pflegenden Personen verpflichtet haben.

Damit erweist sich die Beschwerde als unbegründet und war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am