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VwGH vom 16.11.2010, 2007/05/0277

VwGH vom 16.11.2010, 2007/05/0277

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kail und die Hofräte Dr. Pallitsch und Dr. Handstanger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Crnja, über die Beschwerde 1. der X, und 2. des Y, beide in Z, beide vertreten durch Dr. Friedrich Valzachi, Rechtsanwalt in 1120 Wien, Oswaldgasse 2/Top 13-14, gegen den Bescheid der Bauoberbehörde für Wien vom , Zl. BOB-435/06, betreffend Einwendungen gegen ein Bauvorhaben (mitbeteiligte Parteien: 1. A, 2. B, beide in Z, beide vertreten durch Fiebinger, Polak, Leon Partner Rechtsanwälte GmbH in 1060 Wien, Getreidemarkt 1), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufgehoben.

Die Bundeshauptstadt Wien hat den beschwerdeführenden Parteien Aufwendungen in der Höhe von insgesamt EUR 1.286,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren der beschwerdeführenden Parteien wird abgewiesen.

Begründung

Mit Ansuchen vom beantragten die mitbeteiligten Parteien als Bauwerber und Grundeigentümer der verfahrensgegenständlichen Liegenschaft in Z, R-gasse 15, der KG Q, beim Magistrat der Stadt Wien (Magistratsabteilung 37/18) die Erteilung der baubehördlichen Bewilligung für die Durchführung baulicher Änderungen sowie die Errichtung von Zu- und Umbauten auf der besagten Liegenschaft.

Die Beschwerdeführer erhoben gegen dieses Vorhaben bei den erstinstanzlichen mündlichen Verhandlungen am sowie am Einwendungen. Nach der Verhandlung am wurde das Vorhaben betreffend die Errichtung einer Stützmauer entlang der auf der Nachbarliegenschaft in Z, Sgasse 49, bestehenden Einfriedungsmauer geringfügig abgeändert.

In der Folge erhielten die mitbeteiligten Bauwerber vom Magistrat der Stadt Wien einen Baubewilligungsbescheid vom mit folgendem Spruch:

"Nach Maßgabe des mit dem amtlichen Sichtvermerk versehenen Planes, der einen wesentlichen Bestandteil dieses Bescheides bildet, wird gemäß § 70 der Bauordnung für Wien (BO) in Verbindung mit § 68 BO und in Anwendung des Wiener Garagengesetzes, unter Bezugnahme auf die mit Bescheid vom , Zl.: MA 37/V - 33859/2004 bekannt gegebenen Bebauungsbestimmungen die Bewilligung erteilt, auf der im Betreff genannten Liegenschaft die nachstehend beschriebene Bauführung vorzunehmen:

Im Keller, Erdgeschoss und 1. Stock werden Änderungen der Raumeinteilung und Raumwidmung vorgenommen. Es wird das bestehende Kellergeschoss durch unterirdische Zubauten in nördlicher und westlicher Richtung vergrößert und es werden zusätzliche unterirdische Kellerräumlichkeiten im Garten geschaffen.

Weiters wird im Keller eine Kleingarage für 2 PKW-Stellplätze errichtet. Die erforderlichen Einlagerungsräume befinden sich ebenfalls im Keller.

Die Dachkonstruktion wird entfernt und durch Anhebung der Dachflächen ein Dachgeschoss für eine weitere Wohnung zugebaut. Zusätzlich wird ein Aufzugsschacht vom Keller bis ins Dachgeschoss errichtet.

Auf der gesamten Liegenschaft werden Geländeveränderungen durchgeführt und in Verbindung damit Stützmauern sowie Stufenanlagen hergestellt.

Der zwingenden Vorschrift des § 36 Abs. 1 in Verbindung mit § 36a des Wiener Garagengesetzes zur Schaffung von 1 Stellplatz wird zur Gänze in der hauseigenen Garage entsprochen.

Die Bauführung wird in öffentlich-rechtlicher Beziehung für zulässig erklärt.

An die Erteilung der Baubewilligung wurde eine Reihe von Vorschreibungen geknüpft."

Dieser Bescheid wurde "Für den Abteilungsleiter" von Dipl.Ing. G. gefertigt.

Dagegen erhoben die beschwerdeführenden Parteien mit Schriftsatz vom Berufung.

In Anbetracht dieser Berufung änderten die mitbeteiligten Bauwerber mit Schreiben vom das vorliegende Bauvorhaben geringfügig (Ersatz der ursprünglich geplanten Terrasse an der Westfront des Gebäudes im ersten Stock durch die geplante Herstellung eines begehbaren Flachdachs mit Pflanzentrögen) ab, ferner wurde mit dem genannten Schreiben eine neue Berechnung der Gebäudehöhe, die dem Berufungsvorbringen teilweise Rechnung tragen soll, erstellt und vorgelegt (sowie in den Einreichplänen berücksichtigt bzw. dargestellt). Über Aufforderung der belangten Behörde nahm die Magistratsabteilung 37 mit Schreiben vom zum geänderten Projekt gutachtlich Stellung. Dieses Schreiben wurde "Für den Abteilungsleiter" von Dipl.-Ing. G. gefertigt.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die Berufung der beschwerdeführenden Parteien gemäß § 66 Abs. 4 AVG als unbegründet abgewiesen und der Magistratsbescheid mit der Maßgabe bestätigt, dass sich dieser auf die zum Bestandteil des Berufungsbescheides erklärten Pläne bezieht.

Zu der von den Beschwerdeführern im Verwaltungsverfahren u. a. relevierten Frage der Gebäudehöhe finden sich in der Begründung des angefochtenen Bescheides u.a. folgende Ausführungen:

"Im Hinblick auf das Vorbringen der Berufungswerber in ihrer Berufung wurde seitens der Bauwerber eine neue Berechnung der Gebäudehöhe erstellt und vorgelegt, die dem Berufungsvorbringen teilweise Rechnung trägt. So wurde nach der gutachterlichen Stellungnahme des bautechnischen Amtssachverständigen vom unter anderem die Bemessung der Gebäudehöhe an der der Liegenschaft der Berufungswerber zugekehrten Westfront entsprechen dem Berufungsvorbringen nicht an der bestehenden Gebäudefront, sondern unter Einhaltung des Mindestabstandes von 3,00 m zu der Grundgrenze der Berufungswerber - den auch das vorliegende Bauvorhaben berücksichtigt - vorgenommen, wodurch sich gegenüber der im erstinstanzlichen Verfahren vorgenommenen Gebäudehöhenberechnung an dieser Westfront eine höhere Gebäudehöhe ergibt. Diese im Berufungsverfahren neu erstellte Berechnung der Gebäudehöhe wurde dem bautechnischen Amtssachverständigen zur Überprüfung und Erstattung einer gutachtlichen Stellungnahme übermittelt. In der daraufhin ergangenen gutachtlichen Stellungnahme vom bestätigt der bautechnische Amtssachverständige, dass diese Berechnung der Gebäudehöhe nachvollziehbar, schlüssig und im Sinne der Bestimmungen des § 81 Abs. 2 BO erstellt wurde. Weiters hält der bautechnische Amtssachverständige gutachtlich fest, dass entsprechend diesem Nachweis der Gebäudehöhe die höchstzulässige Gebäudehöhe von 10,50 m und der gemäß § 81 Abs. 2 und 4 BO zulässige Gebäudeumriss durch das vorliegende Bauvorhaben eingehalten werden. Entsprechend dieser Gebäudehöhenberechnung ergibt sich nach den Ausführungen des Amtssachverständigen eine gemäß § 81 Abs. 2 BO ermittelte Gebäudehöhe von 10,31 m. Diese ermittelte Gebäudehöhe sowie die Einhaltung des gemäß § 81 Abs. 4 BO zulässigen Gebäudeumrisses werden vom bautechnischen Amtssachverständigen auch in Beilagen zu seiner Stellungnahme gutachtlich dargelegt.

Aus der im Zuge des Berufungsverfahrens von den Bauwerbern vorgelegten neuen Berechnung der Gebäudehöhe samt deren planlichen Darstellung sowie den diesbezüglichen Darstellungen des bautechnischen Amtssachverständigen in den Beilagen zu seiner gutachtlichen Stellungnahme vom lässt sich nun zweifelsfrei entnehmen, dass das vorliegende Bauvorhaben auch die obgenannten Bebauungsbestimmungen, wonach die Firsthöhe mit 4,50 m beschränkt ist und der obere Ausschluss der Gebäudefronten an keiner Stelle höher als das um 1,50 m vermehrte Ausmaß der zulässigen Gebäudehöhe über dem anschließenden Gelände liegen darf, einhält und auch keine Front des Gebäudes durch das vorliegende Bauvorhaben die höchste zulässige Gebäudehöhe von 12,00 m (10,50 m + 1,50 m entsprechend den Bebauungsbestimmungen) überschreitet. Zu den in der Berufung angegebenen Gebäudehöhen der Berufungswerber hält der bautechnische Amtssachverständige in seiner gutachtlichen Stellungnahme vom fest, dass diese nicht nachvollziehbar seien und hält diesen die in Beilagen dargestellte und überprüfte Gebäudehöhenberechnung der Bauwerber entgegen.

Soweit die Berufungswerber in ihren Äußerungen vom und vermeinen, dass die erstellte Berechnung der Gebäudehöhe und auch die diesbezüglichen Ausführungen des bautechnischen Amtssachverständigen in einigen Punkten unrichtig wären, Gebäudeteile an allen Fronten des Hauses bei dieser Berechnung nicht bzw. Giebelflächen unrichtig berücksichtigt worden wären, Geländeveränderungen, die von Einfluss auf die Gebäudehöhe seien, nicht berücksichtigt worden wären und sich nach der eigenen (dargestellten) Berechnung der Gebäudehöhe eine durchschnittliche Gebäudehöhe von 10,98 m ergebe, ist diesem Vorbringen Folgendes entgegenzuhalten:

Zunächst ist in diesem Zusammenhang auf die im Berufungsverfahren von den Bauwerbern neu erstellte Berechnung der Gebäudehöhe zu verweisen, die vom bautechnischen Amtssachverständigen überprüft und in seinen gutachtlichen Stellungnahmen als nachvollziehbar, schlüssig und im Sinne der Bestimmungen des § 81 Abs. 2 BO erstellt befunden wurde. Die Berechnung der Gebäudehöhe sowie die Einhaltung des zulässigen Gebäudeumrisses wurde überdies vom bautechnischen Amtssachverständigen in entsprechenden Kopien der Einreichpläne (Beilagen zu den Stellungnahmen) dargestellt. Die vorliegende, vom bautechnischen Amtssachverständigen überprüfte Berechnung der Gebäudehöhe sowie die Darstellungen des bautechnischen Amtssachverständigen, die belegen, dass durch das vorliegende Bauvorhaben sowohl die höchstzulässige Gebäudehöhe als auch der im Sinne des § 81 Abs. 4 BO zulässige Gebäudeumriss eingehalten werden, sind samt den diesbezüglichen Ausführungen des bautechnischen Amtssachverständigen in seinen gutachtlichen Stellungnahmen vom und vom dem Vorbringen der Berufungswerber entgegenzuhalten. Die Ausführungen der Berufungswerber in ihrer Berufung sowie in ihren Äußerungen vom und waren nicht geeignet, die überprüfte Berechnung der Gebäudehöhe sowie die diesbezüglichen gutachtlichen Darstellungen des bautechnischen Amtssachverständigen in seinen Stellungnahmen in Zweifel zu ziehen, noch vermochten sie eine Verletzung der Berufungswerber in ihren subjektiv-öffentlichen Nachbarrechten zu belegen bzw. aufzuzeigen."

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes bzw. wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde abzuweisen. Die mitbeteiligten Parteien wandten sich mit einer Gegenschrift ebenfalls gegen die vorliegende Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Nach Ausweis der vorgelegten Verwaltungsakten wurde der erstinstanzliche Baubewilligungsbescheid vom von dem Organwalter genehmigt (vgl. § 58 Abs. 3 iVm § 18 Abs. 4 AVG), der auch die im angefochtenen Bescheid der belangten Berufungsbehörde herangezogenen Berechnungen vom als bautechnischer Sachverständiger (vgl. die oben wiedergegebene Begründungspassage) fertigte.

Der angesprochene Organwalter hat damit im Sinn des § 7 Abs. 1 Z. 4 AVG an der Erlassung des angefochtenen Bescheides mitgewirkt und hätte sich daher der Ausübung seines Amtes als Amtssachverständiger während des Berufungsverfahrens zu enthalten gehabt (vgl. die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 2009/05/0239, vom , Zl. 2009/05/0218, vom , Zl. 2009/05/0270, und vom selben Tag, Zl. 2009/05/0233, auf die gemäß § 43 Abs. 2 2. Satz VwGG verwiesen wird).

Wenn die belangte Behörde dennoch ihre Entscheidung auf ein solcherart unzweifelhaft befangenes Organ stützte, verkannte sie die Rechtslage. Der Umstand, dass die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid auch auf die - zu Einwendungen der beschwerdeführenden Parteien vom gegen die gutachterliche Stellungnahme vom 23. Jänner d.J. - abgegebene sachverständige Stellungnahme vom stützte (die von einem anderen Organwalter gezeichnet wurde und die von den Beschwerdeführern wiederum mit Schreiben vom kritisiert wurde), vermag am Vorgesagten nichts zu ändern, zumal - wie die wiedergegebene Begründungspassage zeigt - die Entscheidung der belangten Behörde sich maßgeblich auf die genannte gutachterliche Stellungnahme des bautechnischen Amtssachverständigen vom stützt.

Der angefochtene Bescheid war daher in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben, ohne dass es erforderlich gewesen wäre, auf das weitere Vorbringen der Beschwerde einzugehen.

Der Spruch über den Aufwandersatz gründet auf §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008. Das Mehrbegehren war abzuweisen, weil im pauschalierten Ersatzbetrag für den Schriftsatzaufwand Umsatzsteuer bereits enthalten ist.

Wien, am