VwGH vom 24.05.2012, 2011/16/0193
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Steiner und die Hofräte Dr. Mairinger und Dr. Thoma als Richter, im Beisein der Schriftführerin MMag. Wagner, über die Beschwerde der A P in R, vertreten durch Dr. Manfred Ammann, Rechtsanwalt in 6830 Rankweil, Bahnhofstraße 25, gegen den Bescheid des Präsidenten des Landesgerichtes Feldkirch vom , Zl. Jv 2067-33/11z, betreffend Gerichtsgebühren, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Das Bezirksgericht Feldkirch hatte der Beschwerdeführerin mit Beschluss vom Verfahrenshilfe zur Einbringung einer Unterhaltsklage gegen R. P. u.a. durch einstweilige Befreiung von der Entrichtung der Gerichtsgebühren und anderen bundesgesetzlich geregelten staatlichen Gebühren in vollem Ausmaß und durch Beigebung eines Rechtsanwalts gewährt.
Offenbar auf Grund eines über diese Klage ergangenen Versäumungsurteiles vom beantragte die Beschwerdeführerin am beim genannten Bezirksgericht die Bewilligung der Forderungsexekution gegen R. P. zur Hereinbringung einer vollstreckbaren Forderung von EUR 733,25 s. A. und beantragte unter einem die Bewilligung von Verfahrenshilfe nach § 64 Abs. 1 Z 1 ZPO.
Mit Zahlungsauftrag vom schrieb die Kostenbeamtin des Bezirksgerichts der Beschwerdeführerin für den Exekutionsantrag eine Pauschalgebühr nach TP 4a GGG in der Höhe von EUR 54,-- und nach § 6 GEG eine Einhebungsgebühr in der Höhe von EUR 8,-- zur Zahlung vor, gegen den die Beschwerdeführerin einen Berichtigungsantrag einbrachte.
Den Antrag auf Bewilligung von Verfahrenshilfe vom wies das Bezirksgericht mit Beschluss vom zurück, weil - so die wesentliche Begründung - festgestellt worden sei, dass die Beschwerdeführerin bereits am die Verfahrenshilfe im Umfang des § 64 Abs. 1 Z 1 und Z 3 ZPO zur Einbringung einer Unterhaltsklage bewilligt worden sei. Beim zugrundeliegenden Exekutionstitel handle es sich offensichtlich um diese Unterhaltsklage, für welche Verfahrenshilfe bewilligt worden sei. Nach § 64 Abs. 1 ZPO erstrecke sich eine für den Zivilprozess bewilligte Verfahrenshilfe auch auf das Exekutionsverfahren zur Hereinbringung des ziffernmäßig geschuldeten Betrages. Die Voraussetzungen für den Weiterbestand der Verfahrenshilfe lägen nach wie vor vor. Für eine neuerliche Beschlussfassung bestehe keine Grundlage.
Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde dem Berichtigungsantrag keine Folge. Begründend führte sie zusammengefasst aus, nach § 9 Abs. 2 GGG in der Fassung der Zivilverfahrens-Novelle 2004, BGBl. I Nr. 128, gelte die Gebührenfreiheit auf Grund der Verfahrenshilfe nur für das Verfahren, für das sie bewilligt worden sei, einschließlich des Rechtsmittelverfahrens und des Exekutionsverfahrens, solange keine Änderung an der Gewährung der Verfahrenshilfe eintrete. Die Gebührenfreiheit im Exekutionsverfahren gelte auch für die sich im Laufe und aus Anlass des Exekutionsverfahrens ergebenden Streitigkeiten. Diese Bestimmung sei mit in Kraft getreten. In der davor geltenden Fassung habe § 9 Abs. 2 GGG besagt, dass die Gebührenfreiheit auf Grund der Verfahrenshilfe nur für das Verfahren gelte, für das sie bewilligt worden sei. Auf das Exekutionsverfahren habe sich die Verfahrenshilfe nur dann erstreckt, wenn zwischen dem Abschluss des Verfahrens und der Einleitung der Exekution nicht mehr als ein Jahr verstrichen gewesen sei. Für den gegenständlichen Fall sei somit § 9 Abs. 2 GGG in der vor dem geltenden Fassung anzuwenden. Die im Jahr 2003 bewilligte Verfahrenshilfe sei daher auf das gegenständliche Exekutionsverfahren nicht anwendbar, weil die Bewilligung der Verfahrenshilfe am erfolgt und das der Exekution zugrundeliegende Verfahren des Bezirksgerichtes mit Versäumungsurteil vom abgeschlossen worden sei. In Bezug auf den mittlerweile zurückgewiesenen Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe seien die Kostenbeamtin und der Präsident des Gerichtshofes als Justizverwaltungsorgane bei der Gebührenfestsetzung an die Entscheidung des Gerichtes gebunden. Somit sei die Gebühr zu entrichten und sei die Vorschreibung derselben entgegen den Ausführungen im Berichtigungsantrag richtigerweise vor der Entscheidung über den Verfahrenshilfeantrag vorgenommen worden.
In der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde erachtet sich die Beschwerdeführerin in ihrem Recht auf Nichtvorschreibung von Gerichtsgebühren infolge Bewilligung der Verfahrenshilfe verletzt. Sie begehrt die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes, in eventu wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt, jedoch von der Erstattung einer Gegenschrift Abstand genommen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem nach § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Die Beschwerde sieht die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides im Kern darin, nach der Übergangsbestimmung des Art. XVI Abs. 3 der Zivilverfahrens-Novelle 2004 richte sich der Inhalt der gewährten Begünstigungen - mit Ausnahme des hier nicht interessierenden § 64 Abs. 1 Z 5 ZPO - ab dem auch dann nach den Bestimmungen in der Fassung dieser Novelle, wenn die Verfahrenshilfe schon vor dem In-Kraft-Treten bewilligt worden sei. Daraus ergebe sich eindeutig, dass seit dem In-Kraft-Treten der genannten Novelle die zeitliche Einschränkung der bewilligten Verfahrenshilfe für Vollstreckungsverfahren nicht mehr bestehe, auch wenn die Verfahrenshilfe vor dem In-Kraft-Treten der Novelle bewilligt worden sei.
Damit zeigt die Beschwerde die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf:
Der vorliegende Beschwerdefall gleicht in den für seine Entscheidung wesentlichen Gesichtspunkten - sowohl hinsichtlich des Sachverhaltes als auch hinsichtlich der zu beantwortenden Rechtsfrage, namentlich der Maßgeblichkeit der Übergangsbestimmung des Art. XVI Abs. 3 zweiter Satz der Zivilverfahrens-Novelle 2004, BGBl. I Nr. 128, - jenem, der dem hg. Erkenntnis vom , Zl. 2006/16/0027, zugrunde lag. An der Vergleichbarkeit der Beschwerdefälle ändert die Zurückweisung des neuerlichen Antrages auf Verfahrenshilfe durch den Beschluss des Bezirksgerichtes vom nichts, vielmehr geht offenbar auch das Bezirksgericht in diesem Beschluss von der Maßgeblichkeit der in Rede stehenden Übergangsbestimmung für eine Befreiung von Gerichtsgebühren aus.
Aus den im zitierten Erkenntnis vom genannten Gründen, auf die gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG verwiesen wird, war auch der vorliegend angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.
Wien, am