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VwGH 06.07.2011, 2009/08/0224

VwGH 06.07.2011, 2009/08/0224

Entscheidungsart: Erkenntnis

Rechtssatz


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Normen
RS 1
Für die Qualifikation eines "geregelten Lehrganges" iSd § 12 Abs. 3 lit. f AlVG ist nicht entscheidend, wie lange insgesamt die Schulungsmaßnahme dauert, und ob durch sie die Zeit (die übliche Arbeitszeit) der Beschwerdeführerin vollständig oder doch überwiegend in Anspruch genommen wird. Für die Zuordnung einer Schulungsmaßnahme zu § 12 Abs. 3 lit. f AlVG ist vielmehr maßgebend, ob es sich bei dieser Schulungsmaßnahme bzw. Lehrveranstaltung um einen der Ausbildung (auch der eigenen beruflichen Höherqualifikation: vgl. die hg. Erkenntnisse vom , Zlen. 91/08/0188 und 91/08/0189) dienenden "geregelten Lehrgang" handelt, d.h. um eine schulähnliche (in Schulform organisierte) Ausbildung mit einem (ein bestimmtes Ausbildungsziel einschließenden) Lehrplan (arg. "geregelt"), einer gewissen Breite der vermittelten Ausbildung, also einem mehrere Gegenstände (Fächer) umfassenden Lehrplan und erst daraus folgend einer vollständigen oder doch überwiegenden Inanspruchnahme der üblichen Arbeitszeit des Anspruchswerbers, der sich - entsprechend dem Lehrplan - dieser Ausbildung unterzieht. Nur eine solche hinsichtlich Art und Intensität schulähnliche Lehrveranstaltung vermag die unwiderlegliche Vermutung des Gesetzgebers zu rechtfertigen, dass derjenige, der an einer solchen Lehrveranstaltung teilnimmt, während dieser Zeit nicht an einer neuen Beschäftigung iSd § 12 Abs. 1 AlVG, sondern an der Erreichung eines bestimmten Ausbildungszieles interessiert ist, und daher nicht als arbeitslos gilt (so schon das hg. Erkenntnis vom , Zl. 92/08/0129).

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Müller und die Hofräte Dr. Strohmayer und Dr. Lehofer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Peck, über die Beschwerde der GZ in K, vertreten durch Dr. Christoph Sauer, Rechtsanwalt in 3500 Krems, Gartenaugasse 1, gegen den auf Grund eines Beschlusses des Ausschusses für Leistungsangelegenheiten ausgefertigten Bescheid der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Niederösterreich vom , Zl. LGS NÖ/RAG/05661/2009, betreffend Einstellung der Notstandshilfe, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen, angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom wurde die Notstandshilfe der Beschwerdeführerin ab dem eingestellt. Die Beschwerdeführerin sei verheiratet und habe vier 1989, 1991, 1992 und 1994 geborene Kinder. Sie habe nach einem am beendeten Dienstverhältnis Arbeitslosengeld und seit dem Notstandshilfe bezogen. Im Betreuungsplan vom sei vereinbart worden, dass sie ab 2007 eine PflegehelferInnen-Ausbildung in der Fachschule für Sozialberufe in K beginne. Ab dem habe das Arbeitsmarktservice (AMS) diese Ausbildung gefördert. Die Beschwerdeführerin habe die Fachschule zweieinhalb Jahre lang besucht. Seit dem absolviere sie eine (mit dem AMS nicht akkordierte) dreijährige Ausbildung zur diplomierten Gesundheits- und Krankenpflegerin in S mit Ausbildungszeiten von Montag bis Freitag von 08.15 bis 16.30 Uhr. Dies sei dem AMS erstmals am vom Ehemann der Beschwerdeführerin mitgeteilt worden. Während der Praktikumszeiten sei ein ebenso hohes Stundenpensum vorgeschrieben. Die Beschwerdeführerin teilte mit, sie habe die Ausbildung in der Fachschule für Sozialberufe abgebrochen, weil ihr dazu geraten worden sei. Die Verdienstmöglichkeiten und Arbeitsmöglichkeiten seien nach dieser Diplomausbildung wesentlich besser. Sie habe die Mitteilung über ihre Aufnahme in die Krankenpflegeschule kurzfristig erhalten. Erst danach habe sie das AMS von ihrer neuen Ausbildung informiert.

Die Ausbildung der Beschwerdeführerin zur diplomierten Gesundheits- und Krankenpflegerin erfolge nicht im Auftrag des AMS. Die Beschwerdeführerin halte sich nicht zur Aufnahme und Ausübung einer auf dem Arbeitsmarkt üblicherweise angebotenen, den gesetzlichen und kollektivvertraglichen Vorschriften entsprechenden zumutbaren versicherungspflichtigen Beschäftigung im erforderlichen Zeitausmaß von 16 Wochenstunden bereit. Sie stehe der Arbeitsvermittlung nicht zur Verfügung. Der Bezug der Notstandshilfe sei gemäß § 24 Abs. 1 iVm § 38 AlVG mit einzustellen. Auch wenn die Voraussetzungen für eine Arbeitslosigkeit iSd § 12 Abs. 4 AlVG vorgelegen hätten, wäre der Bezug einzustellen, weil die Verfügbarkeit gemäß § 7 (Abs. 8) AlVG nicht gegeben wäre.

Der Verwaltungsgerichtshof hat nach Aktenvorlage und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde in einem gem. § 12 Abs. 2 Z. 1 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Die Beschwerdeführerin bringt vor, ein Abschluss der dreijährigen Ausbildung (zur Pflegehelferin) in der Fachschule für Sozialberufe hätte sie zur Ordinationshelferin qualifiziert. Diese Schule sei für 14-jährige Schüler gedacht, die eine Basis für sonstige medizinische Berufe erlangen wollten. Sie habe dort einen guten Schulerfolg aufgewiesen. Ihr sei vom Lehrpersonal dringend nahegelegt worden, eine weiterführende Ausbildung anzustreben. Der bloße Abschluss der Fachschule sei für eine erfolgreiche Arbeitssuche nicht ausreichend. Sohin habe sie eine weitere Ausbildung zur diplomierten Gesundheits- und Krankenpflegerin angestrebt.

Diese Absicht sei dem AMS bekannt gewesen. Im Betreuungsplan vom sei dieses Vorhaben "aufgenommen" worden. Dies habe in folgender Formulierung Ausdruck gefunden:

"Weitere Vereinbarungen: Ob die Ausbildung zur Dipl. Gesundheits- und Krankenflegerin danach über die Sonderform der Implacementstiftung-Pflege ebenfalls unterstützt werden kann, kann derzeit nicht beurteilt werden."

Sie sei am von der Schule für Allgemeine Gesundheits- und Krankenpflege in S überraschend von ihrer Aufnahme (per ) verständigt worden und habe ihre Ausbildung unverzüglich beginnen müssen. Das AMS sei von ihrem Ehemann von diesem Ausbildungswechsel zunächst telefonisch informiert worden. Im Zuge des Telefonats seien keine Einwände geäußert worden. § 7 AlVG sei nicht anzuwenden,

"zumal es mit dem Arbeitsmarktservice K als betreuende Stelle eine konkrete Vereinbarung gab. So wurde mit der Beschwerdeführerin von Anfang an ein Betreuungsplan vereinbart, der anstelle dieser Verfügbarkeit eine Ausbildung vorsah (...).

Teil dieser Vereinbarung war auch die weiterführende Ausbildung

zur diplomierten Gesundheits- und Krankenpflegerin. Dies ergibt

sich unter anderem aus dem Betreuungsplan vom ... . Hier

wird auf Seite 2 im Zusammenhang mit der beabsichtigten

Vorgangsweise angeführt: 'Sie möchte diese Ausbildung ... als

Sprungbrett zur Krankenpflegeausbildung benutzen'."

Aus dem Betreuungsplan ergebe sich,

"dass offenbar auch die Finanzierung durch das Arbeitsmarktservice akkordiert war, zumal die Finanzierung über die Sonderform der Implacementstiftung-Pflege als allfällige zusätzliche Finanzierung genannt wird ('ebenfalls')."

Es hätten sich - abgesehen von der höherwertigen Ausbildung - (im Vergleich zu früheren Schulung) keine Änderungen ergeben. Insbesondere stehe die Beschwerdeführerin dem AMS nicht mehr oder weniger zur Verfügung als noch vor dem Ausbildungswechsel. Hingegen erhöhe der Ausbildungswechsel ihre Aussichten auf Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt erheblich. Dies entspreche auch den Zielsetzungen des AlVG.

Damit zeigt die Beschwerde keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf.

Die belangte Behörde hat hinsichtlich der strittigen Ausbildung die Feststellung getroffen, dass die Beschwerdeführerin nach dem Abbruch des im Sinne des § 12 Abs. 5 AlVG vom AMS geförderten Besuches einer Fachschule im Sinne des § 12 Abs. 3 lit. f AlVG einen - ohne Absprache mit dem AMS belegten - dreijährigen Lehrgang besucht, bei dem eine Ausbildung zur diplomierten Gesundheits- und Krankenpflegerin vermittelt wird.

Für die Qualifikation eines "geregelten Lehrganges" iSd § 12 Abs. 3 lit. f AlVG ist nicht entscheidend, wie lange insgesamt die Schulungsmaßnahme dauert, und ob durch sie die Zeit (die übliche Arbeitszeit) der Beschwerdeführerin vollständig oder doch überwiegend in Anspruch genommen wird. Für die Zuordnung einer Schulungsmaßnahme zu § 12 Abs. 3 lit. f AlVG ist vielmehr maßgebend, ob es sich bei dieser Schulungsmaßnahme bzw. Lehrveranstaltung um einen der Ausbildung (auch der eigenen beruflichen Höherqualifikation: vgl. die hg. Erkenntnisse vom , Zlen. 91/08/0188 und 91/08/0189) dienenden "geregelten Lehrgang" handelt, d.h. um eine schulähnliche (in Schulform organisierte) Ausbildung mit einem (ein bestimmtes Ausbildungsziel einschließenden) Lehrplan (arg. "geregelt"), einer gewissen Breite der vermittelten Ausbildung, also einem mehrere Gegenstände (Fächer) umfassenden Lehrplan und erst daraus folgend einer vollständigen oder doch überwiegenden Inanspruchnahme der üblichen Arbeitszeit des Anspruchswerbers, der sich - entsprechend dem Lehrplan - dieser Ausbildung unterzieht. Nur eine solche hinsichtlich Art und Intensität schulähnliche Lehrveranstaltung vermag die unwiderlegliche Vermutung des Gesetzgebers zu rechtfertigen, dass derjenige, der an einer solchen Lehrveranstaltung teilnimmt, während dieser Zeit nicht an einer neuen Beschäftigung iSd § 12 Abs. 1 AlVG, sondern an der Erreichung eines bestimmten Ausbildungszieles interessiert ist, und daher nicht als arbeitslos gilt (so schon das hg. Erkenntnis vom , Zl. 92/08/0129).

Schon der seit der Stammfassung in den §§ 41 und 42 des Gesundheits- und Krankenpflegegesetzes, BGBl. Nr. 108/1997 (zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 61/2010), geregelte Ausbildungsumfang, der von einer praktischen Ausbildung im Sinne des § 43 leg. cit. begleitet wird und eine Ausbildung von insgesamt drei Jahren in Anspruch nimmt, zeigt zweifelsfrei, dass es sich bei der Ausbildung zur Gesundheits- und Krankenpflegerin um einen solchen Lehrgang handelt.

Die Beschwerdeführerin bestreitet nicht, dass sie am eine solche Ausbildung zur diplomierten Gesundheits- und Krankenpflegerin an der Schule für allgemeine Gesundheits- und Krankenpflege S begonnen hat. Damit gilt sie gemäß § 12 Abs. 3 lit. f AlVG nicht als arbeitslos. Dass die Voraussetzungen des § 12 Abs. 4 AlVG vorliegen, behauptet die Beschwerdeführerin nicht. Soweit sie sich im Hinblick auf § 12 Abs. 5 AlVG auf den Betreuungsplan vom stützt, ist ihr zu erwidern, dass sich diesem (in Bezug auf eine Ausbildung der Beschwerdeführerin zur diplomierten Gesundheits- und Krankenpflegerin) kein Auftrag des AMS zur Teilnahme an Maßnahmen der Nach- und Umschulung sowie zur Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt iSd § 12 Abs. 5 AlVG ableiten lässt und auch im Übrigen kein solcher Auftrag festgestellt wurde.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Zuerkennung von Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008. Wien, am

Zusatzinformationen


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Normen
ECLI
ECLI:AT:VWGH:2011:2009080224.X00
Datenquelle

Fundstelle(n):
QAAAE-90232