VwGH vom 23.02.2010, 2007/05/0264
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bumberger sowie den Senatspräsidenten Dr. Kail und die Hofräte Dr. Pallitsch, Dr. Handstanger und Dr. Hinterwirth als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Zykan, über die Beschwerde des AM in Wien, vertreten durch Dr. Christian Willmann, Rechtsanwalt in 1030 Wien, Jacquingasse 35, gegen den Bescheid des Berufungssenates der Stadt Wien vom , Zl. MA 64- 7498/2006-A, betreffend Widerruf einer Gebrauchserlaubnis, nach durchgeführter mündlicher Verhandlung zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat der Bundeshauptstadt Wien Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.302,10 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid des Magistrats der Stadt Wien, Magistratsabteilung 59 (MA 59), vom wurde dem Beschwerdeführer gemäß §§ 1 und 2 des Gebrauchsabgabegesetzes 1966 und gemäß § 82 Abs. 1 StVO die Erlaubnis erteilt, den öffentlichen Gemeindegrund in Wien 19, Kahlenbergerstraße (Josefsdorf 1), auf dem Gehsteig im Anschluss an den Stiegenaufgang zur Aussichtsterrasse durch Aufstellen eines transportablen Verkaufsstandes für den Kleinhandel mit Souvenirs, Geschenkartikeln, Briefmarken, Münzen und Ansichtskarten zu gebrauchen. Mit Bescheid vom wurde diese Erlaubnis auf den Verkauf verpackter Lebensmittel und alkoholfreier Getränke erweitert.
Die mit dem Bescheid vom erteilte Erlaubnis widerrief die MA 59 in Anwendung des § 4 Abs. 1 Gebrauchsabgabegesetz 1966 (idF LGBl. Nr. 42/2003; GAG) mit Bescheid vom per . Begründend führte die Behörde aus, dass, wie in den Schreiben der MA 28 - Straßenverwaltung und Straßenbau vom und vom zum Ausdruck gebracht, im Bereich des Verkaufsstandes Bau- und Neugestaltungsarbeiten im öffentlichen Interesse eine Entfernung des Verkaufsstandes erforderlich machten.
Dem Akteninhalt ist zu entnehmen, dass der Verkaufsstand am durch die MA 48 entfernt worden war.
Zufolge Berufung des Beschwerdeführers hob die belangte Behörde mit Bescheid vom den Bescheid der MA 59 vom auf und verwies die Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an die Erstinstanz zurück. In der Begründung wies der Berufungssenat zunächst darauf hin, dass sich der Widerruf nur auf den Bescheid vom beziehe, der erste Bewilligungsbescheid jedoch nicht berührt worden sei. Gemäß § 4 Abs. 1 GAG sei ein Widderruf der Gebrauchserlaubnis nur zulässig, soweit nicht Bedingungen, Befristungen und Auflagen für die Ausübung des bewilligten Gebrauchs ausreichen würden. Bei einer Verlegung von Leitungen und Rohren hätte eine kurzfristige Entfernung und Wiederaufstellung ausgereicht, um eine Durchführung dieser Arbeiten zu ermöglichen.
Weiters führte der Berufungssenat aus, es sei aktenkundig, dass der Beschwerdeführer den Verkaufsstand seit längerer Zeit nicht betrieben habe, die Voraussetzungen des § 4 Abs. 2 GAG seien aber nicht ermittelt worden.
Im Rahmen des weiteren Ermittlungsverfahrens wurden zunächst zwei Baubewilligungsbescheide, betreffend das Vorhaben Josefsdorf Nr. 2, samt dazugehörigen Plänen beigeschafft. In einer Niederschrift vom wurde festgehalten, dass sich der Standort des genehmigten Verkaufsstandes auf dem Grundstück Nr. 74/1, KG Josefsdorf, im Eigentum und Besitz der Stadt Wien befinde. Anfang 2007 sei ein neuer Flächenwidmungsplan durch den Gemeinderat beschlossen worden, wobei auf Grund dessen der genehmigte Standort für den transportablen Verkaufsstand in das angrenzende Bauland einzubeziehen sei und eine diesbezügliche Grundabteilung bei der MA 64 anhängig sei.
In einer weiteren Niederschrift vom , die eine Bedienstete der MA 59 mit Organwaltern der MA 28 aufnahm, wurde die erteilte Baubewilligung erörtert. An jener Örtlichkeit, welche vom transportablen Verkaufsstand eingenommen wurde, sei die Bewilligung eines Stiegenhauses erfolgt. Seitens der MA 28 sei die gesamte Umgestaltung des Kirchenvorplatzes am Kahlenberg geplant, beinhaltend eine Umgestaltung im Bereich des transportablen Verkaufsstandes. Ein neuer Standort sei im Plan nicht vorgesehen. Aus Sicht der MA 28 sei eine Entfernung des transportablen Straßenstandes unbedingt erforderlich, da ansonsten weder die Umsetzung des bewilligten Hochbauvorhabens noch des Straßenbauvorhabens möglich wäre. Von Seiten der MA 28 wurde die Bereitschaft erklärt, einen Ersatzstandort zu finden.
Am fand eine Verhandlung statt, bei der Bedienstete verschiedener Magistratsabteilungen sowie der Beschwerdeführer Stellungnahmen abgaben.
Schließlich erging eine Verständigung der MA 6, wonach seit 2003 bis März 2007 keine Gebrauchsabgabe bezahlt worden sei, weil laut telefonischer Auskunft des Beschwerdeführers der Verkaufsstand wegen Krankheit geschlossen gewesen sei.
Mit Bescheid vom widerrief die MA 59 gemäß § 4 Abs. 1 GAG die mit den Bescheiden vom und erteilte Erlaubnis zur Aufstellung eines transportablen Verkaufsstandes. Seitens der MA 28 sei eine Umgestaltung des Kirchenvorplatzes am Kahlenberg geplant. In dem für das Bauvorhaben geltenden Gestaltungsplan sei ein neuer Standort nicht vorgesehen. Am Standort, welcher vom Verkaufsstand eingenommen worden war, sei nunmehr ein Zubau (Stiegenhaus) bei einem bestehenden Gebäude bewilligt. Auf Grund der Umsetzung des Hochbauvorhabens und des Straßenbauvorhabens sei der Verkaufsstand zu entfernen. Festgestellt wurde weiters, dass laut Auskunft der MA 6 das Konto des Beschwerdeführers "ausgesetzt" sei und dass laut Auskunft der Marktamtsabteilung für den 19. Bezirk seit 2003 bis zum Zeitpunkt des Widerrufs kein Betrieb festgestellt worden sei.
In der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung brachte der Beschwerdeführer vor, dass der eigentliche Grund für die Entfernung des Verkaufsstandes die ursprünglich geplanten Umbauarbeiten gewesen seien, welche jedoch nie stattgefunden hätten. Als neuer Grund für den Widerruf werde die Tatsache vorgebracht, dass der Beschwerdeführer den Verkaufsstand keine 60 Tage in einem Kalenderjahr offen gehalten habe; über diese Vorschriften habe ihn die Behörde zu keinem Zeitpunkt informiert. Die Schließung sei zunächst aus gesundheitlichen und privaten Gründen erfolgt, sodann sei ein Aufsperren des Verkaufsstandes wegen der davor gelegenen Baustelle nicht mehr sinnvoll gewesen.
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen. Der ursprünglichen Standort des Verkaufsstandes sei auf Grund eines neuen Flächenwidmungsplans für dieses Gebiet nunmehr in das angrenzende Bauland einzubeziehen. Aus den beigeschafften Baubewilligungsbescheiden vom und vom , betreffend den Zu- und Umbau des bestehenden Hotelgebäudes am Kahlenberg, ergebe sich, dass im Bereich des gegenständlichen Standortes die Errichtung eines Stiegenhauses bewilligt worden sei. Für den angrenzenden Bereich sei eine Umgestaltung in Planung, die auch die Gehsteigherstellung umfasse. Ein Standplatz für den Kiosk sei auf Grund des neuen Gesamtbildes des Platzes nicht mehr vorgesehen; es wäre möglich, in Zusammenarbeit mit der MA 28 und der MA 19 einen Ersatzstandort zu suchen. Weiters sei aktenkundig, dass der Beschwerdeführer den Stand seit 2003 nicht mehr betrieben und die Gebrauchsabgabe von 2003 bis März 2007 nicht bezahlt habe. Der Widerruf sei zulässig, weil die Betriebszeit des Standes 60 Tage pro Jahr nicht erreiche. Unter Berücksichtigung der in § 2 Abs. 2 GAG genannten öffentlichen Interessen könne die Gebrauchserlaubnis nicht mehr erteilt werden, weil der Standort nunmehr durch ein Bauprojekt in Anspruch genommen werde.
Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit welcher der Beschwerdeführer die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften begehrt.
Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Zum Widerrufsgrund des § 4 Abs. 2 GAG bringt der Beschwerdeführer vor, ein solcher Widerruf hätte bis zum Ende des diesem Kalenderjahr folgenden Jahres ausgesprochen werden müssen. Mit einem im März 2007 ergangenen Bescheid könne ein Nichtbetrieb in den Jahren 2003 bis 2005 nicht als Begründung des Widerrufs herangezogen werden. Ob und in welchem Ausmaß der Stand im Jahr 2006 nicht betrieben worden sei, sei nicht festgestellt worden. Die belangte Behörde habe auch übersehen, dass der Widerruf unter den in § 4 Abs. 2 GAG genannten Voraussetzungen ausgesprochen werden könne , dass es sich also um eine Ermessensentscheidung handle. Bei Ausübung des gebundenen Ermessens müssten sehr wohl die Umstände des Einzelfalles geprüft und gewürdigt werden. Es hätte etwa berücksichtigt werden müssen, dass ein Offenhalten des Standes auf Grund der Bauarbeiten gar nicht möglich gewesen wäre. Auf Grund des im ersten Rechtsgang erfolgten Widerrufs hätte der Beschwerdeführer den Stand nach dem nicht mehr betreiben dürfen.
Die genannten Schreiben der MA 28, die Pläne und die angeführten Bescheide der MA 37 seien dem Beschwerdeführer niemals zugestellt worden, sodass er keine Gelegenheit gehabt habe, dazu Stellung zu nehmen. Insofern seien Verfahrensvorschriften außer Acht gelassen worden, bei deren Einhaltung die belangte Behörde zu einem anderen Bescheid hätte kommen können. Fest stehe, dass die Arbeiten, welche ursprünglich zum Widerruf geführt hätten, nie stattgefunden hätten; wenn die Behörden unbestimmt auf einen Gestaltungsplan, eine bereits anhängige Grundabteilung und ein Hochbauvorhaben verwiesen, sei dem angefochtenen Bescheid nicht zu entnehmen, wann und in welcher Form welches Vorhaben umgesetzt werden solle. Es sei auch nicht dargelegt worden, warum zwingend ein Widerruf zu erfolgen hätte und die Vorschreibung von Bedingungen, Befristungen und Auflagen für die Ausübung des Gebrauches nicht ausreichten, um die allfälligen öffentlichen Rücksichten zu gewährleisten.
§ 4 GAG regelt das Erlöschen der Wirksamkeit einer bereits erteilten Gebrauchserlaubnis, dieser lautet auszugsweise:
"(1) Der Magistrat hat die Gebrauchserlaubnis zu widerrufen, wenn ein nachträglich entstandener Versagungsgrund nach § 2 Abs. 2 bekannt wird, sofern nicht die Vorschreibung von Bedingungen, Befristungen oder Auflagen für die Ausübung des bewilligten Gebrauches ausreicht. Weiters ist die Gebrauchserlaubnis bei wiederholter Bestrafung wegen Übertretungen dieses Gesetzes oder wegen Nichteinhaltung der gemäß § 2 Abs. 2 auferlegten Verpflichtungen zu widerrufen. Durch den Widerruf erlischt die Gebrauchserlaubnis.
(2) Eine Gebrauchserlaubnis nach der Tarifpost C 4 oder C 5 kann der Magistrat außerdem widerrufen, wenn sie in einem Kalenderjahr nicht mindestens an sechzig Tagen betrieblich genutzt worden ist. Mit dem Widerruf, der bis zum Ende des diesem Kalenderjahr folgenden Jahres auszusprechen ist, erlischt die Gebrauchserlaubnis.
..."
Versagungsgründe sind in § 2 Abs. 2 GAG genannt; diese Bestimmung lautet:
"(2) Die Gebrauchserlaubnis ist zu versagen, wenn dem Gebrauch öffentliche Rücksichten, wie insbesondere Umstände sanitärer oder hygienischer Art, Gründe der Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs, der Parkraumbedarf, städtebauliche Interessen, Gesichtspunkte des Stadt- und Grünlandbildes oder Umstände des Natur-, Denkmal- oder Bodenschutzes, entgegenstehen; bei Erteilung der Gebrauchserlaubnis sind Bedingungen, Befristungen oder Auflagen vorzuschreiben, soweit dies zur Wahrung dieser Rücksichten erforderlich ist."
Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom , Zl. 2775/76, ausgeführt, dass § 4 Abs. 1 GAG die Behörde nur dann zu einem Widerruf der Gebrauchserlaubnis ermächtigt, wenn eine Änderung des für die Erteilung der Gebrauchserlaubnis maßgebend gewesenen Sachverhaltes eingetreten und dadurch ein Versagungsgrund nach § 2 Abs. 2 leg. cit. entstanden ist (s zuletzt das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2007/05/0059).
Fest steht im Beschwerdefall, dass der gegenständliche Standort zur Verwirklichung eines bewilligten Bauvorhabens in Anspruch genommen wird. Damit liegt eine Änderung des für die Erteilung der Gebrauchserlaubnis maßgebend gewesenen Sachverhaltes vor. Ausgehend davon, dass für dieses Bauvorhaben eine Baubewilligung vorliegt, eine Grundabtretung im Gange ist und eine entsprechende Änderung des Flächenwidmungsplanes erfolgte, muss der Versagungsgrund des Widerspruches zu öffentlichen Interessen, namentlich zu den in § 2 Abs. 2 GAG genannten städtebaulichen Rücksichten, angenommen werden. Die dauernde Inanspruchnahme für ein Stiegenhaus schließt es auch aus, dass durch Bedingungen, Auflagen oder eine befristete Entfernung das Auslangen gefunden werden kann.
Sofern der Beschwerdeführer rügt, dass ihm Pläne, Baubewilligungen und zitierte Schreiben der MA 28 nicht übermittelt worden wären, ist ihm entgegen zu halten, dass ihm nach der Aktenlage die Gewährung von Akteneinsicht offenbar nie verweigert wurde. Er führt aber auch nicht aus, was er vorgebracht hätte, wenn ihm diese Unterlagen übermittelt worden wären. Im Übrigen hat eine Verhandlung stattgefunden, bei der er Zweifel an der Richtigkeit der herangezogenen Unterlagen hätte äußern können.
Der Widerruf der Gebrauchserlaubnis ist somit schon wegen des in § 4 Abs. 1 GAG genannten Grundes zulässig, sodass es eines Eingehens auf § 4 Abs. 2 GAG nicht bedarf.
Der Widerruf der Gebrauchserlaubnis des Beschwerdeführers erfolgte zu Recht. Die Beschwerde erweist sich somit insgesamt als unberechtigt, sodass sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit § 3 Abs. 2 der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.
Wien, am
Fundstelle(n):
IAAAE-90197