VwGH 11.02.2014, Ro 2014/07/0027
Entscheidungsart: Beschluss
Rechtssatz
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Normen | ALSAG 1989 §10 Abs1 Z1; ALSAG 1989 §10 Abs1 Z2; ALSAG 1989 §10 Abs1 Z3; ALSAG 1989 §10 Abs1 Z4; ALSAG 1989 §10 Abs1 Z5; ALSAG 1989 §10 Abs1 Z6; ALSAG 1989 §10 Abs1; ALSAG 1989 §10; AVG §56; VwGG §42 Abs2 Z1; VwRallg; |
RS 1 | Voraussetzung für die Zulässigkeit eines Antrages gemäß § 10 Abs 1 ALSAG 1989 ist das Vorliegen eines "begründeten Zweifels" in Bezug auf die Tatbestände des § 10 Abs. 1 Z 1 bis 6 AlSAG 1989, dh also, eines Zweifel darüber, ob eine Sache Abfall ist, ob ein Abfall dem Altlastenbeitrag unterliegt, etc. Ob ein solcher Zweifel vorliegt, ist nach den Vorstellungen des Gesetzgebers (RV 898 BlgNR 17. GP) nach objektiven Kriterien zu beurteilen. Dies wird so zu verstehen sein, dass dann kein begründeter Zweifel besteht, wenn bei objektiver Betrachtung kein vernünftiger Anhaltspunkt für eine Unklarheit in Bezug auf die in § 10 Abs. 1 AlSAG 1989 aufgelisteten Fragen ersichtlich ist. Diese Voraussetzung ist aber vor dem Zweck des Feststellungsverfahrens nach § 10 Abs. 1 AlSAG 1989 zu sehen. Das Feststellungsverfahren nach § 10 Abs. 1 AlSAG 1989 hat nämlich vor allem den Zweck, über strittige (Vor-)Fragen bescheidmäßig abzusprechen und sie damit in verbindlicher Weise für die jeweiligen Beitragsfestsetzungen zu klären. Es soll damit zur Rechtssicherheit und Verfahrensbeschleunigung beitragen. Ein Verfahren nach § 10 AlSAG 1989 dient der bescheidmäßigen Klärung und damit der rechtswirksamen Feststellung der Tatbestandsvoraussetzungen der Altlastenbeitragspflicht (vgl. E , 2011/07/0089; E , 2006/07/0150). In diesem Feststellungsverfahren soll dem Beitragspflichtigen die Möglichkeit offen stehen, in einem durch die für die Hauptfrage (wie zB die Abfalleigenschaft) zuständige Behörde geführten Verfahren seine Rechte zu wahren und gegebenenfalls durchzusetzen. An eine solche Feststellung nach § 10 AlSAG 1989 sind schließlich die Abgabenbehörden gebunden. Eine begehrte Feststellung ist daher nur dann mangels Vorliegens eines begründeten Zweifelsfalls unzulässig, wenn die strittigen Fragen bereits durch rechtlich relevante und dem Abgabenpflichtigen gegenüber rechtsverbindliche Vorgänge in der Vergangenheit ausreichend geklärt worden ist und es dem Abgabenpflichtigen dabei auch möglich gewesen ist, seine Rechte ausreichend zu wahren. |
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat über den Antrag des E, vertreten durch Dr. Ute Toifl, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Gluckgasse 1, der gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom , Zl. RU4-B-265/001-2013, betreffend Zurückweisung eines Feststellungsantrages nach § 10 AlSAG, erhobenen und zur hg. Zl. Ro 2014/07/0027 protokollierten Revision (gemäß § 4 Abs. 1 erster Satz VwGbk-ÜG) die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen (mitbeteiligte Partei: Bund, vertreten durch das Zollamt St. Pölten Krems Wr. Neustadt, Rechte Kremszeile 58, 3500 Krems an der Donau), den Beschluss gefasst:
Spruch
Gemäß § 30 Abs. 2 VwGG wird dem Antrag nicht stattgegeben.
Begründung
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde ein Antrag des Beschwerdeführers auf Erlassung eines Feststellungsbescheides nach § 10 AlSAG als unzulässig zurückgewiesen, weil nach Ansicht der belangten Behörde kein begründeter Zweifelsfall vorliege, der Voraussetzung für die Zulässigkeit des begehrten Feststellungsbescheides sei.
Seinen Antrag, der dagegen erhobenen Revision die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, begründet der Antragsteller im Wesentlichen damit, dass mit der Zurückweisung des Antrages der Bescheid des Zollamtes St. Pölten Krems Wr. Neustadt, mit dem ein Altlastenbeitrag vorgeschrieben worden sei, in die Wirklichkeit umsetzbar wäre. Der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung stünden auch keine zwingenden öffentlichen Interessen entgegen, zumal das sofortige Entfernen des Materials nicht unmittelbar geboten sei; darüber hinaus sei der Antragsteller für die Ablagerung des Materials nicht verantwortlich. Hingegen wäre mit dem sofortigen Vollzug des Bescheides des Zollamtes St. Pölten Krems Wr. Neustadt für den Antragsteller ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden. So hätte dies für seine Familie gravierende Auswirkungen, angesichts der Höhe der vorgeschriebenen Summe sei dies für ihn "vermögenstechnisch nicht machbar" und würde seine wirtschaftliche Existenz ruinieren.
Gemäß § 30 Abs. 2 VwGG hat der Verwaltungsgerichtshof auf Antrag des Beschwerdeführers die aufschiebende Wirkung mit Beschluss zuzuerkennen, insoweit dem nicht zwingende öffentliche Interessen entgegenstehen und nach Abwägung aller berührten Interessen mit dem Vollzug oder mit der Ausübung der mit Bescheid eingeräumten Berechtigung durch einen Dritten für den Beschwerdeführer ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden wäre.
Der Antragsteller nennt als unverhältnismäßige Nachteile, die mit dem sofortigen Vollzug des Bescheides verbunden wären, zum einen Nachteile, die bei der Umsetzung eines Bescheides des Zollamtes St. Pölten Krems Wr. Neustadt, mit dem ein Altlastenbeitrag vorgeschrieben wurde, entstünden. Damit verkennt er aber, dass es im hier vorliegenden Revisionsfall allein um den seinen Feststellungantrag (im Instanzenzug) als unzulässig zurückweisenden angefochtenen Bescheid geht. Die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung der Revision gegen diesen Bescheid hätte aber weder die Wirkung, dass von einer anderslautenden Feststellung auszugehen wäre, noch hätte sie Auswirkungen auf das Beitragsverfahren.
Zum anderen bezieht sich der Beschwerdeführer offenbar auch auf den Entfernungsauftrag in Bezug auf die betroffenen Materialien. Auch hier gilt, dass die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung in Bezug auf den hier angefochtenen Bescheid keine Auswirkungen auf die Vollstreckbarkeit des Entfernungsauftrages hätte.
Mangels Geltendmachung eines mit dem Vollzug des hier angefochtenen Bescheides verbundenen unverhältnismäßigen Nachteils war dem Antrag daher nicht stattzugeben.
Wien, am
Entscheidungstext
Entscheidungsart: Erkenntnis
Entscheidungsdatum:
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bumberger, die Hofrätin Dr. Hinterwirth und die Hofräte Dr. N. Bachler, Dr. Lukasser und Mag. Haunold als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Pitsch, über die Revision des EW in U, vertreten durch Dr. Ute Toifl, Rechtsanwältin in 1010 Wien, Gluckgasse 1, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom , Zl. RU4-B-265/001-2013, betreffend Zurückweisung eines Feststellungsantrages nach § 10 AlSAG (mitbeteiligte Partei: Bund, vertreten durch das Zollamt St. Pölten Krems Wiener Neustadt, Rechte Kremszeile 58, 3500 Krems an der Donau), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Revisionswerber Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid des Landeshauptmanns von Niederösterreich (LH) vom war dem Revisionswerber die wasserrechtliche Bewilligung für den Abbau von Sand und Kies auf dem Grundstück Nr. 397/1 KG U bis 1 m über HGW (Kote 148 m ü.A.) für die anschließende Wiederauffüllung des abgebauten Areals mit grubeneigenem einwandfreien Material bis 2 m über HGW (Kote 149 m ü.A.) und für die anschließende Ödlandnutzung der abgebauten Flächen erteilt worden.
Im Jahr 2005 schloss der Revisionswerber mit der V KEG (in weiterer Folge: KEG) eine vertragliche Vereinbarung, wonach der KEG gestattet wurde, auf dem Grundstück Nr. 397/1 Abfälle abzulagern; dem Revisionswerber dürften daraus keine Kosten erwachsen und er sei auch nicht verantwortlicher Ansprechpartner der Behörde.
In weiterer Folge kam es zu konsenslosen Ablagerungen auf den Grundstücken Nr. 397/1 und 397/2.
Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Gänserndorf (BH) vom wurde der KEG hinsichtlich der auf Teilbereichen der Grundstücke Nr. 397/1 und 397/2 über der Kote 149,0 m ü.A. abgelagerten Abfälle (Aushubmaterialien und Baurestmassen in Form von Ziegel und Betonbruch) näher bestimmte Maßnahmen aufgetragen. So wurde - gegliedert in die einzelnen Bereiche der genannten Grundstücke und m3-mäßig genau bezeichnet - die nachweisliche und ordnungsgemäße Entfernung der abgelagerten Baurestmassen bzw. des abgelagerten Aushubmaterials aufgetragen. Unter einem wurde verfügt, dass jegliche weitere Ablagerung von Fremdmaterial auf den genannten Grundstücken untersagt werde. Die einzelnen Bereiche, die von den abgelagerten Abfällen betroffen waren, wurden in Vermessungsplänen vom 12. bzw. , die einen wesentlichen Bestandteil des Bescheides bildeten, näher dargestellt.
Eine gegen diesen Bescheid erhobene Berufung der KEG wurde mit Bescheid des LH vom als unbegründet abgewiesen.
Dieser Bescheid wurde ua auch dem Revisionswerber als Grundeigentümer zugestellt.
Die KEG stellte am beim LH einen Antrag auf abfallrechtliche Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb einer Baurestmassendeponie, einer Bodenaushubdeponie und eines Zwischenlagers für mineralische Baurestmassen ua auf dem Grundstück Nr. 397/1.
Bereits im Oktober 2005 war ein Erhebungsbericht der Gewässeraufsicht erstattet worden, dem zufolge weiterhin Baurestmassen konsenslos auf dem Grundstück Nr. 397/1 deponiert worden seien und würden. Im Zusammenhang damit führte die BH am eine Überprüfungsverhandlung durch, in deren Rahmen der Sachverhalt vor Ort festgestellt und diverse Gutachten erstattet wurden.
Mit Bescheid der BH vom wurde der W GmbH (W GmbH) aufgetragen, näher bezeichnete, im südlichen Bereich des Grundstückes Nr. 397/1 abgelagerte Baurestmassen, Abbruch- und Abraummaterialien zu entfernen und es wurde ihr die weitere Ablagerung untersagt.
Mit Bescheid vom verfügte der LH Maßnahmen gemäß § 62 Abs. 2a AWG 2002, und zwar durch Schließung der seitens der KEG beantragten, aber ohne Genehmigung errichteten und betriebenen Behandlungsanlage von Abfällen auf den Grundstücken Nr. 396/1 und 396/2 sowie auf Teilflächen der Grundstücke Nr. 397/1 und 397/2 bis zur Erteilung einer allfälligen Genehmigung gemäß § 37 Abs. 1 AWG 2002. Es seien unverzüglich sämtliche Ablagerungstätigkeiten, insbesondere auf den Grundstücken Nr. 397/1 und 397/2, einzustellen. Auch dieser Bescheid wurde dem Revisionswerber als Grundeigentümer zugestellt.
Mit Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates für Niederösterreich (UVS) vom wurde eine gegen diesen Bescheid erhobene Berufung der KEG als unbegründet abgewiesen.
Der LH untersagte der KEG mit Bescheid vom die weitere Durchführung der Sammlung und Behandlung nicht gefährlicher Abfälle.
Im Juli 2006 wurde über das Vermögen der KEG der Konkurs eröffnet.
Im August 2007 wurden ua auf dem Grundstück Nr. 397/1 neuerlich widerrechtliche Ablagerungen festgestellt.
Nachdem der Masseverwalter mitgeteilt hatte, das anhängige Antragsverfahren weiterführen zu wollen, wurde der Antrag der KEG vom mit Bescheid des LH vom gemäß § 13 Abs. 3 AVG zurückgewiesen.
Parallel dazu führte das Zollamt St. Pölten Krems Wr. Neustadt (Zollamt) mit dem Revisionswerber ein Verfahren nach dem AlSAG durch.
Mit Bescheid des Zollamtes vom (Zl. 230000/31489/2012) wurde der Altlastenbeitrag wegen des langfristigen Ablagerns von Abfällen auf dem Grundstück Nr. 397/1 im Jahr 2005 (mit einer näher bestimmten Summe) festgesetzt. Die Kubaturen wurden den Räumungsbescheiden der BH vom und und den Vermessungsplänen entnommen.
Der Revisionswerber erhob Berufung. In einem weiteren Schriftsatz beantragte er ua die Aussetzung der Berufungsentscheidung mit der Begründung, er habe bei der BH einen Antrag nach § 10 AlSAG eingebracht.
Dabei nahm der Revisionswerber Bezug auf einen Antrag vom
, mit dem er sich an die BH gewandt und die
Erlassung eines Feststellungsbescheides gemäß § 10 AlSAG beantragt
hatte. Wörtlich hieß es, der "in Betracht kommende
Beitragsschuldner stellt den Antrag, durch Bescheid hinsichtlich
des Verfahrens zu Zl. 230000/31763/02/2012 festzustellen,
1. ob eine Sache Abfall ist,
2. ob ein Abfall dem Altlastenbeitrag unterliegt,
3. ob eine beitragspflichtige Tätigkeit vorliegt,
4. welche Abfallkategorie gemäß § 6 Abs. 1 vorliegt,
5. ob die Voraussetzungen vorliegen, die Zuschläge
gemäß § 6 Abs. 2 oder 3 nicht anzuwenden,
6. welche Deponie(unter)klasse gemäß § 6 Abs. 4 vorliegt."
In der Begründung des Antrags meint der Revisionswerber, er habe zum genannten Verfahren begründete Zweifel, dass die in den Jahren 2005 bis 2007 abgelagerten Abfälle einem Altlastenbeitrag gemäß § 3 Abs. 1 in Verbindung mit § 6 wegen des langfristigen Ablagerns von Abfällen auf dem Grundstück Nr. 397/1 im Jahr 2005 unterlägen. Dies möge durch die Behörde nach objektiven Kriterien beurteilt werden. Die begründeten Zweifel ergäben sich sowohl aus dem Gesamtakt als auch aus dem hiezu eingebrachten Rechtsmittel. Der Antragsteller bezweifle (mit näherer Begründung), dass die Ablagerungen Abfall seien und dem Altlastenbeitrag unterlägen.
Mit Bescheid der BH vom wurde dieser Antrag gemäß § 10 Abs. 1 AlSAG als unzulässig zurückgewiesen.
Die BH ging davon aus, dass keine begründeten Zweifel bestünden, dass die in den Jahren 2005 bis 2007 auf dem Grundstück Nr. 397/1 konsenslos abgelagerten Beton- und Ziegelabbruchmaterialien sowie Bodenaushub Abfälle seien und deren Ablagerung eine beitragspflichtige Tätigkeit darstelle. Aus einem schlüssigen Gutachten des Amtssachverständigen für Deponietechnik vom gehe unmissverständlich hervor, dass eine ungeschützte Lagerung von Baurestmassenmaterialien mittel- bis langfristig zu einer Boden- und Gewässerbeeinträchtigung führen könne. Auch werde im Gutachten nachvollziehbar dargelegt, dass die vom Antrag umfassten Ablagerungen von Abfällen dem Regime des AWG 2002 unterlägen. Desgleichen habe der UVS mit Bescheid vom die Rechtsauffassung der BH bzw. des LH als Abfallrechtsbehörde bestätigt, wonach die Ablagerungen auf dem Grundstück Nr. 397/1 im Rahmen eines nicht genehmigten Deponiebetriebes erfolgt seien.
Gegen diesen Bescheid erhob der Revisionswerber Berufung.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom wies die belangte Behörde die Berufung des Revisionswerbers als unbegründet ab.
Nach Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens und der bezughabenden Normen begründete die belangte Behörde die Zurückweisung des Feststellungsantrages damit, dass wiederholt von verschiedenen Behörden rechtskräftige Aufträge zur Entfernung bzw. zur Betriebseinstellung erlassen worden seien, die sich auf abgelagerte Abfälle bzw. Tätigkeiten im Zusammenhang mit Abfällen auf dem verfahrensgegenständlichen Grundstück bezögen. Weiters sei ein Antrag vom auf nachträgliche Genehmigung einer Baurestmassen- bzw. einer Bodenaushubdeponie zurückgewiesen worden. Diese Bescheide seien allesamt in Rechtskraft erwachsen und entfalteten somit Bindungswirkung, insbesondere, was die Abfalleigenschaft der abgelagerten Materialien sowie die Frage des Betriebes einer Abfallbehandlungsanlage betreffe.
Die Behörde habe lediglich in begründeten Zweifelsfällen
entsprechende Feststellungen mit Bescheid zu tätigen. Ob
begründete Zweifelsfälle darüber, wie eine Sache, Tätigkeit und
Deponie im AlSAG-Regime einzuordnen sei, bestünden, sei nach den
Vorstellungen des Gesetzgebers nach objektiven Kriterien zu
beurteilen. Dies werde wohl so zu verstehen sein, dass dann kein
begründeter Zweifel bestehe, wenn bei objektiver Betrachtung kein
vernünftiger Anhaltspunkt für eine Unklarheit über das Vorliegen
oder Nichtvorliegen einer der Kautelen des § 10 Abs. 1 Z. 1
bis 6 AlSAG ersichtlich sei. Gerade aber im Hinblick auf die
rechtskräftigen behördlichen Beurteilungen und die sich daraus
ergebenden Rechtsfolgen könne bei objektiver Betrachtung kein
begründeter Zweifel im Sinne der angeführten Rechtslagen vorliegen,
1. dass die abgelagerten Sachen Abfälle seien (siehe
insbesondere Bescheid der BH vom in Verbindung
mit Bescheid des LH vom , Bescheid der BH vom
),
2. die Abfälle auf Grund der Lagerdauer (laut
Sanierungskonzept jedenfalls länger als drei Jahre) sowie der
konsenswidrigen bzw. konsenslosen Lagerung demnach dem
Altlastenbeitrag unterlägen,
3. eine beitragspflichtige Tätigkeit vorliege
(insbesondere Bescheid des LH vom in Verbindung mit Bescheid des UVS vom ),
4. welche Abfallkategorie gemäß § 6 Abs. 1 AlSAG vorliege (Lagerung auf einer Deponie für Baurestmassen - insbesondere Bescheid des LH vom in Verbindung mit dem Antrag der KEG vom ),
5. ob die Voraussetzungen für die Zuschläge gemäß § 6 Abs. 2 oder 3 vorlägen (Bescheid des LH vom in Verbindung mit dem Antrag der KEG vom ) und
6. welcher Deponietyp gemäß § 6 Abs. 4 AlSAG vorliege (Bescheid des LH vom in Verbindung mit dem Antrag der KEG vom ).
Auch die Ausführungen des Revisionswerbers, die sich zum Teil offensichtlich auf das Abgabeverfahren vor dem zuständigen Zollamt bezögen, seien nicht geeignet, begründete Zweifel bei der Behörde zu wecken, zumal der der Entscheidung zugrunde gelegte Sachverhalt auch nicht bestritten worden sei. Nun sei weder dem Akteninhalt zu entnehmen, noch sei vom Revisionswerber behauptet worden, dass die Entfernungsaufträge erfüllt worden seien. Insbesondere habe auch den Ausführungen, dass der entscheidungsrelevante Sachverhalt nicht ordnungsgemäß erhoben worden sei, nicht gefolgt werden können.
Gegen diesen Bescheid erhob der Revisionswerber gemäß § 4 Abs. 1 des Verwaltungsgerichtsbarkeits-Übergangsgesetzes Revision an den Verwaltungsgerichtshof und machte Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend. Er beantragte die Durchführung einer mündlichen Verhandlung gemäß § 39 Abs. 1 VwGG.
Das gemäß Art. 151 Abs. 51 Z 9 B-VG an die Stelle der belangten Behörde getretene Landesverwaltungsgericht Niederösterreich legte die Verwaltungsakten vor.
Die mitbeteiligte Partei erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig als unbegründet abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
§ 10 Abs. 1 AlSAG hat folgenden Wortlaut:
"§ 10. (1) Die Behörde (§ 21) hat in begründeten
Zweifelsfällen auf Antrag des in Betracht kommenden
Beitragsschuldners oder des Bundes, vertreten durch das Zollamt,
durch Bescheid festzustellen,
1. ob eine Sache Abfall ist,
2. ob ein Abfall dem Altlastenbeitrag unterliegt,
3. ob eine beitragspflichtige Tätigkeit vorliegt,
4. welche Abfallkategorie gemäß § 6 Abs. 1 vorliegt,
5. ob die Voraussetzungen vorliegen, die Zuschläge
gemäß § 6 Abs. 2 oder 3 nicht anzuwenden,
6. welche Deponie(unter)klasse gemäß § 6 Abs. 4 vorliegt."
Voraussetzung für die Zulässigkeit eines Antrages ist das Vorliegen eines "begründeten Zweifels" in Bezug auf die Tatbestände des § 10 Abs. 1 Z 1 bis 6 AlSAG, dh also, eines Zweifel darüber, ob eine Sache Abfall ist, ob ein Abfall dem Altlastenbeitrag unterliegt, etc. Ob ein solcher Zweifel vorliegt, ist nach den Vorstellungen des Gesetzgebers (RV 898 BlgNR 17. GP) nach objektiven Kriterien zu beurteilen. Dies wird so zu verstehen sein, dass dann kein begründeter Zweifel besteht, wenn bei objektiver Betrachtung kein vernünftiger Anhaltspunkt für eine Unklarheit in Bezug auf die in § 10 Abs. 1 AlSAG aufgelisteten Fragen ersichtlich ist (vgl. dazu Bumberger, Das Feststellungsverfahren nach § 10 des Altlastensanierungsgesetzes, Jahrbuch Abfallwirtschaftsrecht 11, S. 113, mwN).
Diese Voraussetzung ist aber vor dem Zweck des Feststellungsverfahrens nach § 10 Abs. 1 AlSAG zu sehen. Das Feststellungsverfahren nach § 10 Abs. 1 AlSAG hat nämlich vor allem den Zweck, über strittige (Vor-)Fragen bescheidmäßig abzusprechen und sie damit in verbindlicher Weise für die jeweiligen Beitragsfestsetzungen zu klären. Es soll damit zur Rechtssicherheit und Verfahrensbeschleunigung beitragen. Ein Verfahren nach § 10 AlSAG dient der bescheidmäßigen Klärung und damit der rechtswirksamen Feststellung der Tatbestandsvoraussetzungen der Altlastenbeitragspflicht (vgl. ua die hg. Erkenntnisse vom , 2011/07/0089, vom , 2006/07/0150, uvm).
In diesem Feststellungsverfahren soll dem Beitragspflichtigen die Möglichkeit offen stehen, in einem durch die für die Hauptfrage (wie zB die Abfalleigenschaft) zuständige Behörde geführten Verfahren seine Rechte zu wahren und gegebenenfalls durchzusetzen. An eine solche Feststellung nach § 10 AlSAG sind schließlich die Abgabenbehörden gebunden.
Ausgehend von dieser Überlegung wäre eine begehrte Feststellung nur dann mangels Vorliegens eines begründeten Zweifelsfalls unzulässig, wenn die strittigen Fragen bereits durch rechtlich relevante und dem Abgabenpflichtigen gegenüber rechtsverbindliche Vorgänge in der Vergangenheit ausreichend geklärt worden wären und es dem Abgabenpflichtigen dabei auch möglich gewesen wäre, seine Rechte ausreichend zu wahren.
Davon kann im gegenständlichen Fall aber nicht ausgegangen werden.
So verwies die belangte Behörde im Zusammenhang mit der begehrten Feststellung nach § 10 Abs. 1 Z 1 AlSAG auf die Bescheide der BH vom (betreffend einen der KEG gegenüber erteilten abfallwirtschaftsrechtlichen Auftrag nach § 73 AWG 2002), des LH vom (den diesbezüglichen Berufungsbescheid) und der BH vom (betreffend einen gegenüber der W GmbH ergangenen abfallwirtschaftsrechtlichen Auftrag nach § 73 AWG 2002). Der Revisionswerber war in keinem der genannten Fälle der Verpflichtete; ihm wurden zwar die genannten Bescheide als Grundeigentümer zugestellt, er nahm aber nicht als Partei am Verfahren teil. Er hatte insbesondere auch keine Möglichkeit, zu den von der belangten Behörde zitierten eingeholten Gutachten als Verfahrenspartei Stellung zu nehmen.
Diese Überlegungen gelten auch für die weiteren begehrten Feststellungen. Auch die Bescheide des LH vom in Verbindung mit dem Bescheid des UVS vom (betreffend die der KEG aufgetragene Schließung der konsenslosen Behandlungsanlage) oder der Bescheid des LH vom (betreffend die Zurückweisung des Bewilligungsantrages der KEG in Bezug auf die Behandlungsanlage vom ) verpflichteten andere, vom Revisionswerber verschiedene Bescheidadressaten. Der Revisionswerber nahm auch an diesen Verfahren nicht als Verfahrenspartei teil; in diesen Verfahren konnte er seine Rechte daher ebenfalls nicht wahren.
Es ist nach dem Vorgesagten daher nicht davon auszugehen, dass kein begründeter Zweifelsfall nach § 10 AlSAG vorläge.
Der angefochtene Bescheid erweist sich somit als inhaltlich rechtswidrig, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben war.
Von der beantragten Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 4 und 6 VwGG abgesehen werden.
Die Zuerkennung des Aufwandersatzes stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung BGBl. Nr. 518/2013 in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 8/2014.
Wien, am
Zusatzinformationen
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Normen | ALSAG 1989 §10; VwGG §30 Abs2; |
Schlagworte | Entscheidung über den Anspruch Unverhältnismäßiger Nachteil |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:2014:RO2014070027.J00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
FAAAE-90441