VwGH vom 29.01.2016, Ro 2014/06/0033

VwGH vom 29.01.2016, Ro 2014/06/0033

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pallitsch und die Hofrätin Dr. Bayjones, den Hofrat Dr. Moritz, die Hofrätin Mag.a Merl und den Hofrat Mag. Haunold als Richter, im Beisein der Schriftführerin MMag. Lehner, über die Revision der R I in B, vertreten durch Dr. Gerhard Lebitsch, Rechtsanwalt in 5020 Salzburg, Rudolfskai 48, gegen den Bescheid der Salzburger Landesregierung vom , Zl. 20704-07/179/12-2013, betreffend Beseitigungsauftrag (mitbeteiligte Partei: Gemeinde B, vertreten durch Dr. Franz Essl, Rechtsanwalt in 5020 Salzburg, Mühlbacherhofweg 4/1), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Die Gemeinde B hat der Revisionswerberin Aufwendungen in der Höhe von insgesamt EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid vom erteilte der Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde J. H. den Auftrag, innerhalb von acht Wochen die auf dem Grundstück Nr. 570 ohne baubehördliche Bewilligung errichteten beiden Ferienhäuser zu beseitigen. Für den Fall der Nichtentsprechung wurde gleichzeitig die Ersatzvornahme durch die Baubehörde angedroht.

Mit Bescheid der Gemeindevertretung der mitbeteiligten Gemeinde vom , gerichtet an G. S., erging eine "neuerliche Berufungsentscheidung" dahingehend, dass die Berufung der J. H. als unbegründet abgewiesen und der Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde vom mit der Abänderung bestätigt wurde, dass der Beseitigungsauftrag Rechtswirkung ausschließlich für die auf dem Grundstück Nr. 570/1 bestehenden Objekte entfalte. Der Spruchteil betreffend die Androhung der Ersatzvornahme wurde ersatzlos aufgehoben. Der Plan des Dipl.-Ing. F wurde zum integrierenden Bescheidbestandteil erklärt.

Aus der Begründung des Bescheides vom ergibt sich, dass das Grundstück Nr. 570 mittlerweile in die Grundstücke Nr. 570/1 und Nr. 570/2 geteilt worden sei. G. S. sei Rechtsnachfolger der J. H., insofern er nunmehr Eigentümer des Grundstückes Nr. 570/1 sei. In dem Auftragsverfahren, das Gegenstand des Bescheides des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde vom sei, habe es mehrere Rechtsgänge gegeben (wurde näher dargestellt). Letztlich habe die belangte Behörde als Vorstellungsbehörde in einem Bescheid vom ausgesprochen, dass sich aus der Textierung des Beseitigungsauftrages für G. S. die Verpflichtung ergäbe, sämtliche auf dem Grundstück Nr. 570 bestehenden Objekte zu beseitigen. Dieses Grundstück sei jedoch aufgrund der Teilung nicht mehr existent. Die Verpflichtung zum Abbruch der beiden Objekte bestehe nun für verschiedene Eigentümer. Durch die somit neu zu treffende Entscheidung der Gemeindevertretung sei der Rechtsansicht der Aufsichtsbehörde gefolgt worden.

Gegen den Bescheid der Gemeindevertretung der mitbeteiligten Gemeinde vom erhob G. S. Vorstellung, die mit Bescheid der belangten Behörde vom als unbegründet abgewiesen wurde.

Im Akt befindet sich des Weiteren ein Schreiben der Bezirkshauptmannschaft S vom an die mitbeteiligte Gemeinde. Darin wird bezüglich der Vollstreckung des Bescheides vom ausgeführt, dass dieser eingeschränkt auf ein Gebäude auf dem Grundstück Nr. 570/1 vollstreckt werden solle. Die Einschränkung der Vollstreckung auf lediglich einen Bau sei aber nicht zulässig und bedürfte eines neuen Beseitigungsauftrages durch die erstinstanzliche Baubehörde.

Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde vom wurde der Revisionswerberin gemäß § 16 Abs. 3 des Salzburger Baupolizeigesetzes 1997 (BauPolG) als Eigentümerin der baulichen Anlage auf dem Grundstück Nr. 570/1 der Auftrag erteilt, das gegenständliche Wohnhaus (Gebäude A laut Plan Dipl.-Ing. F vom ) binnen fünf Monaten zu beseitigen. In der Bescheidbegründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, das Objekt H-hütte auf dem Grundstück Nr. 570/2 habe baurechtlich saniert werden können. Das gegenständliche Gebäude A könne baurechtlich nicht saniert werden, daher sei ein Beseitigungsauftrag zu erlassen.

Gegen diesen Bescheid erhob die Revisionswerberin Berufung.

Mit Bescheid der Gemeindevertretung der mitbeteiligten Gemeinde vom wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen.

Gegen diesen Bescheid erhob die Revisionswerberin Vorstellung, welche mit dem in Revision gezogenen Bescheid als unbegründet abgewiesen wurde.

Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, die Revisionswerberin sei Eigentümerin des Grundstückes Nr. 570/1. Darauf befänden sich ein Wohnhaus, ein Nebengebäude, eine Holzlage und eine Remise. Das Wohnhaus habe sich ursprünglich mit einem zweiten Objekt auf der noch ungeteilten Liegenschaft Grundstück Nr. 570 befunden. Beide Objekte seien ohne baupolizeiliche Bewilligung errichtet worden. In weiterer Folge sei die Parzelle Nr. 570 in die Grundstücke Nr. 570/1 und 570/2 geteilt worden. Das Gebäude auf dem Grundstück Nr. 570/2 (H-hütte) habe durch eine nachträgliche Bewilligung baurechtlich saniert werden können. Eine nachträgliche baurechtliche Sanierung des der Revisionswerberin gehörenden Objektes habe bisher aufgrund der fehlenden raumordnungsrechtlichen Bewilligung nicht erfolgen können. Ein Ansuchen um Baubewilligung sei mit Bescheid der Gemeindevertretung der mitbeteiligten Gemeinde vom abgewiesen worden. Bereits mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde vom sei die Beseitigung der konsenslos errichteten beiden Objekte auf dem damaligen Grundstück Nr. 570 verfügt worden. Der Beseitigungsauftrag bezüglich des Objektes auf dem Grundstück Nr. 570/1 habe nicht mehr exekutiert werden können, woraus sich die Notwendigkeit des gegenständlichen Verfahrens ergeben habe. Von einer entschiedenen Sache könne daher nicht mehr gesprochen werden. Auf Grund der vorliegenden Unterlagen und Pläne stehe fest, dass sich das Objekt der Revisionswerberin nicht auf dem zum Bauplatz erklärten Teil des seinerzeitigen Grundstückes Nr. 570 befinde. Eine Einzelbewilligung gemäß § 24 des Salzburger Raumordnungsgesetzes (ROG) sei bisher nicht erteilt worden. Auch wenn ein entsprechendes Verfahren noch bei der mitbeteiligten Gemeinde anhängig sei, sei der Vorstellungsentscheidung der zum Zeitpunkt der Entscheidung vorliegende Sachverhalt zugrunde zu legen. Die Ausführungen der Revisionswerberin zu einem allenfalls zu vermutenden, dennoch vorliegenden Baukonsens blieben derart unbestimmt, dass sie unbeachtlich seien. Fest stehe vielmehr, dass sich das Objekt im Grünland befinde, keine Ausnahmebewilligung gemäß § 24 ROG vorhanden sei und das Objekt letztlich auch nicht baubewilligt sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Revision mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften kostenpflichtig aufzuheben.

Das - dafür inzwischen zuständige - Landesverwaltungsgericht Salzburg legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragte die Zuerkennung des Aufwandersatzes für die Vorlage.

Die mitbeteiligte Gemeinde erstattete eine Gegenschrift und beantragte die kostenpflichtige Abweisung der Revision.

Die Revisionswerberin replizierte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

In der Revision wird im Wesentlichen ausgeführt, es stehe nicht fest, wann das verfahrensgegenständliche Gebäude errichtet worden sei. Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft S vom sei hinsichtlich eines 1.500 m2 großen Teiles der Stammparzelle Nr. 570 eine Baureiferklärung erfolgt. Es sei nicht nachvollziehbar, dass sich diese Bauplatzerklärung nicht auf jene Fläche beziehen solle, auf der sich das verfahrensgegenständliche Objekt befinde. Auch im Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde vom fehlten maßgebliche Feststellungen betreffend das Nichtvorhandensein einer Baubewilligung. Der Beseitigungsauftrag aus dem Jahr 1976 beziehe sich auf zwei Ferienhäuser im Ausmaß von je 5 m x 6 m, während der Beseitigungsauftrag laut verfahrensgegenständlichem Bescheid ein Gebäude mit einer bebauten Fläche von 56,12 m2 betreffe. Ein lückenloser Aktenbestand in der mitbeteiligten Gemeinde bezüglich des verfahrensgegenständlichen Gebäudes sei nicht ersichtlich. In einem Schreiben der Salzburger Landesregierung aus dem Jahr 1984 sei eine Sanierung allfälliger Schwarzbauten empfohlen worden. Es sei nicht festgestellt, ob nicht bereits im Zusammenhang damit eine Sanierung erfolgt sei. Immerhin sei das Nachbargebäude saniert worden. Zur Frage eines konsenslosen Baubestandes sei ausschließlich auf früher ergangene Bescheide, insbesondere jenen aus dem Jahr 1976, bei dem jedoch seinerseits gar nicht klar sei, ob er überhaupt das verfahrensgegenständliche Objekt erfasse, und ebenso nicht, weshalb es sich um einen konsenslosen Baubestand handeln solle, verwiesen worden. Es wäre festzustellen gewesen, wann das gegenständliche Gebäude errichtet worden sei, ob zum Errichtungszeitpunkt eine Baubewilligungspflicht bestanden habe und weshalb es als sichergestellt gelte, dass keine Baubewilligung oder auch Kenntnisnahme einer Bauanzeige vorliege. Welchen Grund sollte es geben, betreffend das Gebäude auf dem Grundstück Nr. 570/2 von einer Konsensgemäßheit auszugehen, nicht jedoch betreffend das Gebäude auf dem Grundstück Nr. 570/1? Außerdem bestünden Anhaltspunkte für einen zu vermutenden Konsens, da von der Konsensmäßigkeit des Gebäudes auf dem Grundstück Nr. 570/2 ausgegangen worden sei, insoweit durch den dafür nachträglichen Baubescheid nämlich nur die Aufstockung des Hauptgebäudes genehmigt worden sei. Außerdem dürfte das verfahrensgegenständliche Gebäude schon fast 50 Jahre bestehen, wobei für wesentliche Zeiträume keine Unterlagen vorhanden seien. Der Revisionswerberin sei nicht anzulasten, dass sie selbst keine Baubewilligung vorweisen könne. Sie habe das Gebäude durch Schenkung erworben, wobei das seit ca. 50 Jahren bestehende Gebäude im Eigentum mehrerer Rechtsvorgänger gestanden sei. Soweit von den Behörden nur auf den Bescheid aus dem Jahr 1976 Bezug genommen worden sei, würde entschiedene Sache vorliegen. Anderenfalls, also wenn keine entschiedene Sache vorliege, könne sich die Behörde nicht mit einer Verweisung auf den früheren Bescheid begnügen, sondern müsse ermitteln und feststellen, ob tatsächlich die Voraussetzungen für die Erlassung eines Beseitigungsauftrages vorlägen. Von der belangten Behörde sei offensichtlich lediglich auf Grund einer nicht vollständigen Aktenvorlage durch die mitbeteiligte Gemeinde entschieden worden. Soweit sich die belangte Behörde auf ein eingebrachtes Bauansuchen und ein anhängiges Einzelbewilligungsverfahren stütze, sei dies keine ausreichende Feststellung über das Fehlen eines Konsenses. Diese Ansuchen seien lediglich zur Sanierung des offenkundig strittigen Konsenses eingebracht worden und entbänden die Behörde nicht davon, die Sachlage zu den Voraussetzungen für die Erlassung eines Beseitigungsauftrages darzulegen.

§ 16 des Salzburger Baupolizeigesetzes 1997 (BauPolG), LGBl. Nr. 40/1997 idF Nr. 31/2009, lautet auszugsweise:

" Folgen der bescheidwidrigen oder nicht bewilligten Ausführung baulicher Maßnahmen § 16

...

(3) Ist eine bauliche Anlage ohne Bewilligung ausgeführt oder ist ihre Bewilligung nachträglich aufgehoben worden, so hat die Baubehörde dem Eigentümer und allenfalls auch dem Veranlasser aufzutragen, die bauliche Anlage binnen einer angemessenen Frist zu beseitigen. Wird ein Ansuchen um nachträgliche Baubewilligung gestellt, darf eine Vollstreckung des Beseitigungsauftrages nicht eingeleitet oder fortgesetzt werden. Bei Versagung der nachträglichen Bewilligung beginnt die Frist zur Beseitigung ab Rechtskraft des Versagungsbescheides neu zu laufen.

..."

Wurde ein baupolizeilicher Beseitigungsauftrag bereits an den Voreigentümer erlassen, kann das Vollstreckungsverfahren auch gegen den Rechtsnachfolger im Eigentum durchgeführt werden, weil einem baupolizeilichen Auftrag grundsätzlich dingliche Wirkung zukommt; einem neuerlichen baupolizeilichen Auftrag an den Rechtsnachfolger steht diesfalls die entschiedene Sache entgegen (vgl. die bei Giese , Salzburger Baurecht, S. 421 unter Z 28 zitierte hg. Rechtsprechung).

Ausgehend davon führt bereits das Revisionsvorbringen zur mangelhaften Bescheidbegründung im Hinblick auf den Beseitigungsauftrag vom zum Erfolg: Angesichts der gegebenen Aktenlage hätte sich die belangte Behörde damit auseinandersetzen müssen, weshalb trotz des Beseitigungsauftrages vom bzw. des oben zitierten Berufungsbescheides vom , in dem der Beseitigungsauftrag auf das Grundstück Nr. 570/1 reduziert wurde, keine entschiedene Sache vorliegen sollte. Die belangte Behörde hätte insbesondere darlegen müssen, weshalb dieser seinerzeitige Beseitigungsauftrag - etwa wegen Änderungen der Rechts- oder Sachlage (so weist die Revisionswerberin auf unterschiedliche Größenangaben zum gegenständlichen Objekt hin) oder mangelnder Dinglichkeit, vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2013/05/0106, mwN - für den vorliegenden Fall keine entschiedene Sache begründe. Abgesehen davon, dass mit dem Berufungsbescheid vom eine Einschränkung auf das Grundstück Nr. 570/1 erfolgt ist, wäre im gegebenen Zusammenhang, wenn man von einem einheitlichen Beseitigungsauftrag für mehrere Objekte auf nunmehr verschiedenen Grundstücken ausginge, darzulegen gewesen, weshalb eine untrennbare Einheit der Objekte vorliegen sollte, die eine Vollstreckung hinsichtlich nur eines der vom Beseitigungsauftrag erfassten Objekte unmöglich machte (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2012/05/0171, mwN).

Sollte von keiner entschiedenen Sache auszugehen sein, dann ist der Revisionswerberin auch insofern Recht zu geben, als der Errichtungszeitpunkt der baulichen Anlage festzustellen gewesen wäre, wobei sowohl im Zeitpunkt der Errichtung als auch im Zeitpunkt der Erteilung des Beseitigungsauftrages eine Bewilligungspflicht bestehen müsste (vgl. dazu Giese , aaO, S. 416, Z 21; zur Frage der behördlichen Ermittlungspflicht dazu, ob eine Baubewilligung vorhanden ist, vgl. weiters Giese , aaO, S. 416 ff, Z 22).

Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG in Verbindung mit § 4 VwGbk-ÜG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Die Entscheidung über den Kostenersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 518/2013 idF Nr. 8/2014 in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am