VwGH vom 19.12.2017, Ro 2014/06/0084

VwGH vom 19.12.2017, Ro 2014/06/0084

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Köhler und die Hofrätinnen Dr. Bayjones, Mag.a Merl und Mag. Rehak sowie Hofrat Mag. Haunold als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Schreiber, über die Revision der W H in E, vertreten durch Pallauf Meißnitzer Staindl & Partner Rechtsanwälte in 5020 Salzburg, Petersbrunnstraße 13, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Salzburg vom , Zl. LVwG- 3/37/11-2014, betreffend Einzelbewilligung gemäß § 46 Salzburger Raumordnungsgesetz 2009 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Gemeindevertretung der Gemeinde Elsbethen; weitere Partei: Salzburger Landesregierung), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Revision wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

1 Zur Vorgeschichte wird auf das hg. Erkenntnis vom , 2012/06/0080, verwiesen, mit welchem der aufgrund des Antrages der Revisionswerberin vom auf Erteilung einer Einzelbewilligung gemäß § 46 Salzburger Raumordnungsgesetz 2009 (ROG 2009) ergangene Vorstellungsbescheid der Salzburger Landesregierung vom aufgrund unterbliebener Prüfung nach § 46 Abs. 2 ROG 2009 wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben worden war.

2 Im fortgesetzten Verfahren wurde dem Ansuchen der Revisionswerberin auf Erteilung einer Einzelbewilligung für die Neugründung einer Landwirtschaft - Bienenzucht mit Wohn- und Betriebsgebäude auf dem Grundstück Nr. X, KG E - mit Bescheid der Gemeindevertretung der Gemeinde E vom gemäß § 46 Abs. 3 Salzburger Raumordnungsgesetz 1998, LGBl. Nr. 44/1998, in der geltenden Fassung, die Bewilligung versagt.

3 Der dagegen erhobenen Beschwerde vom wurde mit dem angefochtenen Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Salzburg (LVwG) vom nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung keine Folge gegeben. Der mündlichen Verhandlung waren der Sachverständige für Ortsplanung DI P, der Amtssachverständige für Landwirtschaft DI J und die Sachverständige für Bienenzucht P beigezogen worden.

4 Begründend führte das LVwG zusammengefasst und soweit für das vorliegende Verfahren relevant aus, eine Einzelbewilligung im Grünland (das verfahrensgegenständliche Grundstück ist im Flächenwidmungsplan als Grünland - Ländliches Gebiet ausgewiesen) komme gegenständlich grundsätzlich in Betracht, weil es sich bei der Imkerei um einen landwirtschaftlichen Betrieb handle. Da sowohl das Betriebskonzept schlüssig als auch die Flächenausstattung für den vorgesehenen Betrieb ausreichend seien, werde auf § 46 Abs. 5 ROG 2009 nicht näher eingegangen. Die vorliegende Bewilligung sei anhand der in § 46 Abs. 2 leg. cit. aufgestellten Kriterien zu beurteilen, wobei dessen Z 4 keine Berücksichtigung finde, weil das geplante Vorhaben keine Zweitwohnungen, Handelsgroßbetriebe, Beherbergungsgroßbetriebe oder Seveso-II-Betriebe betreffe.

Das Vorbringen zu § 46 Abs. 2 Z 1 ROG 2009, der besondere Grund liege in der Versorgung der Bevölkerung mit Honig, sei nicht geeignet, einen derartigen besonderen Grund für die Einzelbewilligung zu bilden. Es bestehe nach dem Sachverständigen (für Landwirtschaft) DI J in Salzburg mit Ausnahme von Rindfleisch und Milch generell eine Unterversorgung hinsichtlich der Eigenproduktion innerhalb des Bundeslandes. Aufgrund der gebotenen restriktiven Auslegung der Ausnahmebestimmung könne jedoch auf der Unterversorgung der Bevölkerung mit in Salzburg bzw. im Inland produziertem Honig keine Einzelbewilligung basieren, weil offenbar eine chronische Unterversorgung an landwirtschaftlich gewonnenen Produkten gegeben sei. Würde also eine Einzelbewilligung für eine Imkerei erteilt werden, müsste eine solche für jede andere landwirtschaftliche Form der Tierhaltung, Rinderhaltung ausgenommen, erteilt werden. Gemäß § 46 Abs. 3 Z 4 ROG 2009 werde eine Einzelbewilligung (im Grünland) auf landwirtschaftliche Betriebe eingeschränkt, womit ohnedies in den allermeisten Fällen die Versorgung der Bevölkerung mit Nahrungsmitteln verbunden sei. Soweit die besondere Lage des Grundstückes als besonderer Grund angeführt worden sei, habe die Sachverständige für Bienenzucht P hervorgehoben, dass die gegenständlichen Wiesenflächen im Eigentum der Revisionswerberin stünden und daher später als andere Wiesen gemäht werden würden. Es gebe laut der Sachverständigen P viele Wiesen dieser Art in Salzburg. Wenn man den Flugradius der Bienen, welcher 3 bis 4 km betrage, berücksichtige und die im Eigentum der Revisionswerberin stehenden Flächen dazu in Relation setze, finde nur ein minimaler Anteil des gewonnenen Honigs seinen Ursprung auf diesen Flächen. Daher bedürfe es hinsichtlich der Besonderheit des Standortes einer über die Grenzen des Grundstückes der Revisionswerberin hinausgehenden Beurteilung. Dafür, dass das Gemeindegebiet E oder dessen größerer Umkreis aufgrund einer hervorzuhebenden Pflanzenvielfalt einen "besonderen" Honig im Vergleich zu anderen Gebieten im Bundesland Salzburg ermöglichte, lägen keine Anhaltspunkte vor.

Im Regionalprogramm Salzburg Stadt und Umgebungsgemeinden (LGBl. Nr. 94/2013) seien verbindliche flächige Festlegungen zur räumlichen Ordnung und Entwicklung der Region statuiert worden, wobei mit den planlichen Festlegungen keine parzellenscharfen Aussagen getroffen worden seien. Da der "Vorrangbereich Ökologie" des Regionalprogrammes westlich des S-Guts beginne und sich in Richtung Nordwesten erstrecke, sei das Grundstück der Revisionswerberin davon erfasst. Es sei zutreffend, dass für Maßnahmen auf der Grundparzelle der Revisionswerberin kein naturschutzbehördliches Verfahren erforderlich sei. Das verfahrensrelevante Biotop mit teilweise geschützten Pflanzenarten, wie etwa dem Färberginster, stehe im Einklang mit dem in diesem Bereich eingetragenen ökologischen Vorrang. In diesem Vorrangbereich sei keine Baulandwidmung möglich, ausgenommen davon seien Maßnahmen, die im öffentlichen Interesse lägen, was von der Gemeinde autonom darzulegen sei. Ein solches Interesse sei von der Gemeindevertretung der Gemeinde E jedoch verneint worden; dem sei insofern zuzustimmen, als die Errichtung eines Imkereibetriebes innerhalb eines Wohnhauses nicht im öffentlichen Interesse liegen könne, sei ein solches Vorhaben doch nicht ausschließlich auf diesen Standort beschränkt und befinde sich darüber hinaus in räumlicher Nähe hierzu eine bereits existente Imkerei.

Die Zulässigkeit der ordentlichen Revision begründete das LVwG damit, dass eine Rechtsfrage zu lösen sei, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukomme, insbesondere deshalb, weil zur Auslegung der Bestimmungen des § 46 Abs. 2 ROG 2009, insbesondere zum Begriff "besonderer Grund für die Ausnahme", Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehle und die Bedeutung dieser Rechtsfrage über jene des vorliegenden Einzelfalls hinausgehe.

5 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende Revision, in welcher die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Erkenntnisses wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes, in eventu die Entscheidung in der Sache selbst beantragt wurde.

6 Das LVwG legte die Akten des Verfahrens vor. Es wurden keine Revisionsbeantwortungen erstattet.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

7 Die Revision ist - wie das LVwG und auch die Revisionswerberin im Ergebnis zutreffend ausführen - angesichts des Fehlens von Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Auslegung des Begriffes des "besonderen Grundes" in § 46 Abs. 2 Z 1 ROG 2009 zulässig.

8 Im vorliegenden Revisionsfall ist im Hinblick auf den Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Erkenntnisses folgende Rechtslage von Bedeutung:

§§ 45 und 46 des Gesetzes vom über die Raumordnung im Land Salzburg (Salzburger Raumordnungsgesetz 2009 - ROG 2009), LGBl. Nr. 30/2009 in der Fassung LGBl. Nr. 106/2013, lauten auszugsweise:

"§ 45

(1) Ab Inkrafttreten des Flächenwidmungsplanes dürfen Bauplatzerklärungen und nach baurechtlichen Vorschriften des Landes erforderliche Bewilligungen nur in Übereinstimmung mit den Festlegungen im Flächenwidmungsplan (Widmungen und Kennzeichnungen) erteilt werden. Rechtmäßig bestehende bauliche Anlagen und Nutzungen bleiben von den Festlegungen unberührt.

...

§ 46

(1) Die Wirkungen des Flächenwidmungsplans gemäß § 45 Abs. 1 können auf Ansuchen für ein genau zu bezeichnendes Vorhaben durch Bescheid der Gemeindevertretung ausgeschlossen werden (Einzelbewilligung). Das Ansuchen kann vom Grundeigentümer oder einer Person gestellt werden, die einen Rechtstitel nachweist, der für die grundbücherliche Einverleibung seines Eigentumsrechts an der Grundfläche geeignet ist.

(2) Die Erteilung einer Einzelbewilligung liegt im

Planungsermessen der Gemeinde und ist nur zulässig, wenn

1. ein besonderer Grund für die Ausnahme vorliegt;

2. der vorgesehene Standort für das Vorhaben geeignet ist;

3. dem Vorhaben das Räumliche Entwicklungskonzept bzw die

erkennbare grundsätzliche Planungsabsicht der Gemeinde nicht

entgegensteht und

4. das Vorhaben keine Zweitwohnungen, Handelsgroßbetriebe,

Beherbergungsgroßbetriebe oder Seveso-II-Betriebe betrifft.

Der Nachweis des Vorliegens dieser Voraussetzungen ist vom Antragsteller zu erbringen.

(3) Eine Einzelbewilligung kommt im Grünland nur in Betracht:

...

4. für die Neugründung land- und forstwirtschaftlicher Betriebe.

...

(5) Die Erteilung einer Einzelbewilligung gemäß Abs 3 Z 4 kommt nur in Betracht, wenn eine für einen lebens- und leistungsfähigen Betrieb ausreichende Flächenausstattung gegeben ist und durch ein Betriebskonzept belegt wird, dass maßgebliche Einnahmen aus der Land- und Forstwirtschaft erzielt werden können. Der Nachweis des Vorliegens dieser Voraussetzungen ist vom Antragsteller zu erbringen.

..."

9 Vorgängerbestimmungen des im gegenständlichen Revisionsfall anwendbaren § 46 ROG 2009 waren § 24 Abs. 3 ROG 1998, § 24 Abs. 3 ROG 1992 und § 19 Abs. 3 ROG 1977 (auf die historischen Ursprünge der Norm im ersten ROG 1956 sowie darauffolgend in § 19 Abs. 3 ROG 1968 (vgl. Hauer, Salzburger Baurecht2, S 311 zu § 24 Abs. 3) wird in der Folge nicht eingegangen).

10 Folgender struktureller Aufbau kennzeichnet die genannten Vorgängerbestimmungen: Als Ausschluss der Wirkungen des Flächenwidmungsplanes gemäß Abs. 1 der jeweiligen Bestimmung (in § 24 ROG 1998, § 24 ROG 1992 sowie § 19 ROG 1977; nunmehr in § 45 Abs. 1 ROG 2009 normiert) und daher entgegen der Bestimmung, dass Bewilligungen nur in Übereinstimmung mit der Flächenwidmung erteilt werden können, konnte eine Einzelbewilligung dann erteilt werden, wenn dieser das räumliche Entwicklungskonzept (REK) - diese Voraussetzung findet sich seit dem ROG 1977 in der Fassung LGBl. Nr. 52/1984 in § 19 Abs. 3 ROG 1977 - oder die erkennbare grundsätzliche Planungsabsicht nicht entgegenstand. So lautet etwa § 24 Abs. 3 ROG 1998 in der Fassung LGBl. Nr. 13/2004 auszugsweise "Die Wirkungen des Flächenwidmungsplanes gemäß Abs 1 können ... durch Bescheid ausgeschlossen und ein genau bezeichnetes Vorhaben raumordnungsrechtlich bewilligt werden, wenn dieses dem räumlichen Entwicklungskonzept bzw. der erkennbaren grundsätzlichen Planungsabsicht nicht entgegensteht.". Gleichzeitig wurden in negativer Umschreibung einzelne, absolut unzulässige Vorhaben normiert (so etwa schon in § 19 Abs. 3 ROG 1977, LGBl. Nr. 26/1977, Apartmenthäuser, Feriendörfer, Wochenendsiedlungen oder Einkaufszentren).

11 Dementsprechend hatte die Behörde nach der hg. Rechtsprechung zu den Vorgängerbestimmungen auch zunächst nur zu prüfen, ob die angestrebte Ausnahmebewilligung den erkennbaren Planungszielen der Gemeinde zuwiderlief oder nicht. Erst bei positiver Beurteilung dieser Frage kam eine Ermessensentscheidung der Behörde in Betracht (vgl. zu einer Ausnahmebewilligung nach § 19 Abs. 3 ROG 1977 etwa ). Weiters sprach der Verwaltungsgerichtshof aus, dass die Erteilung einer Ausnahmebewilligung gemäß § 19 Abs. 3 ROG 1977 eine Dispens mit Bescheidcharakter darstelle, wobei (zunächst in rechtlicher Gebundenheit) zu prüfen sei, ob die Ausnahme im Einzelfall geeignet sei, die Erreichung von konkreten Planungszielen zu stören. Eine solche Bewilligung sei dann gerechtfertigt, wenn besondere, von der Partei angeführte oder aus ihrem Vorbringen im Zusammenhang mit der jeweils gegebenen Situation erkennbare Gründe dafür sprächen (vgl. , mwN). Dies hatte der Verwaltungsgerichtshof bereits zur Bestimmung des § 19 Abs. 3 ROG 1968 ausgesprochen (vgl. etwa , mwN).

12 Mit LGBl. Nr. 30/2009 wurde die in Rede stehende Einzelbewilligung in einem eigenen Paragraphen, § 46 ROG 2009, geregelt und das Erfordernis des Vorliegens eines "besonderen Grundes" als Z 1 in das Gesetz aufgenommen. Damit fand eine strukturelle Änderung insoweit statt, als nicht mehr nur das Entgegenstehen des REK bzw. der Planungsziele zu prüfen ist, sondern mehrere kumulativ erforderliche Voraussetzungen formuliert sind und daher das Vorliegen eines besonderen Grundes jedenfalls zum Fehlen des Widerspruchs zum REK oder zur erkennbaren Planungsabsicht hinzutreten muss.

13 Aus der bisherigen Rechtsprechung zu § 46 ROG 2009 und seinen Vorgängerbestimmungen lässt sich somit im Hinblick auf das Fehlen der nunmehr verankerten Voraussetzung des Vorliegens eines besonderen Grundes nichts Entscheidendes für die Auslegung des § 46 Abs. 2 leg. cit. in der hier anzuwendenden Fassung ableiten (sieht man von der vereinzelten Erwähnung von Umständen ab, welche keinen besonderen Grund darstellen können, wie etwa im Zusammenhang mit einer behaupteten Zusage des Bürgermeisters das bereits zitierte Erkenntnis , auf die möglicherweise die unten in Rz 19 wiedergegebene Bemerkung in den stenographischen Protokollen des Salzburger Landtages, 6. Session der 13. Gesetzgebungsperiode, S 117, zurückgeht).

14 Das Vorliegen eines "besonderen Grundes" kann nicht für sämtliche denkbare Fallkonstellationen allgemein umschrieben werden. Es werden sich aber - ohne dass dies eine abschließende Aufzählung sein könnte - Kriterien angeben lassen, welche bei der Auslegung des Begriffs "besonderer Grund" heranzuziehen sind. Dabei wird die Auslegung anhand dieser Gesichtspunkte nicht im Sinne einer kumulativen Prüfung, sondern vielmehr im Sinne eines "beweglichen Systems" im Sinne Wilburgs zu erfolgen haben (vgl. zum "beweglichen System" nach W. Wilburg Bydlinski, Juristische Methodenlehre2, S 529ff). Es sind die Kriterien daher als bewegliche Wertungen in der Norm selbst, im hier vorliegenden Fall § 46 Abs. 2 Z 1 ROG 2009, zu verstehen und wird daher die "betreffende Wertung konsequenterweise umso mehr für die Rechtsfolge sprechen, je stärker ausgeprägt die Merkmale im konkreten Fall sind." (Bydlinski, Juristische Methodenlehre2, S 535).

15 Bei Auslegung des Begriffes des besonderen Grundes muss unter Berücksichtigung der drei in § 46 Abs. 1 ROG 2009 angesprochenen Tatbestandselemente, nämlich des genau zu bezeichnenden Vorhabens, des Standorts (der Fläche), für die die Wirkungen des Flächenwidmungsplanes ausgeschlossen werden sollen, sowie der in § 46 Abs. 1 leg. cit. umschriebenen Person des Antragstellers, auf objektive wie subjektive Momente abgestellt werden. Dabei sind unter den subjektiven Momenten Kriterien wie die Notwendigkeit für den Antragsteller oder andere besondere, in der Person des Antragstellers liegende Gründe, wie etwa eine besondere Befähigung des Antragstellers für das zu bewilligende Vorhaben (hierbei liegt auch kein Widerspruch zur Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes , zu § 19 Abs. 3 ROG 1977 vor, weil es dort bei der Beurteilung der Frage, ob ein Bauvorhaben den gegebenen beziehungsweise angestrebten Strukturverhältnissen widerspreche, nicht auf in der Person des Ausnahmewerbers gelegene Gründe ankam) denkmöglich. In objektiver Hinsicht werden der objektive Bedarf an dem zu bewilligenden Vorhaben oder Faktoren, wie der Mangel sonstiger geeigneter Standorte für das Vorhaben, Berücksichtigung zu finden haben.

16 Die Revision führt zum Vorliegen eines besonderen Grundes zunächst aus, dass dieser - in Zusammenhang mit § 46 Abs. 2 Z 2 ROG 2009, der Eignung des Standortes für das Vorhaben - in der für die Bienenzucht besonders geeigneten Lage des Standortes zu sehen sei. Ein Wohnsitz ("ein räumlicher Zusammenhang zwischen dem

Standort und der ... (Revisionswerberin)") werde vom Gesetz dafür

nicht verlangt. Die Bienenzucht benötige ein ökologisches Umfeld, das ein bestmögliches Nahrungsangebot für Bienen biete und daher auch einen möglichst großen Ertrag erwarten lasse. Der vorliegende Standort sei nach den Feststellungen des LVwG und der Sachverständigen für Bienenzucht P als ideal zu erachten, "da Blüte, ausreichend Raine und Bäche vorhanden" seien. Auch die Waldrandlage und somit das Vorhandensein von Nadel- wie Laubbäumen in unmittelbarer Nähe begünstige den Betrieb einer Bienenzucht. Daher sei am gegenständlichen Standort die Grundlage für vielfältigen Honig vorhanden.

Die Festlegungen des "Vorrangbereiches Ökologie" im Regionalprogramm seien nicht parzellenscharf; es sei daher eindeutig, dass eine klare Abgrenzung dieses Vorrangbereiches vom Verordnungsgeber nicht beabsichtigt und vorgesehen gewesen sei. Der Rechtsunterworfene habe auf dieser Grundlage keine ausreichende Klarheit über die genauen Flächen des Vorrangbereiches, vielmehr sei lediglich eine Planungsabsicht gegeben. Die Imkerei stelle dazu keinen Widerspruch dar. Um ein bestmögliches Betriebsergebnis zu erzielen, könne ein Imkereibetrieb nicht im dicht bewohnten Gebiet geführt werden. Die Bienenzucht sei standortabhängig. Von den Sachverständigen P und DI J sei der Standort als bestens geeignet für die Imkerei beurteilt worden. In diesem Zusammenhang habe das LVwG in Verkennung der Rechtslage keine Feststellungen dazu getroffen, dass es in Österreich kaum mehr Imkereibetriebe gebe. Die Sachverständige P habe ausgeführt, dass Imker quasi eine "bedrohte Art" seien. Feststellungen in diese Richtung wären für die Beurteilung eines Ausnahmebestandes von Relevanz gewesen.

17 Vorweg ist festzuhalten, dass Ausnahmebestimmungen grundsätzlich restriktiv zu interpretieren sind (vgl. aus vielen , mwN). Weiters ist anhand der Entwicklung der gegenständlichen Norm zu beobachten, dass nach ihrer Einführung mit dem ersten ROG 1956 (damals vor dem Hintergrund der Schaffung einer Möglichkeit für Landwirte zur Errichtung von Austragshäusern (vgl. Hauer, aaO, S 311 zu § 24 Abs. 3)) eine kontinuierliche Einschränkung ihres Anwendungsbereiches insbesondere durch die Raumordnungsnovellen 1992 und 2009 erfolgte (vgl. auch Schmidjell, Salzburger Raumordnungsgesetz 2009, Gesetzestext. Kommentar. Informationen, in Oberholzer (Hrsg), Wissenschaftliche Schriftenreihe der Wirtschaftskammer Salzburg, Bd 3, § 46, S 142) und schon dadurch erkennbar wird, dass eine restriktive Handhabung in der Anwendung der gegenständlichen Ausnahmebestimmung angezeigt ist.

18 Auch in den Erläuterungen zum ROG 2009 wird zur Normierung des Vorliegens eines besonderen Grundes ausgeführt, dass dieser "bisher von der Rechtsprechung geforderte besondere Grund" für die Erteilung einer Einzelbewilligung in das Gesetz aufgenommen und damit betont werde, dass die Einzelbewilligung keine Selbstverständlichkeit sei, sondern eine Ausnahme darstelle, deren Erteilung einer entsprechenden Begründung bedarf (siehe Nr. 86 der Beilagen zum stenographischen Protokoll des Salzburger Landtages,

6. Session der 13. Gesetzgebungsperiode, S 117).

19 Zudem wurde die Möglichkeit der Erteilung einer Ausnahmebewilligung im Grünland in § 46 Abs. 3 mit der Novelle des ROG 2009 insofern erheblich eingeschränkt, als die Erteilung nicht mehr bloß negativ vom Fehlen eines Ausschlussgrundes abhängt, sondern die Zulässigkeit von mehreren, auch positiv formulierten Voraussetzungen abhängig ist (vgl. Schmidjell, aaO, § 46, S 142). Die Regierungsvorlage führt dazu aus, dass diese Änderung die Wirkungen des Flächenwidmungsplanes stärken solle, indem für alle neuen Entwicklungen eine Baulandausweisung erforderlich sein werde. Künftig sei - vorbehaltlich der Z 3 und 4 des dritten Absatzes - auch die Neuerrichtung von Betriebsbauten im Grünland mittels Einzelbewilligung nicht mehr zulässig (vgl. wiederum Nr. 86 der Beilagen zum stenographischen Protokoll des Salzburger Landtages, 6. Session der 13. Gesetzgebungsperiode, S 117).

20 Es ist zutreffend, dass insofern eine Verknüpfung zwischen den Z 1 und 2 des § 46 Abs. 2 ROG 2009 vorliegen kann (jedoch nicht zwingend vorliegen muss), als in Z 2 die abstrakte Eignung des Standortes für das Vorhaben normiert wird, eine unter einem bestimmten Blickwinkel besondere Lage oder Eigenschaften eines Standortes allerdings auch einen besonderen Grund im Sinne der Z 1 darstellen kann.

21 Das LVwG hat zu diesem Vorbringen schlüssig ausgeführt, dass in Anbetracht des von der Sachverständigen angegebenen Flugradius der Bienen und der Fläche des verfahrensgegenständlichen Grundstückes nur ein minimaler Anteil des gewonnenen Honigs seinen Ursprung auf dem Grundstück der Revisionswerberin habe. Damit könne jedoch mit dem Argument, die Wiesen der Revisionswerberin würden später als diejenigen auf anderen Flächen gemäht werden, kein besonderer Grund im relevanten Sinne dargelegt werden. Für Überlegungen in die Richtung, dass aufgrund eines etwaigen besonderen Pflanzenbestandes ein "besonderer" Honig auf diesem Standort produziert werden könne, gebe es keine Anhaltspunkte. Darüber hinaus gebe es nach den Ausführungen der Sachverständigen für Bienenzucht P viele Wiesen dieser Art. 22 Damit hat das LVwG in seiner Begründung auf Gesichtspunkte abgestellt, welche sich mit den oben skizzierten Überlegungen (siehe Rz 16) zum objektiven Bedarf an dem Vorhaben sowie zur besonderen Lage des Standortes in Einklang bringen lassen und hat zutreffend auf eine notwendige Besonderheit (hier: im Vergleich zu anderen Gemeindegebieten des Bundeslandes Salzburg) des zu bewilligenden Vorhabens abgestellt. Dass der Standort eine derart besondere Lage oder Eigenschaften aufweise, die das Vorliegen eines Ausnahmegrundes im Sinn des § 46 Abs. 2 Z 1 ROG 2009 rechtfertigen könnten, ist jedoch auf Grund der auf das Gutachten der Sachverständigen für Imkerei P (welche in der mündlichen Verhandlung selbst ausführte, es gebe "einige derartige Standorte in Salzburg") gestützten Auffassung des LVwG, es gebe noch viele Wiesen dieser Art in Salzburg, nicht zu erkennen und wird dies in der Revision auch nicht behauptet.

23 Soweit die Revisionswerberin in diesem Zusammenhang moniert, dass das Gesetz einen Wohnsitz nicht verlange, so verkennt sie, dass das LVwG davon auch nicht ausgegangen ist.

24 Es ist weiters auch hervorzuheben, dass gemäß § 46 Abs. 2 letzter Satz ROG 2009 die in diesem Absatz genannten Voraussetzungen vom Antragsteller nachzuweisen sind. Demnach hat der Antragsteller auch alles vorzubringen, was er für das Vorliegen eines besonderen Grundes als relevant erachtet. Dass die Behörde oder das LVwG nach einem solchen gleichsam suchen müsse, kann der genannten Gesetzesbestimmung nicht entnommen werden.

25 Weiters hat das LVwG unter dem Gesichtspunkt der besonderen Lage zusätzlich ausgeführt, es sei im Bereich des verfahrensrelevanten Grundstückes ein ökologischer Vorrangbereich nach dem Regionalprogramm Salzburg Stadt und Umgebungsgemeinden, LGBl. Nr. 94/2013, eingetragen und es gebe auf dem verfahrensrelevanten Biotop teilweise geschützte Pflanzenarten. Wenn in der Revision darauf hingewiesen wird, dass mit der Imkerei kein Widerspruch zum Regionalprogramm (und damit wohl auch gemeint: zum ökologischen Vorrangbereich) gegeben sei, ist zu betonen, dass - abgesehen davon, dass das eingereichte Projekt auch die Errichtung eines Wohngebäudes vorsieht - das LVwG in diesem Zusammenhang erkennbar auf die gegenständlich relevanten Argumente, das beantragte Vorhaben sei nicht ausschließlich auf diesen Standort beschränkt und es existiere in räumlicher Nähe bereits eine Imkerei, abgestellt hat. Diese sind mit den zu berücksichtigenden Gesichtspunkten in Einklang zu bringen.

26 Eine Einbeziehung der Situierung des verfahrensgegenständlichen Grundstückes (erkennbar gemeint am Rande einer Wanderstrecke) - als weiterer Gesichtspunkt im Hinblick auf den objektiven Bedarf den Standort betreffend - findet sich in dem angefochtenen Erkenntnis zwar im Rahmen der Prüfung nach § 46 Abs. 2 Z 2 ROG 2009. Aufgrund der gegenständlichen Verknüpfung der Z 1 und 2 lässt sich diese Überlegung jedoch auch noch als im Zusammenhang mit dem Vorliegen eines besonderen Grundes angestellt verstehen. Dass dabei die abstrakte Eignung des Standortes gemäß Z 2 als gegeben angesehen wurde, schließt eine negative Beurteilung hinsichtlich der Qualifikation für das Vorliegen eines besonderen Grundes nicht aus, weil sonst eine eigenständige Normierung der Z 2 leg. cit. hinfällig wäre.

27 Abgesehen davon, dass das Argument der Revisionswerberin, für ein bestmögliches Betriebsergebnis käme das Führen eines Imkereibetriebes im dicht bewohnten Gebiet nicht in Frage, nicht ausreicht um eine besondere Lage oder Eigenschaften des in Aussicht genommenen Standortes darzulegen, ist das LVwG davon auch nicht ausgegangen. Dass im konkreten Fall maßgebliche Einnahmen aus der Land- und Forstwirtschaft erzielt werden könnten, hat das LVwG seiner Entscheidung vielmehr zugrunde gelegt.

28 Soweit die Revision einen Verfahrensmangel dahingehend erblickt, dass seitens des LVwG im Zusammenhang mit der Lage des Standortes als Voraussetzung nach § 46 Abs. 2 Z 1 ROG 2009 keine Feststellungen zur Frage, wie viele Vollerwerbsimker es im Bundesland Salzburg noch gebe, getroffen worden seien, ist ihr entgegenzuhalten, dass dies für die Beurteilung, ob der konkrete verfahrensrelevante Standort wegen seiner besonderen Lage oder Eigenschaften als Ausnahmegrund im Sinne der zitierten Bestimmung qualifiziert werden könne, nicht relevant sein kann. Feststellungen dazu hatte das LVwG entgegen der in der Revision vertretenen Ansicht demnach nicht zu treffen. Das diesbezügliche Vorbringen der Revisionswerberin geht daher ins Leere.

29 Im Weiteren führt die Revision als besonderen Grund die Versorgung der Bevölkerung mit Honig und Produkten aus der Bienenzucht an. Imkerei und landwirtschaftliche Produkte daraus seien "Lebensmittel, deren Nachfrage durch die heimische Produktion nicht befriedigt" werden könne; es würden jährlich Tonnen von Honig importiert. Dabei habe der Gesetzgeber im Zusammenhang mit § 2 Abs. 1 Z 8 ROG 2009 (dieser lautet auszugsweise: "Die Erhaltung einer lebensfähigen bäuerlichen Land- und Forstwirtschaft ist sicherzustellen. Dabei ist diese so zu entwickeln, dass sie in der Lage ist, die Bevölkerung mit Nahrungsmitteln und Rohstoffen bestmöglich zu versorgen und die Erhaltung und Pflege der Kultur- und Erholungslandschaft zu gewährleisten. ...") den besonderen Grund bereits definiert.

30 Das LVwG hat zutreffend ausgeführt, dass die nach sachverständiger Sicht anzunehmende generelle Unterversorgung hinsichtlich der Eigenproduktion von landwirtschaftlich gewonnenen Produkten, mit Ausnahme von Milch und Rindfleisch, innerhalb des Bundeslandes Salzburg keine Einzelbewilligung rechtfertigen könne und hat damit zutreffend das Vorliegen eines objektiven Bedarfes im Sinne der obigen Ausführungen verneint. Die Versorgung der Bevölkerung des Landes Salzburg mit Honig (allein) kann schon deshalb kein besonderer Grund im Sinne des § 46 Abs. 2 Z 1 ROG 2009 sein, weil dies eine generelle Öffnung des genannten Tatbestandes in die Richtung bewirken würde, dass die Neugründung von Imkereien oder anderen land- und forstwirtschaftliche Betrieben (im Sinne des Abs. 3 Z 4) generell einen besonderen Grund darstellen würde. Gerade eine solche Öffnung des § 46 Abs. 2 Z 1 ROG 2009 als Generalklausel steht der Intention des Gesetzgebers jedoch diametral entgegen.

31 Soweit die Revision auf das in § 2 Abs. 1 Z 8 ROG 2009 (siehe hierzu Rz 30) formulierte Ziel der Salzburger Raumordnung (zur Unterscheidung zwischen Zielen (Abs. 1) und Grundsätzen (Abs. 2) in § 2 des ROG 2009 vgl. Schmidjell, aaO, § 2, S 14) abzielen möchte, ist ihr entgegenzuhalten, dass in den auf die verschiedenen raumrelevanten Sachbereiche und ihre anzustrebende Entwicklung bezugnehmenden Zielen des § 2 Abs. 1 leg. cit. (vgl. Schmidjell, aaO, § 2, S 14) schon mangels diesbezüglichen Verweises in § 46 leg. cit. keine Konkretisierung der in § 46 Abs. 2 Z 1 leg. cit. geforderten Voraussetzung zu erblicken ist. Dass in der allgemeinen Zielbestimmung des § 2 Abs. 1 Z 8 leg. cit. eine für den Einzelfall relevante Konkretisierung des Begriffes des besonderen Grundes zu erblicken sei, kann der Gesetzeslage nicht entnommen werden.

32 Unter subjektiven Gesichtspunkten wurde von der Revisionswerberin - abgesehen von ihrem Vorbringen in der mündlichen Verhandlung, wonach sie mit Bienen groß geworden und familiär beschlossen worden sei, einen Imkereibetrieb zu eröffnen (sohin der Wille hierzu bestehe), worin keinesfalls ein besonderer Grund liegen kann - nichts vorgetragen und finden sich auch in der Revision keine dahingehenden Ausführungen. Vor dem Hintergrund, dass dem Antragsteller zuzusinnen ist, alles Relevante für das Vorliegen eines besonderen Grundes vorzutragen, kann dem LVwG auch kein Vorwurf dahingehend gemacht werden, dass es auf allfällige weitere subjektive Momente nicht eingegangen ist. Dass die Revisionswerberin vor dem LVwG andere Gründe als die Lage ihres Grundstückes und die Versorgung der Bevölkerung mit Honig angegeben habe, wird in der Revision auch nicht behauptet.

33 Soweit die Revisionswerberin auf die erfolgte Erteilung einer Einzelbewilligung in einem ähnlich gelagerten Fall hinweisen möchte, ist ihr entgegenzuhalten, dass nur der von ihr eingebrachte Antrag Gegenstand des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens sein kann.

34 Nach den obigen Ausführungen ist das LVwG daher zu Recht nicht vom Vorliegen eines besonderen Grundes ausgegangen. Es fehlt daher bereits an der nach Z 1 erforderlichen Voraussetzung der nach § 46 Abs. 2 ROG 2009 für die Erteilung einer Einzelbewilligung vorgesehenen kumulativen Anforderungen. Die Revision war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen, ohne dass auf das weitere Vorbringen einzugehen war.

Wien, am

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ECLI:
ECLI:AT:VWGH:2017:RO2014060084.J00
Schlagworte:
Planung Widmung BauRallg3 Auslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Verhältnis der wörtlichen Auslegung zur teleologischen und historischen Auslegung Bedeutung der Gesetzesmaterialien VwRallg3/2/2

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