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VwGH 16.09.2009, 2007/05/0276

VwGH 16.09.2009, 2007/05/0276

Entscheidungsart: Erkenntnis

Rechtssätze


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Normen
AVG §8;
BauO Wr §70;
BauRallg;
RS 1
In einem Projektgenehmigungsverfahren ist nur das in den Einreichplänen ausgewiesene Bauvorhaben einschließlich der geplanten Geländeveränderungen für die Beurteilung der Bewilligungsfähigkeit maßgebend und nicht der tatsächliche Baubestand bzw. der tatsächliche - allenfalls eigenmächtig veränderte - Geländeverlauf.
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie 2007/05/0155 E RS 5
Normen
BauO Wr §81 Abs2;
BauO Wr §81 Abs4;
BauRallg;
RS 2
Selbst wenn das in den Einreichplänen ausgewiesene Gelände mit dem vorhandenen Gelände oder mit dem nach der Bauführung faktisch gestalteten Gelände nicht übereinstimmt, bedeutet dies nicht, dass sich die Behörde bei der Prüfung der Bewilligungsfähigkeit des ihr vorliegenden Antrages an einem falschen Geländemaß orientiert hätte. Entscheidend für die Erteilung der baurechtlichen Bewilligung ist allein das im Plan dargestellte Gelände; diese Geländegestaltung wird Gegenstand der Baubewilligung. Stimmt das im Plan dargestellte Gelände nicht mit der Realität überein, so liegt ein nicht bewilligter Zustand vor. Das damit einhergehende Risiko eines baubewilligungslosen Zustandes geht zu Lasten des Bauwerbers. Die Berücksichtigung der faktischen Verhältnisse vor Ort ist bei der Erteilung der Baubewilligung daher nicht gefordert, weil sich die Baubewilligung allein auf das vorliegende Projekt und die dort eingezeichneten Geländehöhen bezieht.
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie 2007/05/0155 E RS 7 (hier: ohne den ersten Satz)

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Giendl und die Hofräte Dr. Pallitsch und Dr. Moritz als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Zykan, über die Beschwerde des Dr. HA, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Bescheid der Bauoberbehörde für Wien vom , Zl. BOB-146/07, betreffend Einwendungen gegen ein Bauvorhaben (mitbeteiligte Partei: I GmbH in Wien), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat der Bundeshauptstadt Wien Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Zur Vorgeschichte wird auf das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2005/05/0365, verwiesen. Mit diesem Erkenntnis ist der Bescheid der belangten Behörde vom , mit dem der mitbeteiligten Partei die Baubewilligung für ein Dreifamilienhaus auf einer näher bezeichneten Liegenschaft in Wien 19 erteilt worden war, aufgehoben worden, weil die belangte Behörde ohne nähere Begründung von einem nicht dem Gesetz entsprechenden Dachwinkel ausgegangen sei. Der Beschwerdeführer ist der Miteigentümer der an die Bauliegenschaft unmittelbar angrenzenden Nachbarliegenschaft.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung des Beschwerdeführers wiederum mit der Maßgabe als unbegründet ab, dass der Bescheid des Bauausschusses der Bezirksvertretung vom dahingehend geändert wurde, dass gemäß § 69 der Bauordnung für Wien (BO) die zulässige Gebäudehöhe von 7,50 m um 0,59 m überschritten werden darf und sich die Baubewilligung auf die zum Bestandteil des Berufungsbescheides erklärten Pläne bezieht. In ihrer Begründung führte sie - soweit hier noch wesentlich - aus, dass nur mehr betreffend die Abweichung des projektierten Gebäudeumrisses im Dachbereich eine neuerliche Entscheidung zu treffen sei. Die relevante Rechtslage habe sich durch die Neufassung des § 81 Abs. 4 BO durch die am in Kraft getretene Novelle LGBl. Nr. 31/2007 gegenüber jener im ersten Rechtsgang verändert. Gemäß den bekannt gegebenen Bebauungsbestimmungen sei für die verfahrensgegenständliche Liegenschaft die Widmung Wohngebiet, Bauklasse I und die offene Bauweise festgesetzt, wobei die zulässige Gebäudehöhe maximal 7,50 m betrage. Die Firsthöhe der Gebäude dürfe die tatsächlich erreichte Gebäudehöhe um höchstens 4,50 m überragen. Wie den im Berufungsverfahren abgeänderten Einreichplänen sowie der im Akt einliegenden Fassadenabwicklung zu entnehmen sei, sei das Dach des Bauvorhabens derart ausgeformt, dass an der Süd-Ost-Front ein teilweise ausgebildetes Steildach geplant sei, das nach Erreichung der Firsthöhe in ein Flachdach übergehe und anschließend an der Nord-West-Front wieder als teilweise ausgebildetes Steildach abfalle. Die Dachneigung der Steildächer betrage 45 Grad. Wenn, wie im vorliegenden Fall, durch den Bebauungsplan die zulässige Firsthöhe gegenüber dem gesetzlichen Ausmaß von 7,50 m auf 4,50 m eingeschränkt werde, sei nach dem Wortlaut des § 81 Abs. 4 BO idF LGBl. Nr. 31/2007 eine Einschränkung der zulässigerweise ausgeführten Dachneigung nicht mehr geboten. Demgemäß ergebe sich der zulässige Dachumriss aus einer vom oberen Gebäudeabschluss unter 45 Grad gegen das Gebäudeinnere ansteigenden Linie bis zur Erreichung der durch den Bebauungsplan festgesetzten Dachhöhe von 4,50 m, die in der Folge in eine parallel zur Verbindungslinie der für den oberen Gebäudeabschluss relevanten Punkte verlaufende Linie übergehe und anschließend wieder unter einem Winkel von 45 Grad zum oberen Gebäudeabschlusspunkt abfalle. Der auf diese Weise gebildete zulässige Dachumriss werde durch das gegenständliche Bauvorhaben eingehalten.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge von Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Die mitbeteiligte Partei hat sich am Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof nicht beteiligt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 81 Abs. 4 BO idF vor der Novelle LGBl. Nr. 31/2007 lautete:

"(4) Durch das Gebäude darf jener Umriß nicht überschritten werden, der sich daraus ergibt, daß in dem nach Abs. 1 bis 3 für die Bemessung der Gebäudehöhe maßgeblichen oberen Anschluß der Gebäudefront ein Winkel von 45 Grad , im Gartensiedlungsgebiet von 25 Grad , von der Waagrechten gegen das Gebäudeinnere ansteigend, angesetzt wird. Ist im Bebauungsplan eine besondere Bestimmung über die Höhe oder die Form der Dächer festgesetzt, ist der dieser Festsetzung entsprechende Winkel für die Bildung des Gebäudeumrisses maßgebend."

Gemäß Art. I der gemäß deren Art. II mit in Kraft getretenen Novelle LGBl. Nr. 31/2007 treten im § 81 Abs. 4 BO folgende Sätze an die Stelle des zweiten Satzes:

"Dies gilt auch für den Fall, dass im Bebauungsplan eine besondere Bestimmung über die Höhe der Dächer festgesetzt ist. Ist im Bebauungsplan eine besondere Bestimmung über die Neigung der Dächer festgesetzt, ist der dieser Festsetzung entsprechende Winkel für die Bildung des Gebäudeumrisses maßgebend."

Der Beschwerdeführer rügt, dass die mitbeteiligte Partei vom Bauvorhaben nicht umfasste Aufschüttungen vorgenommen habe und die Gebäudehöhe des inzwischen tatsächlich errichteten Gebäudes, von der Oberkante der Kellerdecke gemessen, zwar der für zulässig erklärten Höhe von 8,09 m entspreche, aber dass die Gebäudehöhe, vom maßgeblichen "gewachsenen Gelände" gemessen, rund 9,75 m betrage und somit die zulässige Gebäudehöhe bei weitem überschreite. Er verkenne nicht, dass auch im Falle der nachträglichen Erteilung einer Baubewilligung für diese nicht die faktische Situation, sondern der Bauplan maßgeblich sei; dies treffe jedoch nur zu, soweit in den Einreichplänen und der Baubeschreibung der Bauwille des Bauwerbers zum Ausdruck komme. Der Bauwille der mitbeteiligten Partei sei, wie sich aus der Bautätigkeit und Aussagen der mitbeteiligten Partei ergebe, auf ein um 1,65 m höheres Gebäude gerichtet.

Diesem Vorbringen ist entgegenzuhalten, dass das Baubewilligungsverfahren ein Projektgenehmigungsverfahren ist. Das bedeutet, dass der in den Einreichplänen und der Baubeschreibung zum Ausdruck gebrachte Bauwille des Bauwerbers entscheidend ist. Gegenstand der baubehördlichen Entscheidung hat das durch den Bauplan und die baubehördliche Beschreibung konkretisierte Bauvorhaben zu sein (vgl. z.B. das hg Erkenntnis vom , Zl. 2008/05/0073, mwN). In einem Projektgenehmigungsverfahren ist nur das in den Einreichplänen ausgewiesene Bauvorhaben einschließlich der geplanten Geländeveränderungen für die Beurteilung der Bewilligungsfähigkeit maßgebend und nicht der tatsächliche Baubestand bzw. der tatsächliche - allenfalls ohne erforderliche Bewilligung veränderte - Geländeverlauf. Die Gebäudehöhe wird nach dem anschließenden Gelände, das ist jenes Gelände, wie es nach dem Bauvorhaben zum Zeitpunkt der Bauführung vorhanden sein wird, also jenes Gelände, wie es sich im Projekt darstellt, bemessen. Entscheidend für die Erteilung der baurechtlichen Bewilligung ist allein das im Plan dargestellte Gelände; diese Geländegestaltung wird Gegenstand der Baubewilligung. Stimmt das im Plan dargestellte Gelände nicht mit der Realität überein, so liegt allenfalls ein nicht bewilligter Zustand vor, der gegebenenfalls zu Bauaufträgen führen kann. Die Berücksichtigung der faktischen Verhältnisse vor Ort ist bei der Erteilung der Baubewilligung aber nicht gefordert, weil sich die Baubewilligung allein auf das vorliegende Projekt und die dort eingezeichneten Geländehöhen bezieht (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2007/05/0155, mwN).

Das Vorbringen des Beschwerdeführers ist somit im Hinblick auf die Beurteilung der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides nicht relevant. Im Übrigen hat die belangte Behörde die Übereinstimmung des projektierten Gebäudes mit der im gegenständlichen Fall anzuwendenden Bestimmung des § 81 Abs. 4 idF LGBl. Nr. 31/2007 frei von Rechtsirrtum festgestellt.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Normen
AVG §8;
BauO Wr §70;
BauO Wr §81 Abs2;
BauO Wr §81 Abs4;
BauRallg;
Schlagworte
Nachbarrecht Nachbar Anrainer Grundnachbar subjektiv-öffentliche
Rechte, Niveauveränderungen, Anschüttungen und Abgrabungen
BauRallg5/1/7
Nachbarrecht Nachbar Anrainer Grundnachbar subjektiv-öffentliche
Rechte, Gebäudehöhe BauRallg5/1/5
Baurecht Nachbar
ECLI
ECLI:AT:VWGH:2009:2007050276.X00
Datenquelle

Fundstelle(n):
NAAAE-90220