VwGH 14.03.2014, Ro 2014/07/0019
Entscheidungsart: Beschluss
Rechtssatz
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Normen | WRG 1959 §60 Abs1 litc; WRG 1959 §60; WRG 1959 §63 litb; |
RS 1 | Ein Zwangsrecht nach § 60 WRG 1959 muss zur Erreichung des im öffentlichen Interesse gelegenen Zieles geeignet (adäquat) sein, darf nach Art und Umfang nicht unverhältnismäßig sein und das angestrebte Ziel darf nicht durch andere - gelindere - Maßnahmen bzw. Rechte zu erreichen sein. Eine Enteignung hat außerdem nur dann Platz zu greifen, wenn diese Maßnahme zum Zwecke der Förderung der nutzbringenden Verwendung der Gewässer oder der Begegnung ihrer schädlichen Wirkungen erforderlich ist. Es muss also ein Bedarf nach diesem Eingriff in Rechte Dritter gegeben sein. Unter "Bedarf" ist begrifflich ein Mangelzustand zu verstehen. Ein solcher Zustand ist vernünftigerweise nicht anzunehmen, wenn hinreichend andere Befriedigungsmöglichkeiten bestehen (vgl. E , 2010/07/0084). |
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat über den Antrag 1. des R,
2. der K, 3. des H, 4. der F, 5. des FP und 6. der KP, alle vertreten durch Mag. Dr. Gerald Priller, Rechtsanwalt in 5142 Eggelsberg, Salzburger Straße 6, der gegen den Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft vom , Zl. UW.4.1.6/0580- I/5/2013, betreffend Einräumung einer Dienstbarkeit gemäß § 60 Abs. 1 lit. c iVm § 63 lit. b WRG 1959 (mitbeteiligte Partei: Wassergenossenschaft S, z.Hd. Obmann M), erhobenen und zur hg. Zl. Ro 2014/07/0019 protokollierten Revision die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, den Beschluss gefasst:
Spruch
Gemäß § 30 Abs. 2 VwGG wird dem Antrag nicht stattgegeben.
Begründung
1. Mit Bescheid der Landeshauptfrau von Salzburg vom wurden der mitbeteiligten Partei die wasserrechtlichen Bewilligungen für eine Sanierung des Quellgebietes M., die Neufassung einer weiteren Quelle, die Errichtung einer Ringleitung und die Erneuerung einer Drucksteigerungsanlage sowie einer UV-Desinfektionsanlage erteilt.
Die dagegen erhobenen Berufungen der Revisionswerber wurden mit dem angefochtenen Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft vom gemäß § 66 Abs. 4 AVG abgewiesen, wobei der mitbeteiligten Partei für die Sanierung des Quellgebietes M. auf bestimmt bezeichneten Flächen auf einem Streifen mit einer Breite von zumindest 6 m entlang der Trassen gemäß § 60 Abs. 1 lit. c iVm § 63 lit. b WRG 1959 eine Dienstbarkeit mit dem Recht, die hiefür erforderlichen baulichen Maßnahmen durchzuführen und die errichteten Bauwerke und technischen Einrichtungen zu betreiben, zu benutzen und instand zu halten, eingeräumt wurde.
Begründend führte die belangte Behörde - gestützt auf ein Gutachten des beigezogenen Amtssachverständigen - im Wesentlichen aus, dass derzeit und auch künftig ein Bedarf an der Erschließung von Grundwasser im Bereich des Quellgebietes M. bestehe, weshalb die Sanierung der Quellfassungen in diesem Gebiet eine wesentliche Voraussetzung für die künftige Deckung des Wasserbedarfes im Versorgungsgebiet der mitbeteiligten Partei sei.
Zur Frage der Erforderlichkeit habe der Amtssachverständige ausgeführt, die von den gegenständlichen Anlagen berührten Grundstücke würden bereits seit vielen Jahrzehnten für die Erschließung von Grundwässern genutzt. Die bestehenden Anlagen seien vor mehr als 50 Jahren errichtet worden; die betroffenen Grundstücke würden durch die nunmehr geplanten Fassungsanlagen in Form von Sickergalerien in ihren bisherigen Nutzungen nicht beeinträchtigt. Die Sickergalerien und Rohrleitungen sollten ebenso unterirdisch errichtet werden wie die derzeit schon bestehenden Quellschächte und Leitungen; dies bedeute, dass die bisher schon bestehenden Nutzungseinschränkungen der in Anspruch genommenen Grundstücke durch die gegenständlichen Anlagen im Zusammenhang mit der Sanierung der Quellfassungen nicht verändert würden. Es bestehe kein gelinderes Mittel, um das angestrebte Ziel der Verbesserung und nachhaltigen Sicherstellung der Trinkwasserversorgung im Versorgungsgebiet der mitbeteiligten Partei zu erreichen.
Aufgrund dieser auf sachverständiger Grundlage gewonnenen Feststellungen erachtete die belangte Behörde die Einräumung eines Zwangsrechtes zur Duldung der Sanierung der Trinkwasserversorgungsanlage des Quellgebietes M. als zulässig.
2. Die dagegen erhobene Revision verbanden die Revisionswerber mit dem Antrag, dieser die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, und brachten dazu im Wesentlichen vor, die mitbeteiligte Partei entnehme im Quellgebiet M. auf den Grundstücken der Revisionswerber seit 1939 bis dato Wasser zur Nutzung. Nach einem Gutachten der Landwirtschaftskammer Salzburg vom seien für die Realisierung des Projektes Baumschlägerungs- und Grabungsarbeiten in großem Ausmaß erforderlich, die den natürlich gestellten Bodenaufbau zerstören würden.
Durch das geplante Vorhaben der mitbeteiligten Partei "würde massiv in das Eigentumsrecht der Revisionswerber eingegriffen werden"; es müsste der Wald samt seiner Bestockung geschlägert werden, was einer Rodung gleichzusetzen sei. Damit seien mit dem Vollzug des angefochtenen Bescheides für die Revisionswerber "unverhältnismäßige Nachteile" verbunden.
3. Die mitbeteiligte Partei sprach sich in einer Stellungnahme gegen die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung aus und führte dazu im Wesentlichen aus, die Sanierung der Quellfassungen im Gebiet M. sei für die Sicherung der Wasserversorgung im Bereich der mitbeteiligten Partei notwendig; nach dem von der belangten Behörde eingeholten Gutachten gebe es keine schonendere Sanierungsmethode. Im Übrigen habe das Gutachten der Landwirtschaftskammer Salzburg nicht ergeben, dass Baumschlägerungs- und Grabungsarbeiten in großem Umfang erforderlich seien.
Diese Stellungnahme wurde den anderen Parteien des Verfahrens vor dem Verwaltungsgerichtshof zur Kenntnis gebracht.
4. Gemäß § 30 Abs. 2 erster Satz VwGG (in der hier maßgeblichen bis zum Ablauf des geltenden Fassung; vgl. § 4 Abs. 5 VwGbk-ÜG) hat der Verwaltungsgerichtshof auf Antrag des Beschwerdeführers die aufschiebende Wirkung mit Beschluss zuzuerkennen, insoweit dem nicht zwingende öffentliche Interessen entgegenstehen und nach Abwägung aller berührten Interessen mit dem Vollzug oder mit der Ausübung der mit Bescheid eingeräumten Berechtigung durch einen Dritten für den Beschwerdeführer ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden wäre.
Um die vom Gesetzgeber geforderte Interessenabwägung vornehmen zu können, ist es grundsätzlich erforderlich, dass der Beschwerdeführer schon in seinem Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung konkret darlegt, aus welchen tatsächlichen Umständen sich der von ihm behauptete unverhältnismäßige Nachteil ergibt (vgl. dazu den hg. Beschluss eines verstärkten Senates vom , Slg. 10.381/A; ferner etwa den hg. Beschluss vom , Zl. AW 2009/07/0009, mwN).
Nach der ständigen hg. Judikatur hat der Verwaltungsgerichtshof im Verfahren über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides nicht zu beurteilen und haben Mutmaßungen über den voraussichtlichen Ausgang des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens bei der Frage der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung außer Betracht zu bleiben. Selbst die mögliche Rechtswidrigkeit des Bescheides ist kein Grund für die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung. Ist daher das in der Beschwerde erstattete Vorbringen nach der Aktenlage nicht etwa von vornherein als zutreffend zu erkennen, ist bei der Entscheidung über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung jedenfalls zunächst von den Annahmen der belangten Behörde auszugehen. Unter den "Annahmen der belangten Behörde" sind hiebei die Sachverhaltsfeststellungen im angefochtenen Bescheid zu verstehen, die nicht von vornherein als unschlüssig zu erkennen sind bzw. die ins Auge springende Mängel nicht erkennen lassen (vgl. dazu etwa den hg. Beschluss vom , Zl. AW 2013/07/0029, mwN).
5. Das - oben wiedergegebene - zum Aufschiebungsantrag der Revisionswerber erstattete Vorbringen (welchem zudem in der angeführten Stellungnahme der mitbeteiligten Partei unter einem wichtigen Gesichtspunkt widersprochen wurde) ist nicht von vornherein als zutreffend zu erkennen, sodass - mit den auf sachverständiger Grundlage gewonnenen Feststellungen der belangten Behörde - im Rahmen der vorliegenden Entscheidung über den Aufschiebungsantrag davon auszugehen ist, dass an den bewilligten Sanierungsmaßnahmen im Quellgebiet M. samt der dazu eingeräumten Dienstbarkeit ein Bedarf besteht, diese erforderlich sind und das dadurch angestrebte Ziel der Verbesserung und nachhaltigen Sicherstellung der Trinkwasserversorgung im Versorgungsgebiet der mitbeteiligten Partei durch kein gelinderes Mittel erreicht werden kann.
Schon deshalb ist dem Aufschiebungsantrag kein Erfolg beschieden.
Ergänzend sei darauf verwiesen, dass mit dem Hinweis, durch das geplante Vorhaben würde "massiv in das Eigentumsrecht der Revisionswerber eingegriffen", der den Revisionswerbern drohende unverhältnismäßige Nachteil im Sinn des § 30 Abs. 2 VwGG nicht auf die nach dem Gesagten notwendige ausreichend konkrete Weise dargelegt wurde.
Wien, am
Entscheidungstext
Entscheidungsart: Erkenntnis
Entscheidungsdatum:
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bumberger sowie die Hofräte Dr. Sulzbacher, Dr. N. Bachler, Dr. Lukasser und Mag. Haunold als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Schubert-Zsilavecz, über die Revision 1. des R H, 2. der K H, 3. des H K, 4. der F K, 5. des F P und 6. der K P, alle in S, alle vertreten durch Mag. Dr. Gerald Priller, Rechtsanwalt in 5142 Eggelsberg, Salzburger Straße 6, gegen den Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft vom , Zl. UW.4.1.6/0580-I/5/2013, betreffend wasserrechtliche Bewilligungen und Einräumung einer Dienstbarkeit (mitbeteiligte Partei: Wassergenossenschaft S in S), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat den revisionswerbenden Parteien Aufwandersatz in der Höhe von insgesamt EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
I.
1 1. Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid vom erteilte der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft (die belangte Behörde) - durch Abweisung von Berufungen der Revisionswerber als betroffener Liegenschaftseigentümer - der mitbeteiligten Wassergenossenschaft die wasserrechtliche Bewilligung für die Sanierung des Quellgebietes M. (Ta.-Quellen) auf bestimmten Grundstücken der KG Sch. sowie für die Fassung einer bestimmten neuen Quelle, die nachträgliche wasserrechtliche Bewilligung für die Errichtung der Ringleitung K. und die nachträgliche wasserrechtliche Bewilligung für die Erneuerung der Drucksteigerungsanlage sowie der UV-Desinfektionsanlage im Pumpwerk Tie.-Klamm, wobei die belangte Behörde gemäß § 13 Wasserrechtsgesetz 1959 - WRG 1959 für Art und Maß der Wasserbenutzung ein Nutzungsrecht im Ausmaß von maximal 4,74 l/s für die Trinkwasserversorgung festlegte. Die Bauvollendungsfrist setzte die belangte Behörde gegenüber dem mittels Berufungen bekämpften Bescheid der Landeshauptfrau von Salzburg (der Erstbehörde) vom gemäß § 112 Abs. 1 WRG 1959 mit neu fest. Die Dauer der Bewilligung befristete die belangte Behörde gemäß § 21 Abs. 1 WRG 1959 bis zum 1. Dezember 2101 (Spruchpunkte I., III. und IV. des angefochtenen Bescheides).
2 Zugleich räumte die belangte Behörde "aus Anlass der Berufungen" der Revisionswerber für die Sanierung des Quellgebietes M. (Ta.-Quellen) auf bestimmten Grundstücken der KG Sch. im Bereich der in einem bestimmt angeführten Einreichlageplan dargestellten Anlagen (Quellsammelschacht, Sickergalerien und Rohrleitungen) auf einer Fläche bzw. einem Streifen mit einer Breite von zumindest 6 m entlang der Trasse gemäß § 60 Abs. 1 lit. c WRG 1959 iVm § 63 lit. b WRG 1959 als Dienstbarkeit der mitbeteiligten Partei das Recht ein, die hiefür erforderlichen baulichen Maßnahmen durchzuführen und die errichteten Bauwerke und technischen Einrichtungen zu betreiben, zu benutzen und instand zu halten (Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides).
3 Diesem Bescheid legte die belangte Behörde zunächst zugrunde, mit Bescheid der Landeshauptmannschaft in Salzburg vom seien die Satzungen der Wasserwerksgenossenschaft Sch. vom genehmigt worden.
4 Mit Bescheid der Landeshauptmannschaft Salzburg vom sei der Wasserwerksgenossenschaft Sch. zur Versorgung ihrer Mitglieder in Sch. mit Trinkwasser die Bewilligung zur Errichtung einer Wasserleitung mit Fassung bestimmter Quellen sowie Schaffung einer Rohrleitung und Zuleitungen zu den Baulichkeiten der einzelnen Mitglieder erteilt worden.
5 Mit Bescheid des Landeshauptmannes in Salzburg vom sei der Wasserwerksgenossenschaft Sch. die Bewilligung für eine erste Erweiterung der bewilligten Ortswasserversorgung erteilt worden.
6 Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Salzburg vom sei der Wasserwerksgenossenschaft Sch. die wasserrechtliche Bewilligung für die Erweiterung des Hochbehälters durch Zubau eines Zusatzbehälters erteilt worden.
7 Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Salzburg vom sei der Wasserwerksgenossenschaft Sch. die wasserrechtliche Bewilligung erteilt worden, einige neue Quellen in das Versorgungsnetz einzubeziehen.
8 Zur Begründung ihres Bescheides stützte sich die belangte Behörde im Wesentlichen auf das von ihr eingeholte Gutachten eines Amtssachverständigen vom , welches im angefochtenen Bescheid - nach Darstellung des Verfahrensverlaufs - zunächst wörtlich wiedergegeben wird. Darin legte der Amtssachverständige eingangs die seinen Ausführungen zugrunde liegenden 13 "relevanten Unterlagen" dar. (Diese Unterlagen umfassen nicht den wasserrechtlichen Bewilligungsbescheid des Landeshauptmannes von Salzburg vom betreffend die Fassung einer Quelle in der Tie.-Klamm.)
9 Zu dem von der mitbeteiligten Partei beantragten Projekt führte der Amtssachverständige im Wesentlichen aus, diese beabsichtige, aufgrund wiederholt aufgetretener Verunreinigungen im Bereich der Ta.-Quellen die auf bestimmten Grundstücken der KG Sch. gelegenen Quellfassungen zu sanieren, wobei die bestehenden Quellschächte (Quelltöpfe) sowie der bestehende Quellsammelschacht abgetragen und mittels Lehmschlag verschlossen werden sollten. In einem zweiten Schritt sollten insgesamt sieben Sickergalerien zur Fassung von Quellwassern neu errichtet werden und durch verschiedene technische Maßnahmen das Eindringen von Oberflächenwasser verhindert werden.
10 Die gefassten Quellwässer sollten von den Sickergalerien über insgesamt vier getrennte Rohrleitungen einem geplanten Quellsammelschacht zugeleitet werden und von diesem über eine Rohrleitung mit einem Durchmesser von DN 100 in den bestehenden Hochbehälter abgeleitet werden. Neben dem Quellsammelschacht solle ein Entleerungsschacht errichtet werden, über den qualitativ nicht einwandfreies Wasser in ein bestehendes Gerinne ausgeleitet werden solle.
11 Aufgrund einer dem Einreichoperat angeschlossenen detaillierten Wasserbedarfsberechnung ergebe sich im Versorgungsgebiet der mitbeteiligten Partei unter Berücksichtigung eines künftigen Mehrbedarfs ein durchschnittlicher Jahreswasserbedarf von rund 86.640 m3, wobei an verbrauchsreichen Tagen ein Bedarf von rund 410 m3 pro Tag bzw. ein Spitzenbedarf von 4,74 l/s gegeben sei.
12 Mit Blick auf die Voraussetzungen einer Zwangsrechtseinräumung nach § 63 lit. b WRG 1959 führte der Amtssachverständige im Kern aus, dass derzeit und auch künftig ein Bedarf an der Erschließung von Grundwasser im Bereich des Quellgebietes M. bestehe, um im Versorgungsgebiet der mitbeteiligten Partei die Versorgung der Bevölkerung mit qualitativ einwandfreiem Trinkwasser sicherzustellen. Die gegenständliche Sanierung der Quellfassungen sei damit eine wesentliche Voraussetzung für die künftige Deckung des Wasserbedarfs. Bei Nichtrealisierung des beantragten Vorhabens sei eine hinreichende Bereitstellung von qualitativ einwandfreiem Trinkwasser im Versorgungsgebiet der mitbeteiligten Partei nicht mehr gewährleistet, weil deutliche Einschränkungen der Versorgungssicherheit infolge möglicher Einspeisung von qualitativ ungeeignetem bzw. bakteriell verunreinigtem Wasser in das Versorgungsnetz nicht auszuschließen seien.
13 Aus technischer Sicht stehe kein gelinderes Mittel zur Verfügung, um das angestrebte Ziel der Verbesserung und nachhaltigen Sicherstellung der Trinkwasserversorgung im Versorgungsgebiet der mitbeteiligten Partei zu erreichen.
14 Mit Blick auf diese Ausführungen im Gutachten des Amtssachverständigen vom , welche die belangte Behörde ihrer rechtlichen Beurteilung ausdrücklich zugrunde legte, erachtete diese die Voraussetzungen für die Einräumung einer Dienstbarkeit gemäß § 63 lit. b WRG 1959 als gegeben. Das Gutachten des wasserbautechnischen Amtssachverständigen sei widerspruchsfrei, folgerichtig, in sich schlüssig und mängelfrei. Das Gutachten sei gemäß §§ 37 und 45 Abs. 3 AVG den Verfahrensparteien zur Kenntnis gebracht worden. Die Argumentation der Revisionswerber habe sich nicht auf gleicher fachlicher Ebene wie dieses Gutachten befunden, weshalb diese das Gutachten nicht in seiner fachlichen Aussage widerlegen hätten können. (Eine nähere Auseinandersetzung mit dieser "Argumentation" der Revisionswerber enthält der angefochtene Bescheid nicht.)
15 Wegen der von den Revisionswerbern als Grundeigentümer während des gesamten Verfahrens erhobenen Einwendungen sei eine Anwendung des § 111 Abs. 4 WRG 1959 - entgegen der von der Erstbehörde vertretenen Auffassung - nicht möglich.
16 Hinsichtlich der Festlegung des Maßes der Wasserbenutzung berief sich die belangte Behörde ebenfalls auf das Gutachten des Amtssachverständigen, dem zufolge der Spitzenbedarf gemäß der Wasserbedarfsberechnung im Einreichoperat 4,74 l/s betrage.
17 2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Revision im Sinn des § 4 Abs. 1 erster Satz Verwaltungsgerichtsbarkeits-Übergangsgesetz - VwGbK-ÜG.
18 Das gemäß Art. 151 Abs. 51 Z. 9 B-VG im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof an die Stelle der belangten Behörde getretene Landesverwaltungsgericht Salzburg legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragte die Abweisung der Revision. Die mitbeteiligte Partei erstattete eine Gegenschrift, in der sie ebenfalls die Abweisung der Revision beantragt.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
19 1. Vorauszuschicken ist, dass für die Behandlung der vorliegenden (Übergangs-)Revision gemäß § 4 Abs. 5 VwGbK-ÜG die Bestimmungen des VwGG in der bis zum Ablauf des geltenden Fassung sinngemäß gelten.
20 2. Die im vorliegenden Fall in den Blick zu nehmenden Bestimmungen des Wasserrechtsgesetzes 1959 - WRG 1959, BGBl. Nr. 215/1959 idF BGBl. I Nr. 98/2013, lauten wie folgt:
"Von den Zwangsrechten
Einteilung der Zwangsrechte und allgemeine Bestimmungen.
§ 60. (1) Zwangsrechte im Sinne dieses Abschnittes sind:
(...)
c) die Enteignung (§§ 63 bis 70);
(...)
Enteignung von Liegenschaften und Bauwerken
§ 63. Um die nutzbringende Verwendung der Gewässer zu fördern, um ihren schädlichen Wirkungen zu begegnen, zur geordneten Beseitigung von Abwässern und zum Schutz der Gewässer kann die Wasserrechtsbehörde in dem Maße als erforderlich
(...)
b) für Wasserbauvorhaben, deren Errichtung, Erhaltung oder Betrieb im Vergleich zu den Nachteilen von Zwangsrechten überwiegende Vorteile im allgemeinen Interesse erwarten läßt, die notwendigen Dienstbarkeiten oder entgegenstehende dingliche Rechte einschließlich Nutzungsrechte im Sinne des Grundsatzgesetzes 1951 über die Behandlung der Wald- und Weidennutzungsrechte sowie besonderer Felddienstbarkeiten, BGBl. Nr. 103, einschränken oder aufheben, damit die genehmigte Anlage mit den zu ihr gehörigen Werken und Vorrichtungen hergestellt, betrieben und erhalten sowie der Vorschreibung sonstiger Maßnahmen entsprochen werden kann;
(...)"
21 3. Ein Zwangsrecht nach § 60 WRG 1959 muss zur Erreichung des im öffentlichen Interesse gelegenen Zieles geeignet (adäquat) sein, darf nach Art und Umfang nicht unverhältnismäßig sein und das angestrebte Ziel darf nicht durch andere - gelindere - Maßnahmen bzw. Rechte zu erreichen sein. Eine Enteignung hat außerdem nur dann Platz zu greifen, wenn diese Maßnahme zum Zwecke der Förderung der nutzbringenden Verwendung der Gewässer oder der Begegnung ihrer schädlichen Wirkungen erforderlich ist. Es muss also ein Bedarf nach diesem Eingriff in Rechte Dritter gegeben sein. Unter "Bedarf" ist begrifflich ein Mangelzustand zu verstehen. Ein solcher Zustand ist vernünftigerweise nicht anzunehmen, wenn hinreichend andere Befriedigungsmöglichkeiten bestehen (vgl. dazu etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2010/07/0084, mwN).
22 4.1. Die Revisionswerber erachten sich durch den angefochtenen Bescheid in ihren Rechten "auf die künftige Ausübung des Wassernutzungsrechtes" sowie "auf Nutzung des Grund und Bodens" verletzt.
23 Dazu bringt die Revision mit Blick auf die von der belangten Behörde vorgenommene Einräumung von Zwangsrechten gemäß § 63 lit. b WRG 1959 unter anderem vor, unter den Gesichtspunkten des öffentlichen Interesses an der Zwangsrechtsbegründung bzw. des Wasserbedarfs habe das Amtssachverständigengutachten, welches die belangte Behörde in der Bescheidbegründung vollständig übernommen habe, ausgeführt, dass bei Nichtrealisierung des beantragten Vorhabens eine hinreichende Bereitstellung von qualitativ einwandfreiem Trinkwasser im Versorgungsgebiet der mitbeteiligten Partei nicht mehr gewährleistet sei.
24 In diesem Gutachten fehle allerdings jede Bezugnahme auf den Bescheid vom , mit dem die Quelle Tie.-Klamm mit einer Konsenswassermenge von 6 l/sec bewilligt worden sei, während noch der Sachverständige der Erstbehörde in der Verhandlung vom ausgeführt habe, dass der Wasserbedarf der mitbeteiligten Partei aus der Tie.-Klamm gedeckt werden könne und Zweck der Modernisierung des Quellgebietes M. die Einsparung des Pumpaufwandes für das Wasser aus der Quelle Tie.-Klamm zu den Hochbehältern sei. Auch die belangte Behörde habe in der Begründung des angefochtenen Bescheides jenen Bescheid vom ignoriert; bei Berücksichtigung der Quelle Tie.-Klamm als des anderen "Standbeins" für die Aufbringung des Trinkwassers sei allerdings der Wasserbedarf der mitbeteiligten Partei gesichert.
25 Auf diese Fragestellung hätten die Revisionswerber bereits im Verwaltungsverfahren in ihrer am erstatteten Äußerung zum Gutachten des Amtssachverständigen hingewiesen, ebenso darauf, dass sich gegenüber den - vom Amtssachverständigen zugrunde gelegten - Angaben im Einreichoperat vom April 2011 der Wasserbedarf einer bestimmten Käserei im Ausmaß von rund 50 m3 pro Tag infolge deren Schließung auf derzeit nur mehr 2 m3 pro Tag verringert habe. Insofern habe die belangte Behörde dem Sachverständigen keine Fragebeantwortung zum Thema der "Wassernutzung" aufgetragen.
26 4.2. Mit diesem Vorbringen wird eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufgezeigt:
27 In der Verhandlungsschrift über eine von der Erstbehörde über den Bewilligungsantrag der mitbeteiligten Partei durchgeführte Verhandlung am sind Ausführungen des wasserbautechnischen Amtssachverständigen DI N.N. enthalten, wonach die mitbeteiligte Partei ihre Versorgungsgebiete einerseits aus dem Quellgebiet M. und andererseits aus der Quelle Tie.-Klamm, erstmals wasserrechtlich bewilligt 1970, mit einer Konsenswassermenge von 6 l/s, versorge. Der Bedarf an Spitzenverbrauchstagen von 4,37 l/sec laut der Wasserbedarfsberechnung des Projektes könne derzeit aus der Tie.- Klamm gedeckt werden, wozu jedoch die ständige Hebung des Wassers in das Versorgungsgebiet erforderlich sei. Die Versorgung der Gemeinde Sch. verlange jedoch nach Beibehaltung bzw. Ausbau des Quellgebietes M. als "des zweiten Standbeins", zumal dieses Quellgebiet eine Einspeisung des Trinkwassers ohne Energieaufwand ermögliche.
28 Dem gegenüber nimmt das dem vorliegend angefochtenen Bescheid zentral zugrunde liegende Gutachten eines Amtsachverständigen tatsächlich keinen Bezug auf die Versorgung des Versorgungsgebietes der mitbeteiligten Partei durch die Einspeisung aus der Quelle der Tie.-Klamm; entsprechend fehlt auch der Bescheid vom in der Auflistung der vom Amtssachverständigen angeführten "relevanten Unterlagen".
29 Die von der belangten Behörde (mit Blick auf eine Zwangsrechtseinräumung) gestellte Frage nach dem allgemeinen Interesse an der Sanierung des Quellgebietes M. (Ta.-Quellen) und an der Errichtung und Benützung der hiefür erforderlichen Anlagen wurde vom Amtssachverständigen zusammenfassend damit beantwortet, dass diese Sanierung jedenfalls erforderlich sei, um weiterhin eine hinreichende Versorgung mit qualitativ einwandfreiem Trinkwasser im Versorgungsgebiet der mitbeteiligten Partei sicherzustellen. Die gegenständliche Sanierung der Quellfassungen sei eine wesentliche Voraussetzung für die künftige Deckung des Wasserbedarfs.
30 Mit Schreiben vom räumte die belangte Behörde den Revisionswerbern und der mitbeteiligten Partei die Möglichkeit zur Stellungnahme gemäß § 45 Abs. 3 AVG bis zum " ho. einlangend" ein.
31 In ihrer daraufhin fristgerecht am erstatteten Äußerung beantragten die Revisionswerber unter anderem, den Amtssachverständigen zum Thema des Bedarfs an der Sanierung des Quellgebietes M. ergänzend danach zu befragen, ob der Bedarf der mitbeteiligten Partei durch die bewilligte Konsenswassermenge aus den Quellen der Tie.-Klamm gedeckt werden könne; ferner wurde darin auch vorgebracht, der dem Einreichoperat zugrunde liegende Wasserbedarf habe sich infolge der Schließung der erwähnten Käserei "auf ein Minimum reduziert".
32 Mit dem angefochtenen, vom datierenden Bescheid stützte sich allerdings die belangte Behörde auf die wiedergegebene Einschätzung des Amtssachverständigen zu dem allgemeinen Interesse an der Sanierung des Quellgebietes M., ohne sich auf irgendeine Weise inhaltlich mit dem wiedergegebenen Vorbringen in der Äußerung der Revisionswerber vom zu befassen.
33 Die darin gelegene Verletzung von Verfahrensvorschriften ist auch relevant, weil nicht auszuschließen ist, dass die belangte Behörde hinsichtlich des der Beurteilung nach § 63 lit. b WRG zugrunde liegenden Bedarfs zu einem anderen Ergebnis gelangt wäre, muss doch in einem Verfahren nach § 63 lit. b WRG 1959 der Bestand überwiegender Vorteile von Wasserbauvorhaben im allgemeinen Interesse sorgfältig geprüft werden (vgl. wiederum das hg. Erkenntnis zur Zl. 2010/07/0084, mwN).
34 5. Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften -aufgrund der Untrennbarkeit der einzelnen Spruchpunkte zur Gänze - aufzuheben.
35 Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm § 3 Z. 1 und § 4 der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014 und der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008. Das auf Ersatz von Umsatzsteuer gerichtete Mehrbegehren war abzuweisen, weil in dem in der Verordnung vorgesehenen Pauschalbetrag Umsatzsteuer mitenthalten ist (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , Zlen. 2013/07/0225, 0144, mwN).
Wien, am
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Normen | VwGG §30 Abs2; WRG 1959 §60 Abs1 litc; WRG 1959 §63 litb; |
Schlagworte | Darlegung der Gründe für die Gewährung der aufschiebenden Wirkung Begründungspflicht Besondere Rechtsgebiete Wasserrecht Unverhältnismäßiger Nachteil |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:2014:RO2014070019.J00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
UAAAE-90410