VwGH vom 24.10.2013, 2011/16/0201
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höfinger und den Hofrat Dr. Mairinger sowie die Hofrätin Mag. Dr. Zehetner als Richter, im Beisein der Schriftführerin MMag. Wagner, über die Beschwerde der L in T, vertreten durch die Fidelitatis Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungs- KG in 2542 Kottingbrunn, Schlossgasse 1B, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Wien, vom , Zl. RV/0108-W/08, betreffend Erbschaftssteuer, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
In der Verlassenschaftssache nach der im August 2005 verstorbenen Rosa H erklärte Josef H, seinen Pflichtteilsanspruch geltend zu machen. Er verstarb im März 2006.
Gemäß dem Pflichtteilsbedeckungsübereinkommen vom (in der Verlassenschaftssache nach Rosa H) wurden der Beschwerdeführerin als Erbin nach Josef H zur Berichtigung des Pflichtteilsanspruches Sparbücher aus der Verlassenschaft nach Rosa H übergeben.
Der Beschwerdeführerin wurde mit Einantwortungsbeschluss vom dessen Verlassenschaft zur Gänze eingeantwortet.
Für diesen Erwerbsvorgang wurde der Beschwerdeführerin vom Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern Erbschaftssteuer von EUR 7.972,-- festgesetzt.
In ihrer dagegen erhobenen Berufung brachte die Beschwerdeführerin vor, ihr seien zur Abgeltung ihres Pflichtteilsanspruches im Verlassenschaftsverfahren nach Rosa H Sparbücher übergeben worden, sodass die Steuerbefreiung gem. § 15 Abs. 1 Z 17 ErbStG zur Anwendung komme.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab. Sie führte begründend aus, zum Zeitpunkt des Todes des Josef H habe dieser aus dem Titel des Pflichtteilsanspruches gegenüber der Verlassenschaft nach Frau Rosa H eine Geldforderung gehabt. Diese - und nicht ein nach § 15 Abs. 1 Z 17 ErbStG befreites Kapitalvermögen - sei Gegenstand des Nachlasses nach Josef H gewesen. Mit dem Monate nach dem Todestag des Josef H abgeschlossenen Pflichtteilsbedeckungsübereinkommen sei vereinbart worden, dass die Alleinerbin nach Rosa H der Beschwerdeführerin Sparbücher aus dem Nachlass der Frau Rosa H zur Bedeckung des Pflichtteilsanspruchs übergebe. Diese Sparbücher stellten im Zeitpunkt des Todes des Josef H kein Vermögen dar, dessen Kapitalerträge diesem zuzurechnen gewesen seien. Da hinsichtlich des Pflichtteilsanspruches des Josef H an dessen Todestag kein endbesteuertes Vermögen im Sinn des § 15 Abs. 1 Z. 17 ErbStG vorhanden gewesen sei, habe die diesbezügliche Befreiung nicht zum Tragen kommen können.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit welcher die Beschwerdeführerin ausschließlich inhaltliche Rechtswidrigkeit geltend macht. Sie erachtet sich in ihren "Recht auf Nichtvorschreibung der Erbschaftsteuer aus endbesteuertem Vermögen verletzt".
Die belangte Behörde legte die Akten vor und erstattete eine Gegenschrift verbunden mit dem Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat darüber in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Gemäß § 1 Abs. 1 Z 1 des Erbschafts- und Schenkungssteuergesetzes 1955 (ErbStG) in der im Beschwerdefall noch anzuwendenden Fassung vor der Aufhebung durch das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom , G 54/06 u.a., unterlag der Erbschaftssteuer der Erwerb von Todes wegen.
Als Erwerb von Todes wegen gilt nach § 2 Abs. 1 Z 1 ErbStG der Erwerb durch Erbanfall, durch Vermächtnis oder auf Grund eines geltend gemachten Pflichtteilsanspruches.
Steuerfrei bleiben gemäß § 15 Abs. 1 Z 17 erster Anstrich ErbStG Erwerbe von Todes wegen von Kapitalvermögen, soweit dessen Erträge im Zeitpunkt des Todes des Erblassers der Steuerabgeltung gemäß § 97 Abs. 1 erster Satz sowie § 97 Abs. 2 erster bis dritter Satz des Einkommensteuergesetzes 1988 in der Fassung des Bundesgesetzes, BGBl. Nr. 12/1993, unterliegen, sowie von vergleichbaren Kapitalvermögen, soweit dessen Erträge im Zeitpunkt des Todes des Erblassers der besonderen Einkommensteuer gemäß § 37 Abs. 8 des Einkommensteuergesetzes 1988 unterliegen; dies gilt für Forderungswertpapiere nur dann, wenn sie bei der Begebung sowohl in rechtlicher als auch in tatsächlicher Hinsicht einem unbestimmten Personenkreis angeboten werden.
Die Erbschaftssteuer ist nach § 15 Abs. 1 Z 17 erster Anstrich ErbStG insoweit abgegolten, als endbesteuertes Vermögen als Erbschaft anfällt oder als Vermächtnis ausgesetzt wurde. Abgegolten ist die Steuer aber auch dann, wenn in Abgeltung des Pflichtteilsanspruchs oder im Zuge der Erbauseinandersetzung endbesteuertes Nachlassvermögen zugewiesen wird. Die Steuerfreiheit hängt freilich davon ab, dass dem Steuerpflichtigen tatsächlich endbesteuertes Vermögen zugewendet wird. Dem Erben bleibt die Begünstigung auch dann erhalten, wenn er zwecks Entrichtung von (Bar )Vermächtnissen oder des Pflichtteils endbesteuertes Vermögen verwertet (vgl. das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom , B 129/97 u. a.).
Dieser Ansicht hat sich der Verwaltungsgerichtshof angeschlossen, wenn er beispielsweise jüngst in seinem Erkenntnis vom , 2011/16/0167, mwN, ausgeführt hat, dass es der Steuerbefreiung (sogar) dann nicht entgegensteht, wenn der Pflichtteilsberechtigte zwar nicht selbst endbesteuertes Vermögen erwirbt, sein Erwerb sich aber von endbesteuertem Vermögen ableitet, an seine Stelle tritt und die Leistung endbesteuerten Vermögens ersetzt.
Wenn die belangte Behörde vermeint, bereits aus dem Umstand, dass Josef H zum Zeitpunkt seines Todes lediglich einen Forderungsanspruch gegenüber den Erben nach Rosa H gehabt habe, ergebe sich, dass im Beschwerdefall nicht die Begünstigung des § 15 Abs. 1 Z 17 ErbStG zur Anwendung kommen könne, so übersieht sie, dass die Beschwerdeführerin in dem Verlassenschaftsverfahren nach Rosa H als Gesamtrechtsnachfolgerin des Josef H aufgetreten ist und mit der Übergabe der Sparbücher in Bezug auf den (bereits von Josef H geltend gemachten) Pflichtteilsanspruch abgefunden wurde. Daraus folgt aber, dass ihr endbesteuertes Vermögen zugewendet wurde, das der Steuerbefreiung nach § 15 Abs. 1 Z 17 ErbStG unterliegt.
Indem die belangte Behörde dies verkannte, belastete sie ihren Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit.
Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.
Wien, am