VwGH vom 19.01.2010, 2007/05/0312

VwGH vom 19.01.2010, 2007/05/0312

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bumberger sowie den Senatspräsidenten Dr. Kail und die Hofräte Dr. Pallitsch, Dr. Hinterwirth und Dr. Moritz als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Zykan, über die Beschwerde 1. des WM und 2. der BM, beide in Altenberg bei Linz, beide vertreten durch Dr. Franz Haunschmidt, Rechtsanwalt in 4020 Linz, Landstraße 12, gegen den Bescheid der Oberösterreichische Landesregierung vom , Zl. BauR-013774/2-2007-Hd/We, betreffend Einwendungen gegen ein Bauvorhaben (mitbeteiligte Parteien: 1. H GmbH in 4271 St. Oswald bei Freistadt, 2. Marktgemeinde Altenberg), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Oberösterreich hat den Beschwerdeführern Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.286,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Schreiben vom beantragte die erstmitbeteiligte Bauwerberin die Baubewilligung für den Neubau einer Reihenhausanlage, bestehend aus einem Baukörper mit zwei und einem Baukörper mit drei Reihenhäusern auf zwei Grundstücken in Altenberg. Die Baugrundstücke umschließen L-förmig die Verkehrsfläche "Hohlweg", die als Sackgasse vor dem um die Breite der Verkehrsfläche herauskragenden Baugrundstück Nr. 654/5 endet. Das Grundstück der beschwerdeführenden Nachbarn Nr. 654/2 grenzt unmittelbar an das Baugrundstück Nr. 654/5 an und liegt dem Baugrundstück Nr. 654/4 am Hohlweg gegenüber.

Mit Schreiben vom erhoben die Beschwerdeführer Einwendungen. Das Nebengebäude, bestehend aus Garagen und einem Müll- und Fahrradabstellraum, weise eine Länge von 11 m an der Grundstücksgrenze auf und verstoße somit gegen § 6 Abs. 1 Z. 3 O.ö. Bautechnikgesetz. Die im Gesetz vorgesehene Stellplatzanzahl werde wesentlich überschritten, weshalb es zu unzumutbaren Belästigungen kommen werde.

Mit Schreiben vom brachten die Beschwerdeführer vor, dass für die zu bebauenden Grundstücke der Bebauungsplan der Gemeinde Altenberg Nr. 1285 vom September 1965 idF des Teilbebauungsplanes Nr. 1285/a aus April 1966 in Geltung sei; danach seien Baufluchtlinien vorgesehen und es sei nur eine einstöckige Bauweise zulässig. Das Vorhaben entspreche dem nicht. Die Beschwerdeführer beantragten die Einholung eines verkehrstechnischen, eines immissionstechnischen und eines medizinischen Sachverständigengutachtens.

In der mündlichen Verhandlung vom legten die Beschwerdeführer Verhandlungsschriften von früheren Bauverhandlungen der Anrainer vor, bei denen der Teilbebauungsplan Nr. 1285/a aus 1996 zu Grunde gelegt worden sei.

Mit Schreiben vom teilte die Baubehörde den Beschwerdeführern mit, dass die Bauwerberin auf Grund allgemeiner Erfahrungswerte in Verbindung mit dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung vom eine Projektsüberarbeitung mit der Vorgabe vorzunehmen hatte, dass auf eigenem (und nicht auf öffentlichem) Grund zumindest zwei KFZ-Stellplätze je Wohnung zu errichten seien. Der neue Einreichplan vom mit insgesamt zwölf KFZ-Parkplätzen (fünf Garagenplätze, davon, wie bisher, drei an der Nachbargrundgrenze, sieben Plätze im Freien, davon drei an der Nachbargrundgrenze) wurde den Beschwerdeführern vorgehalten.

In ihrer Stellungnahme vom führten die Beschwerdeführer aus, der vorliegende Plan umfasse nunmehr sechs KFZ-Stellplätze unmittelbar an der Grundstücksgrenze und sei als "Verhöhnung" der Nachbarn anzusehen. Im bisherigen Verfahren hätten sie sich wegen der überdurchschnittlich hohen Immissionsbelastung gegen fünf KFZ-Stellplätze unmittelbar an der Grundstücksgrenze ausgesprochen. Nun seien sogar sechs vorgesehen. Es seien mehr KFZ-Abstellplätze vorgesehen als vom Gesetz KFZ-Pflichtabstellplätze verlangt würden. Berücksichtige man die geplante Errichtung eines Müllraumes (Raumwidmung: Müll/Rad im Anschluss an den Garagenriegel) unmittelbar an der Grundstücksgrenze, sei das Bauvorhaben für die Beschwerdeführer als Nachbarn unzumutbar. Die Behörde habe im bisherigen Verfahren keinen immissionstechnischen und keinen medizinischen Sachverständigen beigezogen.

Mit Bescheid des Bürgermeisters der zweitmitbeteiligten Marktgemeinde vom erteilte dieser im Spruchpunkt I unter Bedingungen und Auflagen die Baubewilligung unter ausdrücklicher Bezugnahme auch auf den Plan vom und wies im Spruchpunkt II sämtliche Einwendungen als unbegründet ab bzw. als unzulässig zurück. Begründend wurde ausgeführt, die Situierung der Garagen sowie des Fahrrad- und Mülltonnenabstellraums entspreche dem Bautechnikgesetz. Die Immissionen der Stellplätze seien zulässig, zudem bestehe kein Rechtsanspruch der Nachbarn, dass das Verkehrsaufkommen durch das Bauvorhaben nicht größer werde.

In der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung brachten die Beschwerdeführer u. a. vor, die Gesamtfläche der an der Grundstücksgrenze zu errichtenden Gebäude betrage 51,71 m2, weshalb die gesetzliche Höchstfläche von 50 m2 überschritten werde. Zudem liege nur teilweise eine Garage vor, da außerdem ein Müllabstell- bzw. Fahrradraum projektiert sei.

Unter Vorlage des Planes vom änderte die Bauwerberin ihr Vorhaben dahingehend, dass eine (durch einen Knick erreichte) Reduzierung der Länge des unmittelbar entlang des Grundstückes der Beschwerdeführer geplanten Garagenriegels auf 10 m innerhalb des gesamten 3 m breiten seitlichen Bauwichs sowie eine Funktionsänderung des westlichen Raumes auf nur mehr "Fahrradabstellraum" erfolgte.

In ihrer Stellungnahme führten die Beschwerdeführer aus, durch diese beabsichtigte Planänderung entstehe kein genehmigungsfähiges Bauvorhaben, da das Nebengebäude immer noch die gesetzlich Höchstfläche von 50 m2 überschreite und zudem neben einer Garage weitere Räumlichkeiten enthalte. Das Verfahren sei mangels eines medizinischen und eines lärmtechnischen Gutachtens sowie auf Grund der vorgelegten Pläne noch immer mangelhaft.

Mit Bescheid des Gemeinderates der zweitmitbeteiligten Marktgemeinde vom wurde die Berufung der Beschwerdeführer als unbegründet abgewiesen bzw. als unzulässig zurückgewiesen und der Bescheid des Bürgermeisters vom bestätigt.

Mit Bescheid der belangten Behörde vom wurde einer dagegen erhobenen Vorstellung der Beschwerdeführer Folge gegeben. In Anbetracht des Umstandes, dass sich mehr als fünf Pflichtstellplätze, nämlich sechs Stellplätze an der Grundgrenze und sechs weitere Stellplätze nur wenige Meter entfernt befänden, hätten ein immissionstechnisches und ein medizinisches Gutachten eingeholt werden müssen.

Das im 2. Rechtsgang eingeholte immissionstechnische Sachverständigengutachten bewertete die zu erwartende Immissionszusatzbelastung durch die 12 Stellplätze geringer als 1 % der Immissionsgrenzwerte. Der medizinische Amtssachverständige führte in seiner Stellungnahme aus, es seien auf Grund der Stellungnahme des Immissionstechnikers keine wie immer gearteten Gefährdungen oder Gesundheitsbeeinträchtigungen der Nachbarschaft gegeben.

Mit Bescheid des Gemeinderats der zweitmitbeteiligten Partei vom wies dieser die Berufung der Beschwerdeführer mit Berufungsergänzung erneut als unbegründet ab bzw. als unzulässig zurück und bestätigte den Bescheid des Bürgermeisters vom , ohne auf die im 2. Rechtsgang erfolgte Planänderung einzugehen; der Plan vom enthält auch keinen Genehmigungsvermerk. Auf Grund der eingeholten Gutachten sei die Immissionszusatzbelastung irrelevant und könnten die Beschwerdeführer hierdurch nicht in ihrer Gesundheit gefährdet werden. Für den von den Beschwerdeführern ins Spiel gebrachten Bebauungsplan aus dem Jahr 1966 sei nie das notwendige Verfahren zur Schaffung einer Verordnung durchgeführt und er sei auch nie der Aufsichtsbehörde zur Genehmigung vorgelegt worden. Unerheblich sei der Umstand, dass dieses lose Bebauungskonzept aus dem Jahr 1966 bei der Situierung der benachbarten Wohnbauten teilweise als Entscheidungshilfe herangezogen worden sei. Bezüglich des Garagenriegels gelte die 50 m2-Grenze nur für die Bauführung im Bauwich und werde daher eingehalten. Der Nebenraum, der nunmehr nach dem Plan vom nicht zur Aufnahme von Mülltonnen, aber zum Abstellen von Fahrrädern diene, sei gemäß § 8 Abs. 4 O.ö. Bautechnikgesetz zulässig.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der dagegen erhobenen Vorstellung der Beschwerdeführer keine Folge. Aus dem im zweiten Rechtsgang eingeholten immissionstechnischen Gutachten gehe hervor, dass die zu erwartende zusätzliche Immissionsbelästigung auf Grundlage der dafür herangezogenen technischen Grundlage "Emissionen von Kraftfahrzeugen im Bereich von Abstellflächen", herausgegeben im Jahr 2006 vom Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit, weniger als 1 % betrage und dadurch keinerlei Gesundheitsgefährdung hervorgerufen werde. Dieses Ergebnis habe auch berücksichtigt, dass sechs Stellplätze, also einer über der vorgeschriebenen Anzahl an Pflichtstellplätzen, an der Grundgrenze zu den Nachbarn geplant seien. Aus der amtsärztlichen Stellungnahme ergebe sich keine wie immer geartete Beeinträchtigung oder Gesundheitsgefährdung für die Nachbarschaft. Der Umstand, dass dieses Gutachten nach der Aktenlage erstellt worden sei, mache es nicht gesetzwidrig. Die Beschwerdeführer seien den Gutachten nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegen getreten.

Es gebe keine Hinweise, dass ein Bebauungsplan Nr. 1285 aus 1965 in der Fassung des Teilbebauungsplanes Nr. 1285/a aus April 1966 Bestandteil der geltenden Rechtsordnung geworden wäre. Es gebe weder einen Hinweis auf einen entsprechenden Gemeinderatsbeschluss noch auf die Kundmachung eines Entwurfes. Für die Rechtsverbindlichkeit sei es irrelevant, ob eine diesbezügliche, von der Gemeinde als Bebauungskonzept bezeichnete Unterlage als Entscheidungshilfe herangezogen worden sei.

Soweit die Beschwerdeführer die Widmungskonformität des Vorhabens mit dem Hinweis bestritten, dass eine Sonderausweisung "verdichteter Flachbau" fehle, wurde ihnen entgegen gehalten, dass die Nachbarn zwar ein Recht auf Einhaltung der Widmungskategorie, nicht jedoch auf das Vorliegen einer Sonderausweisung und auf das Festlegen von Bauweisen im Bebauungsplan hätten. Es existiere gar kein rechtsgültiger Bebauungsplan; selbst wenn ein Bebauungsplan existieren würde, müssten darin keine Festlegungen, etwa für die Gruppenbauweise, erfolgen.

Bezüglich des Garagenriegels wurde darauf hingewiesen, dass nicht mehr als 50 m2 der Nutzfläche im Bauwich zu liegen kämen. Die Flächenbeschränkung von 50 m2 beziehe sich nämlich nach dem Gesetzeswortlaut nur auf den im Bauwich gelegenen Gebäudeteil. Unwesentlich für Nachbarrechte sei, wie sich die Garage als Nebengebäude in allfällige Räume aufteile; § 8 Abs. 4 Oö BauTG sei daher nicht relevant.

Der Verfassungsgerichtshof hat die Behandlung der zunächst an ihn gerichteten Beschwerde mit Beschluss vom , B 2143/07-4, abgelehnt und die Beschwerde gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG an den Verwaltungsgerichtshof abgetreten.

Vor dem Verwaltungsgerichtshof erachten sich die Beschwerdeführer im Recht auf Versagung der baubehördlichen Bewilligung und auf Einhaltung des Flächenwidmungs- und Bebauungsplans verletzt. Sie machen Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Beschwerdeführer bringen vor, auf Grund des Bauvorhabens sei mit erheblichen Immissionen zurechnen. Als Nachbarn bestehe für sie nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes das subjektiv-öffentliche Recht, dass schädliche Umwelteinwirkungen möglichst vermieden würden. Die geplanten Stellplätze unmittelbar an der Grenze zum Grundstück der Beschwerdeführer würden eine nicht "hinnehmbare" Situation herbeiführen. Diese Belästigung, insbesondere die Lärmimmission, übersteige das für Wohngebiete übliche Maß. Es sei kein Lärmimmissionsgutachten eingeholt worden.

Das Bauvorhaben werde auf einem Grundstück errichtet, welches gemäß dem Flächenwidmungsplan als Wohngebiet gewidmet sei. § 22 Abs. 1 Satz 3 O.ö. Raumordnungsgesetz lege fest, dass Flächen für förderbare, mehrgeschossige (mindestens drei Geschosse über dem Erdboden) Wohnbauten oder Gebäude in verdichteter Flachbauweise vorgesehen werden können. Eine solche Festlegung sei nicht erfolgt. Der projektierte Neubau sei als verdichteter Flachbau auf Grund der fehlenden Sonderwidmung unzulässig. § 22 O.ö. Raumordnungsgesetz verleihe ein Recht des Nachbarn auf Einhaltung der Sonderwidmung.

Der Teilbebauungsplan Nr. 1285/a aus dem Jahr 1966 werde seit 30 Jahren von der Baubehörde unbestritten angewandt. Er sei Grundlage früherer Baubewilligungen gewesen und von mehreren Bürgermeistern als in Geltung stehender Bebauungsplan bezeichnet worden. Damit sei der Bebauungsplan ortsüblich kundgemacht worden; zumindest habe er ein Mindestmaß an Publizität erlangt, sodass es sich um eine rechtlich existente Rechtsverordnung handle. Dieser Bebbauungsplan verleihe den Beschwerdeführern ein subjektivöffentliches Recht, da die dort vorgesehene lockere Verbauung und die Festlegung der Baufluchtlinien verhinderten, dass Immissionen das zumutbare Maß übersteigen.

Hinsichtlich der Beurteilung des Garagenriegels seien die Bestimmungen der O.ö. Bautechnikgesetznovelle 2006 nicht anwendbar, sondern es würde die Bestimmung des § 6 Abs. 1 Z. 3 O.ö. Bautechnikgesetz idF LGBl. Nr. 103/1998 gelten. Die projektierte Garage sei daher zu groß (über 50 m2) und zu lang (über 10 m).

Das gegenständliche Bauverfahren wurde vor dem eingeleitet, weshalb auf Grund der Übergangsbestimmungen LGBl. Nr. 96/2006, Art. II Abs. 2 und LGBl. Nr. 67/2006, Art. II Abs. 2, die Bestimmungen der Oö BauO 1994 in der Fassung LGBl. Nr. 114/2002 (BauO) und des Oö Bautechnikgesetzes, LGBl. Nr. 67/1994 in der Fassung LGBl. Nr. 103/1998 (BauTG), zur Anwendung gelangen. Die Einwendungen der Nachbarn sind in § 31 BauO geregelt; dessen Abs. 3 und 4 lauten:

"(3) Nachbarn können gegen die Erteilung der Baubewilligung mit der Begründung Einwendungen erheben, dass sie durch das Bauvorhaben in subjektiven Rechten verletzt werden, die entweder in der Privatrechtsordnung (privatrechtliche Einwendungen) oder im öffentlichen Recht (öffentlich-rechtliche Einwendungen) begründet sind.

(4) Öffentlich-rechtliche Einwendungen der Nachbarn sind im Baubewilligungsverfahren nur zu berücksichtigen, wenn sie sich auf solche Bestimmungen des Baurechts oder eines Flächenwidmungsplans oder Bebauungsplans stützen, die nicht nur dem öffentlichen Interesse, sondern auch dem Interesse der Nachbarschaft dienen. Dazu gehören insbesondere alle Bestimmungen über die Bauweise, die Ausnutzbarkeit des Bauplatzes, die Lage des Bauvorhabens, die Abstände von den Nachbargrenzen und Nachbargebäuden, die Gebäudehöhe, die Belichtung und Belüftung sowie jene Bestimmungen, die gesundheitlichen Belangen oder dem Schutz der Nachbarschaft gegen Immissionen dienen. Ein Schutz gegen Immissionen besteht jedoch insoweit nicht, als die Nachbargrundstücke oder die darauf allenfalls errichteten Bauten nicht für einen längeren Aufenthalt von Menschen bestimmt oder geeignet sind und die Errichtung solcher Bauten auf Grund faktischer oder rechtlicher Umstände auch in Hinkunft nicht zu erwarten ist. Als längerer Aufenthalt gilt dabei jedenfalls nicht ein wenn auch mehrmaliger oder öfterer, jeweils aber nur kurzzeitiger vorübergehender Aufenthalt von Menschen. Überdies kann der Schutz der Nachbarschaft gegen Immissionen nicht dazu führen, dass die Baubewilligung für ein Bauvorhaben, das nach der für das Baugrundstück geltenden Flächenwidmung zulässig ist, grundsätzlich versagt wird."

Die belangte Behörde hat im ersten Rechtsgang die Einholung von entsprechenden Sachverständigengutachten gefordert. Dem kamen die Gemeindebehörden nach; anhand des immissionstechnischen Gutachtens und der Stellungnahme des medizinischen Sachverständigen erscheint die Feststellung, dass keine wie immer gearteten Beeinträchtigungen oder Gesundheitsgefährdungen für die Nachbarschaft gegeben seien, durchaus nachvollziehbar, zumal die Beschwerdeführer den eingeholten Gutachten nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegen getreten sind.

Einen gemäß § 31 Abs. 4 BauO relevanten Widerspruch zum Flächenwidmungsplan wollen die Beschwerdeführer darin erkennen, dass hier keine Sonderausweisung für Flachbauten vorliege. § 22 Abs. 1 Oö Raumordnungsgesetz in der Fassung LGBl. Nr. 131/1997 (ROG) lautet:

"(1) Als Wohngebiete sind solche Flächen vorzusehen, die für Wohngebäude bestimmt sind, die einem dauernden Wohnbedarf dienen; andere Bauten und sonstige Anlagen dürfen in Wohngebieten nur errichtet werden, wenn sie wirtschaftlichen, sozialen oder kulturellen Bedürfnissen vorwiegend der Bewohner dienen und ihre ordnungsgemäße Benützung keine Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für die Bewohner mit sich bringt; Büros und Kanzleien sind in Wohngebieten darüber hinaus zulässig, soweit die einzelnen Bauten nicht überwiegend für solche Zwecke benützt werden. Flächen für Wohngebiete können auch als reine Wohngebiete vorgesehen werden; in diesen Wohngebieten dürfen neben Wohngebäuden nur solche in Wohngebieten zulässige Bauten und sonstige Anlagen errichtet werden, die dazu dienen, den täglichen Bedarf der Bewohner zu decken. Weiters können Flächen für förderbare mehrgeschoßige (mindestens drei Geschoße über dem Erdboden) Wohnbauten oder Gebäude in verdichteter Flachbauweise (§ 2 Z. 41 Oö. Bautechnikgesetz) vorgesehen werden; in diesen Wohngebieten dürfen nur förderbare mehrgeschossige Wohnbauten oder Gebäude in verdichteter Flachbauweise sowie Bauten und sonstige Anlagen errichtet werden, die dazu dienen, den täglichen Bedarf der Bewohner zu decken."

Der dritte Satz dieser Bestimmung erlaubt es dem Verordnungsgeber, Flächen für die dort beschriebenen Wohnbauten vorzusehen; macht er von dieser Befugnis Gebrauch, dann dürfen nur die dort genannten Wohnbauten auf diesen Flächen errichtet werden. Hingegen kann aus § 22 Abs. 1 ROG nicht entnommen werden, dass Gebäude in verdichteter Flachbauweise nur dann errichtet werden dürfen, wenn eine solche Festlegung erfolgt ist; ein ausdrückliches Gebot enthält ja nur der zweite Halbsatz des § 22 Abs. 1 dritter Satz ROG. Hätte der Gesetzgeber gewollt, dass verdichtete Flachbauten nur bei entsprechender Ausweisung zulässig sind, hätte er eine Formulierung gewählt, wie sie etwa in § 23 Abs. 3 ROG ("solche Geschäftsbauten dürfen ... ausschließlich in diesen Gebieten errichtet werden") enthalten ist.

Die Beschwerdeführer machen geltend, das Vorhaben widerspreche einem seit 1966 in Geltung stehenden Teilbebauungsplan. Tatsächlich liegt ein solcher Plan vor, der lediglich die Unterschrift des Planverfassers trägt; außerdem liegen Anträge von Grundeigentümern an die Gemeinde vor, diesen Plan zu genehmigen. Ein Hoheitsakt eines Gemeindeorgans, welcher als eine derartige Genehmigung anzusehen sein könnte, findet sich weder in den vorgelegten Verwaltungsakten noch in den von den Beschwerdeführern im Verwaltungsverfahren vorgelegten Urkunden.

Nach § 10 der Bauordnung für Österreich ob der Enns in der Fassung der Oö Bauordnungsnovelle 1946 waren Bebauungspläne von Seiten der Gemeindevorstehung anzufertigen und zur öffentlichen Einsicht aufzulegen; nach abgelaufener Frist hatte der Gemeindeausschuss den ihm vorgelegten Flächenwidmungs- und Bebauungsplan zu prüfen, darüber Beschluss zu fassen und über etwa dagegen eingebrachte Einwendungen zu entscheiden. Nach Beschlussfassung des Gemeindeausschusses musste das Operat der Landesregierung zwecks Genehmigung vorgelegt werden und entschied die Landesregierung endgültig. Diese Anforderungen erfüllt der vorgelegte Plan nicht einmal ansatzweise.

Ein von den Beschwerdeführern behaupteter Verwaltungsbrauch wird von der Berufungsbehörde nicht bestätigt; unabhängig davon sieht sich der Verwaltungsgerichtshof nicht veranlasst, von seiner Rechtsprechung, wiedergegeben bei Antoniolli/Koja , Allgemeines Verwaltungsrecht3, 195, abzurücken, wonach Gewohnheitsrecht als Rechtsquelle subjektiver öffentlicher Nachbarrechte gemäß Art. 18 Abs. 1 B-VG überhaupt nicht in Betracht kommt.

Aus dem von den Beschwerdeführern ins Treffen geführten Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom , B 1238/00, VfSlg. 16.875, ist für den Standpunkt der Beschwerdeführer nichts zu gewinnen. Nach Art. 89 Abs. 1 B-VG ist der Verwaltungsgerichtshof als Gericht an nicht gehörig kundgemachte Verordnungen nicht gebunden. Im Beschwerdefall steht fest, dass der Teilbebauungsplan aus dem Jahre 1966 nicht gehörig kundgemacht wurde, sodass sich die Beschwerdeführer in Ausübung ihrer Nachbarrechte auf diesen Teilbebauungsplan nicht berufen können.

Bezüglich des hier genehmigten Nebengebäudes laut Plan vom , beinhaltend drei Garagen und einen Raum für Fahrräder und Mülltonnen, kommt § 6 Abs. 1 Z. 3 BauTG zur Anwendung. Diese Bestimmung lautet:

"§ 6

Ausnahmen von den Vorschriften betreffend Abstände und Vorgärten

(1) Soweit der Bebauungsplan nichts anderes festlegt, gelten die Abstandsbestimmungen zu den seitlichen und zur inneren (hinteren) Bauplatz- oder Nachbargrundgrenze(n) nicht für:

...

3. mit Schutzdächern versehene Abstellplätze und

Garagen als Nebengebäude, auch wenn sie an das Hauptgebäude angebaut und unterkellert sind, mit einer Nutzfläche bis zu insgesamt 50 m2 und einer dem Nachbarn zugewandten Seite bis zu 10 m Länge; im Sinn dieser Bestimmung liegt ein Zubau auch dann nicht vor, wenn die Garage bauliche Verbindungen mit dem Hauptgebäude (Deckenauflager in dessen Außenmauer, Einbindung des Garagendaches in das Hauptgebäudedach und dgl.) aufweist und über eine Verbindungsöffnung zum Hauptgebäude verfügt;

..."

Während die Gebäudelänge von 10 m an der dem Nachbarn zugewandten Seite durch das (mit dem Plan vom bewilligte) Vorhaben eingehalten wird, räumt auch die belangte Behörde ein, dass die Gesamtfläche größer als 50 m2 ist, wenn sie im angefochtenen Bescheid darauf abgestellt hat, dass die Flächenberechnung von 50 m2 sich dabei nur auf den im Bauwich gelegenen Gebäudeteil beziehe.

Allerdings hat der Verwaltungsgerichtshof in seinem jüngst ergangenen Erkenntnis vom , Zl. 2007/05/0114, näher begründet ausgeführt, dass diese Bestimmung ausdrücklich regle, für welche Objekte die Abstandsbestimmungen nicht gelten würden; eine Einschränkung, wonach nur die in der seitlichen Abstandsfläche gelegenen Teile der Nutzfläche dieser Objekte in Betracht zu ziehen seien, ergebe sich aus dem klaren Wortlaut nicht.

Auch im Beschwerdefall ist somit die belangte Behörde zu Unrecht davon ausgegangen, dass nach der Rechtslage vor der Novelle LGBl. Nr. 97/2006 nur die im Seitenabstand gelegene Nutzfläche für die Ausnahmebestimmung des § 6 Abs. 1 Z. 3 BauTG maßgeblich wäre.

Aus diesem Grund war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben. Dass ein Vorhaben bewilligt wurde, welches nicht mehr dem aktuellen Willen der Bauwerberin entsprach, hat auf die hier allein zu beurteilende Verletzung von Nachbarrechten keinen Einfluss.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit § 3 Abs. 2 der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am