VwGH vom 24.10.2017, Ro 2014/06/0067
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Köhler, die Hofrätinnen Dr. Bayjones, Mag.a Merl und Mag. Rehak sowie Hofrat Mag. Haunold als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Schreiber, über die zu Ro 2014/06/0067 protokollierte Revision
1. der Fischereigesellschaft I in I, vertreten durch Dr. Michael E. Sallinger LL.M., Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Sillgasse 21/III, und die zu Ro 2014/06/0069 protokollierte Revision 2. des K H, 3. des A S 4. der Agrargemeinschaft O,
5. der Agrargemeinschaft P, 6. des F M, alle vertreten durch die Dr. Holzmann Rechtsanwalts GmbH in 6020 Innsbruck, Bürgerstraße 17/P, gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom , RoBau-8-2/98/5-2013, betreffend Einwendungen gegen ein Bauvorhaben (mitbeteiligte Partei in beiden Verfahren: N GmbH & Co KG in O, vertreten durch Kerle-Aigner-Pichler, Rechtsanwälte in 6020 Innsbruck, Maria-Theresien-Straße 57),
Spruch
I. den Beschluss gefasst:
Die Revision der viertbeschwerdeführenden Partei wird als
gegenstandslos geworden erklärt und das Verfahren eingestellt.
Die Revision der dritt-, fünft- und sechstrevisionswerbenden
Parteien wird zurückgewiesen.
und
II. zu Recht erkannt:
Die Revisionen der Erstrevisionswerberin und des
Zweitrevisionswerbers werden als unbegründet abgewiesen.
III. Die Erstrevisionswerberin hat der mitbeteiligten
Partei (im Verfahren Ro 2014/06/0067) Aufwendungen in der Höhe
von insgesamt EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger
Exekution zu ersetzen.
Die zweit-, dritt-, fünft- und sechstrevisionswerbenden Parteien haben je zu einem Viertel der mitbeteiligten Partei (im Verfahren Ro 2014/06/0069) Aufwendungen in der Höhe von insgesamt EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Das Mehrbegehren der mitbeteiligten Partei wird jeweils abgewiesen.
Begründung
1 Mit Bauansuchen vom beantragte die mitbeteiligte Partei (Bauwerberin) beim Bürgermeister der Gemeinde O - der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck (BH) mit am bei dieser eingelangtem Schreiben vom zuständigkeitshalber übermittelt - die Baubewilligung für die Errichtung (Neubau) einer Gaststätte mit Beherbergung und Seminarräumen sowie einem Wellnessbereich "Natur Refugia O" unter gleichzeitigem Abbruch des Altbestandes auf dem Grundstück Nr. X/3, KG O. Das Baugrundstück ist nach dem Flächenwidmungsplan der Gemeinde O vom als Sonderfläche "Alpengasthof mit höchstens 10 Wohneinheiten (Refugias) bzw. höchstens 40 Betten (Standardbetten) zur Beherbergung von Gästen mit Seminar- und Wellnessanlagen sowie Betreiberwohnung und zwei Personalzimmern" (SAGh) nach § 43 Abs. 1 lit. a TROG 2006 gewidmet.
2 Die Erstrevisionswerberin ist Eigentümerin des innerhalb eines Abstandes von 5 m südwestlich an das Baugrundstück angrenzenden Grundstückes Nr. Y, KG O (Seegrundstück O-see).
3 Der Zweitrevisionswerber ist Eigentümer des nördlich an das Baugrundstück angrenzenden Grundstückes Nr. Z/3, KG O.
4 Am und am fand eine mündliche Verhandlung statt, in der die Erstrevisionswerberin (teilweise unter Verweis auf ihre bis dahin schriftlich erhobenen Einwendungen) und der Zweitrevisionswerber (sich den Einwendungen der Erstrevisionswerberin anschließend) Einwendungen erhoben.
5 Mit Spruchpunkt II. des Bescheides vom der BH als Baubehörde nach § 51 Abs. 1 der Tiroler Bauordnung 2001 (TBO 2001) iVm § 19 Abs. 1 der Tiroler Gemeindeordnung und § 1 lit. b der Verordnung der Landesregierung vom , mit der die Besorgung einzelner Angelegenheiten auf dem Gebiet der örtlichen Baupolizei einiger Gemeinden Tirols auf die örtlich zuständige BH übertragen wird (LGBl. Nr. 78/2009), wurde der Bauwerberin die Bewilligung für das gegenständliche Bauvorhaben gemäß § 26 Abs. 1 und 6 TBO 2001 unter Auflagen erteilt.
6 Die gegen diesen Bescheid erhobene Berufung der Erstrevisionswerberin vom sowie die Berufung der zweit- bis sechstrevisionswerbenden Parteien vom wies die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid gemäß § 66 Abs. 4 AVG jeweils als unbegründet ab.
7 Zur Berufung der Erstrevisionswerberin führte die belangte Behörde begründend im Wesentlichen - soweit für das vorliegende Verfahren relevant - aus, vor dem Hintergrund der einschlägigen höchstgerichtlichen Judikatur zum Brandschutz gehe das Vorbringen betreffend Erreichbarkeit des Bauwerks mit Einsatzfahrzeugen der Feuerwehr ins Leere. Ein Fehlen geeigneter Aufstellflächen für die Einsatzfahrzeuge stelle kein Nachbarrecht dar. Es sei überdies eine positive Beurteilung des Projekts durch den brandschutztechnischen Sachverständigen in der mündlichen Verhandlung vom erfolgt und bestünden gegen die Erteilung der Baubewilligung aufgrund dieser Prüfungsergebnisse keine Einwände. Ein Nachbarrecht unter dem Titel des Drittschutzes, nämlich der Obsorge für Besucher des Sees im Brandfall, sei § 25 Abs. 3 TBO 2001 nicht zu entnehmen. Hinsichtlich der Entnahme von Löschwasser aus dem See sei auf die entsprechenden Bestimmungen des Wasserrechtsgesetzes 1959 (WRG 1959) hinzuweisen. Ein baurechtliches Nachbarrecht sei weder unter dem Titel der Löschwasserentnahme noch jenem der Einleitung von Löschwasser in den See zu begründen.
Es bestehe eine Sonderflächenwidmung nach § 43 Abs. 1 lit. a TROG 2006. Sonderflächenwidmungen nach dieser Bestimmung gewährten jedoch keinen Immissionsschutz für Nachbarn. Darüber hinaus könnten die von der Erstrevisionswerberin geltend gemachten Einflüsse auf ihr Grundstück, wie Eindringen von Bauteilen im Zuge des Abbruchs, Chemikalien oder Löschpartikeln im Brandfall, schon begrifflich nicht unter dem Titel eines baurechtlichen Immissionsschutzes geltend gemacht werden. Ein allumfassender Immissionsschutz sei weder § 25 Abs. 3 TBO 2001 noch anderen einschlägigen Bestimmungen zu entnehmen.
8 Soweit der Erstrevisionswerberin trotz der Trennung durch ein weiteres Grundstück vom Baugrundstück (Gst. Nr. X/1) ein Abstandsschutz zuzuerkennen sei, sei festzustellen, dass nach dem geltenden allgemeinen und ergänzenden Bebauungsplan der Gemeinde O (Nr. 336 vom im Planungsbereich der Grundstücke Nr. X/3, U, V, W, KG O) offene Bauweise vorgesehen sei. Es sei in der mündlichen Verhandlung vom ein hochbautechnisches Gutachten erstellt worden, nach welchem "die Abstände in einem Mindestabstand von 9,03 m von der östlichen Grundgrenze und noch größeren Abständen im Übrigen bestünden". Teile des Bauvorhabens seien unterirdisch geplant. Die maßgebliche Wandhöhe im Bereich des kürzesten Grenzabstandes der östlichen Wandseite der Bauwerksrundung betrage 5,30 m unter Bezugnahme auf das ursprüngliche Gelände. Der erforderliche Mindestabstand des 0,6 fachen betrage rechnerisch 3,60 m, richtig sogar nur 3,18 m; damit sei der (ergänze: sich daraus ergebende erforderliche) Abstand von 4 m eingehalten, und zwar sowohl zum Weg (Anm.: auf Gst. Nr. X/1) als auch zu den übrigen Grundgrenzen. Die übrigen Wandseiten befänden sich rechnerisch ebenfalls in Bezug auf die Grenzabstände im Rahmen der zulässigen Werte. Eine Baufluchtlinie sei nicht vorgesehen. Es seien keine Bauvorhaben in den Mindestabstandsflächen geplant. Die belangte Behörde hege aufgrund der Berechnungen des Sachverständigen keine Bedenken hinsichtlich der Einhaltung der notwendigen Abstände. Es ergebe sich zudem schon bei bloßer Planeinsicht, dass ein weitaus größerer Abstand als der notwendige Mindestabstand im Westen des Baugrundstückes zur Grenze des Grundstückes Nr. X/1 und damit in dem die Erstrevisionswerberin tangierenden Bereich eingehalten werde, weil die Planunterlagen selbst an der größten Höhe im Bereich des Turmes einen tatsächlichen Abstand von ca. 11 m ausweisen würden. Unter Einrechnung des zwischen dem Baugrundstück und dem Grundstück der Erstrevisionswerberin liegenden Weges auf dem Grundstück Nr. X/1 in einer Breite von etwa 5 m ergebe dies einen Gesamtabstand zum Gst. Nr. (gemeint:) Y von insgesamt an die 16 m. Die Planunterlagen erfüllten die entsprechenden Anforderungen der Planunterlagenverordnung 1998. Weiters sei sachverständig die Übereinstimmung mit sämtlichen Festlegungen des Bebauungsplanes begutachtet worden. Dass nicht mehr als drei Geschoße geplant seien und der höchste Punkt des Gebäudes mit 11,15 m bzw. 11,20 m niedriger als zulässig (1.610,50 m üA) sei, ergebe sich aus dem hochbautechnischen Gutachten sowie den Planunterlagen. Eine Unzulässigkeit nach § 25 Abs. 3 lit. c TBO 2001 liege daher nicht vor. Ein Recht auf Einhaltung der festgelegten Bauplatzgröße komme der Erstrevisionswerberin nicht zu.
Eine mangelnde Bauplatzeignung sowie fehlende naturschutzrechtliche und wasserrechtliche Genehmigungen begründeten kein subjektiv-öffentliches Nachbarrecht. Auf Sicherheitsfragen, wie etwa Gefährdungen der Zufahrtsstraße durch Lawinen, sei daher nicht einzugehen gewesen.
Zur Berufung der zweit- bis sechstrevisionswerbenden Parteien führte die belangte Behörde aus, Weiderechte räumten weder Parteistellung im Bauverfahren an sich noch nachbarrechtliche Mitspracherechte nach § 25 TBO 2011 ein. Im Weiteren verwies sie im Wesentlichen auf die Ausführungen zur Berufung der Erstrevisionswerberin.
9 Gegen diesen Bescheid erhoben sowohl die Erstrevisionswerberin als auch die zweit- bis sechstrevisionswerbenden Parteien zunächst eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der mit Beschlüssen jeweils vom , B 95/2014-10 (zur Erstrevisionswerberin) und B 244/2014-12 (zu den zweit- bis sechstrevisionswerbenden Parteien), deren Behandlung ablehnte und sie zur Entscheidung an den Verwaltungsgerichtshof abtrat.
Zur behaupteten Rechtswidrigkeit der die angefochtene Entscheidung tragenden Rechtsvorschriften führte der Verfassungsgerichtshof aus, bei Erlassung des Flächenwidmungsplanes der Gemeinde O sowie des (allgemeinen und ergänzenden) Bebauungsplanes der Gemeinde O, jeweils im Planungsbereich der Gst. Nr. X/3, U, V, W, KG O, habe die Gemeinde alle vom Gesetz geforderten verfahrensrechtlichen Vorgaben eingehalten und es bestünden auch inhaltlich keine Bedenken gegen die (geringfügig) geänderte Widmung und die Festlegung der Bebauungsgrundlagen für den maßgeblichen Planungsbereich.
10 Vor dem Verwaltungsgerichtshof zog die viertbeschwerdeführende Partei ihre Revision vor Einleitung des Vorverfahrens zurück. Die übrigen Revisionswerber beantragten in der aufgetragenen Ergänzung die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes, in eventu wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften, in eventu die Entscheidung in der Sache selbst.
11 Das in das Verfahren eingetretene Landesverwaltungsgericht Tirol legte die Akten des Verfahrens vor und beantragte die Abweisung der Revision als unbegründet.
12 Die mitbeteiligte Partei erstattete jeweils eine Gegenschrift mit dem Antrag, der Revision keine Folge zu geben. Auch die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift.
13 Vorauszuschicken ist, dass in sinngemäßer Anwendung des § 4 iVm § 6 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsbarkeits-Übergangsgesetz - VwGbk-ÜG, BGBl. I Nr. 33/2013, vorzugehen ist, wenn der Verfassungsgerichtshof - wie im vorliegenden Fall - eine Beschwerde gemäß Art. 144 Abs. 1 B-VG in der bis zum Ablauf des geltenden Fassung (eine solche liegt auch in einem Fall - wie hier - gemäß § 6 Abs. 1 VwGbk-ÜG vor) erst nach dem Ablauf des an den Verwaltungsgerichtshof abgetreten hat. Die Beschwerde gilt daher als Revision und nach § 4 Abs. 5 fünfter Satz VwGbk-ÜG gelten für deren Behandlung die Bestimmungen des VwGG in der bis zum Ablauf des geltenden Fassung sinngemäß (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Ro 2014/05/0065).
Zu I.:
14 Die Revision der viertrevisionswerbenden Partei wurde zurückgezogen. Das Verfahren war daher gemäß § 33 Abs. 1 VwGG einzustellen.
15 Die Revision der dritt-, fünft- und sechstrevisionswerbenden Parteien ist nicht zulässig:
16 Diese Parteien bringen hinsichtlich ihrer Parteistellung vor, sie seien dinglich Berechtigte (aufgrund von Weiderechten, Fischereirechten) in Bezug auf an das Baugrundstück direkt angrenzende Grundstücke. Diese dinglichen Rechte seien so wie das in dieser Bestimmung explizit angeführte Baurecht von § 25 Abs. 2 TBO 2001 mitumfasst.
17 Nach § 25 Abs. 1 TBO 2001 (zu dessen Anwendbarkeit im vorliegenden Revisionsfall siehe im Folgenden Rz 21 ff) sind Parteien des Bauverfahrens der Bauwerber und die Nachbarn. Nach Abs. 2 dieser Bestimmung sind Nachbarn die Eigentümer der Grundstücke, die unmittelbar an den Bauplatz angrenzen oder deren Grenzen zumindest in einem Punkt innerhalb eines Abstandes von 15 m zu einem Punkt der Bauplatzgrenze liegen. Nachbarn sind weiters jene Personen, denen an einem solchen Grundstück ein Baurecht zukommt.
18 Der Verwaltungsgerichtshof hat hierzu bereits ausgesprochen, dass andere dinglich Berechtigte als der Bauberechtigte aus baurechtlicher Sicht keine derartige, dem Grundeigentümer ähnliche Stellung haben (vgl. hinsichtlich eines Weideberechtigten das hg. Erkenntnis vom , 2005/06/0151, sowie zu der mit der maßgeblichen Formulierung in § 25 Abs. 2 TBO 2001 übereinstimmenden Formulierung der TBO 1998 das hg. Erkenntnis vom , 2002/06/0054, mwN).
19 Daran vermag auch die Zustellung des erstinstanzlichen Bescheides der BH an die dritt-, fünft- und sechstrevisionswerbenden Parteien nichts zu ändern, weil weder die Ladung zu einer Verhandlung noch die Zustellung eines Bescheides eine vom Gesetz nicht vorgesehene Parteistellung und damit die Rechtsmittellegitimation zu begründen vermögen (vgl. aus vielen etwa das hg. Erkenntnis vom , 94/06/0199, sowie die bei Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze I2 (1998), bei E 217 ff zu § 8 AVG zitierte hg. Judikatur).
20 Vor dem Hintergrund der zitierten hg. Judikatur sind die dritt-, fünft- und sechstrevisionswerbenden Parteien daher schon ihrem Vorbringen nach nicht als Parteien des gegenständlichen Verfahrens zu qualifizieren weshalb deren Berufung von der belangten Behörde zurückzuweisen gewesen wäre. Durch die abweisende Entscheidung der belangten Behörde konnten sie aber wegen ihrer fehlenden Parteistellung auch nicht in ihren Rechten verletzt werden.
21 Die Revision der dritt-, fünft- und sechstvisionswerbenden Parteien war daher gemäß § 34 Abs. 1 und Abs. 3 VwGG mangels Berechtigung zu ihrer Erhebung zurückzuweisen.
Zu II.:
Im Übrigen hat der Verwaltungsgerichtshof über die wegen ihres sachlichen und rechtlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung verbundenen Revisionen der Erstrevisionswerberin und des Zweitrevisionswerbers erwogen:
22 Im Fall einer Übergangsrevision gegen den Bescheid einer Behörde, die keine unabhängige Verwaltungsbehörde oder eine Behörde gemäß Art 20 Abs. 2 Z 2 oder 3 B-VG in der bis zum Ablauf des geltenden Fassung war, ist gemäß § 4 Abs. 5 VwGbk-ÜG die Zulässigkeit der Revision nicht anhand der Kriterien des Art 133 Abs. 4 B-VG zu prüfen. Es kann daher dahingestellt bleiben, ob im vorliegenden Fall eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung im Sinn des Art 133 Abs. 4 B-VG vorliegt.
23 Im vorliegenden Revisionsfall ist folgende Rechtslage von Bedeutung:
24 Im Zeitpunkt der Einbringung des Baugesuches galt die Tiroler Bauordnung 2001 (TBO 2001), LGBl. Nr. 94 (Wiederverlautbarung), in der Fassung LGBl. Nr. 40/2009. Sie wurde durch die Novelle LGBl. Nr. 48/2011 (mit Wirkung vom ) geändert und in dieser Fassung mit der Kundmachung LGBl. Nr. 57/2011 (mit Wirkung ebenfalls vom ) als Tiroler Bauordnung 2011 (TBO 2011) wiederverlautbart.
25 Die Novelle LGBl. Nr. 48/2011 enthält (differenzierende) Übergangsbestimmungen. Nach ihrem Art. II Abs. 4 sind gewisse durch die Novelle geänderte Bestimmungen, darunter § 6 Abs. 1 bis 4, 6 und 9 sowie § 25 (mit LGBl. Nr. 57/2011 als § 26 TBO 2011 wiederverlautbart), auf im Zeitpunkt des Inkrafttretens der Novelle anhängige Bauverfahren nicht anzuwenden, vielmehr sind auf diese Verfahren die entsprechenden Bestimmungen der TBO 2001 in der Fassung LGBl. Nr. 40/2009 weiterhin anzuwenden; dies trifft im Revisionsfall zu. § 3 TBO 2001 gehört nicht zu jenen Bestimmungen, die weiterhin in anhängigen Bauverfahren oder Verfahren über Bauanzeigen anzuwenden sind. Im Hinblick auf den Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Berufungsbescheides durch die Tiroler Landesregierung ist insofern und im Übrigen die TBO 2011 anzuwenden.
26 § 3 TBO 2011 lautet auszugsweise:
"§ 3
Grundstücke für bauliche Anlagen
(1) Bauliche Anlagen dürfen nur auf Grundstücken errichtet werden, die sich nach ihrer Widmung, Lage, Form, Größe und Bodenbeschaffenheit für die vorgesehene Bebauung eignen und die eine dem vorgesehenen Verwendungszweck entsprechende, rechtlich gesicherte Verbindung mit einer öffentlichen Verkehrsfläche haben.
(2) Auf Grundstücken, die einer Gefährdung durch Lawinen, Hochwasser, Wildbäche, Steinschlag, Erdrutsch oder andere gravitative Naturgefahren ausgesetzt sind, sind der Neu-, Zu- und Umbau und die sonstige Änderung von Gebäuden sowie die Errichtung und die Änderung von sonstigen baulichen Anlagen nur unter der Voraussetzung zulässig, dass durch die Anordnung oder die bauliche Beschaffenheit des Gebäudes bzw. der sonstigen baulichen Anlage, durch sonstige bauliche Vorkehrungen in deren Bereich oder durch bestimmte organisatorische Vorkehrungen, wie insbesondere durch ein Sicherheitskonzept, ein im Hinblick auf den vorgesehenen Verwendungszweck ausreichender Schutz vor Naturgefahren gewährleistet ist. Soweit aktuelle Gefahrenzonenpläne vorhanden sind, ist bei der Beurteilung der Gefahrensituation darauf Bedacht zu nehmen.
..."
27 § 6 TBO 2001 idF LGBl. Nr. 40/2009 lautet auszugsweise:
"§ 6
Abstände baulicher Anlagen von den übrigen Grundstücksgrenzen und von anderen baulichen Anlagen
(1) Sofern nicht aufgrund der in einem Bebauungsplan festgelegten geschlossenen oder besonderen Bauweise oder aufgrund von darin festgelegten Baugrenzlinien zusammenzubauen bzw. ein anderer Abstand einzuhalten ist, muss jeder Punkt auf der Außenhaut von baulichen Anlagen gegenüber den Grenzen des Bauplatzes zu den angrenzenden Grundstücken mindestens einen horizontalen Abstand aufweisen, der
a) im Gewerbe- und Industriegebiet, im Kerngebiet, auf
Sonderflächen nach den §§ 43 bis 47 und 50 und 50a des Tiroler Raumordnungsgesetzes 2006 und im Freiland das 0,4fache des lotrechten Abstandes zwischen dem betreffenden Punkt und dem Geländeniveau darunter, jedenfalls aber drei Meter, zum übrigen Bauland, zu Sonderflächen nach den §§ 48, 48a, 49, 49a, 49b und 51 des Tiroler Raumordnungsgesetzes 2006 und zu Vorbehaltsflächen jedoch das 0,6fache dieses Abstandes, jedenfalls aber vier Meter, und
b) im übrigen Bauland, auf Sonderflächen nach den §§ 48, 48a, 49, 49a, 49b und 51 des Tiroler Raumordnungsgesetzes 2006 und auf Vorbehaltsflächen das 0,6fache des lotrechten Abstandes zwischen dem betreffenden Punkt und dem Geländeniveau darunter, jedenfalls aber vier Meter,
beträgt. Wurde das Geländeniveau durch die Bauführung oder im Hinblick auf eine beabsichtigte Bauführung verändert, so ist bei der Berechnung der Abstände nach lit. a und b vom Geländeniveau vor dieser Veränderung auszugehen. Andernfalls ist vom bestehenden Geländeniveau auszugehen. Dies gilt auch dann, wenn eine Geländeveränderung mehr als zehn Jahre zurückliegt. Ist jedoch in einem Bebauungsplan eine Höhenlage festgelegt, so ist in allen Fällen von dieser auszugehen.
..."
28 § 25 TBO 2001 idF LGBl. Nr. 40/2009 lautet:
"(1) Parteien im Bauverfahren sind der Bauwerber und die Nachbarn.
(2) Nachbarn sind die Eigentümer der Grundstücke, die unmittelbar an den Bauplatz angrenzen oder deren Grenzen zumindest in einem Punkt innerhalb eines Abstandes von 15 m zu einem Punkt der Bauplatzgrenze liegen. Nachbarn sind weiters jene Personen, denen an einem solchen Grundstück ein Baurecht zukommt.
(3) Nachbarn, deren Grundstücke unmittelbar an den Bauplatz angrenzen oder deren Grenzen zumindest in einem Punkt innerhalb eines Abstandes von 5 m zu einem Punkt der Bauplatzgrenze liegen, sind berechtigt, die Nichteinhaltung folgender bau- und raumordnungsrechtlicher Vorschriften geltend zu machen, soweit diese auch ihrem Schutz dienen:
a) der Festlegungen des Flächenwidmungsplanes, soweit damit
ein Immissionsschutz verbunden ist;
b) der Bestimmungen über den Brandschutz;
c) der Festlegungen des Bebauungsplanes hinsichtlich der
Baufluchtlinien, der Baugrenzlinien, der Bauweise und der Bauhöhe;
d) der Abstandsbestimmungen des § 6;
e) im Fall, dass ein allgemeiner Bebauungsplan und ein
ergänzender Bebauungsplan oder ein Bebauungsplan mit den Festlegungen des allgemeinen und des ergänzenden Bebauungsplanes nicht bestehen, das Fehlen der Voraussetzungen nach § 55 Abs. 1 oder § 113 Abs. 1 des Tiroler Raumordnungsgesetzes 2001."
29 § 43 Abs. 1 lit. a und Abs. 5 TROG 2011 idF LGBl. Nr. 56/2011 lautet:
"§ 43
Sonderflächen
(1) Als Sonderflächen können außer in den in diesem Gesetz besonders geregelten Fällen Grundflächen gewidmet werden, auf denen
a. Gebäude und sonstige Anlagen errichtet werden sollen,
die aufgrund ihres Verwendungszweckes an einen bestimmten Standort gebunden sind oder für die ein bestimmter Standort besonders geeignet ist, wie Ausflugsgasthäuser, Schutzhütten, Campingplätze, der Wildgehege und der Jagdausübung dienende Gebäude, Reitställe, sofern sie nicht Teil eines landwirtschaftlichen Betriebes sind, Gärtnereien, Dauerkleingärten, Bienenhäuser mit mehr als 20 m2 Nutzfläche oder in Massivbauweise und dergleichen,
...
(5) Bei der Abgrenzung der Sonderflächen und der Festlegung des Verwendungszweckes ist darauf Bedacht zu nehmen, dass gegenseitige Beeinträchtigungen angrenzender Gebiete, insbesondere durch Lärm, Luftverunreinigungen, Geruch oder Erschütterungen, so weit wie möglich vermieden werden. § 37 Abs. 3 dritter Satz und 4 gilt sinngemäß.
..."
30 Die Erstrevisionswerberin bringt zunächst eine mangelnde Bauplatzeignung gemäß § 3 TBO 2001 vor. Auch wenn diese Bestimmung nicht von den in § 26 leg. cit. taxativ aufgezählten subjektiven Rechten umfasst sei, hätte die Behörde diesen Umstand dennoch zu berücksichtigen gehabt. Die Frage der Bauplatzeignung sei eine Voraussetzung für die Bewilligungsfähigkeit des projektierten Bauvorhabens. Die Erschließung eines Bauplatzes sei Gegenstand eines baurechtlichen Verfahrens nach der TBO und stelle ein öffentliches Interesse dar. Mit der Entscheidung über die Erschließungsmöglichkeit des Bauplatzes sei dem baurechtlichen Verfahren vorgegriffen worden; die Behörde habe daher eine Zuständigkeit wahrgenommen, die nicht in ihrem Kompetenzbereich liege. Aufgrund der Lawinengefahr des "Erschließungsweges" sowie der zu treffenden Vorkehrungen in Hinblick auf Muren- und Lawinenabgänge erweise sich das Grundstück für die Errichtung der projektierten Hotelanlage als nicht geeignet.
Weiters sei ungeklärt, wie sich ein allfälliger Brand auf den See auswirken würde. Eine von der Benützung der projektierten Anlage für das Eigentum der Erstrevisionswerberin ausgehende Gefahr ergebe sich aus dem Umstand, dass im Brandfall Löschwasser aus dem See zu entnehmen wäre. Eine solche Entnahme sei ohne wasserrechtliche Bewilligung nicht erlaubt. Auch sei die Frage von Verunreinigungen durch Löschwasser ungeklärt und sei die Zufahrt für Einsatzfahrzeuge nicht entsprechend gewährleistet.
§ 43 TROG 2006 bringe einen indirekten Immissionsschutz zum Ausdruck. Beeinträchtigungen durch Lärm, Staub, Erschütterungen, Sprengungen, Ablagerungen und dergleichen sollten vermieden werden. Damit sei ein allumfassender Immissionsschutz gegeben. Ein entsprechendes Ermittlungsverfahren wäre durchzuführen und ein immissionstechnisches Gutachten einzuholen gewesen. Zum Immissionsbegriff in § 43 Abs. 5 TROG 2006 sei auf
§ 364 Abs. 2 ABGB zu verweisen, wonach als Immission jegliche Einwirkung auf Menschen, Tiere oder Gebäude zu qualifizieren seien. Darunter fielen auch die von der Erstrevisionswerberin geltend gemachten Immissionen.
Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes habe die Erteilung einer Baubewilligung nur dann zu erfolgen, wenn diese auch in zivilrechtlicher Sicht konsumiert werden könne. Eine zivilrechtliche Konsumierbarkeit sei gegenständlich jedoch nicht gegeben.
Weiters könne nicht gesagt werden, ob das Bauvorhaben mit dem Bebauungsplan übereinstimme. Bis zur Einholung eines entsprechenden bau- und raumordnungsfachlichen Gutachtens, welches beantragt werde, werde die Unzulässigkeit des Vorhabens gemäß § 25 Abs. 3 lit. c TBO 2001 eingewendet. Es seien Maße, Messungen sowie Planstände nicht verglichen worden.
In Zusammenhang mit der Nichteinhaltung der Abstandsbestimmungen zwischen Gst. Nr. X/3 und Gst. Nr. Y seien die Planunterlagen so mangelhaft, dass eine diesbezügliche Kontrolle des Bauvorhabens von vornherein unmöglich sei. Dies gelte auch für "den ‚Turm', der errichtet werden soll". Es liege ein Gutachten sowie eine Begründung hierzu nicht vor. Die bauliche Ausbildung der "vorliegenden ‚Terrassen', die dem Projekt teilweise vorgelagert sind" sei unzulässig.
Unter dem Punkt "Landschaftsschutz" bringt die Erstrevisionswerberin weiters vor, es liege ein geschützter Landschaftsteil vor und es erscheine daher die Bebauung nur beschränkt möglich. In diesem Zusammenhang sei zu untersuchen gewesen, ob die "sog. Refugias" als oberirdisch oder unterirdisch gelten würden.
Weiters erstattete die Erstrevisionswerberin Vorbringen betreffend ihre Parteistellung im wasserrechtlichen Verfahren sowie im Versickerungsverfahren.
31 Der Zweitrevisionswerber bringt darüber hinaus zusammengefasst vor, durch einen allfälligen Brand könnte mangels entsprechender Zufahrt von Einsatzfahrzeugen sein Eigentum (Wiesen und Weidevieh) zerstört werden.
Auch verfüge das gegenständliche Bauprojekt nicht über eine rechtlich gesicherte Zufahrt zu einer öffentlichen Verkehrsfläche. Ein Nachbar müsse vom Verkehr auf der Nachbarliegenschaft ausgehende Belästigungen nicht hinnehmen. Es lägen aufgrund des massiven Bauverkehrs Immissionen vor, die sich nicht im Rahmen des ortsüblichen Ausmaßes hielten. Im Übrigen verweist er auf hg. Rechtsprechung zum Immissionsschutz.
32 Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist das Mitspracherecht des Nachbarn im Baubewilligungsverfahren in zweifacher Weise beschränkt: Es besteht einerseits nur insoweit, als dem Nachbarn nach den in Betracht kommenden baurechtlichen Vorschriften subjektiv-öffentliche Rechte zukommen und andererseits nur in jenem Umfang, in dem der Nachbar solche Rechte im Verfahren durch die rechtzeitige Erhebung entsprechender Einwendungen wirksam geltend gemacht hat (vgl. unter vielen das hg. Erkenntnis vom , 2013/06/0195).
33 Zunächst ist festzuhalten, dass die Aufzählung der Nachbarrechte in § 25 Abs. 3 TBO 2001 taxativ ist (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , 2007/06/0163, mwN).
34 Soweit die Revisionswerber sich auf eine mangelnde Bauplatzeignung nach § 3 TBO 2011 stützen wollen, ist ihnen entgegenzuhalten, dass mit diesem Vorbringen - wie sie auch selbst einräumen - kein Nachbarrecht im Sinne des § 25 Abs. 3 TBO 2001 geltend gemacht wird. Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits ausgesprochen hat, dienen die Regelungen des § 3 TBO 2001 dem Schutz des Bauwerbers und der Personen, die sich in der Baulichkeit aufhalten, allenfalls darüber hinaus dem öffentlichen Interesse an einer den Naturgefahren angemessenen Bebauung, nicht jedoch dem Interesse des Nachbarn (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , 2007/06/0163, mwN). Dies hat der Verwaltungsgerichtshof auch schon zu den einschlägigen Bestimmungen der TBO 1989 hinsichtlich der für murengefährdete Grundstücke geltenden Baubeschränkungen iSd § 4 Abs. 1 erster und zweiter Satz TBO 1989 ausgesprochen (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 91/06/0187 sowie zur Hochwassergefahr das hg. Erkenntnis vom , 97/06/0103, jeweils mwN, und zu Lawinen den hg. Beschluss vom , Ra 2017/06/0104) und trifft mangels insofern maßgeblicher Änderungen auch auf § 3 TBO 2011 zu. Es kommt dem Nachbarn im Bauverfahren kein Recht auf Einhaltung der notwendigen Zufahrt zu, und somit auch kein Recht darauf, ob und gegebenenfalls wie eine Zufahrt sicher benützbar ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 2013/06/0198, mwN).
35 Vor dem Hintergrund der zitierten hg. Rechtsprechung geht das in diesem Zusammenhang erstattete Vorbringen der Revisionswerber zur Lawinengefahr daher ins Leere. In diesem Zusammenhang sei überdies darauf hingewiesen, dass die Erteilung der Baubewilligung durch die BH unter Auflagen, u.a. auch zur Verfügbarkeit und Sicherheit des Erschließungsweges im Hinblick auf die Lawinensicherheit, erfolgte.
36 Das weitere Vorbringen der Erstrevisionswerberin hinsichtlich der Unzuständigkeit der "belangten Behörde" - gemeint ist damit erkennbar die in erster Instanz eingeschrittene BH - betreffend die Erschließung des Bauplatzes ist nicht nachvollziehbar. Es sei jedoch darauf hingewiesen, dass nach der TBO 2011 in Bezug auf die tatsächliche Eignung von Grundstücken für bauliche Zwecke eine inzidente Eignungsprüfung vorgesehen ist (vgl. auch Weber/Kathrein, Tiroler Bauordnung, § 3, S. 109). Für die behauptete Unzuständigkeit finden sich keine Anhaltspunkte.
37 Dem Nachbarn steht gemäß § 25 Abs. 3 lit. b TBO 2001 ein Mitspracherecht hinsichtlich der Bestimmungen über den Brandschutz zu. Dies ist aber nicht dahin zu verstehen, dass ihm ein Mitspracherecht hinsichtlich sämtlicher denkbarer Aspekte des Brandschutzes zustünde, sondern vielmehr nur hinsichtlich jener Gefährdungen, die von der geplanten baulichen Anlage bzw. deren Benützung selbst ausgehen. Ein Mitspracherecht dahingehend, dass die Zufahrt für Einsatzfahrzeuge der Feuerwehr gewährleistet sein müsste, ist ihm nicht eingeräumt (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 2006/06/0338, mwN).
38 Mit ihren pauschalen Ausführungen zur fraglichen Auswirkung eines Brandes (u.a.) auf den O-See, insbesondere durch erforderlich werdende Löschmaßnahmen und deren Auswirkungen auf den See, wird die Verletzung eines im Bauverfahren zu berücksichtigenden subjektiven Rechts nicht aufgezeigt (vgl. auch , , 2013/06/0206, , Ro 2014/06/0003, und , Ra 2017/06/0012).
39 Zur Frage, ob die Zustimmung des Grundeigentümers zum Baugesuch vorliegt, kommt dem Nachbarn nach der TBO 2001 kein Mitspracherecht zu, was gleichermaßen für eine allfällige Zustimmung zu Planänderungen gilt (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 2006/06/0337, mwN). Soweit die Erstrevisionswerberin unter Verweis auf hg. Rechtsprechung zur zivilrechtlichen Konsumation einer Baubewilligung moniert, es mangele vorliegend an der zivilrechtlichen Vereinbarkeit, ist ihr zu entgegnen, dass vor dem Hintergrund der zitierten Rechtsprechung wie auch aus der von ihr zitierten Entscheidung zum Vorliegen der Zustimmungserklärung des Miteigentümers als Grundeigentümer als Voraussetzung zur Erteilung einer Baubewilligung nach dem Vorarlberger Baugesetz kein subjektives Recht des Nachbarn abzuleiten ist. Eine Rechtsverletzung kann daher nicht ersehen werden.
40 Soweit die Erstrevisionswerberin naturschutzrechtliche Fragen sowie das Fehlen einer wasserrechtlichen Bewilligung thematisiert, macht sie damit kein subjektiv-öffentliches Nachbarrecht im Bauverfahren geltend.
41 Wenn die Erstrevisionswerberin und der Zweitrevisionswerber für die gegenständliche Sonderflächenwidmung einen generellen Immissionsschutz sowie im Speziellen einen solchen aus § 43 Abs. 5 TROG 2006 (wortgleich mit dem im vorliegenden Revisionsfall anzuwendenden § 43 Abs. 5 TROG 2011) ableiten wollen, ist ihnen Folgendes entgegenzuhalten:
42 Gemäß § 25 Abs. 3 lit. a TBO 2001 kommt dem Nachbarn ein Mitspracherecht hinsichtlich der Festlegungen des Flächenwidmungsplanes zu, soweit damit ein Immissionsschutz verbunden ist. Daraus ergibt sich, dass dem Nachbarn kein Mitspracherecht hinsichtlich der Übereinstimmung des Vorhabens mit dem Flächenwidmungsplan schlechthin zusteht, sondern nur insoweit, als mit der Flächenwidmung ein Immissionsschutz verbunden ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 2012/06/0061).
43 Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits ausgesprochen, dass ein gleichsam allumfassender Immissionsschutz (wie dies die Erstrevisionswerberin und der Zweitrevisionswerber möglicherweise vermeinen) weder § 25 Abs. 3 lit. a TBO 2001 noch anderen Bestimmungen dieses Absatzes zu entnehmen ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 2013/06/0198, mwN). Soweit sich der Zweitrevisionswerber für seinen Standpunkt auf das hg. Erkenntnis vom , 2011/06/0007, zum Steiermärkischen Baugesetz (Stmk BauG) bezieht, übersieht er, dass der Verwaltungsgerichtshof dort die Vorschrift des § 13 Abs. 12 Stmk BauG betreffend die Vorschreibung größerer Abstände unter bestimmten Voraussetzungen auszulegen hatte.
44 Wenn die Erstrevisionswerberin und der Zweitrevisionswerber aus § 43 Abs. 5 TROG 2011 einen (indirekten) Immissionsschutz ableiten möchten, ist auszuführen, dass sich diese Bestimmung an den Verordnungsgeber wendet und keine subjektiv-öffentlichen Rechte für Nachbarn statuiert. Gegen die Gesetzmäßigkeit der einschlägigen Verordnungen hegte der Verfassungsgerichtshof - wie bereits ausgeführt - keine Bedenken und es wurde vor dem Verwaltungsgerichtshof diesbezüglich auch nichts vorgebracht. Soweit mit dem gegenständlichen Vorbringen auf den in diesem Absatz verwiesenen § 37 Abs. 3 dritter Satz und 4 TROG 2011 abgestellt werden sollte, kann dies fallbezogen schon deswegen nicht von Relevanz sein, weil es sich bei der gegenständlich projektierten Anlage nicht um einen in letztgenannter Bestimmung genannten Betrieb im Sinne der Richtlinie 96/82/EG (Seveso II) handelt. Der vom Zweitrevisionswerber zitierten hg. Judikatur lässt sich ebenfalls kein Immissionsschutz für den vorliegenden Fall entnehmen.
45 Auch § 43 Abs. 1 lit. a TROG 2011 betrifft die Voraussetzungen für die Festlegung einer Widmung im Flächenwidmungsplan und somit die Erlassung einer Verordnung. Mangels entsprechender Bezugnahme auf die dort verankerten Kriterien in der TBO 2011 (oder fallbezogen allenfalls auch der TBO 2009 idF vor LGBl. Nr. 48/2011) lässt sich daher auch aus dieser Bestimmung - wie auch aus der übrigen Norm des § 43 leg. cit. - für den Standpunkt der Revisionswerber nichts gewinnen. Mit der bereits angeführten Sonderflächenwidmung (siehe Rz 1) ist daher kein Immissionsschutz im Sinne des § 25 Abs. 3 lit. a TBO 2001 verbunden.
46 Wenn der Zweitrevisionswerber in diesem Zusammenhang auf die Immissionen im Zuge der Bauführung verweist, ist darauf hinzuweisen, dass die im Zuge der Bauführung entstehenden Nachteile für die Umgebung keine Nachbarrechte berühren.
47 Soweit den Revisionswerbern keine materiellen Rechte zukommen, gehen auch die Ausführungen betreffend die Verletzung von Verfahrensvorschriften ins Leere; die verfahrensmäßigen Rechte der Nachbarn im Bauverfahren können nämlich nicht weiter als ihre materiellen Rechte reichen (vgl. wiederum das hg. Erkenntnis vom , 2013/06/0198, mwN). Das Vorbringen der in diesem Zusammenhang monierten Verfahrensfehler geht daher ins Leere.
48 Wenn die Erstrevisionswerberin und der Zweitrevisionswerber lediglich pauschal die Nichteinhaltung von Abstandsbestimmungen rügen und in diesem Zusammenhang vorbringen, aufgrund mangelhafter Planunterlagen wäre eine Kontrolle des Bauvorhabens in dieser Hinsicht nicht möglich gewesen, ist ihnen Folgendes entgegenzuhalten:
49 Dem Nachbarn kommt kein Recht auf vollständige Vorlage der erforderlichen Planunterlagen zu. Der Nachbar hat aber ein Recht auf die Vorlage jener Planunterlagen, die ihm jene Informationen vermitteln, die er zur Verfolgung seiner Rechte im Verwaltungsverfahren und vor dem Verwaltungsgerichtshof braucht (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , 2009/06/0125, mwN). Ein solches Recht ist auch eines auf Einhaltung der relevanten Abstandsbestimmungen.
50 Die belangte Behörde, welche von einem einzuhaltenden Mindestabstand von 4 m ausging, stellte nach Wiedergabe des hochbautechnischen Sachverständigengutachtens (erstattet in der mündlichen Verhandlung vom ), in welchem unter anderem dargelegt wurde, dass keine Bauvorhaben in den Mindestabstandsbereichen geplant seien, fest, dass sie hinsichtlich der Einhaltung der notwendigen Abstände keine Bedenken hege. Weiters stellte die belangte Behörde fest, dass zur Grenze des Grundstückes der Erstrevisionswerberin ein Gesamtabstand von nahezu 16 m eingehalten werde; dies ergebe sich aufgrund eines den Planunterlagen zu entnehmenden Abstandes im Bereich des Turmes (OK Attika mit 11,15 m, OK Aufzug 11,30 m) zum zwischen dem Baugrundstück und dem Grundstück der Erstrevisionswerberin liegenden Weg auf dem Grundstück Nr. X/1 von 11 m, zuzüglich der Breite des betreffenden Weges von etwa 5 m.
51 Diesen Feststellungen wird mit den vorliegenden Ausführungen (von der Erstrevisionswerberin in ihrer Berufung wortgleich formuliert) nicht entgegengetreten. Auf dem Boden der sowohl von der Erstrevisionswerberin als auch vom Zweitrevisionswerber nicht bekämpften Feststellungen kann daher eine Verletzung der Abstandsbestimmungen nicht erkannt werden. Auch zeigt der Zweitrevisionswerber mit seiner pauschalen Ausführung, das Vorhaben sei gemäß § 25 Abs. 3 lit. d TBO 2001 unzulässig, nicht konkret auf, worin die behauptete Rechtsverletzung liegen sollte. Angesichts dieser unbestrittenen Feststellungen der belangten Behörde legen die Erstrevisionswerberin und der Zweitrevisionswerber mit ihrem nicht weiter konkretisierten Vorbringen zur behaupteten Mangelhaftigkeit der Planunterlagen auch nicht dar, worin diese bestehen sollte.
52 Soweit die Erstrevisionswerberin in diesem Zusammenhang die Unzulässigkeit der "Terrassen" und damit erkennbar der ein gleichsam terrassenartiges Gelände ausbildenden "Refugias" geltend machen möchte, ist entgegen ihrer - an anderer Stelle der Revision erwähnten - Ansicht gegenständlich nicht von Relevanz, ob diese als oberirdisch oder unterirdisch zu bewerten sind. Vielmehr ist die Erstrevisionswerberin der (in den Planunterlagen nachvollziehbaren) Feststellung der belangten Behörde, wonach zwischen dem Baugrundstück und dem in ihrem Eigentum stehenden Seegrundstück ein Weg von einer Breite von etwa 5 m liegt, nicht entgegengetreten. Es ergibt sich jedoch schon daraus, dass eine Unterschreitung des Mindestabstandes nicht vorliegen kann.
53 Wenn die Erstrevisionswerberin im Weiteren ganz allgemein die "Versickerungsproblematik" anspricht, ist ihrem diesbezüglichem Vorbringen nicht zu entnehmen, inwiefern sie dadurch in ihren subjektiv-öffentlichen Rechten verletzt sein sollte (siehe hierzu auch das bereits zitierte, zur TBO 1989 ergangene hg. Erkenntnis vom , 97/06/0103, wonach durch die projektgemäß geplante Versickerung der Niederschlagswässer auf eigenem Grund keine subjektiv-öffentlichen Rechte berührt werden).
54 Das Vorbringen zur generellen Unzulässigkeit gemäß § 25 Abs. 3 lit. c TBO 2001 ist nicht geeignet, eine Verletzung in subjektiv-öffentlichen Rechten aufzuzeigen. Nach § 25 Abs. 3 lit. c TBO 2001 können nur die ausdrücklich in dieser Gesetzesstelle aufgezählten Inhalte von Bebauungsplänen zum Gegenstand nachbarrechtlicher Einwendungen gemacht werden. Nachbarn sind somit auf die (behauptete) Verletzung von Baufluchtlinien, Baugrenzlinien, Bauweisen und Bauhöhen beschränkt (vgl. hierzu auch das hg. Erkenntnis vom , 2011/06/0123, mwN). Eine derartige Verletzung wird von der Erstrevisionswerberin und dem Zweitrevisionswerber mit den vorliegenden pauschalen Ausführungen jedoch nicht behauptet.
55 Soweit die Erstrevisionswerberin mit dem lapidaren Vorbringen "Ein Gutachten dazu, das dem Begriff eines Gutachtens entspricht, wurde nicht vorgelegt" dem in der mündlichen Verhandlung vom erstatteten hochbautechnischen Gutachten hinsichtlich der Einhaltungen des geltenden allgemeinen und ergänzenden Bebauungsplanes Nr. 336 entgegentreten möchte, wird damit keine Unschlüssigkeit des betreffenden Gutachtens aufgezeigt. Nach der hg. Rechtsprechung ist es vielmehr erforderlich, konkret und mit näherer Begründung dazulegen, worin die Unschlüssigkeit eines Gutachtens liegen soll (vgl. hierzu bspw. das hg. Erkenntnis vom , Ro 2014/06/0044, mwN). Die Beurteilung der belangten Behörde, es bestünden nach der Stellungnahme des hochbautechnischen Sachverständigen keine Widersprüche zu sämtlichen Bebauungsplanfestlegungen, ist nicht als unzutreffend zu erkennen. Die Erstrevisionswerberin legt mit ihrem Vorbringen nicht konkret und mit näherer Begründung dar, worin die Unschlüssigkeit des Gutachtens liege.
56 Die Revision der Erst- und des Zweitrevisionswerbers erweist sich somit als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
57 Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG, hinsichtlich der dritt-, fünft- und sechstrevisionswerbenden Parteien insbesondere auf § 51 VwGG, iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455/2008 (siehe § 4 iVm § 3 Z 1 der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014, BGBl. II Nr. 8/2014). Das Mehrbegehren der mitbeteiligten Partei war jeweils abzuweisen, weil neben den in der genannten Verordnung festgesetzten Pauschalbeträgen ein weiterer Ersatz von Umsatzsteuer nicht vorgesehen ist.
Wien, am
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