VwGH vom 16.05.2011, 2011/17/0007

VwGH vom 16.05.2011, 2011/17/0007

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung

verbunden):

2011/17/0008

2011/17/0012

2011/17/0011

2011/17/0010

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pallitsch, die Hofräte Dr. Holeschofsky und Dr. Köhler sowie die Hofrätinnen Dr. Zehetner und Mag. Nussbaumer-Hinterauer als Richter, im Beisein der Schriftführerin MMag. Gold, über die Beschwerden 1. der H R-M in G (hg. Verfahren Zl. 2011/17/0007), 2. des G K in L (hg. Verfahren Zl. 2011/17/0008), 3. des Ing. A R-M in G (hg. Verfahren Zl. 2011/17/0010), 4. der N R in M (hg. Verfahren Zl 2011/17/0011), und 5. der G-R L in G (hg. Verfahren Zl. 2011/17/0012), alle vertreten durch Dr. Wilhelm Dieter Eckhart, Rechtsanwalt in 9020 Klagenfurt, Alter Platz 19, gegen die Bescheide des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft je vom , jeweils Zl. BMLFUW-LE./0968-I/7/2010 und betreffend Feststellung der Antragsberechtigung im Sinne von INVEKOS, zu Recht erkannt:

Spruch

Die angefochtenen Bescheide werden wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat den beschwerdeführenden Parteien Aufwendungen in der Höhe von je EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Vorstand für den Geschäftsbereich I der Agrarmarkt Austria (AMA) stellte mit Bescheid vom fest, dass die von den beschwerdeführenden Parteien jeweils als eigenständiger Betrieb angesehene, näher bezeichneten Produktionseinheiten (mit allenfalls dazugehörigen weiteren Produktionseinheiten) im Sinne des Art. 2 der Verordnung (EG) Nr. 73/2009 des Rates vom mit gemeinsamen Regeln für Direktzahlungen im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik und mit bestimmten Stützungsregelungen für Inhaber landwirtschaftlicher Betriebe keine eigenständigen Betriebe, sondern Produktionseinheiten eines einzigen Betriebes seien. Inhaltlich stützte die Behörde diesen Bescheid insbesondere auf Art. 2 der bereits erwähnten Verordnung (EG) Nr. 73/2009, hinsichtlich der Befugnis zur Erlassung eines Feststellungsbescheides (allein und ausdrücklich) auf § 14 der Verordnung des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft über das integrierte Verwaltungs- und Kontrollsystem im Bereich der Direktzahlungen, über die Einhaltung der anderweitigen Verpflichtungen (Cross Compliance) und über sonstige horizontale Regeln (INVEKOS-CC-V 2010), BGBl. II Nr. 492/2009.

Mit den vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheiden wies die belangte Behörde die Berufungen der beschwerdeführenden Parteien jeweils gemäß § 66 Abs. 4 AVG ab.

Begründend führte die belangte Behörde unter anderem aus, der aus der Rinderdatenbank entnommene Meldeverlauf der Rinder, welche auffallend oft zwischen den betroffenen Betrieben transferiert worden seien, deute eindeutig auf eine gemeinsame Bewirtschaftung mehrerer Betriebsstätten durch eine Personengemeinschaft hin. Derartig häufige Ortswechsel von Tieren zwischen immer wieder denselben Betrieben seien bei getrennter Betriebsführung nicht üblich.

Die beschwerdeführenden Parteien bekämpfen diese inhaltlich im Wesentlichen übereinstimmenden Bescheide der belangten Behörde vor dem Verwaltungsgerichtshof wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes, hilfsweise wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Der Verwaltungsgerichtshof hat den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens im Sinne des § 41 Abs. 1 zweiter Satz VwGG Gelegenheit gegeben, zur Frage der Zulässigkeit eines Feststellungsbescheides im Beschwerdefall Stellung zu nehmen.

Die beschwerdeführenden Parteien verneinten das Vorliegen eines privaten oder öffentlichen Interesses an der Erlassung der gegenständlichen Feststellungsbescheide, die belangte Behörde verwies in ihrer Stellungnahme (wiederum) auf § 14 INVEKOS-CC-V.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerden, nach Verbindung der Beschwerdeverfahren, erwogen:

Wie der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis eines verstärkten Senates vom , Zl. 86/17/0162, Slg. Nr. 13.732/A, unter Bezugnahme auf seine ständige Rechtsprechung ausgesprochen hat, sind die Verwaltungsbehörden befugt, im Rahmen ihrer örtlichen und sachlichen Zuständigkeit Feststellungsbescheide zu erlassen, wenn hiefür entweder eine ausdrückliche gesetzliche Anordnung oder ein im privaten oder öffentlichen Interesse begründeter Anlass vorliegt und die Verwaltungsvorschriften nichts anderes bestimmen.

Eine ausdrückliche gesetzliche Anordnung ist im Beschwerdefall nicht erkennbar und wird auch von den Behörden nicht genannt.

§ 14 der erwähnten INVEKOS-CC-V lautet wie folgt:

"Feststellungsbescheid

§ 14. Die AMA kann Feststellungsbescheide erlassen, wenn eine Partei wegen der Strittigkeit oder Unsicherheit von Rechtsverhältnissen oder rechtserheblichen Tatsachen - wie insbesondere das Vorliegen eines oder mehrerer Betriebe oder das Bestehen von Zahlungsansprüchen - Gefahr läuft, Nachteile zu erleiden."

Die hier wiedergegebene Verordnungsbestimmung ist jedenfalls keine gesetzliche Grundlage für die Erlassung von Feststellungsbescheiden von Amts wegen. Auch den §§ 6 Abs. 2, 12, 22, 27 und 28 des Marktordnungsgesetzes 2007, BGBl. I Nr. 55 in der Fassung BGBl. I Nr. 86/2009, auf die sich die vorliegende Verordnung beruft, ist eine gesetzliche Ermächtigung zur Erlassung von Verfahrensregeln in Abweichung von den sonst anzuwendenden gesetzlichen Vorschriften (AVG) nicht zu entnehmen. Es kann nicht angenommen werden, dass der Verordnungsgeber eine mit dem Gesetz nicht in Einklang stehende Bestimmung zur Erlassung von Feststellungsbescheiden konstituieren wollte, zumal auch dem § 14 der INVEKOS-CC-V kein diesbezüglicher Inhalt zu entnehmen ist.

Die Verwaltungsbehörden wären daher im Sinne des aufgezeigten Verständnisses der gesetzlichen Möglichkeit zur Erlassung von Feststellungsbescheiden gehalten gewesen, in der Bescheidbegründung darzulegen, warum sie ihrer Ansicht nach von der Zulässigkeit eines Feststellungsbescheides (von Feststellungsbescheiden) ausgingen. Sie hätten somit aufzuzeigen gehabt, welcher im privaten oder öffentlichen Interesse begründete Anlass zur Erlassung eines Feststellungsbescheides gegeben gewesen wäre und warum ein Feststellungsbescheid trotz der Möglichkeit der Erlassung von Leistungsbescheiden zulässig und erforderlich gewesen wäre; die Berufung allein auf § 14 INVEKOS-CC-V kann eine diesbezüglich nähere Begründung nicht ersetzen.

Wohl aber könnte man die von den Behörden herangezogene Bestimmung des § 14 leg. cit. zwanglos auch als Präzisierung der hg. Rechtsprechung zur Zulässigkeit von Feststellungsbescheiden auf Antrag verstehen. Die Bestimmung wäre insofern dahin zu verstehen, dass sie nur die Erlassung eines Feststellungsbescheides über Antrag (und nicht von Amts wegen) regelt (vgl. den Hinweis auf die Gefahr einer Partei, Nachteile zu erleiden). Zumindest aber hätte die eben erwähnte Wendung bei Heranziehung der genannten Bestimmung des § 14 der in Rede stehenden Verordnung bei diesem Verständnis neben einem Antrag gleichfalls einer näheren Begründung bedurft, worin die Gefahr eines Nachteiles für eine Partei zu erblicken wäre.

Da die belangte Behörde - ebenso wie die Behörde erster Instanz - in den vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheiden keine Begründung im dargelegten Sinne in ihre Bescheide aufgenommen hat, blieb es dem Verwaltungsgerichtshof verwehrt, die Bescheide insoweit auf ihre Rechtmäßigkeit hin zu überprüfen.

Die angefochtenen Bescheide waren daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Bei diesem Ergebnis konnte ein Eingehen auf das Beschwerdevorbringen unterbleiben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am