VwGH 29.01.2015, Ro 2014/07/0021
Entscheidungsart: Erkenntnis
Rechtssätze
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Norm | WRG 1959 §34 Abs1; |
RS 1 | Die Schutzgebietsbestimmungen nach § 34 Abs. 1 WRG sind Anordnungen, die im öffentlichen Interesse an einer einwandfreien Wasserversorgung erlassen werden (Hinweis E , 98/07/0111, 15001A/1998). |
Hinweis auf Stammrechtssatz | GRS wie 98/07/0129 E VwSlg 15583 A/2001 RS 1 |
Normen | AVG §39 Abs2; WRG 1959 §34 Abs1; |
RS 2 | Die Wasserrechtsbehörde ist gemäß § 34 Abs 1 WRG 1959 auch ohne Vorliegen eines Antrages des Wasserberechtigten verpflichtet (das Wort "kann" räumt nicht Ermessen ein [Hinweis E , 82/07/0203; VwSlg 10964 A/1983]), die hygienisch und wasserwirtschaftlich notwendigen Anordnungen von Amts wegen zu treffen, weil es sich dabei um Maßnahmen im öffentlichen und nicht im privaten Interesse handelt. |
Hinweis auf Stammrechtssatz | GRS wie 2005/07/0086 E VwSlg 17221 A/2007 RS 3 |
Normen | AVG §58 Abs2; AVG §59 Abs1; AVG §66 Abs4; VwGG §42 Abs2 Z1; VwRallg; WRG 1959 §117 Abs1; WRG 1959 §117 Abs4; WRG 1959 §21a; WRG 1959 §34 Abs1; |
RS 3 | Mit dem angefochtenen Bescheid wird "die Berufung" in einer Angelegenheit nach dem WRG 1959 als unzulässig zurückgewiesen, ohne dass diese Formulierung eine diesbezügliche Einschränkung erkennen ließe, sodass von der Zurückweisung der Berufung in vollem Umfang auszugehen ist. Es liegt auch keine Unklarheit des Spruches vor, die gegebenenfalls durch Heranziehung der Bescheidbegründung beseitigt werden könnte (vgl. E , 2006/10/0240). Davon abgesehen hat die belBeh in der Begründung ihres Bescheides ua ausdrücklich festgehalten, dass die Revisionswerberin den erstinstanzlichen Bescheid "in vollem Umfang" angefochten habe. Aus dem Umstand allein, dass sich die rechtlichen Erwägungen der belBeh nur auf ihre Unzuständigkeit im Zusammenhang mit der Entschädigungsleistung beziehen, ist nicht zu schließen, dass mit dem angefochtenen Bescheid die Berufung nicht zur Gänze erledigt worden ist. Mit Ausnahme der Entscheidung über die Pflicht zur Leistung von Entschädigungen hätte die belBeh jedoch über die von der Revisionswerberin gegen den erstinstanzlichen Bescheid erhobene Berufung inhaltlich absprechen müssen. Da sie dies, offenkundig ausgehend von einer unrichtigen Rechtsansicht, unterlassen hat, erweist sich der angefochtene Bescheid, soweit mit ihm eine Zurückweisung der Berufung im Umfang des nicht gegen die Entscheidung über die Entschädigungen gerichteten Berufungsvorbringens erfolgte, als inhaltlich rechtswidrig. |
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bumberger, die Hofrätin Dr. Hinterwirth und die Hofräte Dr. N. Bachler, Dr. Lukasser und Mag. Haunold als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Pitsch, über die Revision der Trinkwassergenossenschaft L, vertreten durch J in H, vertreten durch die Kinberger-Schuberth-Fischer Rechtsanwälte-GmbH in 5700 Zell/See, Salzachtal Bundesstraße 13, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Salzburg vom , Zl. 20401-1/43152/23-2013, betreffend Zurückweisung einer Berufung in einer Angelegenheit nach dem Wasserrechtsgesetz 1959, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird, soweit sich die mit ihm ausgesprochene Zurückweisung der Berufung nicht auf die im Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Zell am See vom , Zl. 30603-205/92/71-2012, erfolgte Entscheidung über Entschädigungen bezieht, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.
Im Übrigen wird die Revision als unbegründet abgewiesen.
Der Bund hat der Revisionswerberin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Obmann der Revisionswerberin ist Eigentümer des Grst. Nr. 57/1 KG H mit einer darauf befindlichen Quelle. Dipl.- Ing. C S. und Mag. M S. (im Folgenden wie im Verwaltungsakt als "Familie S." bezeichnet) sind je zur Hälfte Eigentümer des angrenzenden Grst. Nr. 40/2 KG H.
Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Zell am See (im Folgenden: BH) vom wurde B., dem Rechtsvorgänger u. a. des Obmannes der Revisionswerberin, die Errichtung einer Wasserversorgungsanlage wasserrechtlich genehmigt. Ebenso wurde in diesem Bescheid ein Quellschutzgebiet festgelegt. Mit Bescheid der BH vom wurde die wasserrechtliche Bewilligung zum Umbau der genannten Trinkwasserversorgungsanlage erteilt.
Mit Bescheid der BH vom wurde der freiwillige Zusammenschluss der Mitglieder zur Bildung der Trinkwassergenossenschaft L. (Revisionswerberin) antragsgemäß aufsichtsbehördlich anerkannt. Diese Wassergenossenschaft bezweckt die Erhaltung der Wasserversorgungsanlage zur Versorgung der Liegenschaften und Anlagen ihrer Mitglieder mit Trink- und Nutzwasser. Der Revisionswerberin gehören neben dem Obmann drei weitere natürliche bzw. juristische Personen an. Nach dem Akteninhalt sind die genannten natürlichen Personen Rechtsnachfolger nach B.
Im Zusammenhang mit einem von der Familie S. geplanten Bauvorhaben auf dem Grst. Nr. 40/2 beantragte der Obmann der Revisionswerberin mit Eingabe vom die Durchführung eines Wasserrechtsverfahrens und die Feststellung der Rechtmäßigkeit der Quellschutzgebietsausweisung. Begründend wurde u. a. dargelegt, dass das Grst. Nr. 40/2 zu zwei Drittel im Schutzgebiet der erwähnten Wasserversorgungsanlage liege und daher jede Grabung, Bohrung und jeder sonstiger Bodeneingriff verboten seien.
Die Familie S. vertrat die Ansicht, dass das Grst. Nr. 40/2 vom seinerzeit wasserrechtlich festgesetzten Quellschutzgebiet nicht tangiert werde. Dazu verwies sie u.a. auf ein Schreiben des Landesgeologen vom , wonach auf dem Grst. Nr. 40/2 kein rechtskräftiges Schutzgebiet ausgewiesen und eine Bauführung auf dem genannten Grundstück möglich sei.
In der am von der BH durchgeführten mündlichen Verhandlung hielt der Verhandlungsleiter fest, es sei vom Landesgeologen festgestellt worden, dass das bestehende Quellschutzgebiet keinesfalls dem Stand der Technik entspreche. Auf Grund dieses Sachverhalts werde vom Landesgeologen ein neuerliches Gutachten mit genauer Beschreibung des auszuweisenden Quellschutzgebietes übermittelt.
Der Rechtsvertreter des Obmannes der Revisionswerberin wies darauf hin, dass mit der Eingabe vom nicht die Ausweisung eines Quellschutzgebietes, sondern die Feststellung der Rechtmäßigkeit der Quellschutzgebietsausweisung, die seit 1956 gegeben sei, beantragt worden sei.
Mit Erledigung vom schlug der Landesgeologe ein zweiteiliges Quellschutzgebiet, bestehend aus den Schutzzonen I und II, vor, wobei die vorgeschlagene Schutzzone II (u.a. mit näher genannten Verboten) zur Gänze das Grst. Nr. 40/2 umfasste.
In weiterer Folge holte die BH ein Bewertungsgutachten zur Ermittlung der angemessenen Entschädigung aufgrund der beabsichtigten Ausweisung eines Quellschutzgebietes ein.
Mit Spruchpunkt I. des Bescheides vom verfügte die BH zum Schutze der verfahrensgegenständlichen Wasserversorgungsanlage die Anpassung des im Bereich der Grundparzellen 57/1 und 40/2 befindlichen Quellschutzgebietes an den Stand der Technik, wobei die Schutzzonen I und II auszuweisen seien. Die Schutzzone II umfasst zur Gänze das Grst. Nr. 40/2 im Eigentum der Familie S. Die Auflagen für diese Schutzzone II sehen unter anderem ein Verbot von Grabungen, Bohrungen oder sonstigen Bodeneingriffen von mehr als 0,5 m Tiefe vor. Als Rechtsgrundlagen führte die BH u.a. die §§ 21a Abs. 1 und 34 WRG 1959 an.
Gemäß Spruchpunkt II. (Entschädigungen und Barauslagen) des Bescheides vom stehen den Eigentümern des Grst. Nr. 40/2 bzw. den beiden auf diesem Grundstück Fruchtgenussberechtigten Entschädigungen in näher genannter Höhe zu, die von der Revisionswerberin, vertreten durch deren Obmann, bis längstens zu überweisen seien.
Spruchpunkt III. legte Fristen für die Ausweisung des angeführten Quellschutzgebietes, für die Überweisung der angeführten Entschädigungszahlungen und für die Überweisung der Barauslagen (Sachverständigengebühr) fest.
Gemäß Spruchpunkt IV. habe die Revisionswerberin die näher genannten Kosten des Verfahrens zu entrichten.
Begründend hielt die BH u.a. fest, wie anlässlich des Ortsaugenscheines am durch den geologischen Amtssachverständigen festgestellt worden sei, entspreche das bestehende Quellschutzgebiet keinesfalls dem Stand der Technik, weshalb in weiterer Folge durch die Wasserrechtsbehörde zu reagieren und die Anpassung dieses Quellschutzgebietes an den Stand der Technik zu verfügen gewesen sei. Dies sei zum Schutz des öffentlichen Interesses (die gegenständliche Wasserversorgungsanlage diene der Versorgung der Mitglieder der Revisionswerberin) von Amts wegen vorzunehmen gewesen.
Von der Einforderung entsprechender Einreichunterlagen zur Genehmigung dieser Anpassung an den Stand der Technik habe nach Ansicht der Behörde abgesehen werden können, weil das erforderliche Quellschutzgebiet durch den geologischen Amtssachverständigen zweifelsfrei und unmissverständlich beschrieben worden sei.
Es werde festgestellt, dass das eingeholte Bewertungsgutachten als durchaus plausibel und nachvollziehbar erscheine und an der Objektivität dieses Gutachtens kein Zweifel bestehe.
Der Bescheid der BH enthielt die Rechtsmittelbelehrung, dass gegen diesen Bescheid binnen zwei Wochen Berufung eingebracht werden könne.
Die gegen diesen Bescheid von der Familie S. und den beiden Fruchtgenussberechtigten erhobene Berufung wurde mit Bescheid der belangten Behörde vom , Zl. 20401-1/43152/24- 2013, als unzulässig zurückgewiesen (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom heutigen Tag, Zl. 2013/07/0292).
Auch die Revisionswerberin erhob gegen den Bescheid der BH vom Berufung, wobei der Bescheid in vollem Umfang angefochten wurde. Neben Verfahrensmängeln machte die Revisionswerberin zusammengefasst unter anderem geltend, dass die gesetzlichen Voraussetzungen für die Ausweisung (Anpassung) des Schutzgebietes nicht vorlägen. Die bestehende Wasserversorgungsanlage liefere einwandfreie Trinkwasserqualität. Ferner sei das Gebot der Anwendung des geringsten Mittels nicht befolgt worden. Der Obmann der Revisionswerberin habe niemals einen Vorschlag zur Erweiterung des Quellschutzgebietes gefordert. Überdies könne die von der BH ermittelte Entschädigungssumme den finanziellen Ruin der Revisionswerberin bedeuten.
Mit dem angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom , Zl. 20401-1/43152/23-2013, wurde die von der Revisionswerberin gegen den Bescheid der BH vom erhobene Berufung als unzulässig zurückgewiesen.
In ihrer Begründung hielt die belangte Behörde fest, mit dem erstinstanzlichen Bescheid seien ein Schutzgebiet festgelegt und eine Entschädigung zugesprochen worden. Der angefochtene Bescheid enthalte als Rechtsmittelbelehrung die Zulässigkeit einer Berufung, nicht jedoch den Hinweis des Außerkrafttretens der Entscheidung, wenn dies bei Gericht beantragt werde. Die Revisionswerberin habe diese Entscheidung in vollem Umfang angefochten.
In ihren rechtlichen Erwägungen führte die belangte Behörde aus, im gegenständlichen Verfahren handle es sich um die Leistung einer Entschädigung gemäß § 117 Abs. 1 WRG 1959. Gemäß § 117 Abs. 4 WRG 1959 sei dagegen eine Berufung nicht zulässig. Der Berufungsbehörde sei es verwehrt, über die Entschädigungsfrage abzusprechen, sodass die Zurückweisung auszusprechen gewesen sei.
Gegen diesen der Revisionswerberin am zugestellten Bescheid richtet sich die vorliegende, gemäß § 4 Abs. 1 des Verwaltungsgerichtsbarkeits-Übergangsgesetzes (VwGbk-ÜG) erhobene Revision, mit der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.
Das an die Stelle der belangten Behörde getretene Landesverwaltungsgericht Salzburg verwies mit Eingabe vom auf die bereits zur Zl. 2013/07/0292 erfolgte Aktenvorlage. Eine Gegenschrift wurde nicht erstattet.
Während des vor dem Verwaltungsgerichtshof anhängigen Verfahrens teilte die Revisionswerberin mit Schriftsatz vom mit, dass die Revisionswerberin und deren Obmann einerseits sowie die Familie S. und die beiden Fruchtgenussberechtigten andererseits im Juni 2014 eine zivilrechtliche Vereinbarung geschlossen hätten. Im Hinblick darauf sei dem wasserrechtlichen Verfahren die Grundlage entzogen. Nach Ansicht der Revisionswerberin müsste der angefochtene Bescheid formal aufgehoben werden. In der Folge müsse durch das Landesverwaltungsgericht Salzburg der Bescheid der BH vom aufgehoben werden.
Die angesprochene Vereinbarung beinhaltet unter anderem eine einvernehmliche Erklärung aller genannten Parteien im Sinne konstitutiver Anerkenntnisse, dass sich das Quellschutzgebiet, wie dies mit den wasserrechtlichen Bescheiden aus 1956 und 1960 beschrieben worden sei, nicht auf das Grst. Nr. 40/2 beziehe.
Die Revisionswerberin und deren Obmann erklärten im Sinne eines konstitutiven Anerkenntnisses, auf das Wasser der verfahrensgegenständlichen Quelle nicht angewiesen zu sein, weil die Wasserversorgung anderweitig gesichert sei oder gesichert werden könne, womit ein öffentliches Interesse an der Quelle nicht mehr gegeben sei und daher ein amtswegiges Einschreiten der Wasserrechtsbehörde ausscheide. Sie verzichteten ausdrücklich auf jedweden Schutz der Quelle zu Lasten des Grst. Nr. 40/2.
Ferner wurde in der genannten Vereinbarung u.a. festgehalten, dass der Obmann der Revisionswerberin sowohl seinen Feststellungsantrag im Wasserrechtsverfahren wie auch seine Vorstellung im Bauverfahren der Familie S. zurückziehe.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Nach § 4 Abs. 5 VwGbk-ÜG gelten für die Behandlung der Revision die Bestimmungen des VwGG in der bis zum Ablauf des geltenden Fassung sinngemäß.
Das WRG 1959, BGBl. Nr. 215 idF BGBl. I Nr. 98/2013, lautet auszugsweise wie folgt:
"§ 21a. (1) Ergibt sich nach Erteilung der Bewilligung insbesondere unter Beachtung der Ergebnisse der Bestandsaufnahme (§ 55d), dass öffentliche Interessen (§ 105) trotz Einhaltung der im Bewilligungsbescheid oder in sonstigen Bestimmungen enthaltenen Auflagen und Vorschriften nicht hinreichend geschützt sind, hat die Behörde vorbehaltlich § 52 Abs. 2 zweiter Satz die nach dem nunmehrigen Stand der Technik (§ 12a) zur Erreichung dieses Schutzes erforderlichen anderen oder zusätzliche Auflagen vorzuschreiben, Anpassungsziele festzulegen und die Vorlage entsprechender Projektsunterlagen über die Anpassung aufzutragen. Art und Ausmaß der Wasserbenutzung vorübergehend oder auf Dauer einzuschränken oder die Wasserbenutzung vorübergehend oder auf Dauer zu untersagen.
(...)
§ 34. (1) Zum Schutze von Wasserversorgungsanlagen gegen Verunreinigung (§ 30 Abs. 2) oder gegen eine Beeinträchtigung ihrer Ergiebigkeit kann die zur Bewilligung dieser Anlagen zuständige Wasserrechtsbehörde - zum Schutze von nicht bewilligungspflichtigen Wasserversorgungsanlagen die Bezirksverwaltungsbehörde - durch Bescheid besondere Anordnungen über die Bewirtschaftung oder sonstige Benutzung von Grundstücken und Gewässern treffen, die Errichtung bestimmter Anlagen untersagen und entsprechende Schutzgebiete bestimmen. Darüber hinaus kann - nach Anhörung der gesetzlichen Interessenvertretungen - auch der Betrieb bestehender Anlagen und Unternehmungen im notwendigen Ausmaß eingeschränkt werden. Die besonderen Anordnungen sind tunlichst gleichzeitig in jenem Bescheid, mit dem die wasserrechtliche Bewilligung für die zu schützende Anlage erteilt wird, zu treffen. Die Änderung solcher Anordnungen ist zulässig, wenn der Schutz der Wasserversorgung dies gestattet oder erfordert.
(...)
§ 117. (1) Über die Pflicht zur Leistung von Entschädigungen, Ersätzen, Beiträgen und Kosten, die entweder in diesem Bundesgesetz oder in den für die Pflege und Abwehr bestimmter Gewässer geltenden Sondervorschriften vorgesehen sind, entscheidet, sofern dieses Bundesgesetz (§ 26) oder die betreffende Sondervorschrift nichts anderes bestimmt, die Wasserrechtsbehörde. In der Entscheidung ist auszusprechen, ob, in welcher Form (Sach- oder Geldleistung), auf welche Art, in welcher Höhe und innerhalb welcher Frist die Leistung zu erbringen ist. Gebotenenfalls können auch wiederkehrende Leistungen und die Sicherstellung künftiger Leistungen vorgesehen sowie die Nachprüfung und anderweitige Festlegung nach bestimmten Zeiträumen vorbehalten werden.
(...)
(4) Gegen Entscheidungen der Wasserrechtsbehörde nach Abs. 1 ist eine Berufung nicht zulässig. Die Entscheidung tritt außer Kraft, soweit vor Ablauf von zwei Monaten nach Zustellung des Bescheides die gerichtliche Entscheidung beantragt wird. Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung kann ohne Zustimmung des Antragsgegners nicht zurückgenommen werden. Bei Zurücknahme des Antrages gilt mangels anderweitiger Vereinbarungen die wasserrechtsbehördlich festgelegte Leistung als vereinbart. Hat nur der durch die Einräumung eines Zwangsrechtes Begünstigte das Gericht angerufen, so darf das Gericht die Entschädigung nicht höher festsetzen, als sie im Bescheid der Verwaltungsbehörde festgesetzt war; hat nur der Enteignete das Gericht angerufen, so darf es die Entschädigung nicht niedriger festsetzen. Dies gilt sinngemäß für die Festsetzung von Ersätzen, Beiträgen und Kosten."
Die Schutzgebietsbestimmungen nach § 34 Abs. 1 WRG 1959 sind Anordnungen, die im öffentlichen Interesse an einer einwandfreien Wasserversorgung erlassen werden. Die Wasserrechtsbehörde ist gemäß § 34 Abs. 1 WRG 1959 auch ohne Vorliegen eines Antrages des Wasserberechtigten verpflichtet (das Wort "kann" räumt nicht Ermessen ein), die hygienisch und wasserwirtschaftlich notwendigen Anordnungen von Amts wegen zu treffen bzw. die Möglichkeit der Einrichtung eines Schutzgebietes zu prüfen, weil es sich dabei um Maßnahmen im öffentlichen und nicht im privaten Interesse handelt (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2010/07/0096, mwN).
Ein solcher gemäß § 34 Abs. 1 (und vorliegend auch gemäß § 21a) WRG 1959 zum Schutz des öffentlichen Interesses von Amts wegen erlassener Bescheid der BH liegt dem gegenständlichen Verfahren zu Grunde. Die mit Schriftsatz vom vorgelegte Vereinbarung einschließlich der darin festgehaltenen Erklärungen der Revisionswerberin und ihres Obmannes führen daher nicht zur Gegenstandslosigkeit der Revision. Allfällige aus der vorgelegten Vereinbarung für den bestehenden Konsens betreffend die Wasserversorgungsanlage und die Schutzgebietsausweisung abzuleitende rechtliche Folgen sind nicht im gegenständlichen verwaltungsgerichtlichen Verfahren, in dem die Rechtmäßigkeit der Zurückweisung der Berufung zu prüfen ist, zu beurteilen. Die Bedeutung dieser Vereinbarung für die Frage der Schutzgebietsfestlegung wird jedoch im fortgesetzten Verfahren zu prüfen sein.
In der Revision wird unter anderem vorgebracht, der Umfang des Quellschutzgebietes sei ohne Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen erweitert worden. Ferner erachtet sich die Revisionswerberin in ihrem Recht verletzt, dass im Verfahren nicht geprüft worden sei, ob überhaupt eine Entschädigungsverpflichtung bestehe. Die belangte Behörde habe den wesentlichen Sachverhalt nicht ausreichend ermittelt.
Gleichzeitig wird von der Revisionswerberin die Ansicht vertreten, mit dem angefochtenen Bescheid sei ihre Berufung nicht vollinhaltlich erledigt worden. Dies trifft jedoch nicht zu.
Mit dem angefochtenen Bescheid wird "die Berufung" als unzulässig zurückgewiesen, ohne dass diese Formulierung eine diesbezügliche Einschränkung erkennen ließe, sodass von der Zurückweisung der Berufung in vollem Umfang auszugehen ist. Es liegt auch keine Unklarheit des Spruches vor, die gegebenenfalls durch Heranziehung der Bescheidbegründung beseitigt werden könnte (vgl. dazu etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2006/10/0240, mwN).
Davon abgesehen hat die belangte Behörde in der Begründung ihres Bescheides u.a. ausdrücklich festgehalten, dass die Revisionswerberin den erstinstanzlichen Bescheid "in vollem Umfang" angefochten habe. Aus dem Umstand allein, dass sich die rechtlichen Erwägungen der belangten Behörde nur auf ihre Unzuständigkeit im Zusammenhang mit der Entschädigungsleistung beziehen, ist nicht zu schließen, dass mit dem angefochtenen Bescheid die Berufung nicht zur Gänze erledigt worden ist.
Mit Ausnahme der Entscheidung über die Pflicht zur Leistung von Entschädigungen hätte die belangte Behörde jedoch über die von der Revisionswerberin gegen den erstinstanzlichen Bescheid erhobene Berufung inhaltlich absprechen müssen.
Da sie dies, offenkundig ausgehend von einer unrichtigen Rechtsansicht, unterlassen hat, erweist sich der angefochtene Bescheid, soweit mit ihm eine Zurückweisung der Berufung im Umfang des nicht gegen die Entscheidung über die Entschädigungen gerichteten Berufungsvorbringens erfolgte, als inhaltlich rechtswidrig.
Hingegen begegnet die Zurückweisung der Berufung der Revisionswerberin, soweit sich diese gegen die Entscheidung über die Entschädigungen gerichtet hatte, keinen Bedenken (vgl. §§ 117 Abs. 1 und 4 WRG 1959).
§ 117 Abs. 4 WRG 1959 sieht die Anrufung des Gerichtes in Bezug auf Entscheidungen der Wasserrechtsbehörde nach Abs. 1 vor.
Das Revisionsvorbringen, die sukzessive Kompetenz des Landesgerichtes zur Prüfung von Entschädigungszahlungen setze voraus, dass in einem Verwaltungsverfahren rechtskräftig das Bestehen einer Entschädigungsverpflichtung festgestellt werde, verkennt den in § 117 Abs. 4 WRG 1959 normierten Berufungsausschluss gegen Entscheidungen der Wasserrechtsbehörde nach § 117 Abs. 1 WRG 1959.
Der angefochtene Bescheid war somit aus den dargestellten Gründen im erwähnten Umfang wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.
Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm § 79 Abs. 11 VwGG und § 3 der VwGH-Aufwandersatzverordnung, BGBl. II Nr. 518/2013 idF BGBl. II Nr. 8/2014, iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Normen | AVG §39 Abs2; AVG §58 Abs2; AVG §59 Abs1; AVG §66 Abs4; VwGG §42 Abs2 Z1; VwRallg; WRG 1959 §117 Abs1; WRG 1959 §117 Abs4; WRG 1959 §21a; WRG 1959 §34 Abs1; |
Schlagworte | Rechtliche Wertung fehlerhafter Berufungsentscheidungen Rechtsverletzung durch solche Entscheidungen Spruch und Begründung Inhalt der Berufungsentscheidung Voraussetzungen der meritorischen Erledigung Zurückweisung (siehe auch §63 Abs1, 3 und 5 AVG) Besondere Rechtsgebiete Individuelle Normen und Parteienrechte Auslegung von Bescheiden und von Parteierklärungen VwRallg9/1 |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:2015:RO2014070021.J00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
WAAAE-90418