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VwGH vom 27.03.2007, 2007/06/0059

VwGH vom 27.03.2007, 2007/06/0059

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Giendl und die Hofräte Dr. Bernegger und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Khozouei, über die Beschwerde des RK in V (auch in Z, S), vertreten durch Dr. Christoph Schneider, Rechtsanwalt in 6700 Bludenz, Bahnhofstraße 8a, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Vorarlberg vom , Zl. UVS-1-809/E8-2006, betreffend eine Übertretung des Vorarlberger Baugesetzes (weitere Partei: Vorarlberger Landesregierung), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Auf Grund des Vorbringens in der Beschwerde, des vorgelegten, angefochtenen Bescheides und des erstinstanzlichen Straferkenntnisses geht der Verwaltungsgerichtshof von folgendem Sachverhalt aus:

Der Beschwerdeführer ist Eigentümer eines Hauses in V. in Vorarlberg, in dem er auch wohnt. Mit dem erstinstanzlichen Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft B vom wurde der Beschwerdeführer (im Zusammenhang mit seinem Haus) wegen Übertretung des § 55 Abs. 1 lit. j des Vorarlberger Baugesetzes - BauG (in Verbindung mit baubehördlichen Bescheiden) mit EUR 1.500,-- bestraft (im Falle der Uneinbringlichkeit 120 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe) und zum Ersatz der Kosten des erstinstanzlichen Strafverfahrens verpflichtet. Dieses Erkenntnis wurde dem Beschwerdeführer an seiner Wohnanschrift in V. zugestellt. Nach zwei erfolglosen Zustellversuchen am Donnerstag, dem , und am Freitag, dem , wurde die Sendung hinterlegt und beim Postamt V. ab Montag, dem , zur Abholung bereitgehalten. Der Beschwerdeführer war - jedenfalls im fraglichen Zeitraum - in Z berufstätig, kehrte aber zu den Wochenenden nach V. zurück. In der Folge wurde ihm das Straferkenntnis über sein Ersuchen auch an seinem Arbeitsplatz in Z zugestellt. Er sprach am Montag, dem , bei der Behörde erster Instanz vor und erhob mündlich Berufung.

Mit dem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde die Berufung als verspätet zurückgewiesen. Sie begründete dies zusammengefasst damit, der Beschwerdeführer habe angegeben, dass er zwar in V. wohnhaft sei, jedoch während der ganzen Woche in der S arbeite. An den Wochenenden kehre er zumeist am Samstagnachmittag nach V. zurück und fahre am Sonntagabend oder in der Nacht auf Montag wieder zu seiner Arbeitsstelle in Z. Es sei ihm daher nicht möglich gewesen, das hinterlegte Straferkenntnis zu beheben. Einem der belangten Behörde vorgelegten Schreiben seines Arbeitgebers sei zu entnehmen, dass der Beschwerdeführer jeweils von Montag bis Freitag für dieses Unternehmen im Einsatz stehe, wobei auch Nachteinsätze möglich seien, die bis in den Samstag dauern würden.

Die belangte Behörde ging davon aus, dass die Wohnung des Beschwerdeführers in V. eine Abgabestelle im Sinne des Zustellgesetzes sei und daher dort eine Zustellung grundsätzlich zulässig gewesen sei (wurde näher ausgeführt). Nach dem Vorbringen des Beschwerdeführers, so heißt es weiters, bestätigt durch das Schreiben seines Arbeitgebers, sei davon auszugehen, dass er am Samstag, dem , zu seiner Wohnung zurückgekehrt sei. Damit sei er noch vor Beginn der Abholfrist in den Besitz der Hinterlegungsanzeige gelangt und habe dadurch vom Zustellvorgang sowie davon, dass für ihn eine Sendung zur Abholung bereitgehalten werde, Kenntnis erlangt. Es sei ihm so die Frist zur Abholung und damit auch die Frist zur Einbringung einer Berufung ungekürzt zur Verfügung gestanden. Unter diesen Umständen liege kein Fall vor, wonach er wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis habe erlangen können. Die Hinterlegung sei daher gemäß § 17 Abs. 3 ZustG wirksam gewesen. Die Wirksamkeit der Zustellung hänge auch nicht davon ab, ob und wann die hinterlegte Sendung vom Empfänger in weiterer Folge behoben werde. Die Rechtsmittelfrist habe daher am zu laufen begonnen und sei am abgelaufen. Die Berufung sei jedoch erst am (mündlich) eingebracht worden. Der Umstand, dass das angefochtene Straferkenntnis nach der Zustellung an der Wohnung in V. auf Ersuchen des Beschwerdeführers auch an seinem Arbeitsplatz in Z zugestellt worden sei, könne daran nichts ändern, weil zufolge § 6 ZustG die erste Zustellung maßgebend sei.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 17 ZustG lautet (insofern Stammfassung):

"Hinterlegung

§ 17. (1) Kann die Sendung an der Abgabestelle nicht zugestellt werden und hat der Zusteller Grund zur Annahme, daß sich der Empfänger oder ein Vertreter im Sinne des § 13 Abs. 3 regelmäßig an der Abgabestelle aufhält, so ist das Schriftstück im Falle der Zustellung durch die Post beim zuständigen Postamt, in allen anderen Fällen aber beim zuständigen Gemeindeamt oder bei der Behörde, wenn sie sich in derselben Gemeinde befindet, zu hinterlegen.

(2) Von der Hinterlegung ist der Empfänger schriftlich zu verständigen. Die Verständigung ist in den für die Abgabestelle bestimmten Briefkasten (Briefeinwurf, Hausbrieffach) einzulegen, an der Abgabestelle zurückzulassen oder, wenn dies nicht möglich ist, an der Eingangstüre (Wohnungs-, Haus-, Gartentüre) anzubringen. Sie hat den Ort der Hinterlegung zu bezeichnen, den Beginn und die Dauer der Abholfrist anzugeben sowie auf die Wirkung der Hinterlegung hinzuweisen.

(3) Die hinterlegte Sendung ist mindestens zwei Wochen zur Abholung bereitzuhalten. Der Lauf dieser Frist beginnt mit dem Tag, an dem die Sendung erstmals zur Abholung bereitgehalten wird. Hinterlegte Sendungen gelten mit dem ersten Tag dieser Frist als zugestellt. Sie gelten nicht als zugestellt, wenn sich ergibt, daß der Empfänger oder dessen Vertreter im Sinne des § 13 Abs. 3 wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, doch wird die Zustellung an dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag innerhalb der Abholfrist wirksam, an dem die hinterlegte Sendung behoben werden könnte.

(4) Die im Wege der Hinterlegung vorgenommene Zustellung ist auch dann gültig, wenn die im Abs. 2 oder die im § 21 Abs. 2 genannte Verständigung beschädigt oder entfernt wurde."

Der Beschwerdeführer bringt vor, er arbeite in der S. Arbeitsbedingt sei es ihm meist erst möglich, frühestens Freitagabend, zumeist aber erst am Samstag, oft am Nachmittag, nach Hause zurückzukehren. Er trete die Rückreise nach Z immer am Sonntagabend oder in der Nacht von Sonntag auf Montag an. Auch während der Abholfrist sei er aus beruflichen Gründen jeweils am Samstag nach V. an die Abgabestelle zurückgekehrt, habe diese jedoch spätestens in der Nacht auf Montag berufsbedingt wieder verlassen müssen. Es sei ihm daher unmöglich gewesen, die hinterlegte Sendung beim Postamt abzuholen (weil er berufsbedingt während der Öffnungszeiten des Postamtes nicht in V. gewesen sei).

Dem ist Folgendes zu entgegnen: Der Beschwerdeführer bestreitet nicht die Feststellung der belangten Behörde, dass er sich am Wochenende 30. September/ (Samstag/Sonntag) an der Abgabestelle aufhielt und in Kenntnis des Zustellvorganges war, und bringt auch vor, sich an den folgenden Wochenenden während der Abholfrist, wenngleich außerhalb der Öffnungszeiten des Postamtes, ebenfalls an der Abgabestelle aufgehalten zu haben. Die ihm sichtlich vorschwebende Auffassung, die vorgenommene Zustellung sei deshalb unwirksam, weil er nicht die Möglichkeit gehabt habe, die hinterlegte Sendung beim Postamt abzuholen, trifft nicht zu. Er hatte jedenfalls Gelegenheit, entsprechende Dispositionen zu treffen, um in den Besitz der hinterlegten Sendung zu gelangen. Es kommt in diesem Zusammenhang nicht darauf an, ob der Empfänger auf Grund privater oder beruflicher Aktivitäten keine Zeit für die Abholung einer solchen Sendung findet (vgl. auch das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2005/09/0017 - Dispositionen für den zweiten Zustellversuch, und im Übrigen auch das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2005/06/0377 - Erkrankung während der Abholfrist). Das von ihm behauptete Hindernis, die Sendung beim Postamt zu beheben, ist im Prinzip gleichgelagert wie bei einem Tagespendler, der frühmorgens vor dem Öffnen des Hinterlegungspostamtes von seinem Wohnort zu einem entfernteren Arbeitsplatz fährt und erst abends, nach dem Schließen des Hinterlegungspostamtes, wieder an seinen Wohnort zurückkehrt. Nach dem Beschwerdevorbringen ist vielmehr davon auszugehen, dass das vorgetragene Hindernis, die hinterlegte Sendung zu beheben, auf einer Wertung des Beschwerdeführers beruhte, seiner beruflichen Tätigkeit mehr Bedeutung zuzumessen als entsprechende Dispositionen zu treffen, um in den Besitz der hinterlegten Sendung zu gelangen (nicht unbemerkt soll in diesem Zusammenhang bleiben, dass auch behördliche bzw. gerichtliche Verhandlungen üblicherweise während der "regulären Arbeitszeit" stattfinden, es daher auch insofern für berufstätige Menschen entsprechender Dispositionen bedarf).

Somit trifft die bekämpfte Auffassung der belangten Behörde zu, dass die am eingebrachte Berufung erst nach Ablauf der zweiwöchigen Berufungsfrist (§ 63 Abs. 5 AVG iVm § 24 VStG) erhoben wurde und daher verspätet war.

Da sich dies bereits aus dem Vorbringen der Beschwerde ergibt, war diese ohne weiteres Verfahren gemäß § 35 Abs. 1 VwGG nichtöffentliche Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Wien, am