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VwGH vom 01.06.2017, Ro 2014/06/0079

VwGH vom 01.06.2017, Ro 2014/06/0079

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Köhler sowie die Hofrätinnen Dr. Bayjones, Mag.a Merl und Mag. Rehak und Hofrat Mag. Haunold als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Schubert-Zsilavecz, über die Revision des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Salzburg, Schloss Mirabell, 5020 Salzburg, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Salzburg vom , LVwG- 3/64/7-2014, betreffend einen Bauauftrag (mitbeteiligte Parteien:

1. H S 2. D S, beide in B und vertreten durch die Dr. Joham und Mag. Voggenberger GesbR Rechtsanwaltskanzlei in 5301 Eugendorf, Gewerbestraße 13; weitere Partei: Salzburger Landesregierung), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Revision wird als unbegründet abgewiesen.

Die Landeshauptstadt Salzburg hat den mitbeteiligten Parteien Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Kostenbegehren der Salzburger Landesregierung wird abgewiesen.

Begründung

1 Mit Bescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Salzburg (Revisionswerber) vom wurde den mitbeteiligten Parteien die Baubewilligung für den Umbau und die Sanierung von drei Wohnungen im zweiten OG des Objektes auf dem GSt. Nr. X, KG S, G-Gasse 42, erteilt.

2 Mit Bescheid des Revisionswerbers vom wurde den mitbeteiligten Parteien "als Eigentümer des Materiellen Anteils B des Objekts G(...)gasse 42, GSt. Nr. X, KG S(...), welcher laut Grundbuch den drei Wohnungen im zweiten Obergeschoß entspricht (Stockwerkseigentum), der baupolizeiliche Auftrag erteilt, die widmungswidrige Verwendung der im zweiten Obergeschoß befindlichen und gemäß Baubewilligungsbescheid vom , Zahl (...) als ‚Wohnung' gewidmeten Räume zu touristischen Zwecken ab (0:00 Uhr) zu unterlassen".

3 Der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde der mitbeteiligten Parteien vom wurde mit dem angefochtenen Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Salzburg (LVwG) vom Folge gegeben und der Bescheid des Revisionswerbers vom ersatzlos aufgehoben.

4 Begründend legte das LVwG im Wesentlichen dar, zur Auslegung des Begriffs der "touristischen Nutzung" in § 31 Abs. 5 ROG 2009 seien Abs. 1 dieser Bestimmung und die Formulierung "im Rahmen des Tourismus" heranzuziehen. Beispielsweise würden die gewerbliche Beherbergung und die Privatzimmervermietung angeführt. Verfügungsrechte, die über den typischen Beherbergungsvertrag hinausgingen, würden die Annahme einer Nutzung im Zusammenhang mit dem Tourismus ausschließen (Hinweis auf § 31 Abs. 2 letzter Satz ROG 2009). Solche Verfügungsrechte lägen etwa bei Einräumung von längerfristigen Mietrechten vor, keineswegs aber - wie auch gegenständlich - bei nur tage- bzw. wochenweiser Vermietung an Feriengäste (Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom , 2013/06/0078). Die gegenständlichen seit 2007 im gemeinsamen Eigentum der mitbeteiligten Parteien stehenden drei abgeschlossenen Wohnungen im zweiten OG des Objektes G-Gasse 42 in Salzburg befänden sich in einem Bau mit mehr als fünf Wohnungen außerhalb eines ausgewiesenen Zweitwohnungsgebietes. Entgegen der Rechtsansicht der mitbeteiligten Parteien seien für die Feststellung der Anzahl der vorhandenen Wohnungen im Sinne der (baurechtlichen) Vorschrift des § 31 Abs. 5 ROG 2009 nicht die zivilrechtlichen Eigentumsverhältnisse am Objekt, sondern die baubehördliche Bewilligungslage im Hinblick auf die Wohnungen maßgeblich. Nach den unbestrittenen Angaben des Vertreters des Revisionswerbers in der mündlichen Verhandlung vom bestehe im zweiten OG des angeführten Objektes schon seit Jahrzehnten ein baurechtlicher Konsens für drei abgeschlossene Wohnungen, der auch durch die den mitbeteiligten Parteien mit Bescheid vom erteilte baubehördliche Bewilligung für den Umbau und die Sanierung insofern nicht verändert worden sei. Es sei daher insgesamt von sechs und nicht von vier maßgeblichen Wohnungen im gegenständlichen Objekt auszugehen, weshalb dieses Haus einen Bau darstelle, der gemäß § 31 Abs. 5 ROG 2009 dem Verbot der touristischen Nutzung grundsätzlich unterliege. Im vorliegenden Verfahren sei zu prüfen gewesen, ob ein gesetzlicher Ausnahmetatbestand vom grundsätzlich bestehenden Verbot der touristischen Nutzung vorgelegen sei.

5 Es stehe außer Streit, dass eine bescheidmäßige Bewilligung für eine touristische Nutzung gemäß § 31 Abs. 5 dritter Satz ROG 2009 durch den Revisionswerber nicht erteilt worden sei. Des Weiteren werde von den mitbeteiligten Parteien nicht bestritten, dass diese Wohnungen seit Juni 2008 touristisch genutzt würden, indem die erstmitbeteiligte Partei sie über Internet unter der Bezeichnung "(...)" tage- und wochenweise an Feriengäste vermiete. Die Entrichtung der allgemeinen Ortstaxe für die Gästenächtigungen durch die mitbeteiligten Parteien ab Juni 2008 sei durch das zuständige Stadtsteueramt beim Magistrat Salzburg bestätigt worden. Die mitbeteiligten Parteien hätten in der Verhandlung ergänzend noch Reservierungsbestätigungen vorgelegt, aus denen hervorgehe, dass alle drei gegenständlichen Wohnungen (Apartments) ab Juni 2008 tage- bzw. wochenweise an Feriengäste vermietet worden seien.

6 Das LVwG gehe daher ebenso wie der Revisionswerber von einer touristischen Nutzung der gegenständlichen Wohnungen schon vor Inkrafttreten des ROG 2009 aus.

7 Der von den mitbeteiligten Parteien geltend gemachte Ausnahmetatbestand des § 31 Abs. 5 Z. 3 ROG 2009 stelle auf eine "rechtmäßige" touristische Nutzung der Wohnungen vor dem ab.

8 Was unter einer "rechtmäßigen" touristischen Nutzung von Wohnungen iSd § 31 Abs. 5 Z. 3 ROG 2009 zu verstehen sei, werde im Gesetz nicht definiert. Auch in den Gesetzesmaterialien zum ROG 2009 fänden sich dazu keine näheren Ausführungen. Der Begriff der "rechtmäßigen touristischen Nutzung" sei daher im Wege der Gesetzesinterpretation auszulegen.

9 In seiner Beschwerdevorlage vom habe der Revisionswerber ergänzend vorgebracht, dass die "Nutzung als Zweitwohnung" sowie die "touristische Nutzung" nicht gleichzuhalten seien. Die Ansicht der mitbeteiligten Parteien, § 31 Abs. 5 ROG 2009 könne nur so verstanden werden, dass im Falle der zulässigen Nutzung der Wohnungen als Zweitwohnungen eine touristische Nutzung ohnehin zulässig sei, sei aus der Sicht der Baubehörde falsch.

10 In der Verhandlung vom habe der Vertreter des Revisionswerbers ausgeführt, dass die Entrichtung der Ortstaxe allein nicht zu einer rechtmäßigen touristischen Nutzung im Sinne der Ausnahmebestimmung des § 31 Abs. 5 ROG 2009 führen könne. Vielmehr habe der Gesetzgeber auf das Vorliegen einer behördlichen Bewilligung abgestellt. Eine solche behördliche Bewilligung liege im vorliegenden Fall nicht vor. Die mitbeteiligten Parteien hätten im Bauverfahren ausdrücklich erklärt, die Wohnungen zur Deckung eines ganzjährigen Wohnbedarfes zu nutzen. Daraus folge rechtlich, dass ein Verwendungszweck "Wohnen" festgelegt sei, dokumentiert durch die genehmigten Einreichunterlagen, sodass eine touristische Nutzung jedenfalls einer Baubewilligung bedurft hätte.

11 Das LVwG pflichte zunächst dem Revisionswerber bei, dass die "touristische Nutzung" der angeführten Wohnungen durch die mitbeteiligten Parteien von einer "Zweitwohnnutzung" rechtlich zu unterscheiden sei (Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom , 2013/06/0078). Der im Zeitpunkt der erstmaligen touristischen Nutzung durch die erstmitbeteiligte Partei im Juni 2008 noch in Kraft gestandene § 17 Abs. 8 ROG 1998 habe im Wesentlichen dem nunmehrigen § 31 Abs. 1 und Abs. 2 ROG 2009 entsprochen. Mit dem Hinweis auf eine seit Jahrzehnten in den Wohnungen bestehende "Zweitwohnnutzung" könnten die mitbeteiligten Parteien für ihren Standpunkt somit nichts gewinnen.

12 Dass der Gesetzgeber - wovon der Revisionswerber ausgehe - in der von den mitbeteiligten Parteien geltend gemachten Ausnahmebestimmung des § 31 Abs. 5 Z. 3 ROG 2009 auch für vor dem maßgeblichen Stichtag (Inkrafttreten des ROG 2009 am ) verwirklichte Sachverhalte von touristischer Nutzung auf das Vorliegen einer behördlichen Bewilligung dafür abgestellt habe, könne das LVwG dem Gesetz aber nicht entnehmen. Im bis geltenden ROG 1998 sei eine § 31 Abs. 5 dritter Satz ROG 2009 vergleichbare gesonderte Bewilligungspflicht für die "touristische Nutzung" einer Wohnung nicht vorgesehen gewesen. Aus bau- und raumordnungsrechtlicher Sicht sei somit die Nutzung von Wohnungen und Wohnräumen im Rahmen des Tourismus vor Inkrafttreten des ROG 2009 in Bauten mit mehr als fünf Wohnungen außerhalb von ausgewiesenen Zweitwohnungsgebieten nicht verboten gewesen, weil eine solche - wie bereits ausgeführt - schon nach dem Gesetzeswortlaut keine Zweitwohnnutzung sei. Erst durch das seit in Kraft stehende ROG 2009 sei die entsprechende Einschränkung erfolgt.

13 Im Übrigen könne das LVwG auch aus dem von der belangten Behörde ins Treffen geführten Baubewilligungsbescheid vom ein Verbot einer "touristischen Nutzung" der gegenständlichen Wohnungen nicht ableiten. Wie der Vertreter des Revisionswerbers in der Beschwerdeverhandlung bestätigt habe, habe sich durch den angeführten Baubewilligungsbescheid vom für die von den mitbeteiligten Parteien beantragten Umbau- und Sanierungsmaßnahmen in den gegenständlichen Wohnungen der bereits seit Jahrzehnten bewilligte Verwendungszweck der Wohnräumlichkeiten an sich nicht geändert. Die vom Revisionswerber zur Untermauerung seines Standpunktes herangezogene Erklärung der erstmitbeteiligten Partei "im Bauverfahren" gemäß § 24 Abs. 1 ROG 1998 sei nach der Aktenlage am , somit zu einem Zeitpunkt, in dem der mündlich verkündete Baubewilligungsbescheid auf Grund des nach der Verkündung am abgegebenen Rechtsmittelverzichts der mitbeteiligten Parteien bereits rechtskräftig gewesen sei, abgegeben worden. Diese Erklärung könne daher schon aus diesem Grund kein Bestandteil des Baubewilligungsbescheides vom sein. Unbeschadet davon, könne die Erklärung des Bewilligungswerbers bzw. der Bewilligungswerberin gemäß § 24 Abs. 1 ROG 1998 nur zum Inhalt haben, dass das Vorhaben der betreffenden Flächenwidmung und der jeweiligen Kennzeichnung entspreche. Im Zeitpunkt der Abgabe der Erklärung durch die erstmitbeteiligte Partei sei eine "touristische Nutzung" der gegenständlichen Wohnungen raumordnungsrechtlich und auch baurechtlich nicht verboten gewesen.

14 Für die Auslegung des Begriffes "rechtmäßig touristisch genutzt" komme für das LVwG ein alleiniges Abstellen auf die bloße raumordnungsrechtliche Zulässigkeit der touristischen Nutzung der Wohnungen vor dem nicht in Betracht, weil bei einer derartigen Sichtweise das Wort "rechtmäßig" in § 31 Abs. 5 Z. 3 ROG 2009 völlig überflüssig wäre.

15 Eine touristische Nutzung von Wohnungen und Wohnräumen im Sinne des auch im vorliegenden Sachverhalt zutreffenden tagebzw. wochenweisen Vermietens an Feriengäste habe die Wohnungseigentümer (Unterkunftgeber) aber schon vor dem zur Entrichtung der allgemeinen Ortstaxe, die sie von den Nächtigenden einzuheben gehabt hätten, an die Gemeinde verpflichtet (vgl. §§ 2 Abs. 1, 5 Abs. 1 Ortstaxengesetz 1992, LGBl. Nr. 62/1992). Den Wohnungseigentümern seien dazu besondere Verpflichtungen zu Abgabenerklärungen bzw. zur Abgabe von Meldeblättern an die Gemeinde bzw. den Tourismusverband zugekommen (vgl. § 6 Abs. 1 und 2 Ortstaxengesetz 1992).

16 Das LVwG gehe daher davon aus, dass für die Annahme einer "rechtmäßigen" touristischen Nutzung der verfahrensgegenständlichen Wohnungen im Sinne des § 31 Abs. 5 Z. 3 ROG 2009 jedenfalls auch die ordnungsgemäßen Abgabenmeldungen (bzw. Abgabenerklärungen) und die Entrichtung der Tourismusabgaben (allgemeine Ortstaxe) nach dem Ortstaxengesetz für den maßgeblichen Zeitraum vor dem Stichtag () nachzuweisen seien.

17 Im vorliegenden Sachverhalt sei unbestritten, dass die mitbeteiligten Parteien entsprechende Abgabenmeldungen für die touristische Nutzung der gegenständlichen Wohnungen vor dem beim zuständigen Stadtsteueramt des Magistrates Salzburg abgegeben und die allgemeine Ortstaxe dafür entrichtet hätten. Eine "nicht rechtmäßige" touristische Nutzung der gegenständlichen Wohnungen vor dem sei für das LVwG im vorliegenden Sachverhalt somit nicht erkennbar.

18 Damit komme der Beschwerde Berechtigung zu: Die touristische Nutzung der gegenständlichen Wohnungen der mitbeteiligten Parteien unterliege nicht dem Verbot des § 31 Abs. 5 erster Satz ROG 2009, weil für diese Nutzung der gesetzliche Ausnahmetatbestand des § 31 Abs. 5 Z. 3 leg. cit. gegeben sei. Eine dem § 19 Abs. 2 BauPolG widersprechende Nutzung der Wohnungen könne daher im vorliegenden Sachverhalt nicht abgeleitet werden, sodass die Voraussetzungen für die Untersagung der touristischen Nutzung gemäß § 20 Abs. 7 BauPolG nicht vorlägen.

19 Die Zulässigkeit der ordentlichen Revision begründete das LVwG damit, dass im gegenständlichen Verfahren eine Rechtsfrage zu lösen gewesen sei, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukomme, insbesondere weil zur Auslegung des Begriffes "rechtmäßig" touristisch genutzt im Sinne des § 31 Abs. 5 Z. 3 ROG 2009 bislang eine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehle.

20 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende Amtsrevision des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Salzburg wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes.

21 Das LVwG legte die Akten des Verfahrens vor. Die mitbeteiligten Parteien erstatteten ebenso wie die Salzburger Landesregierung eine Revisionsbeantwortung mit dem Antrag, die Revision als unbegründet abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

22 Im vorliegenden Revisionsfall ist im Hinblick auf den Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Erkenntnisses folgende

Rechtslage von Bedeutung:

23 § 20 Salzburger Baupolizeigesetz 1997 - BauPolG (Wiederverlautbarung), LGBl. Nr. 40/1997 idF LGBl. Nr. 107/2013 (auszugsweise):

"Aufsicht über den Bauzustand baulicher Anlagen und die Benützung von Bauten

§ 20

...

(7) Stellt die Baubehörde eine den in den §§ 17 Abs 9 und 19 Abs 2 aufgestellten Grundsätzen widersprechende Benützung eines Baues oder einzelner Teile fest, so hat sie die zur Abstellung der festgestellten Mißstände erforderlichen Verfügungen zu treffen.

..."

24 § 31 Salzburger Raumordnungsgesetz 2009 - ROG 2009, LGBl. Nr. 30/2009 idF LGBl. Nr. 53/2011:

"Zweitwohnungen

§ 31

(1) Eine Verwendung als Zweitwohnung ist nur in ausgewiesenen Zweitwohnungsgebieten zulässig.

(2) Eine Verwendung als Zweitwohnung liegt vor, wenn Wohnungen oder Wohnräume dem Aufenthalt während des Urlaubs, des Wochenendes oder sonstigen Freizeitzwecken dienen und diese Nutzung nicht im Rahmen des Tourismus (gewerbliche Beherbergung, Privatzimmervermietung udgl) erfolgt. Verfügungsrechte über Wohnungen und Wohnräume, die über den typischen Beherbergungsvertrag hinausgehen, schließen die Annahme einer Nutzung im Zusammenhang mit dem Tourismus aus.

(3) Unter das Verbot gemäß Abs. 1 fällt eine Verwendung als Zweitwohnung nicht, wenn

1. die Wohnung durch Rechtserwerb von Todes wegen von

Personen erworben worden ist, die zum Kreis der gesetzlichen Erben gehören, oder

2. die Wohnung bereits vor dem als Zweitwohnung benutzt worden ist.

Die Gemeindevertretung kann die Nutzung als Zweitwohnung aus berücksichtigungswürdigen Gründen (zB wenn die Wohnung bisher dem Eigentümer zur Deckung des ganzjährigen Wohnbedarfs von sich oder seinen Angehörigen (Ehegatte oder eingetragener Partner, Eltern, Kinder, Stiefkinder, Enkelkinder, Wahl-, Pflege- oder Schwiegerkinder) diente oder der familiären Vorsorge zur Deckung eines solchen Bedarfs dient) auf Antrag ausnahmsweise gestatten. Die Ausnahme ist auf höchstens zehn Jahre zu befristen und soweit erforderlich unter Bedingungen zu erteilen. Der Bescheid ist jedenfalls zu begründen.

(4) Die Ausweisung von Zweitwohnungsgebieten ist nicht

zulässig, wenn

1. sie überörtlichen strukturellen Entwicklungszielen

zuwiderläuft oder

2. der Anteil der Zweitwohnungen am gesamten

Wohnungsbestand in der Gemeinde bereits 10 % übersteigt.

(5) Eine touristische Nutzung von Wohnungen ist außerhalb von ausgewiesenen Zweitwohnungsgebieten in Bauten mit mehr als fünf Wohnungen nicht zulässig. Dieses Verbot gilt nicht:

1. in Betrieben zur gewerblichen Beherbergung;

2. in Apartmenthäusern, die als solche vor dem

oder später auf Grund einer unter Anwendung des

Art III Abs. 2 der Raumordnungsgesetz-Novelle 1972, LGBl Nr 126,

baubehördlich bewilligt worden sind;

3. für Wohnungen, die bereits vor dem Inkrafttreten dieses

Gesetzes (§ 81 Abs. 1) rechtmäßig touristisch genutzt worden sind.

Für Wohnungen, die bei Inkrafttreten dieses Gesetzes bereits bestehen, aber nicht unter die Ausnahmen gemäß Z 1 bis 3 fallen, hat der Bürgermeister oder die Bürgermeisterin die touristische Nutzung durch Bescheid zu bewilligen, wenn für die Errichtung der Wohnung keine Wohnbauförderungsmittel in Anspruch genommen worden sind und die Wohnung keine gute Eignung für Hauptwohnsitzzwecke aufweist oder in der Gemeinde keine Nachfrage besteht, die das Angebot an für Hauptwohnsitzzwecke geeigneten Wohnungen erheblich übersteigt. Im Fall des Fehlens einer solchen Nachfrage ist die Bewilligung auf höchstens zehn Jahre zu befristen.

(6) Zum Zweck der Überwachung der Einhaltung der sich aus den Abs. 1 bis 5 ergebenden Beschränkungen für die Nutzung als Zweitwohnung oder zu touristischen Zwecken sind den damit betrauten Organen die Zufahrt und der Zutritt zu dem jeweiligen Objekt zu gewähren und die erforderlichen Auskünfte über dessen Verwendung zu erteilen.

(7) Ist auf Grund bestimmter Tatsachen eine Nutzung anzunehmen, die den sich aus den Abs. 1 bis 5 ergebenden Beschränkungen widerspricht, haben die Versorgungs- oder Entsorgungsunternehmen, die Erbringer von Postdiensten oder von elektronischen Zustelldiensten auf Anfrage des Bürgermeisters oder der Bürgermeisterin die zur Beurteilung der Nutzung erforderlichen Auskünfte zu erteilen oder die erforderlichen Daten zu übermitteln."

25 § 81 Salzburger Raumordnungsgesetz 2009 - ROG 2009, LGBl Nr. 30/2009 (auszugsweise):

"In- und Außerkrafttreten

§ 81

(1) Dieses Gesetz tritt mit in Kraft.

..."

26 Die Revision ist zulässig, aber nicht begründet. 27 Der Revisionswerber hält dem LVwG insbesondere entgegen,

dass Zweitwohnungen gemäß § 17 Abs. 8 ROG 1998 nur in Gebieten zulässig gewesen seien, die als Zweitwohnungsgebiet ausgewiesen gewesen seien. Gemäß § 17 Abs. 8 dritter Satz ROG 1998 sei ein Verbot der Nutzung zu gewerblichen touristischen Zwecken (mit Ausnahme) normiert gewesen.

28 Es liegt gegenständlich kein ausgewiesenes Zweitwohnungsgebiet vor. Zur Auslegung des Begriffs der "touristischen Nutzung" in § 31 Abs. 5 ROG 2009 sind Abs. 2 dieser Bestimmung und die dort verwendete Formulierung "im Rahmen des Tourismus" heranzuziehen. Beispielsweise werden die gewerbliche Beherbergung und die Privatzimmervermietung angeführt. Verfügungsrechte, die über den typischen Beherbergungsvertrag hinausgehen, schließen die Annahme einer Nutzung im Zusammenhang mit dem Tourismus aus (vgl. § 31 Abs. 2 letzter Satz leg. cit.). Solche Verfügungsrechte liegen etwa bei Einräumen von längerfristigen Mietrechten, keineswegs aber - wie gegenständlich -

bei nur tage- bzw. wochenweiser Vermietung vor (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 2013/06/0078).

29 Im gegenständlichen Fall ist nicht strittig, dass eine touristische Nutzung der gegenständlichen Wohnungen durch die mitbeteiligten Parteien seit Juni 2008 im dargelegten Sinne gegeben ist. Strittig ist hingegen, ob diese touristische Nutzung rechtmäßig war.

30 Das LVwG stützt die ersatzlose Aufhebung des Bescheides des Revisionswerbers darauf, dass der gesetzliche Ausnahmetatbestand vom grundsätzlich bestehenden Verbot der touristischen Nutzung von Wohnungen nach § 31 Abs. 5 Z 3 ROG 2009 vorliegt.

31 In den Erläuterungen zur Stammfassung des ROG 2009, LGBl. Nr. 30/2009, heißt es (auszugsweise):

"Abs 5 ist eine neue Bestimmung, damit die bisher auf dem Wohnungsmarkt für Hauptwohnsitze nicht in Erscheinung tretenden Ferienwohnungen, die touristisch genutzt werden, diesem Markt (wieder) zugeführt werden. Die Beschränkung der Regelung auf Bauten mit über fünf Wohnungen nimmt Kleinwohnhäuser (§ 40 Abs 1 BauTG) aus dem Anwendungsbereich aus, weil Häuser mit höchstens fünf Wohnungen, meist Einfamilienhäuser, bei dieser Zielsetzung nicht ins Gewicht fallen. Die Ausnahme für Apartmenthäuser (Z 2) soll jene Bestandsbauten von der Anwendung ausnehmen, die - als Apartmenthäuser bewilligt - zum Zweck der Zweitwohnnutzung errichtet und später nicht in die Bauland-Kategorie Zweitwohnungsgebiet überführt worden sind. Dabei wird auf den Zeitpunkt abgestellt, zu dem die Raumordnungsgesetz-Novelle 1973 in Kraft getreten ist. Mit dieser wurde die Errichtung von Apartmenthäusern erstmals an eine Widmung der Fläche als Zweitwohnungsgebiet gebunden. Gleichzeitig wurde die Erteilung einer Ausnahme gemäß dem damaligen § 19 Abs 3 ROG 1968 ausgeschlossen. Diese Rechtslage wurde in den späteren Raumordnungsgesetzen 1977 und 1992 übernommen und gilt auch nach dem ROG 1998 (Wiederverlautbarung). Ausgenommen vom Verbot werden auch Wohnungen, die bereits vor Inkrafttreten des ROG 2008 (nunmehr 2009) rechtmäßig touristisch genutzt worden sind (Z 3). Die Ausnahmen gemäß Z 2 und 3 und die Möglichkeit einer Bewilligung der touristischen Nutzung unter bestimmten Voraussetzungen sollen den mit dem Verbot verbundenen erheblichen Eingriff in das Grundrecht auf Unverletzlichkeit des Eigentums verfassungsrechtlich absichern. Soweit das Verbot gilt, wird davon ausgegangen, dass die Regelung den Wesensgehalt der Eigentumsgarantie beachtet, ein hinreichendes öffentliches Interesse gegeben ist und das Nutzungsverbot zur Zielerreichung (Vermeidung von Nutzungskonflikten) tauglich und adäquat ist. ..."

32 Auch nach dem ROG 1998 (vor Inkrafttreten des ROG 2009 mit ) war die touristische Nutzung von Wohnungen explizit nicht vom Begriff der Verwendung als Zweitwohnung umfasst (vgl. § 17 Abs. 8 ROG 1998). Eine dem § 31 Abs. 5 ROG 2009 vergleichbare Bestimmung, die eine touristische Nutzung einschränkte, gab es nicht.

33 Es kann der Rechtsansicht des LVwG somit nicht entgegengetreten werden, dass aus bau- und raumordnungsrechtlicher Sicht die Nutzung von Wohnungen und Wohnräumen im Rahmen des Tourismus, da eine solche schon nach dem Gesetzeswortlaut keine Zweitwohnnutzung ist, vor Inkrafttreten des ROG 2009 in Bauten mit mehr als fünf Wohnungen außerhalb von ausgewiesenen Zweitwohnungsgebieten nicht grundsätzlich verboten war.

34 Eine touristische Nutzung war vor Inkrafttreten des ROG 2009 jedoch nicht in allen Wohnungen zulässig (unzulässig war zum Beispiel eine touristische Nutzung von (Personal-) Wohnungen im Betriebs-, Gewerbe- und Industriegebiet). Auch waren touristische Wohnnutzungen in Schwarzbauten bzw. konsenslos genutzten Wohnungen (zum Beispiel wegen nicht bewilligter Änderung des Verwendungszweckes oder ohne die erforderlichen raumordnungsrechtlichen Einzelbewilligung) nicht "rechtmäßig" (vgl. Giese in bbl. 2014, 159).

35 Dass die touristische Nutzung vor Inkrafttreten des ROG 2009 im dargelegten Sinne unzulässig gewesen wäre, wird vom Revisionswerber nicht vorgebracht und ist auch für den Verwaltungsgerichtshof nicht ersichtlich.

36 Da die gegenständlichen Wohnungen nicht in einem für Zweitwohnungen gewidmeten Gebiet liegen, sind die Überlegungen des Revisionswerbers im Zusammenhang mit § 17 Abs. 8 ROG 1998 nicht maßgeblich. Die Nutzung der Wohnungen verstieß nicht gegen das Verbot der touristischen Nutzung nach § 17 Abs. 8 ROG 1998.

37 Hinzuweisen ist jedoch darauf, dass - entgegen der vom LVwG vertretenen Rechtsansicht - aus der Entrichtung von Abgaben nicht auf die raumordnungsrechtliche Zulässigkeit einer Nutzung geschlossen werden kann. Dieser Umstand kann zwar als Indiz dafür gewertet werden, dass eine touristische Nutzung erfolgt ist, er besagt aber nichts über die Rechtmäßigkeit der touristischen Nutzung. Diese muss auf der Grundlage der Flächenwidmung und der Baubewilligung beurteilt werden.

38 Die Revision erweist sich daher als unbegründet und war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

39 Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014, BGBl. II Nr. 518/2013, idF BGBl. II Nr. 8/2014. Das Kostenbegehren der Salzburger Landesregierung war abzuweisen, weil gemäß § 58 Abs. 1 VwGG jede Partei den ihr im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erwachsenden Aufwand selbst zu tragen hat, soweit die §§ 47 bis 56 leg. cit. nicht anderes bestimmen. Einen Anspruch auf Ersatz des Aufwandes, der mit der Einbringung der Revisionsbeantwortung verbunden war, sehen die §§ 47 bis 56 VwGG in Ansehung einer Partei nach § 21 Abs. 1 Z. 3 VwGG aber nicht vor (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Ra 2016/09/0038, mwN).

Wien, am

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